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28.

Es fanden sich in Schaller's Paket zwei dicke Bücher, ein Billet und ein beschriebenes Papier. Das Billet lautete:

»Wenn Sie, lieber Gustav, dies mein Vermächtniß öffnen, werden Sie wahrscheinlich in Prag sein, denn die Menschen haben einen Heimathstrieb wie die Zugvögel, und die großen Katastrophen sind nichts für sie, wenn sie selbige nicht mit den Herrn Gevattern und Frau Muhmen besprechen können. Wem eine solche Regung nach der Heimath völlig fremd bleibt, der hat die beste Anlage zum größten Manne oder zum schlimmsten Bösewicht. Sehen Sie, was ich hoffe, in Prag bald ein, daß Sie nur zum Besuche hingekommen sind, so wird das Gedächtniß Ihres Herzens ängstlich darnach suchen, was Sie in einer so bewegten Existenz Dauerndes gerettet haben. Das unbefangene ächte Auge des lieben Aennchens wird Ihnen einfallen, und Sie werden nach Elbing reisen. Dies gute Kind liebt Sie, Sie allein, das heißt den eigentlichen Kern Ihrer Menschheit, nicht diese oder jene Eigenschaft an Ihnen, wie es zumeist geschieht. Toni, die blos Abenteuernde, haben Sie lange vergessen.

Für diesen Ihren jetzigen Zustand ist nun das inliegende Vermächtniß bestimmt – Geld habe ich Ihnen weder damals gelassen noch beigelegt. Gewonnenes, gefundenes Geld macht faul, Faulheit ist Tod. Wer kein Geld erwerben kann, hat noch eine falsche Stellung zur Welt, und soll nicht heurathen.

Die beiliegenden Bücher sind einfach, aber von Wichtigkeit: das eine ist der Jahrgang einer alten politischen Zeitung. Darin werden Sie hunderterlei verschiedene Anforderungen, Befehle, Grundsätze, Verbote finden, welche alle den Tod, lange Gefangenschaft, den Stempel des Frevels, den Umsturz der Gesellschaft hinter sich herschleppen, das Heil der Welt von sich allein abhängig machen. Sie werden bei jedem neuen Tage einen neuen Widerspruch gegen Vorhergehendes, und doch immer wieder einen neuen Tag mit unfehlbaren Versicherungen und mit der alten Existenz finden.

Erkennen Sie daraus, daß man nachsichtig, in Meinungen niemals tödtlich sein muß, um recht zu thun, Recht zu behalten, die Menschen zu verbinden.

Das zweite Buch ist ein »gemeinnütziger Rathgeber für Stadt und Land, nebst angehängtem Hausapotheker.« Es enthält die nothwendigsten alltäglichen Kenntnisse. Ich habe es selbst revidirt, und schenke es Ihnen mit dem kleinen Sprüchlein: Wenn man immer das Nächste weiß, so weiß man sehr viel, in vielen Fällen genug.

Das beiliegende Papier ist ein Heurathskatechismus, der sich Ihnen von selbst empfehlen wird – leben Sie wohl; geht es Ihnen gut, so besuche ich Sie vielleicht einmal, geht's Ihnen schlecht, so kann Ihnen kein Mensch helfen, denn Sie haben nach vielem Verfehlten wohl Ihre einfach geschäftliche Bestimmung aufgefunden, das erbliche Glück jedes Menschen; können Sie auch darin nicht gedeihen, dann haben Sie entschieden Unglück, und müssen das auf eine Weise tragen, welche Ihnen die bequemste ist.


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