Magnus Gottfried Lichtwer
Fabeln
Magnus Gottfried Lichtwer

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Die wilden Schweine.

                Ein ungeheures wildes Schwein,
    Das oft die Winzer rasend machte,
    Ging auf den Raub, und brach bei Nachte
    In einen reichen Weinberg ein.
Es ward der Berg durchwühlt, da ging in einer Stunde
    Der Schweiß des ganzen Jahrs zu Grunde.
    Der Eber fand hierauf für gut
Sich weiter umzusehn. Seht, was der Zufall thut,
    Des Winzers Hütte stehet offen,
    Der Winzer selber schlief besoffen,
Ein neues Glück für ihn. Der Trunk schmeckt auf die Kost.
    Der Eber fand ein Faß voll Most,
Er tunkt den Rüssel ein, o, das sind Göttersäfte,
    Hilf, Bacchus hilf, wie schlürft das Schwein,
    Und schluckt das Oel der Trauben ein,
    Schluckt, und versäuft Gehirn und Kräfte.
Es taumelt hin und her, fällt zu der Thür' hinaus,
Kömmt wieder in den Wald, stößt sich an alle Bäume,
Es stolpert, grunzt und schnaubt, und thut, als ob es träume.
Es hört's sein Weib, die Sau, und läßt ihr sumpficht Haus,
Die ganze Freundschaft folgt; das Schwein wühlt in der Erde,
    Haut nach der Mutter und dem Sohn.
Flieht, Kinder, sprach die Sau, eh' Eins beschädigt werde.
    Die Schweine folgten ihr und flohn.
    Der Trunkenbold fiel ohne Sorgen
    In Schlamm, und schlief bis an den Morgen,
    Vom Morgen bis den Mittag d'rauf;
    Da stand er ganz gelassen auf,
Und wollte, wie zuvor, sich seiner Freundschaft nahen:
Da kömmt das tolle Schwein, schrie die erschrockne Schaar,
Sie flohn das gute Schwein, ob es schon nüchtern war,
    Sobald sie es von Weitem sahen.

* * *

        Ihr dummen Eber, ihr, wie, daß ihr euch nicht schämt?
    O, wenn ihr unter Menschen kämt,
    Ihr würdet, ohne weit zu gehen,
    Dergleichen Tolle häufig sehen.

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