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Champagneschlacht

Kaum war es Tag – fing an das Wutgerassel,
des Trommelfeuers Höllenrachenschrei.
Wir standen still im Eisen-Bleigeprassel;
in Zischen, Heulen, Krachen barst die Luft entzwei.
Es stiegen, sanken, wogten Staubfontänen,
aus diesen stieg der Tod, der Knochenmann:
Er troff von Blut; lachend ob Qual und Tränen
besah er seine Tat und grinst uns höhnisch an:
Mit Friedenspsalmen, Weihrauch und Granaten bin ich da,
gesandt von euren Freunden aus Amerika.

Das nun zum Gruß: Ein Krach! Dunst, Staub und Splitter fliegen!

Wir lagen unter Schollen erdgepreßt,
ich fühlt die Last der Erde mich umschmiegen,
sie preßte hart aus mir des Blutes Rest.
In meinen Augen schossen Flammenbogen,
mir war, als riß die Lunge sich entzwei;
mein Schädel barst. – Als ich herausgezogen –
da trug man einen Toten mir vorbei.
Von einem andern sammelte man Stück um Stück.
Ich ward gerettet! Warum mir das Glück?

– Und wieder weiter. Salven krachen, rollen.
Vor uns und hinter uns zerstäubt der Grund.
Der ferneren Geschütze dumpfes Grollen
gibt uns der Feinde mächtig Wüten kund;
und aus den vorgetriebnen Sappen steigen
Leuchtkugeln, die uns bald verraten sollen, auf;
und wütender umschließt uns der Geschosse Reigen,
umtanzend uns in wirrem Todeslauf.
Wir hocken still. Schaun übern Grabenrand. –
Wie ist uns doch so schwer das Vaterland.

Und von Genosse zu Genosse zittert
die stille Wut gen unsrer Feinde Haß;
in mancher Seele hat der Zorn gewittert,
manch Glück zersprang, zersplitterte wie Glas:
Ach, gäb es einmal den Befehl, zu stürmen
auf allen Linien, daß es weiterging,
bis sich um Festungsmauern, Panzertürmen
fest schlösse unsrer Glieder Eisenring.
Daß wir den Feind in offner Feldschlacht sehn
und einmal könnten auf das Ganze gehn.

Die Stunden polterten durch unsre Seele,
Granaten sprangen, wie der Herzschlag ging. –
– Die Luft war nur ein stinkiges Geschwele,
drin, ein verweintes Aug – trübrot die Sonne hing.
Wie einsam waren wir in diesen Stunden!
Freund stand bei Freund. – Und jeder war allein.
Heimatgedanken brannten uns wie Wunden,
gedachten wir des Friedens Glück am Rhein.
Aus Qualm und Dunst stieg auf – die Brücke und – der Dom. –
Da lag die Heimat fern – da rauschte unser Strom.

Stürmt an, ihr Feinde! Kommt in Bataillonen!
All euer Blut ist unsres Rheins nicht wert.
Ihr wollt in unsern lieben Häusern wohnen,
die uns so lang ein stilles Glück beschert?
Wenn wir nicht unsrer Väter Söhne wären,
die auch mit ihrem Leib ihr Land beschützt,
nie würden solche Kräfte in uns gären,
an die ihr eure Sturmkraft abgenützt.
Ihr kommt nicht durch! Wir stehn wie Stahl und Stein!
Was fällt, das fällt! Es kann nicht anders sein.

Nun stockt das Donnern. »Auf, an die Gewehre,
und legt die Handgranaten euch zurecht.
Sie kommen!« Schon begrüßt sie unsre schwere
Artillerie. Bei Gott, die schlug nicht schlecht
in die Kolonnen, die wie Fluten brausten
auf unsre Graben zu im Sturmeslauf –
darin nun unsre Kugeln singend sausten
und die Maschinengewehre hielten drauf. –
Die Reihen fielen – neue stürmten zu.
Als die gefallen: Stopfen. – Gewehr in Ruh.

Der Tag vergeht. Dann kommt der Abendsegen.
Und mancher, der des Tages Sturm bestand,
den mußten wir noch in die Zeltbahn legen
und in das Grab an jenem Hügelrand.
Dann ward es kühl und still. Die Sterne glühten – –
uns löste ab das andere Bataillon –
wir beteten: »Gott möge es behüten,
wie er es tat so viele Male schon.
Und Friedensgott, o komme näher, du.«
– Ablösung – Flüstern – »Ripont?« Marsch! In Ruh!


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