Daniel Casper von Lohenstein
Cleopatra
Daniel Casper von Lohenstein

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Di andre Abhandlung.

Der Schau-Platz bildet ab der Cleopatra Zimmer.

Cleopatra. Cyllenie. Archibius.

Cleopatra.
Hilf Himmel! wir sind hin! wir sind darhinter kommen:
Warumb man heute dich nicht hat in Rath genommen.
Die Schlangen kochen Gift auf ihrer Mutter Brust;
Di sie biß itzt noch säugt! ha schlimme Mörder-Lust!
Augustus und der Rath lig't unter einer Decken.
Anton sol selbst di Faust durch unser Blutt beflecken /
Di Baare wird uns schon fein scheinbar zugericht'.
Wohnt keine Treue mehr bei keinem Römer nicht!
Gewissenhafftes Rom! komm borge bei den Mohren /
Di wahre RedligkeitKom borge bei den Mohr'n di wahre Redligkeit. Di Africaner wahren wegen ihrer Untreu sehr verachtet; woher das Sprichwort: Punica fides. Massen gleichfalls auch di Cretenser wegen ihrer Unwarheit übel beschrien gewest. Dahero ihnen auch Paulus Epist. ad Tit. c. 1. aus dem Poeten vorwirfft:

Κρη̃τες αεὶ ψευ̃σθαι, κακὰ θηρία, γαστέρες αργαί.

di du für längst verlohren.
Komm kauff' in Creta dir di theure Warheit ein!
Nun deine Götter selbst nichts als Betrüger sein.
Vermaledeytes Volck! verteufelte Gemütter!
Ihr gebet Gott für Gold / tauscht für di Seelen Gütter /
Gebt Mord für Gottesfurcht und Gifft auß für Gewin /
Werfft Ehgemahl und Kind für Hund und Panther hin!
Schätzt für Barmhertzigkeit in eignes Fleisch zu rasen.
O daß der Blitz euch nicht di Lichter aufgeblasen /
Daß euch der Regen nicht mit Schwefel hat verzehr't /
Eh ihr di Segel hab't auf unsern Port gekehrt!
Ich meine dich Anton und deine Mordgesellen /
Di mit geschmincktem Gifft' uns nach dem Leben stellen /
Und schwartzen Hütten-rauch für Bisam flössen ein.
Kan auch ein Basilischk' also verbittert sein?
Wir lästern den August: daß er den Stahl geschliffen
Und als ein redlich Feind nach unser Kron gegriffen;
Und küssen den / der doch für Witz und Tugend hällt:
Daß der kein Feind nicht sey / der sich als Freind nicht ställt.
Wir rasen! Rach' und Angst bestreitet unser Hertze!
Di Thräne dämpft di Brunst / der Eifer weicht dem Schmertze;
Der Ohn-macht schwaches Weh gewinnt den Kräfften ab!
Verscharrt mich / weil ich mich nicht rechen kan / ins Grab.

Archibius.
Ich zitter / ich erstarr! betrigen mich di Ohren?
Träumt mir? bin ich bei Witz? hab ich's Gehör verlohren?
Glaub' ich's / und frevle nicht / was ihre Majestät
Für Greuel uns entdeckt?

Cleopatra.         verzweifelt-falsche Räth'!
Ist ein zwey-schneidend Schwerd zu gleichen euer Zungen?
Kein Feinds-Schwerd ist uns nie so tief durchs Hertz gedrungen /
Als dieser Meuchel-Mord uns greifft di Geister an.

Archibius.
Wer hat zu dieser That den Vorschlag denn gethan?

Cleopatra.
August begehrt mein Reich / sie lifern gar mein Leben.

Archibius.
Wer weiß / ob Fürst Anton den Willen drein gegeben?

Cleopatra.
Wer zweifelt / da er ja so heimlich mit uns spilt?

Archibius.
Man sorgt für Heimligkeit oft di auf uns nicht zielt.

Cleopatra.
Er hat für ratsam Ding den Mord-Rath angenommen.

Archibius.
Man pflegt offt / hinter viel durch einen Schein zukommen.

Cleopatra.
Di Schlange stopfft ihr Ohr für dem Beschwerer zu.

Archibius.
Der Staat erfordert offt daß man ein übrig's thu.

Cleopatra.
Der Staat verwirfft: daß man den Heuchlern Ohren gibet.

Archibius.
Wer hat / Princeß / sie denn mit dieser Post betrübet?

Cleopatra.
Mein eigen Ohr / daß sich in's Neben-Zimmer schlooß /
Als man auf unsern Brand so frisches Oel aufgooß /
Wo bin ich? Himmel hilf! verleihe Grimm und Rache;
Daß ich mein Gift-Kristall mit Blutte Purpern mache
Deß Eh-Manns / der mich nicht mit einer Ader libt!
Wer ist! der Dolch und Schwerdt mir zum vollbringen gibt?

Archibius.
Ein Dolch / Princessin / wird hier nicht den Zweck erreichen:
Ein zornicht Antlitz muß di steiffen Segel streichen /
Den stürmen Winden nicht schnurstracks entgegen gehn.
Man fleucht di Klippen leicht di ob dem Wasser stehn /
Wenn / di di Flutt verdeck't / uns stracks in Abgrund stürtzet.
Wein / nicht di Wermuth wird mit Tod' und Gift gewürtzet:
So muß / Princessin / sie den Zornsturm deß Gesichts
In sanfften West 'verkehrn. Der Eifer fruchtet nichts /
Wo keine Waffen sind / als: daß er selbst uns tödtet.

Cleopatra.
Er tödte; wenn wir nur zuvor den Arm geröthet
Mit unser Mörder Blutt'.

Archibius.         Es bringt mehr Ruhm und Lust
Wenn man den Feind erdrückt mit um-zerkerter Brust.
Man mische Gift für di / di uns den Gift-Kelch mischen;
Wer weiß / ob wir hierdurch nicht selbst den Brand abwischen
Mit dem wir biß hieher deß Keisers Grimm erregt.

Cleopatra.
Wol! schaut wie Blitz und Keil selbst durch die Wolcke schlägt
Di Dampf und Schwefel zog. Liß deß Augustus Schreiben:
Er schlägt uns Mittel vor di Noth zu hintertreiben
Di uns in Abgrund wirfft.

Archibius.         Ist diß des Kaysers Hand?Ist dis des Keisers Hand? Als Cleopatra vom Augusto sich zimlich ins gedrange gebracht sahe / schrieb sie heimlich an ihn und bath umb Vertrag und Genade. Hierauf antwortete er ihr: daß / wenn sie entweder den Antonium tödtete oder von sich stiesse / solte es ihr an Gütte nicht fehlen. Plutarch. ibid. p. 456.

Cleopatra.
Ist dir Augustus BildIst dir Augustus Bild. Von dem Sigel des Augusti meldet Sveton. in Octav. c. 50. In Diplomatibus libellisque; & Epistolis signandis initio Sphinge usus est: mox imagine magni Alexandri, novissime sua Dioscoridis manu sculpta, qua signare insecuti quoque; Principes perseverarunt: Welches auch Xiphilin. lib. 61. pag. 62. bestetigt / und daß alleine Galba ein besonder Sigel gebraucht habe. Ου̃τος γὰρ προγονισκω̃ τινι σφραγίσματι κύνα εκ πρώρας νεὼς προκύπτοντα έχοντι χρήσασθαι λέγεται. Denn dieser sol seiner Vorfahren Siegel gebraucht haben / da ein Hund aus dem Vordertheil des Schiffes den Kopff heraus gerecket. und Handschrifft unbekand?

Archibius.
Was hinter hielt sie / sich dem Keyser zubequämen?

Cleopatra.
Daß es nicht Fürstlich schien di Mord-That vorzunähmen
Und durch deß Ehmanns Tod zu kauffen Thron und Reich.

Archibius.
Itzt aber / itzt begeht Anton di Unthat gleich /
Di ihr ein Greuel war. Er mag das Gifft selbst sauffen /
Der ihr den Todt versuch't im Weine zu verkauffen.
Wer einmal untreu ist / ist keiner Treue wehrt.
Thut ihre Majestät nicht was August begehrt /
So thut es doch Anton. Am besten vor sein kommen /
Eh' uns durch furchtsam-sein di Mittel sind benommen;
Eh Augen / Farb' und Mund den Anschlag offenbart /
Den ein versigelt Hertz offt nicht genung verwahrt.
Ich steh' ihr euserst bei / zu handeln was wir schlössen,

Cyllenie.
Princessin / Fürst Anton kommt gleich sie zu begrüssen.

Archibius.
Nur Muth! sie gebe wol auf Mund und Antlitz acht.

Cleopatra.
Wol! weich't ins Vorgemach. Bestürtzte Trauer-Nacht!
Bring't / eh der Fürst erscheint / di Kinder uns ins Zimmer.
Sagt: daß wir erst erwacht.

Antonius. Cleopatra. Ptolomaeus. Alexander. Cleopatra. Beyder 3. Kinder. Ein Hauptmann.

Antonius.         Wie wenn der düstre Schimmer
Deß braunen Abends itzt di blauen Hügel deckt;
Di Schnecke / di den Thau von den Gewächsen leckt /
Schier neuen Geist bekommt: so muß / Princeß / sie eben
Durch ihren Anmuths-Thau uns neue Geister geben /
Wenn Sorg- und Sonnen-Hitz' uns fast verschmachten läst.
Beseele mich / mein Hertz / durch den belibten West
Der Zucker-süssen Hold.

Cleopatra.         Ein Artzt kan auß den Sternen /
Auch auß dem Antlitz nicht di Kranckheit allzeit lernen;
Der krancke muß daß Weh entdecken / das ihn sticht.
Ich sol sein Labsal sein / und er entdeckt mir nicht
Den Uhrsprung herber Noth. Man läst' uns nichts mehrwissen /
Was Caesar von uns wil / was unsre Räthe schlüssen.
Man zeucht Cleopatren nicht nur nicht mehr in Rath /
Man schleust auch di noch auß / di man zu Räthen hat
Auß unserm Volck' erkiest. Was mag Egypten hoffen?
Nun auch der Rath nicht mehr der Königin steht offen.
Mich denckt di liebe Zeit: daß nichts bei Kräfften blib /
Was nicht Cleopatra selbst-händig unterschrieb /
Daß meines Fürsten Hertz in meinen Händen schwebte /
Daß ohne mich Anton gleich als entgeistert lebte.
Was aber sind wir itzt? ein Oel auß dem vielleicht
Man itzt für beider Wund' ein tauglich Pflaster streicht /
Auß dem.

Antonius.         Prinzeßin halt! hat sie so groß beliben
Uns bei so herber Angst noch herber zu betrüben?
Sie sehe den Anton für keinen Caesar an.
Sie weiß Anton hat nie nichts ohne sie gethan
Und wird es noch nicht thun. Daß aber wir zu Zeiten
Die Fälle / die den Geist unmenschlich uns bestreiten /
So viel man kan / verschweigt / sol das ein Laster sein?
So erndtet sie gewiß für Mandeln Disteln ein.
Ein kluger Artzt verhält dem Krancken oft di Wunden.
Sie hat / mein Kind / zeither so gar viel Leid empfunden /
Daß man / was neu ist / ihr auß Noth verzuckern muß /
Und weiß sie nicht / mein Haupt: ein Rathschlag ist kein Schluß.
Dem / was man vor erwog / mag sie den Außschlag geben.
Sie brauche / di der Nil gebohren hat / darneben /
Man hat durch diese Wahl di Treue nicht vergällt /
Sie weiß: bei Römern muß man Römisch sein gestellt.
Drumb lasse sie / mein Hertz / den falschen Argwohn schwinden.

Cleopatra.
Man kan für trüben Dunst leicht klare Farben finden.
Jedoch / di bißhiher mit Lib' und Redligkeit
Dem Fürsten treu gewest / wird / biß di Pest der Zeit
Sie hinrafft / auch ins Grab den reinen Geist gewehren.
Was aber ist mein Fürst / Augustus sein begehren?

Antonius.
Er heischt den Artabaz und gantz Egypten-Land.

Cleopatra.
Wi? sol Cleopatra nicht auch sein weg gebannt?

Antonius.
Der Himmel lasse nicht so grimmen Riß geschehen!

Cleopatra.
Kan Rom di Wölfin / denn di Eintracht gar nicht sehen?
Verdammte Raserey! verfluchte Mörder-Lust!
Raubt ja di Länder hin / nur sätz't auf unsre Brust
Nicht eure Klauen ein! was wil er sich erklären?

Antonius.
Zwey Stücke woll'n wir ihm auf's euserste gewehren.

Cleopatra.
Wer Zwey gewehren wil / gibt auch das dritte zu /
Ich weiß es was man offt umb Thron und Zepter thu;
Umb dis hat Julius uns Eh' und Eid gebrochen.

Antonius.
Das Rach-Schwerd hat an ihm den Meineyd längst gerochen.

Cleopatra.
Di Ehr- und Cronen-sucht siht nicht so weit hinauß.
Wir seh'n uns in der Grufft / und unsern Thron in Grauß!
Wir sind / O Götter! hin! mein Fürst / mein Haupt / mein Leben!
Getrost! er mag uns ja für sich zum Opffer geben!
Der Himmel hat uns schon eröfnet unser Ziel /
Denn / als den Mittag uns di Schlaff-sucht überfiel /
Wieß schon der traum: wie sehr umb unsre Mund-Kristallen
Di Spinne mühsam war / als sie ihr Gifft liß fallen
In unsern Malvasier.

Antonius.         Princessin / last den Zaum
Dem Eifer nicht zu sehr. Sol ein betrüglich traum
Itzt unser Richter sein? sol unser gutt Gewissen /
Durch schlipffrigen Verdacht itzt Ehr' und Ruhm einbüssen?
Wohin verleutet sie des Argwohns tober Wind?
Princessin / wir gestehns / man hat an uns gesinn't
Für sie / mein Licht / mein Trost / Octavien zukiesen.
Wenn aber hat Anton den Vorschlag ie gepriesen?
Di Welle setzt umbsonst an steile Felsen an.
Man hat mit Hertz und Mund den Gifft-Kelch abgethan /
Den uns di Ehr-sucht preist.

Cleopatra.         Und diese vorgeschlagen /
Di Gall' und Dolch auf uns in unserm Purper tragen.

Antonius.
Ich merck's / worauf sie zielt. Sie weis wol / daß der Rath
Den di Verzweifelung zur Welt gebohren hat /
Di Wage meist nicht hält. Doch muß der nicht bald bissen /
Der mehr durch Zufall hat als Boßheit irren müssen;
Viel minder der / der ihn verwirfft / verflucht / verdamm't.

Cleopatra.
Ihr Zweige di ihr ja von dieser Wurtzel stamm't /
Ihr Knoßpen unser Eh' und Blüthen unsrer Jahre /
Errettet uns nun mehr von der bestürtzten Baare /
Fallt / zarten Kinder / fallt dem Vater in den Arm;
Küßt seinen Fuß: daß er der Mutter sich erbarm.
Holdseeligster Anton! wo diese Wehmuths-Zehren /
Di wir / mein Heil / und Haupt / in Dehmuth dir gewehren /
Wo unser Hertzeleid dich nicht entsteinern kan;
Wo er / mein Schatz / uns nicht wil ferner schauen an /
Wo diese kalte Brust und die noch warme Seele
Nicht ferner Flammen schaff't in seiner Hertzens-Höle /
Wo di vertagte Lust dem Fürsten Eckel gibt /
Wo er / mein Fürst / nicht mehr / di welcken Wangen libt /
Di blassen Lippen küßt / di blöden Augen ehret /
Wo er den Säufzer-Wind mit schwerem Unmuth höret;
So laß' er dieser Bitt' ihm doch zu Hertzen gehn
Der Kinder / di für ihm mit Wehmuth schwanger stehn /
Ja di ihr Unheil itzt noch nicht zu nennen wissen;
Da ihre Mutter soll di krancken Augen schlüssen.
Zwar; umb Cleopatren ist's nicht so sehr zu thun /
Di endlich selber wünsch't in Sarch und Grufft zu ruhn.
Ah! aber diese Schaar der Mutter-losen Weisen!
Was mag sie hoffen ja! Gefängnüß / Schmach / und Eisen.
Denn solch ein Sturm-Wind schont der morschen Aeste nicht /
Der den zerschelten Stamm gar auß der Wurtzel bricht.
Zu dem / mein Herr / und Haupt / ach! könt' ihm unser Sterben
Den goldgestückten Stul / di sanffte Ruh erwerben!
Di Adern kwälln' voll Treu nicht minder als voll Blutt.
Hir schwillt di nackte Brust / wo ist Gifft / Schwerd und Glutt?
Hir schwebt der warme Mund behertzt den Dolch zu küssen /
Der uns das Leben zu / den Thron ihm auf sol schlüssen.
Nur / werthes Haupt / befleckt mit falschen Mackeln nicht
Di Palmen unser Treu. Der Schlangen-Neid umbflicht
Di höchste Tugend meist. Gebt / bitt' ich / dem nicht glauben /
Durch den Verleumbdung uns hat unsern Ruhm wolln rauben;
Es ist Cleopatra Verräthern gram und Feind /
Sie weis sich rein und from. Dis ists was sie beweint:
Daß man di Lorbern ihr von den Cypressen raubet /
Und daß Anton so viel des Keysers Worten glaubet /
Der zwar di Kronen weist / di Ketten aber gibt /
Und mit der Gütte mehr / als durch den Grimm betrübt.
Mein Schatz / fliht fliht das Kraut / in dem di Nattern hecken /
Laßt di Kristallen-Flutt euch nicht zu süsse schmecken;
Denn Caesar flöst hierdurch ihm seinen Gift-Tranck ein.
Läscht bitt ich / eh' den Durst / wo trübe Pfützen sein /
Di keine List vergällt. Der Honigseim der Bienen
Bring't uns den Stachel bei; des Rückens Sternen dienen
Der Heydächs' / umb daß sie den Schlangenbauch versteckt;
Und der Sirene Schwantz wird durch di Brust verdeckt.


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