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Wir

In der Heimat

Seit ihr mit feuchtem Blick und stolzem Liede gingt,
ganz anders uns zu Haus das Licht der Sonne blinkt.
Wie voller Rosen Blühn war sonst das Morgenrot,
jetzt deuten wir es Blut und Kampf und Sieg und Tod.
Am Tag der Regen fällt, ein dichtes Dach uns schützt,
wir denken immer nur, daß euch kein Schützen nützt.
Und wenn der späte Blick nachts an die Sterne fliegt,
wir sehn, wie ohne Dach ihr unterm Himmel liegt.
Und jeder Windstoß, der spät unser Haus umdrängt,
mit allen Schauern kalt in euren Kleidern hängt.

Seit ihr mit feuchtem Blick und stolzem Liede gingt,
der leere Stuhl am Tisch uns neu Gedenken bringt.
Der bleibt euch frei, bis ihr einst heimkehrt sieggekrönt,
ob manchmal uns daher der Tod entgegenhöhnt.
Uns ist in jedem Trank, der in die Becher fließt,
als tränken wir das Blut, das ihr um uns vergießt. –
Aufschlägt das heiße Herz, wenn uns die Not umfaßt,
daß wir noch nicht genug geliebt und nicht gehaßt;
geliebt euch, Brüder, nicht, danach die Sehnsucht geht,
gehaßt noch nicht genug den Feind, vor dem ihr steht.

Seit ihr mit feuchtem Blick und stolzem Liede, gingt,
uns eine neue Pflicht durch unsre Seele dringt:
Für jedes deutsche Herz, das ferner für uns bricht,
zehn sollen auferstehn, die halten neu Gericht;
in denen Zorn erglüht, der hell zu Taten loht
für jeder Witwe Leid, um jeder Waise Not.
Für jede Kugel, die ihr richtig Ziel verfehlt,
sind hundert, Feind! merk dir, von neuem aufgezählt.
Und fehlten zu Granaten das Eisen und der Stahl,
aus unsrer Siegesbeute wir gössen das Metall.

Seit ihr mit feuchtem Blick und stolzem Liede gingt,
wir merken uns das Lied, das diese Zeit uns singt:
Wir Deutsche wollen nicht klein und bezwungen stehn,
solang wir noch mit Stolz auf unsre Fahnen sehn,
solang wir unsre Sprache, die deutsche, nicht verlernt,
solang aus unsern Herzen nicht der alte Gott entfernt.
Bis daß dem letzten Hasser das Schwert zerbrochen ist,
und bis die letzte Festung die weiße Flagge hißt,
daß dann der Deutsche Kaiser: – »So wird der Frieden!« spricht.
Das wollen wir erreichen – und anders wollen wir nicht.


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