Magnus Gottfried Lichtwer
Fabeln
Magnus Gottfried Lichtwer

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Das Beil vor Gericht.

        Vordem erstreckte sich Athens Gerichtsbarkeit
    Sogar auf unbelebte Dinge;
Der Mann PausaniasIn Atticis lib. I. sagt solches ungescheut.

        Einst ward ein Beil davor gezogen,
    Das einer Frau an Kopf geflogen.
Ein Redner bot sich an, dem Beile beizustehn.
    Der Herr der Axt war es zufrieden.
Der Redner gehet heim, bestiehlt den Demosthen,
Schlägt das Gesetze nach, wie Solon es entschieden;
    Er sitzt, er sinnt, er schwitzt, er schmiert
    An einer Rede von zwölf Seiten,
    Mit vielen Blumen ausgeziert,
    Die für der Holzart Wohlfahrt streiten.

Nun tritt er kühnlich auf, die Richter gähnen schon,
Er hält die Rede nun, sie rühret das Gerichte,
    Der Schweiß tritt Allen in's Gesichte,
Kurzum, das Beil kömmt los. Es fragt sich um den Lohn.
Der Redner martert sich, dem Herrn der Axt zu zeigen,
Wie künstlich er's gemacht, der Richter Sinn zu beugen,
Was er an Zeit gebraucht. Gut, fiel ihm Jener ein,
    Das ganze Beil soll dein nun seyn.

* * *

        Jetzt würde dieses schwerlich gelten.
    Die Sache selbst geschieht nicht selten.
Eh' ihr was unternehmt, so überlegt dabei,
    Ob's auch der Mühe würdig sey.

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