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Achtes Kapitel

Der Himmel blühte in silberigen Blumen. Die hohen Giebelhäuser des Marktes standen in Licht und Glorie. In all den verflossenen Sommertagen hatte Münster nicht einen so verklärten Morgen gesehen. Weiße Tauben umkreisten in dichten Schwärmen den Turmhelm von Sankt Lamberti, gliederten sich zu langen Bändern und Streifen, zogen in hellen Geschwadern dahin, um auf leuchtenden Schwingen Gottes leuchtendes Angesicht über die Gläubigen, über klopfende Menschenherzen, über die Stätte eines benedeiten Geschehens zu tragen.

Ja, das Himmelreich blühte. Lichte Kelche schaukelten sich aus der märchenblauen Höhe herunter, überschütteten Stadt und Land mit überirdischen Sternen, mit den Segnungen überirdischer Liebe und Duldsamkeiten.

Das Reich Sion zeigte das Gesicht eines Gottgesandten.

Meister Hans aus der Grünen Stiege trat wieder an seine frühere Stelle.

Er und sein böses Geschäft wurde vergessen.

Auch das Jammern des Weibes.

Auch das Schmunzeln des heil aus der schlimmen Affäre gekommenen Jans Niegentitt.

Nur die Worte der Königin blieben.

Sie schmeichelten zwischen Himmel und Erde und waren wie die Stimmen von Äolsharfen.

Sie sangen: »Herr, vergebt ihr, um des Schreckens willen, den sie erduldete. Nehmt ihr das kalte Eisen aus dem Nacken. Ihr ist genug geschehen, denn sie ist schon dreimal gestorben.«

Und ihr wurde vergeben.

Männer und Frauen standen im weiten Bering, die Blicke auf die Kanzel gerichtet, der Botschaft und des Wortes gewärtig.

Die wühlende Erregung, die sich noch kurz zuvor wie eine häßliche Brandung vordrängte, ebbte zurück, gab einer hohen Erwartung Raum, kettete die Menschen enger zusammen, ließ sie an den Lippen des Predigers hängen.

Dessen Sinne waren nach innen gerichtet, wo Sonne und Finsternis sich die Wage hielten.

Die Hände auf das Holz der Kanzel gelegt, erfüllt von seiner hohen Mission und den Zweifeln, die manchmal über ihn kamen wie die ägyptischen Plagen, erwartete er den Geist ... und während er diesen erwartete, streckte sich Knipperdolling seitlich des Gesteigers in seinem totschwarzen Kleid.

Das kurzverschnittene Haar stieß scharf unter der schmalen Kappe vor, die nur eine silberne Agraffe zierte.

In dem düsteren, zur Seite gescheitelten Bart spielten die Lichter des Tages. Sie wurden zu Funken, die einen bläulichen Schein von sich gaben.

Knipperdolling mit seiner wuchtigen Gestalt ragte über alle empor, die ihn umgaben. Er war wie König Saul unter den Seinen.

Der nun wandte sich an seinen Nachbar und sagte: »Wandscherer, wir sahen uns lange nicht. Manch Wässerlein gluckerte derweilen vorüber. Das letztemal in der Sitzung mit Rottmann.«

»Nein, wir sahen uns nicht – seit dieser Stunde nicht mehr.«

»Damals nahm die Sitzung einen unerfreulichen Abschluß. Wort stand gegen Wort, Meinung gegen Meinung. Es waren bittere Augenblicke. Mein Herz bangte um Euch.«

»So war es, Gestrenger.«

»Das hat sich geändert.«

»Ich hoffe dieses zu Gott.«

»Es wird sein«, und der Schwertträger des Königs spielte verloren mit seinem goldenen Pfennig.

Dann nach einiger Weile: »Ich hörte: heute wird Eure Tochter aufgeboten mit Raban von Bischopink von und zur Getter.«

»So ist es.«

Knipperdolling machte runde Augen. In ihrem dunklen Stern leuchtete es auf mit einem heimlichen Leuchten der Genugtuung.

»Sie ist schön. Eure Tochter. Schön unter den Töchtern des Münsterlandes, schöner denn alle. Selbst der Liebe Abwendige werden in solchen Netzen gefangen.«

»Das sagte schon Rottmann.«

»Ja, Rottmann ...!« versetzte der Schwarze.

Er lachte kurz auf.

»Ihr trugt einen schmerzhaften Dorn im Fleisch. Mit einem solchen läßt sich nicht gut schlafen. Der quält Euch bei Tages- und Nachtzeit. Ich weiß es. Jetzt soll er entfernt sein – dieser Dorn.«

»Wie meint Ihr das, Träger des Schwertes?«

»Wie es so heißt ... trotz Eurer Gegensätze, Ihr und Rottmann habt euch auf einer annehmbaren Linie gefunden. Wenn man Rottmann kennt, ihm Herz und Nieren absucht, bis in die innersten Kammern vordringt – ich sage Euch, Wandscherer: seit Jesu Christi Leiden und Sterben ist solches nicht mehr unter der Sonne geschehen. Aber ich freue mich dessen, denn wollt Euch erinnern ...« und er näherte seinen Mund dem Ohre Wandscherers: »Nach jener Sitzung sagte ich still daher, wobei ich an Meister Hus dachte: Der trägt bereits das Totenhemd unter der Ratsherrnschaube. Ihm ist kaum noch zu helfen. Lasset uns beten ...«

Der Mann im schwarzen Samt warf sich in seinem Sessel zurück: »Solches hätte mir die Seele zerrissen, wäre Euer allzufreies Wort offenkundig geworden. Gewiß, das Schwert soll regieren, wo's not tut ... und wenn es hier not tat – Fälle gibt's, wo man dem Schwert das Maul verbindet. Ich bin kein Lateiner, bin es niemals gewesen. Aber so viel weiß ich von der Domschule her ... Publius Virgilius Maro sagt an irgendeiner Stelle: Manet alta mente repostum, es bleibt tief in die Seele gesenkt. So hab' ich's gehalten – um Euretwillen."

Er machte einen horizontalen Strich durch die Luft.

»Gut so! Gut so!« sagte er heiser.

Wandscherer tastetete nach seiner Hand: »Ich danke Euch, Knipperdolling«, und seine Zunge wurde schwer unter seiner Erregung: »Ihr meint es gut mit meinem Hause und mir. Es ist im Büchlein meiner Treue vermerkt und wird nicht vergessen.«

»Laßt das. Ich habe wenig Anteil daran. Dankt Eurem Kinde. Es hat was an sich, was andere Kinder nicht haben. Auch Männer wie Rottmann sind sterblich.«

Der Blick des Gewaltigen schweifte ab.

»Wo ist Eure Tochter zu finden?«

»Da drüben im Erker mit den buntfarbigen Teppichen.«

»Ich sehe. Und Raban ...?«

»Ist bei ihr.«

»Geliebte ...!«

Eine mächtige Stimme hub an, über den Marktplatz zu sprechen.

»Ihr christlichen Mitbrüder, Freunde, ihr wahren Nachkömmlinge Abrahams, wollet mich hören.«

Rottmann, der Prediger, hager und mager, der Mann mit dem Schwärmergesicht, das eine glutheiße, steinichte Wüste mit ihrem Sonnenbrand ausgedörrt hatte, der in bittersten Wintertagen nicht fröstelte, bei brütender Sommerhitze sich keines Schweißtüchleins bediente, revierte mit seinen eisengrauen Augen die Menge ab wie mit Falkenlichtern.

Er wußte sich Herr seiner Kräfte.

Er benutzte sie, wie ein Heerführer seine Truppen aufstellt und sie aufs beste verwertet.

Bald plänkelte er, bald stürmte er vor mit fliegenden Fahnen, bald zog er sich auf seine Stellung zurück, um unwiderstehlich und letzten Endes auch das schwerste Hindernis aus dem Wege zu räumen.

»Geliebte! Es geht ein frohes Offenbaren über das Reich hin. Keine Furcht wandelt uns an. Wir ähneln nicht denen, die da glauben, daß Christus von Marien menschliches Fleisch angenommen habe. Die es noch tun, haben das ewige Marterholz zu erwarten. Hinweg mit den Söhnen Esaus! Das Erbe gehört allein dem Samen Jakobs. Den inneren Feind überwanden wir durch die reine Lehre des Unerforschlichen. Den äußeren fürchten wir nicht. Da heißt es: Stirn gegen Stirn und Auge um Auge. Mag der Bischof, dieser Herzog des Unflats, dieser Verwüster in den stolzen Grafschaften der heiligen Überlieferungen auch Waffen gegen uns tragen, so reichlich wie die Perserkönige sie in altgeschichtlichen Tagen gegen das Volk der edlen Griechen aufbrachten, mögen seine Geschosse auch die Sonne verdunkeln, unsere Mauern zu brechen versuchen, daß die Ziegel und Dachpfannen ins Weite schnurren, gleich aufgestöberten Rebhuhnketten aus den Ackerfurchen – ungebeugten Mutes harren wir des Endes, des Endsieges; denn unsere Werke und Schanzen sind stark, unsere Wälle sind steil, unsere Gräben voll Wasser«, und seine Stimme brauste empor mit dem Flügelschlagen eines Adlers: »Wir haben den König der Könige, gesetzt von Gott und seinen himmlischen Thronen und Herrschaften. Er kennt die Pläne des Infulierten, seiner Helfer- und Helfershelfer, er setzt sein gutes Schwert gegen Carolum Quintum, diesen Antichristen und Verfechter des morschen römischen Stuhles. Er sucht ihm das lästerliche Haupt vor die lästerlichen Füße zu legen, auf daß sich der Schindanger färbe gleich dem Blutanger Hakeldama in Jerusalem.«

Ein verhaltenes Jubeln und zusprechendes Raunen unterlief die Kanzel, setzte sich fort von einem Ende des Marktes bis dorthin, wo die Salzstraße sich abzweigte und Sankt Lamberti sein feingegliedertes Bauwerk in den silberlichten Azur emporsteilte.

»Geliebte! Sorge jeder für sich, handle jeder nach der ihm überkommenen Arbeit und Werktätigkeit. Wer ein Schmied, der schmiede Wehren und Lanzenspitzen, wer den Fäustling zu tragen vermag, der trage den Fäustling, wer berufen ist als Samaritan, der pflege die Kranken und Weidewunden und bestatte die Toten. Seid friedfertig. Wer in der Fülle sitzet, sein Bruder aber darbet, der trage seinen überschüssigen Mist auf den mageren Acker des Bruders. Draußen bauen sie am Turmbau zu Babel; wir hingegen bringen Steine und Mörtel zusammen, um Sion als Feste aufzurichten, die ihresgleichen nicht findet unter den Sternen. Fördert Steine hinzu, Steine und Mörtel, bauet und laßt Senkel und Richtscheit nicht rasten, seid gleich denen, die die Starken in Israel hießen und zu sterben wußten, wenn es die heilige Sache erforderte. Bedenket, daß niemand gekrönt wurde, es sei denn, daß er sich die Krone erkämpfte. Fort mit dem dickwanstigen Priester, der, um Kriege gegen Sion zu führen, alle Schlösser der Diozös verpfändete, Kirchen und Kapellen ihrer Kleinodien beraubte. Führet Partisane und Morgenstern gegen Carolum Quintum, diesen Nimmersatt nach Weiberschönheit, diesen Heuchler und Verdreher der Wahrhaftigkeiten, sobald es ihm beifallen sollte, seine Troßknechte in Marsch zu setzen. Auf, auf, ihr Anabaptisten! Wir Täuferischen sind nicht vom Satan und seinen bösen Werken geblendet, nicht prahlerischen Sinnes. Wir wissen: ohne Kampf kein Erleben, ohne Blut kein Heimsen einer tausendfältigen Ernte ... und wir wollen eine tausendfältige Ernte. Aber um die zu gewinnen: Äxte und streitbare Männer sind nötig, diese Äxte unseren Widersachern in die Nacken zu setzen, die neue Lehre über den Erdkreis zu tragen. Her, her! und lasset euch sagen: Der Herr über den Wolken gebietet, und sein Cherub mit den siebenfältigen Schwingen rauschte hernieder, um unserem König und Propheten die Botschaft zu bringen.«

Seine hageren Arme hoben sich auf und senkten sich wieder. Seine Hände ballten sich, um sich aufs neue zu öffnen. Seine Stimme rollte dahin, als würde ein schwerer Kriegs- und Sichelwagen über einen Knüppeldamm in Stellung gefahren.

»Geliebte! Unser Herr und König, Johannes Leydanus, wandelt durch Licht, durch ein unendliches Meer der Erkenntnisse, den lauteren Blutzeugen gleich, den Wer-da-Rufern des himmlischen Vaters – dreitausend zur Rechten, dreitausend zur Linken, in blauen Kettenhemden, angetan mit züngelnden Schwertern und leuchtenden Lanzenspitzen. Als Gottsucher und Gottfinder sind ihm die Dudelsackpfeifer ein Greuel. Um solche hofieren nur Kleingläubige und Leisetreter. Gottsucher und Gottfinder wollen Posaunen, Posaunen hoch vom Tempel herunter, wenn sie zum Synedrium rufen. Und die Posaune posaunte ihm zu, und die Stimme des Engels war bei ihm.«

Und Rottmann, der Prediger, der Sprecher des Königs, der Unerbittliche mit den eisengrauen Augen, wurde zu einem Minderer und Würger ausgesäter Drachenzähne.

»Weiber und Männer dahier, wagt nicht zu zweifeln, falls ihr nicht wollet, daß das Wort über euch komme, so da erschien an der gekalkten Wand im Palast des Herrschers von Babylon: Mene tekel upharsin! Gewogen und zu leicht befunden. Es ist schwer zu sagen, wo das Werk Gottes einsetzet und das des Teufels aufhöret. Hier aber spricht der leuchtende Cherub mit den siebenfältigen Schwingen, spricht durch den Mund eures Herrn und Gesalbten im neuen Tempel von Sion.«

Und seine Stimme war stark wie der Tod, der über Gräber schreitet: »Kniet nieder und höret die Botschaft!«

Es rauschte wie ein Meer von sinkenden Halmen.

Eine ungrische Sense, so schien's, sichelte ihres Weges daher. Sie kam von Morgen und wandte sich dem Abend zu, aber mit der Schnelligkeit eines Blinkfeuers, das die weite Umgegend mit hellem Blitzen absuchte.

»Kniet nieder und höret die Botschaft!«

Und tausend und abertausend knieten am Boden, durch die ungrische Sense in die Knie gezwungen.

Alle, die da knieten, die da am Boden lagen, die da die Erde küßten, die Arme gespreitet, die Stirnen auf den Pflastersteinen, erschauerten unter den Worten des Mannes, dem die Kälte nichts antat, vor dem die Hitze abprallte gleich Eisgraupeln vor Panzerringen.

»Geliebte! Licht schüttete vom Himmel herunter. Aus diesem niedergeschütteten Licht drangen die Worte: höre mich Sion! Gott hat dir die Wege geebnet, dich in den Garten geführet, den die Kundigen und Lichtsucher mit ›Eden‹ bezeichnen. Der Unflat und Schmutz der Zeiten liegt hinter dir. Du sollst ewiglich leben ... und daß du es kannst, hause und halte haus, wie die Patriarchen und Könige des alten Bundes es taten. Streue deinen Samen auf Ackerkrumen, die eine vielfache Ernte versprechen. Nicht auf Sand oder auf die ausgebrannten Schlacken, die das tote Salzmeer umlagern; dort gedeihen nur Asphaltbrocken, nur Sodomsäpfel, die einem unter den Händen zu Asche und Staub zerrieseln, zu Nichts werden. Alles Sonstige der Seele, der Anschauungen ist vom bittersten Übel, ist Eitelkeit über Eitelkeit, Verschwendung des köstlichsten Gutes, so ihr in euch berget. Ich bin das Wort und die Herrlichkeit und die Macht des ewigen Gottes, und wer meinen Worten nicht folgt, der trägt seit Anbeginn die Felonie zwischen den Rippen, der hebt das freche Fanal des Antichristen gegen die Menschheit auf. In dem Wachsen des Volkes allein liegt die Stärke des neuen Tempels. Drum ist Befehl des Cherubs mit den siebenfältigen Schwingen: Jedem Manne des berufenen Geschlechtes wird hiermit geboten und nicht nur verstattet, sich mehreren Weibern beizulegen, ihnen beizuwohnen, mit ihnen in treuer ehelicher Gemeinschaft für die Wehrhaftigkeit der einzig neuen Lehre Sorge zu tragen. Was Gott zusammenfügt, das soll der Mensch nicht scheiden. Eher verdorre die Hand, werde das Licht in Finsternis verkehret... und so gehet denn hin und befolget die göttliche Satzung. Wachset und mehret euch und erfüllet die Erde!«

Und Rottmann streckte die Arme.

»Also geschehe es im Namen der großen Einheit, der heiligen Dreifaltigkeit. Lasset uns beten!« und er betete das Vaterunser mit verzehrender Inbrunst ... und während er betete, war ein Schluchzen zu seinen Füßen, ein verhaltenes Stammeln, ein ersticktes Aufbegehren der Sinne und des Fleisches, ein verstecktes Suchen nach den Freuden des irdischen und überirdischen Paradieses, bis jählings Himmel und Erde unter einem einzigen Jubel erschütterten: »Also geschehe es! Wachset und mehret euch und erfüllet die Erde!«

»Erfüllet die Erde! Erfüllet die Erde!«

»Mehret euch, ihr Kinder Israels, auf daß es euch wohlergehe und ihr ewiglich lebet!«

»Ehre sei Gott in der Höhe!« und die Pauker und Zinkenisten des Königs fielen ein und trugen das ›Ehre sei Gott in der Höhe‹ weit hinaus, über Schanzen und Gräben bis hinein in das Geläger der Bischöflichen, in die Reihen der Söldner und Stückknechte, die sich weidlich erstaunten über den Jubel in der Stadt der Wiedergetauften und des auserwählten Volkes.

Es waren aber auch Flüche darunter, Verwünschungen, Lieblosigkeiten, die sich in den Boden hineinfraßen, aus Furcht, offenkundig zu werden: »Wehe! Wehe!«

Aber Rottmann hörte sie dennoch.

Sein Zorn flackerte auf.

»Wer murrt da?!« rief er von hoher Stätte herunter, schlug die Ärmel seines schwarzen Kleides zurück, rumpelte mit harter Faust auf das Kanzelbrett und donnerte über Gerechte und Ungerechte: »Wer nicht eins mit mir geht, der hebe den Stein auf und schleudere ihn gegen den Engel des Lichtes. Es wird ihn gereuen. Ihr Kleingläubigen – ihr! Aus euch sprechen die Kakodämonen Asmodi, Pampholini und Grimaldi. Mit meinen Schuhen – ich werde euch und ihnen die Köpfe zertreten. Soll ich über euch schreien: Gewogen und zu leicht befunden?! Wenn ja – ich werde gebieten: Meister Hans aus der Grünen Stiege waltet Eures Amtes, auf daß geschehe, was rechtens; denn Gott will Blut, wenn es die heilige Sache erfordert«, und sein Auge sichelte über die Murrer und Widersacher dahin, als säße ihnen bereits das blanke Gespenst im Nacken – das Schwert, der Hinwegnehmer aller Zinsen und Zehnten, der Tilger und Zerstörer aller sündigen Gedanken und Werke.

Und siehe: die Widerspenstigen flehten mit kreidigen Gesichtern um Gnade und Barmherzigkeit ... und eine Stille war ausgetan wie die in der Grabkammer der Verwesung.

Und in diese Stille hinein ...

Rottmann stand wie ein Pfahl auf der Kanzel.

Seine Stimme brauste gleich einer Domorgel zu Gott und seinen ewigen Thronen und Erzengeln: »So ist die Botschaft des Cherubs Gesetz und Satzung geworden. Sion mag sich des heutigen Tages erfreuen. Kommet zu hauf und singet mit mir:

Und täten sie mich fragen,
Wer unser Hauptmann wär',
Ich tät zu ihnen sagen:
Christus mit seiner Lehr'.
Der hat uns den Frieden gegeben,
Der treue Heiland gut.
Dabei begehr ich zu leben,
Versiegel's mit meinem Blut. Amen ...«

und während die Zinkenisten eine feierliche und getragene Weise anstimmten, sprach er in dieses sanfte Klingen und Tönen hinein: »Für den Eintritt in den Stand der Ehe biete ich auf:

Die ehrsame Jungfrau Christine Rhoden mit Matthias Klostermann aus dem Kirchspiel über dem Wasser,

Anna Moderson, Witwe Zeelenmaker, mit Lambert zur Hege aus dem Kirchspiel des heiligen Ludger,

die ehrsame Jungfrau Gertrudis von Kerkering aus dem hiesigen Stift der adligen Damen mit Klotterberend, genannt Riemenschneider, aus dem Kirchspiel Sankt Lamberti,

die ehrsame Jungfrau Elisabeth Wandscherer mit Raban von Bischopink von und zur Getter, aus dem Geschlechte der Erbmänner, des Rechtes Beflissener und Bakkalaureus der freien Künste, wohnhaft auf und zur Getter,

die ehrsame Jungfrau Maria Drolshagen von der Engkinger Mühle, auf dem Felde, wo es beginnt in die Höhe zu gehen, mit Bernard Osnabrüg, dem Vorkostmeister des Königs, wohnhaft im Kirchspiel des heiligen Ägidius.

Der Herr sei mit euch und mache euch fruchtbar gleich den Ähren des Feldes. Diese wollen nichts anders, als blühen, empfangen und sich der Mutterschaft beugen. Für sie sind schon die Scheunen gerichtet und die Tennen bereitet. Drum kommt zu hauf. Psalter und Harfen erheben für euch ihre Saiten. Vernehmet den Lobgesang, denn für euch ist heute der Tag der Freude und des Geschehens ...« und er ließ die Paare sich reihen, trat unter sie und sagte: »Folget mir, ihr Töchter und Söhne des neuen Tempels, auf daß Johannes Leydanus euch sehe von Angesicht zu Angesicht, eure Nieren erforsche und sein Zepter über euch strecke, euch segne mit der Hand des Gerechten und dem Atem des ewigen Lebens«, und die Paare folgten der Anweisung, reihten sich und schritten unter Führung Rottmanns, des Predigers, dem mit Blumen und Girlanden austapezierten Gesteiger entgegen, bei vollem Ruf der Zinken, der Flöten und der Hörner, die gar säuberlich und artig sich in die Herzen der Menschen einschmeichelten.

»Nur stetig«, sagte Rottmann und trat an die Seite der jungen Wandschererin. »Lasset alles Bangen beiseite. Der Herr wird dich führen, der Herr wird auch in dieser Stunde bei dir sein, auf daß dir nichts geschehe an Sorgen und Anfechtungen.«

Sie nickte ihm zu.

»Ich danke Euch, Meister.«

In weißem Gewand, in wehendem Schleier, das Kleid durch einen mit Steinen umkrusteten Gürtel gerafft, schritt die Hochgemute an der Seite Rabans, von dessen Barett die dunkle Schwinge der Bischopink aufragte, still und versonnen ihres Weges.

Das trunkene Sommersonnenlicht überflutete sie, legte sich breit und schwer über ihre Flechtenkrone, durchstickte das weiße Gewand mit tausend und abertausend goldenen Splitterchen, machte sie wert und würdig, das Feuer eines Opfersteines zu hüten, ihm die Kraft des Nieverlöschens zu geben.

Staunen ergriff die Menge. Sie reckte die Hälse, umfaßte die hohe Gestalt mit heißen Sinnen, mit den Augen der Freude und der innigsten Wertschätzung.

War jemals in Münster so etwas an Frauenschönheit erschaut?

War diese Wonneseligkeit nicht aus dem Himmelreich auf die Erde getragen, auf daß das Wort sich erfülle: In einem schönen Körper wohnt der Geist der Verheißung?!

»Elisabeth Wandscherer, du köstliche!«

»Elisabeth Wandscherer, du makellose!«

»Elisabeth Wandscherer, du Gebenedeite unter den Weibern!« so raunte und flüsterte es um sie her, so mit verhaltenem Beifall wurde jeder Schritt ihres schmalen Fußes begleitet, ließen die Menschen nicht ab, ihr liebes Bild zu begrüßen.

Johannes Leydanus stieg vom Gesteiger.

Divara erhob sich, desgleichen die Nebenfrauen.

Lichterschnüre von Perlen und Florentiner Steinen strahlten von ihnen aus. Es war das Glitzern von Myriaden Sonnenstäubchen.

Die Blicke des Herrschers gingen den Aufgebotenen entgegen, wichen nicht um Haaresbreite von der Linie ab.

Er musterte scharf. Äußerlich gefaßt, begann es in seinem Inneren zu stürmen, aufzubegehren.

Das Weiße in seinen Augen nahm einen gelblichen Ton an.

Auf ein stummes Geheiß war Rottmann an seine Seite getreten.

In gewissen Abständen folgten sich die bräutlichen Paare.

Der König fragte jedesmal nach Namen und Stand, und als dieses ihm wurde, hob er das Zepter und segnete im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.

Jetzt zuckte er auf.

»Und diese ...?« fragte er mit fliegendem Atem.

Dem Prediger lief es heiß über die Seele.

»Herr«, sagte er bedrückt vor sich hin, »Elisabeth Wandscherer, Hermann Wandscherers einzige Tochter. Ihr kennt ihn ... und Raban von Bischopink, Erbmann von und zur Getter.«

»Laßt sie verweilen.«

»Bleibt«, flüsterte Rottmann und tastete bewegt nach der Hand seiner Schutzbefohlenen.

Auf der Estrade streckte sich Divara. Sie spielte erregt mit ihrem preziösen Halsgeschmeide, das einem Gutshof an Wert gleichkam. Ihr stilles Gesicht war weiß geworden, als wäre ihm der letzte Blutstropfen aus den Adern genommen.

Sie wandte sich jählings.

Eine der Nebenfrauen reichte ihr eine Phiole mit zusprechenden Essenzen.

Da erwachte sie ins Leben zurück. Mit einem tiefen Atemzug umgriff sie das Tun ihres Mannes.

Dessen Augen kniffen sich ein. Nur ein Spalt tat sich aus, dünn wie ein grüner Seidenfaden. In ihm geisterte ein heißes Feuerchen in brennender Marter.

»Also Elisabeth Wandscherer ...?«

Er sprach es mit seltsamem Flüstern, wobei sich seine Blicke langsam erschlossen und die brennende Marter lebhafter wurde.

»Herr, so werd' ich gerufen.«

»Und seid die Tochter meines ehrenfesten Rates aus der Zwölfergemeinschaft?«

»Herr und König, Ihr sagt es.«

»Seltsam, daß ich Euch früher nicht sah. Kostbarkeiten soll man nicht im Schreine belassen. Es fördert den Schmelz der Perlen nicht. Eine kluge Hand stellt so etwas öffentlich hin, auf daß sich auch andere daran erfreuen.«

»Herr, ich stehe dem höfischen Leben fremd gegenüber. Das Hauswesen nimmt mich völlig in Anspruch.«

Ihre Unrast steigerte sich. Sie fühlte: der Herrscher entkleidete sie mit heimlichen und kühlen Augen, betastete sie mit den Sinnen eines Kundigen.

»Das klingt ja so bieder«, sagte er lächelnd, »als wär' es am Herd einer braven westfälischen Kossätenfrau groß geworden.«

»Es ist mein heißes Wünschen, schlicht und einfach zu bleiben.«

»Und das bei all dieser Schönheit?!«

»Herr ...!«

Ihre junge Brust begann heftig zu stampfen.

»Nur Ruhe. Junge Bräute verfallen leicht dem Fieber und der Unstetigkeit. Keine übertriebene Hast. Nur die Zeit bringt Rosen. Allzufrühe Sonnentage machen ihr Düften hinfällig. Drum liegt die Frage nahe: Wann gedenkt Ihr den Tag der Hochzeit zu begehen? Ich möchte nicht mit leeren Händen erscheinen.«

Um die Mundecken des Königs kräuselte sich ein häßliches Fältchen.

Er trat näher heran, so, daß er fast ihren Kleidsaum berührte.

Das junge Weib begegnete ihm mit dem Aufgebot ihrer ganzen Willenskraft: »Wie es die Satzung zuläßt. Vierzehn Tage nach der Verkündigung, Herr.«

»Ihr habt es eilig, Jungfer Wandscherer. Die hitzigen Tage sind einer jungen Ehe nicht zuträglich. Die erste Liebe wünscht kühlere Zeiten. Ihr solltet die Feier aussetzen. Auf später. Vielleicht wenn es herbstet und die Blätter fallen.«

»Herr, es ist also beschlossen.«

Das Feuerchen mit der brennenden Marter verstärkte sich.

»Jeder Beschluß läßt sich ändern. Besonders dann, wenn der Gebieter des neuen Tempels es wünscht. Man soll dem König willfährig sein, nicht ihm das Wasser abgraben. Es sprudelt in meinen Sinnen mit dem Sprudeln eines frohen Wiesenbrönnleins. Ich möchte Euch eine Gnade erweisen.«

Mit feiner schmalen und beringten Hand zog er einen Kreis um Hals und Nacken der Elisabeth Wandscherer.

Sie zuckte unter der leisen Berührung zusammen. Alles Blut drängte stürmisch in die Herzgrube zurück.

Mit bleichen Lippen stammelte sie: »Herr, ich flehe Euch an: Lasset uns, bitte, gewähren.«

»Ehe zwei Tage versinken, seid Ihr anderer Meinung. Die Vorfreude ist tiefer und nachhaltiger als die gesättigte Freude.«

»Herr«, wagte es der Prediger, sich ins Mittel zu legen, »ich prüfte jegliches. Es steht kein Ehehindernis an ... und was der Himmel zusammenfüget ...«

Ein eisiger Blick fiel auf Rottmann.

»Schweiget. Ihr seid nicht befragt. Der Ruf einer mißratenen Kammerbüchse liegt mir nicht so schwer auf dem Ohr als Eure unerwünschte Belehrung. Ich will nur ihr Bestes. Ich möchte diese Anabaptistin durch meine königliche Gnade erfreuen. Hoch und hehr soll sie an ihrem Hochzeitstage die Ringe wechseln. Ein Geschmeide aus meiner Hand ...«

»Herr, laßt es anstehen!«

Rottmann hob beschwörend die Rechte.

»Was Teufel!« herrschte der König ihn an, »hat sich irgendeine Saatkrähe aus der Dawert nach hier verflogen, um meine Pläne zu durchkrächzen? Wir stehen hier nicht an der Klagemauer der Juden in Jerusalem. Es ist ein leeres Geschrei in düstere Schwaden hinein. Ich kenne das von Holland her. Alle unwillkommenen Rufe ersticken dort im dichten Nebel, versintern im diesigen Wetter. Ich will keine Luderkrähen hier hören. Nur die Stimmen von angenehmen Vögeln. Ich will Freude um mich haben und zuckende Lichter«, und wieder begann er mit schmaler und beringter Hand seine lüsternen Kreise zu ziehen.

»Hierhin gehört ein neues Kleinod, ein fürstliches Geschmeid. Es fertigzustellen – darüber können Wochen hingehen. Also – es bleibt dabei: wenn die Blätter fallen ...«

Er warf den Kopf herum.

»Dusentschuer!«

Der Prophet sprang zu.

»Ihr hörtet?«

»Herr, jedes einzelne Wort.«

»Und Eure Ansicht?«

»Herr, meine Kunst würde sich freuen. Sie wüßte keinen höheren Vorwurf aufzutreiben. Unter Gottes Beistand könnte es ein Wunderding werden.«

»So nehmt das Beste aus meinem Perlenschrein und fügt es würdig dieser Anabaptistin. Ihr bürgt mir dafür.«

»Ich bürge. Hier gehen Kunst und Schönheit Hand in Hand. Das Geschmeid wird sich um etwas Köstliches fügen.«

Ein heiserer Laut sprang auf.

»Herr, sie bedarf keines neuen Geschmeides.«

Erhobenen Hauptes war Raban vor den Herrscher getreten.

Das Barett mit der Rabenschwinge der Bischopink hatte er sich vom Kopfe gerissen.

Keine Fiber zuckte in dem totenstillen Gesicht. Unter den starren Brauen jedoch standen verhaltene Blitze.

Die wichen denen des Königs nicht aus. Der sagte: »Was maßt Ihr Euch an?«

»Herr, ich wollte nur dartun: Elisabeth Wandscherer möchte den alten Familienschmuck der Bischopink tragen. Solches ist gleichfalls mein Wunsch und mein Wille.«

In dem schmalen Gesicht des Gekrönten zeigten sich die Zähne wie die eines Wolfes, blanker und weißer als Elfenbein.

»Ich sollte doch meinen«, sprach er mit erzwungener Ruhe, hinter der das Unheil grinste, »ein Schmuck, aus der Hand eines Königs gegeben, ist höher zu werten, als der aus der Truhe eines Erbmanns von und zur Getter, und wäre dessen Geschlecht noch versippt mit den Insassen der Arche des Erzvaters. Königsgeschenke erhöhen und prägen die Würde. Geschenke von adligen Knechten ...«

»Herr, wir sind keine Knechte«, und der junge Erbmann war wie sein Ahn Wilderich Bischopink von und zur Getter, als dieser die Ärmel zurückschlug, die Faust streckte und sie dem widerborstigen Domkapitel vor Schläfe und Stirn hielt. »Nein, wir sind keine Knechte. Sind es niemals gewesen. Wir standen allzeit in Harnisch und Eisen. Das Geschlecht der Bischopink saß schon ritterlich im Sattel, als die Staufer noch kaum daran dachten, ihre Pfeile zu schäften.«

Johannes Leydanus gefiel sich in einem herzlichen Lachen.

»Hab' ich nicht recht mit der Arche?! Brav so! Immer den Kopf stolzlich im Nacken.«

Das junge Weib schrie auf: »Raban ...! Raban ...!«

Sie warf sich gegen ihn an, umschlang ihn, stammelte, flehte: »Raban, was tust du?!« und dann mit einem herzzerreißenden Lächeln zu Johannes Leydanus: »Herr, wollet ihm das nicht entgelten.«

Ihre Worte zerrieselten unter leisem Schluchzen.

Der gekrönte Prophet winkte ab.

»Nur keine Unrast. Nicht jedes Verbrechen wird an Hand und Haupt gestraft. Wer im Drange der Jugend fehlt, wird milde beurteilt, hat das Recht für sich, nicht mit Apothekergewichten gewogen zu werden. Ein Weiser wägt weise. Um Euretwillen Elisabeth Wandscherer – ihm soll nichts Arges geschehen. Nicht um Haaresbreite wird ihm ans Leben gegangen. Wie allzeit – frei mag er die Tore passieren, bei Euch Einlaß begehren. Kein Spießknecht soll ihm den Freizug versperren; denn ich muß ehrlich gestehen: seine Antwort war offen und hatte Haare auf den Zähnen. Nur kann man bei einer solchen offenherzigen Geradheit elendiglich stolpern, denn solch eine Geradheit wiegt schwer. Selbst in der widersinnigen Fastnacht, und mir ist so, als stände der Erbmann noch in der widersinnigen Fastnacht. Aber um Euretwillen habe ich dieses Stolpern behoben«, und er zog jedes einzelne Wort über ein eisernes Haspelwerk, »denn wäre es anders – sein Kopf rollte ihm von den Schultern herunter und weiter so fort, als würde mit ihm Kegel geschoben.«

Sein stahlblaues Auge züngelte auf.

»Und Ihr, Raban von Bischopink ... also Euer Geschlecht saß schon ritterlich im Sattel, als die Staufer noch kaum daran dachten, ihre Pfeile zu schäften?!«

»Ja, Herr.«

»Das ist preislich zu hören, denn in einem solchen Geschlecht, in seinen Nachfahren muß dickes Blut rinnen. Indessen, solches tut es allein nicht ... und wenn ich über hundert Schlösser, über tausend und abertausend Dienstmannen geböte, auch Gold aus einem Sturzacker zu heben vermöchte, aber Schaden an meiner Seele erlitte ... Ach was!« und seine Stimme wurde scharf und zupackend wie eine Kneifzange: »Eins tut not. Eines bindet und verpflichtet. Und dieses Eine ... habt Ihr die neue Lehre gefunden? denn ohne diese ist jegliches wie auf dem Altare eines Götzenbildes geopfert.«

»Ich suche noch, Herr.«

Ein bitteres Lachen.

»Also – Ihr sucht noch? Vielleicht betreibt Ihr dieses saubere Geschäft bis zum Jüngsten Tage, wo die Toten aufgeboten werden, Antwort und Rede zu stehen, sich zu rechtfertigen vor ihrem Tun und Lassen ... und habt die Stirn, nach dem geweihten Leib einer anabaptistischen Jungfrau zu tasten?«

Er streckte die Hand, die zartgegliederte, beringte Hand, auf deren Wink sich eine Rose entfaltete oder das Eisen eines Harnaschers blank wurde.

»Also – Ihr sucht noch? Auch eine Antwort. Dann sucht, bis Ihr findet. Das kann immerhin einige Weile anstehen. Und deshalb: warten wir ab. Bis zur Erkenntnis und dem rechtschaffenen Finden lege ich Hand auf die Jungfrau. Kein Wort mehr. Es bleibt dabei ... wenn die Blätter fallen ...«

Der König wandte sich jählings.

Sein Antlitz war blutübergossen.

Ein heißes Fieber zermarterte ihn, ein heißes Fieber nach diesem Weib, schön wie die Königin von Saba oder Sulamith an den Rieselbächen des Jordans, wo die Turteltauben sich im Lande vernehmen lassen.

Sein unsteter Blick suchte.

Dann fand er.

Er gab Knipperdolling ein Zeichen.

Der schickte es weiter, und keine fünfzehn Herzschläge vergingen, da dröhnten drei Posaunenstöße hoch von Sankt Lambert! herunter – ein Zeichen dafür: »Geht alle nach Hause. Johannes Leydanus hat Sitzung gehalten.«


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