Daniel Casper von Lohenstein
Cleopatra
Daniel Casper von Lohenstein

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Sosius.         Wo man für diese Glutt
Nicht beßre Kühlung weiß / so ist der Rath nicht gutt
Hat Alexander nicht das wüste Meer getämmetHat Alexander nicht das wüste Meer getämmet? Was für unglaubliche Gebäue der grosse Alexander in Belägerung der Stadt Tyrus in das Meer geleget; darvon meldet Curtius im 4. Buche: über welchen auch di darzu schiffenden Tyrier gefragt: num major Neptuno esset Alexander. Welcher gestalt auch Julius Caesar di Veneter / ein Volck in Niederland / welchen wegen Epp und Flutt des Meeres weder mit Schiffen noch zu Fusse beizukommen war / ruhmbar besigt / erzehlet Caesar lib. 3. de Bell. Gallico p. m. 78. seqq. Wie auch welcher Gestalt er den grossen Fluß Iberus in Spanien aus seinen Ufern geleitet / also daß er ohne Schiffe mit seinem Heere dardurch kommen können / beschreibt er de bell. civil. c. 1. p. m. 319. Worbey nicht zuvergessen: daß eben er mit seinem Heere durch di Temse auf di am Rande stehende Britannier gesätzet / darvon er de bell. Gallic. lib. 5. p. m. 133. meldet: Caesar praemisso Equitatu confestim Legiones subsequi jussit. Sed ea Celeritate atque; eo Impetu milites ierunt, cum Capite solo ex aqua extarent, ut hostes Impetum Legionum atque; Equitum sustinere non possent, ripasque; dimitterent ac se fugae mandarent. Welcher That Famianus Strada de bello Belgico dec. 1. lib. 8. p. m. 403. seqq. vergleichet dieselbe / da 1750. Mann aus der Spanischen Armee 4000. schritte durch di See auf di wolbewehrte Insel Duveland zu Fusse durchgesetzt und sie erobert. Welches gleichfalls 5000. Schritte durchs Meer auf di Insel Zuitverland im 1571sten Jahr ein Spanischer Oberster Mondragonius ausgerichtet. Vid. eund. Stradam lib. 7. decad. 1. p. m. 376. Der Belägerung der Stadt Tyrus aber wird verglichen di weltberühmbte Belägerung der Stadt Rochelle in Franckreich. Ja di Franzosen wollen sie jener noch weit vorzihen. Massen Monsieur de Silhon en son Ministre d'Estat 1. 3. chap. 5. 6. sie nicht genung herauß zu streichen weiß / alwo er insonderheit meldet: Tyr & Anvers n'ont rien veu de semblable quoy qu'on die, si ce n'est peut-estre qu'on veuille comparer la Mer mediterranee, à l'Ocean & un canal estroit & tranquille à un Canal extremement agité & desmesurement large. /
Thürm' in di Flutt gelegt / der Wellen Zorn gehemmet
Di See zu Schiffbruch bracht / als sie das Heer verdrang
Und dieser Blitz der Welt das stoltze Tyrus zwang?
Hat Caesar nicht besigt den Ocean der Britten /
Den tiefen Rhein bepfält / oft schwimmende gestritten /
Di Veneter gezähmt / di kein gewafnet Fuß
Kein Pferd kein Mast betrat; deß Ibers strengen Fluß
In frembdes Ufer bracht / dem Nilus Gräntzen funden;
Ja diese grosse Stadt selbst sieghaft überwunden?
Hat der Agrippa nicht / der täglich seinen Witz
Auf unser Unheil schärfft / in Cumens Felsen Ritz'Hat der Agrippa nicht in Cumens Felsen Ritz. Was daselbst Agrippa für wunderliche und trefliche See-Hafen gebauet auch in di Lucriner und Averner See das Meer eingeleitet beschreibet Sveton. in Vit. Aug. c. 16. Xiphilin. in vit. Aug. p. m. 51. /
Und Hafen eingesenckt? Was lassen wir uns träumen:
Augustus werde nicht deß Nilus Außtrit zäumen?
Deß Lägers Thämm' erhöhn / di Grafften säncken ein /
Zumal die Römer ja zu Wasser Meister sein?

Archibius.
Perdiccas ward durch nichts als durch den Nil gefället /
Als der erzürnte Strom di Wellen aufgeschwället /
Ob ihm schon Attalus mit Schiffen dienstbar war.

Sosius.
Perdiccas und August sind kein vergleichlich Paar.

Canidius.
Man gebe diß auch nach; daß uns der Strom nit rette;
Das Glükke / das itzt scheint / geht morgen oft zu Bette.
Wir haben durch Gedult zum vortheil so viel Zeit /
Di alle Wunden heilt. Wieviel das Purper-Kleid
Deß Keisers Römisch Blut der Bürger hat gesogen;
So viel hat er zu Rom auch Nattern auferzogen /
Di für dem Keiser zwar mit sanfter Zunge spiln;
Doch durch deß Hertzens Gifft di Rach-begirde kühln.
Rom hat auf den Octav nicht minder Dolchen fertig
Als auf den Julius. Man sei der Zeit gewärtig /
Ob sie uns stürtzen kan. Di Wolkke dreut oft viel /
Di wenig Blitze gibt. Als das verlohrne Spiel
Den Julius fast zwang auf sich sein Schwerd zu wetzen
Für MundaDen Julius fast zwang auf sich sein Schwerd zu wetzen für Munda. Obschon Julius Caesar den Pompejum gestürtzet / hat er doch niemals mit grösserer Gefahr und zweifelhaftem Gelück gefochten / als in Spanien bei Munda mit seinen Kindern: also daß er auch schon selbst sich zutödten willens gewesen / wenn nicht durch einen sonderbahren Zufall di Pompejischen in di Flucht gerathen wehren. Strabo lib. 3. pag. 92. Florus lib. 4. cap. 2. / ließ es ihm den Lorberkrantz aufsätzen:
Als aber Ulla fast Pompejens Beuthe warAls Ulla fast Pompejens Beuthe war. Als Cneus Pompejus di Stadt Ulla in Spanien so harte belagerte / daß sie sich gleich ergeben solte / rückte Julius Caesar für Corduba / dahero muste Pompeius umb Corduba zuentsetzen von Ulla abziehen. A. Hirtius aut Oppius de bell. Hispaniens. lib. 6. p. m. 546. seqq. /
Verschwand di blasse Furcht durch Cordubens Gefahr.

Sosius.
Uns kommt kein Caesar nicht / der uns den Feind zertheile.

Canidius.
Wer weiß / ob Juba nicht so gutt di Wunden heile?Wer weis ob Juba. Nach dem der grosse Pompejus bei Pharsalos di grosse Schlacht verlohren / und er in Egypten vom Pothino ermordet ward / flohen seine Kriegs-Obersten in Africam / und verbanden sich daselbst insonderheit zusammen / Publ. Scipio, M. Cato und Juba der König in Mauritanien / welcher auch den Curio mit des Caesars Heer erlegte. Vellei. Patercul. lib. 2. p. m. 128. Sie wurden aber endlich alle geschlagen / und damit sie nicht in des Siegers Hände kämen / erstach sich Cato selbst / Petrejus Jubam, endlich er und Scipio sich selbst. Florus lib. 4. c. 2. Jul. Caesar de bell. African. lib. 5. Dieses Jubae Sohn ist gewest Juba Coriolanus der hernach di junge Cleopatra geheyrathet.

Sosius.
Ja! seinem Vater fiel sein heilen allzuschwer.

Canidius.
Durch ihn fiel Curion mit samt deß Keisers Heer.

Sosius.
Denn aber must' ihn selbst deß Freindes Spitz' erstächchen.

Canidius.
Diß reitzt den Juba sich an Juliern zu rächchen.

Sosius.
Der steht auf Eiß / der sich auf frembder Hülffe stützt.

Canidius.
Wo nicht dem Helffer auch di Hülffe selber nützt.

Sosius.
Was hat Coriolan am Nilus zu verlihren?

Canidius.
Diß / daß ihn unser Band' auch in Ketten führen.

Sosius.
Sol denn der Mohr itzt erst Egyptens Schutz-Herr sein?

Canidius.
Ein Mohr / ein Hannibal trieb Rom in Rom hinein.

Sosius.
Rom war zu selber Zeit noch nicht recht Rom zu nennen.

Canidius.
Mehr! weil die Römer selbst ihr eigen Rom itzt trennen.

Sosius.
Itzt aber fällt gantz Rom dem Keiser wider bei.

Canidius.
Nicht glaube: daß gantz Rom Octavianisch sei.

Sosius.
So bald di Häupter weg muß sich der Pöfel geben.

Canidius.
Ich glaube: daß in Rom / noch tausend Brutus leben.

Sosius.
Nein! nein! weil Cassius der Römer letzter war.Weil Cassius der Römer letzter war. M. Brutus und C. Cassius waren di Häupter derselben / welche den Julium Caesarem umbbrachten / und di Freyheit der Stadt Rom bis auf den letzten Blutts-Tropffen vertheidigten. Dahero auch diese heimlich von denen Römern sehr hochgeschätzet worden. Woher gehöret was Tacitus lib. 3. Annal. cap. ult. von der Juniae, als des C. Cassii Ehweibes Begräbnüsse / erzehlet. Viginti clarissimarum Familiarum imagines antelatae sunt, Manlii, Quinctii, aliaque; ejusdem nobilitatis nomina: sed praefulgebant Cassius atque; Brutus eo ipso, quod Effigies eorum non visebantur. Insonderheit aber gehöret hieher ex Taciti lib. 4. Annal. c. 35. Cremutius Cordus postulatur novo ac tunc primum audito Crimine, quod editis Annalibus, laudatoque; M. Bruto, C. Cassium ROMANORUM ULTIMUM dixisset.

Canidius.
Verdeckter Schlangen Gift bringt desto mehr Gefahr;

Sosius.
Das gantze Rom begehrt: daß Nilus zinßbar werde.

Canidius.
Hingegen hasset diß der grosse Rest der Erde.

Sosius.
Er hast' es; nur daß er nichts nicht verhindern kan.

Canidius.
Wol / wo Phraates sich nur nimmt Egyptens an.

Sosius.
Was kan der Parthe wol den Römern abgewinnen?

Canidius.
Deß Crassus Beyspiel lehrt / was Parth' und Mede können.Des Crassus Beyspiel lehrt. Dieser Crassus brach das mit den Parthern gemachte Bündnüs / überzog den König Orodes / ward aber mit eilf Legionen aufs Haupt erlegt / in seines abgeschnittenen Hauptes Maul flissend Gold gegossen. Florus lib. 3. c. 11.

Sosius.
Der Crassus lernt es zwar; ein anders ist August.

Canidius.
Es dien't ein Persisch Pfeil auch für Augustus Brust.

Caelius.
Mir fällt noch ichtwas bei. Ihr kennet das Gemütte
Deß Keisers / das sich wol noch lencken lässt zur Gütte.
Herodes Brieff trug uns schon Fridens-Mittel an.Herodes Brief trug uns schon Friedens-Mittel an. Welcher gestalt Herodes dem Antonius Cleopatram zutödten / und durch dis einige Mittel sich mit dem Augustus zuversöhnen gerathen / eröffnet er selbst dem Augustus als er auf der Insel Rhodus das Königreich von ihm erhält / beim Joseph. lib. 15. Ant. Judaic. c. 10.
Man schau' ob man sich gar mit ihm vergleichen kan.
Man schlag' ihm Mittel vor. Warumb solln wir sich schämen:
Annähmlichen Vertrag vom Keiser anzunehmen?

Sosius.
Erwart'stu Fried' und Ruh vons Keisers blutt'ger Hand?

Caelius.
Man hat an dem August di Sanfftmuth schon erkant.

Sosius.
Wo?

Caelius.     Zu Perusien an unsers Fürsten Bruder.Zu Perusien an unsers Fürsten Bruder. Als sich Lucius Antonius nebst der Fulvia wider den Augustus auflehnete / beschloß er sie zu Perusia und zwang sie durch Hunger: daß sie sich ihm ergeben musten / ließ sie aber beide auf freien Fuß. Dio lib. 47. C. Vellej. Patercul. libr. 2. p. m. 139.

Sosius.
Er brauchte diesen Schein zu seinem Ehren-Ruder.

Caelius.
Warumb denn stell't er ihn so bald auf freien Fuß?

Sosius.
Weil grosse Vogel man mit kleinen kirren muß.

Caelius.
War Lucius Anton für so gar klein zu halten.

Sosius.
Das Röm'sche Reich gab ihm kein Drittel zu verwalten.

Caelius.
Warumb stürtz't er denn nicht den Lepidus durchs Schwerd?

Sosius.
Sein mehr als knechtisch Geist war keiner Schwerdter wehrt.

Caelius.
Er hat dem Decius den Vater-Mord vergässen;Er hat dem Decius den Vater-Mord vergessen. Als Caesar dem Antonius bei Mutina geschlagen hatte / und also Decius Brutus einer unter des Caesars Mördern in seine Hände kam / ließ er ihn dennoch desthalben gantz frei. Pezelius Mell. hist. parte 2. lib. 2. cap. 1. p. m. 118.

Sosius.
Es lässt sich Fürst Anton nach keiner Richt-schnur mässen.

Caelius.
Hat ihm Anton mehr Leid als Brutus angethan?

Sosius.
Diß: daß Anton ihm mehr als Brutus schaden kan.

Caelius.
Sol Rach-gier mindern Grimm als Statt-sucht mit sich bringen?

Sosius.
Er ließ auch Brutus Kopff für Caesars Bildnüß springen.Er ließ auch Brutus Kopf für Caesars Bildnüs springen. Von des Octavii Caesaris Rachgier meldet Sveton. in Octav. c. 13. Nec successum Victoriae moderatus est: sed capite Bruti Romam misso, ut Statuae Caesaris subjiceretur, in splendidissimum quemque; captivum non sine verborum contumelia saeviit. Ut quidem uni suppliciter sepulturam precanti respondisse dicatur, Jam istam in volucrum fore potestatem, alios, patrem & filium pro vita roganteis, sortiri vel dimicare jussisse, ut alterutri concederetur: ac spectasse utrumque morientem, cum patre, qui se obtulerat, occiso, filius quoque; voluntaria occubuisset morte.

Caelius.
Uns fleckt kein Vater-Mord.

Sosius.                 Noch der Peruser SchaarNoch der Peruser Schaar. Eben dis erzehlt Sveton. d. l. c. 15. Perusia capta in plurimos animadvertit: orare veniam vel excusare se conantibus una voce occurrens, Moriendum esse. Scribunt quidam trecentos ex dedititiis electos utriusque; ordinis ad aram D. Julio ex structam Idibus Martiis hostiarum more mactatos. Ein gleichmässiges Exempel erzehlt vom Alexandro Justin. lib. 11. Prima illi cura paternarum Exequiarum fuit: in quibus ante omnia caedis conscios ad tumulum patris occidi jussit. Und von der Deutschen Grausamkeit als Varus erlegt worden / Tacit. l. 1. Annal. c. 61. Lucis propinquis barbarae Arae, apud quas Tribunos & primorum Ordinum Centuriones mactaverant. Endlich berichtet Appianus: Spartacus fugitivus, Crixo occiso, trecentos e captivis Romanis immolavit.
Die er geschlachtet hat auf Julius Altar.

Caelius.
Sie hatten gleichwol sich am Keiser hochverbrochen.

Sosius.
Wie Gallius? dem er di Augen außgestochen.Wie Gallius? dem er di Augen ausgestochen. Sveton. in Octav. c. 27. erzehlt dis also: C. Gallium praetorem in officio salutationis tabb. duplices veste tectas tenentem, suspicatus gladium occulere: nec quidquam statim, ne aliud inveniretur, ausus inquirere, paulo post per Centuriones & milites raptum e tribunali, servilem in modum torsit: ac fatentem nihil jussit occidi, prius Oculis ejus sua manu effossis. Gleichmässig meldet Valerius: Sylla M. Marium non prius vita privavit, quam oculos infelicis erueret.

Caelius.
Warumb bracht er sich selbst in Mördlichen Verdacht?

Sosius.
Ein unbedachtsam Wort hat Afern umbgebracht.Ein unbedachtsam Wort hat Afern umbgebracht. Svetonius an obigem Orthe: Tedium Afrum Cos. designatum, quia factum quoddam suum maligno sermone carpsisset, tantis perterruit minis, ut is se praecipitaverit.

Caelius.
Gesätzt: daß Sosius den rechten Zweck erzihle /
Daß Caesar sich mit nichts als unserm Blutte kühle
Daß der Antonier in Grund-gestürtztes Haus
Sein sanftes Bette sei. Wo zielt der Rath hinauß?
Daß ich / der ich vielleicht noch Jahr und Tag kan leben /
Mich heute stürtzen sol? Wenn Cato sich ergebenWenn Cato sich ergeben. Caesar eilte nach erlangtem Siege auf Utica zu / umb daselbst den Cato noch lebendig anzutreffen / welcher aber mit dem Tode dem Sieger vorkam. Dahero / als ihn Caesar todt fand / er diese Worte gebrauchte: Iuvideo Cato hoc lethum tibi, nempe tu mihi salutem invidisti tuam. Pezel. d. l. p. 2. 1. 1. c. 44. pag. 105.
Dem Julius / als er sich selber hat gestürtz't
Ihm wär' auf diesen Tag nicht Geist nicht Ruhm verkürtz't.
Selbst Sosius gesteh't und ihr verjah't es alle:
Des Lägers Anfall kühl' und lesch' uns nur di Galle;
Stürtz' aber uns noch heut' in di noch ferne Noth.
August hat übers Jahr nicht mehr als einen Todt'
Für mein und euren Hals. Laß't über's Jahr uns sterben.
Wir können itzt nicht mehr als künftig Ruhm erwerben.
Wenn endlich Hofnung auch uns wird zu scheitern gehn /
So mag Verzweifelung den letzten Sturm außstehn.


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