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Die Mutter Gottes im Schützengraben

Muttergottes, ich denke daran, wie dich damals die Menschen so schmählich verlassen,
als du nach Bethlehem mußtest gehn, um dich anschreiben zu lassen.
In diesem Jahr, so bitt ich dich, kehr ein bei uns, in unserem Schützengraben
sollst du den besten und wärmsten Unterstand haben.

Auch braucht der heilige Joseph sich nicht um Essen und Trinken zu sorgen,
denn unsere Küche und die Feldpost kommen am frühesten Morgen.
Alles, was wir haben, wollen wir euch so gerne geben,
wir stellen eine Wache vor eure Tür und schützen euch mit unserem Leben.

Das werden wir tun, du brauchst keine Angst vor uns zu haben,
wir sterben für unsere Frauen, lieben unsere Mütter und beten für unsere Knaben,
wir leben ja immer und ganz in deinem heiligen Gottessohne,
auch unsere Seele trägt der Liebe schmerzliche Dornenkrone.

Wir hassen nichts mehr, kennen keinen Neid, wissen nichts mehr von Wollust und elenden Lügen,
uns kann der Teufel nicht mehr mit höllischen Listen betrügen,
wenn wir auch singend unsere Feinde töten, die wir wie böse Brüder lieben –
es ist deines Sohnes Gebot. Auch sind wir Gott sonst nichts schuldig geblieben.

O Mutter Gottes, wenn du kommst, wir falten um die Gewehre betend die Hände,
denn du bringst uns den König des Friedens, der macht allen Leiden ein Ende,
wir vertrauen auf dich so sehr, denn du und dein Sohn werden den Frieden uns bringen.
Unsere Seelen werden vor Glück schöner als damals die himmlischen Heerscharen singen.

Und in der heiligen Nacht – dann werden die Gewehre in unserer
Hand zu grünen Zweigen, daran die Patronen wie Blüten blinken,
die Granaten zu singenden Vögeln, die Geschütze werden tief in die Erde versinken.
Und du machst, daß den Führern der Feinde der Haß wird aus den Herzen genommen,
daß die Gelben, Schwarzen und Weißen, wie die heiligen drei Könige, anbetend zu dir kommen.

O Mutter Gottes, du kannst ja nicht in die prächtigen Häuser der Reichen gehen,
komm du nur zu uns, wir können die große Gottesliebe verstehen.
Du willst ja nur die Armen, Reinen und Frommen, nur liebende Menschen um dich haben:
O Mutter Gottes, dann komm zu uns, zu uns in den vordersten Schützengraben.


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