Heinrich Kruse
Seegeschichten. Zweite Sammlung
Heinrich Kruse

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Vorwort.

»Aus dem Jahrhundert flüchtend sucht' ich Dich
Natur, und fand Dich in der letzten Hütte
Am Strande kaum noch!«

So hieß es in einem Prologe zu meinen frühsten Seegeschichten. Meine Knaben- und Jünglingsjahre fielen in eine matte Zeit, deren Erzeugnisse an Unnatur und Schwulst litten. In einer Abhandlung über die Ursachen des Verfalles der deutschen schönen Litteratur im neunzehnten Jahrhundert, die ich schon auf dem Gymnasium zu schreiben mich unterfing, empfahl ich unsern Dichtern, wieder bei den großen Alten in die Schule zu gehen, oder bei der Natur selbst, der Schule der Alten. Meine Vaterstadt Stralsund liegt so unmittelbar am Meere, wie kaum eine andere Stadt, Schiffahrt und Fischfang waren mir stets vor Augen und kleine Bilder aus dem täglichen Leben meiner Heimat gehörten lange vor den »Dorfgeschichten« zu meinen ersten schriftstellerischen Versuchen. Berthold Auerbach hatte seine Freude an meinen Seegeschichten, und nahm durch gute Winke und Ratschläge an einigen derselben thätigen Anteil.

Diese kleinen Dichtungen erschienen meistens erst lange nach ihrer Entstehung, anfangs in Zeitschriften zerstreut, nachher auf Wunsch der Cotta'schen Verlagshandlung in einer Sammlung, die 14 Seegeschichten, meist heiteren und humoristischen Inhaltes, enthält. Ich lasse jetzt eine Anzahl (19) Seegeschichten in neuer Folge erscheinen, die teils seitdem veröffentlicht, teils noch ungedruckt sind. Wenn ich darunter einzelne Geschichten aufgenommen habe, die nicht auf der See oder am Strande spielen, so wird das kaum einer Entschuldigung bedürfen: A potiore fit denominatio. Ich hätte diese Dichtungen übrigens mit vollem Rechte Idyllen nennen können; denn sie sind ja kleine Bilder aus dem Leben der deutschen Schiffer und Fischer.

Bei diesen kleinen Dichtungen, wie bei größeren Kompositionen, hat mir oft Fielding als Muster vorgeschwebt, der einmal sagt, er erfinde gar nichts selbst, sondern er schreibe nur ab – aus dem großen Bucht der Natur, wenn er auch nicht immer die Seitenzahl anführe. Dabei hab' ich, wie andere Schriftsteller vor mir, öfters eine Erfahrung gemacht, die auch denen, die nach mir kommen, nicht erspart bleiben wird, nämlich, daß gerade solche Züge, die ich treu dem Leben entnommen habe, von mürrischen Kritikern für unwahrscheinlich und unmöglich erklärt wurden. Denn so bescheiden sind die wenigsten, um den Grund dafür, daß sie etwas für unnatürlich halten, in der Beschränktheit ihrer eigenen Erfahrung suchen.

Auf die Hexameter habe ich vielen Fleiß verwandt, ohne metrische Kunststücke machen zu wollen. Die Verse würden meines Bedünkens schlechter sein, wenn sie besser wären.

Bückeburg.

H. K.

 


 


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