Gottfried Keller
Züricher Novellen
Gottfried Keller

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Hansli band sein Seitengewehr wieder um den Leib; dann reichte er der Verstummten die Hand, und als sie sich nicht regte, hob er sie gemächlich empor und sagte: »Komm, Ursel, wir wollen's bald in Ordnung bringen!« Sie ließ sich willenlos gegen die Türe führen; dort klammerte sie sich aber an den Türpfosten und rief flehend: »O laß mich hier! Laß mich hier!« Jedoch er machte sie wiederum los, worauf sie plötzlich rasch entschlossen voranging und in die Nacht hinaus lief, ohne auf ihn zu warten. Er holte sie indessen mit wenigen Schritten ein; sie gingen ohne zu sprechen nebeneinander hin und sahen bald die großen Ahornbäume in den Nachthimmel ragen, bei welchen der Hof des Enoch Schnurrenberger lag, des Vaters der Ursula.

Dieser Geschlechtsname rührt von einer weiter nördlich gelegenen erhöhten Lokalität her, Schnurrenberg genannt, was ehemals, zur Zeit der Landteilung, Berg des Snurro, des Schnurranten, Possenreißers, bedeutete. Wenn nun Vater Enoch auch schwerlich von jenen alten Snurringen abstammte, so war er doch in seiner Art ein grimmiger Possenreißer, der sich für den durchtriebensten Gesellen des Landesgegend hielt; das wollte aber viel sagen, weil es in diesem Oberlande an aufgeweckten und findigen Köpfen nicht fehlte, unter welchen bei jeder Gelegenheit auch alsobald Propheten und Fanatiker, Maulwerker und Spekulanten aller Art aufstanden.

Im Hause Enochs saß nächtlicherweile grad eine Anzahl solcher Propheten beisammen, wenn auch untergeordneter Art und keiner von den großen Predigern darunter, die geheim oder offen das Land durchstreiften. Es waren vielmehr allerlei Mittelsmänner, welche den allgemeinen Wahn noch im besonderen mißverstanden, mystische Überlieferungen hineinmengten und, von alten Leiden des Volkes bewegt, die wachsende Gärung ausbreiteten und auf derselben schwammen.

Vier oder fünf solcher von der Wärme der Zeit ausgebrüteter Winkelseher hielten bei dem Schnurrenberger eine erbauliche Sprachversammlung. Damit sie jedoch Licht und Raum nicht umsonst gebrauchten, hatte ihnen der schlaue Wirt einen Haufen zum Dörren bestimmter Äpfel aufgeschüttet, welche die Propheten zerstückeln mußten, während sie ihre Gesichte und Gedanken austauschten. Da sie aber so fleißiger Arbeit nicht eigentlich günstig waren und zudem von der Wirtin fortwährend ermahnt wurden, die Apfelbutzen reinlicher auszustechen, so saßen sie ziemlich verdrossen um den Tisch herum und der Geist wollte nicht über sie kommen. Sie fühlten sich daher angenehm erleichtert, als Hansli Gyr gemessenen Schrittes in die Stube trat, sich umsah und grüßend auf den Vater Enoch zuging, der ihn mit seltsam glitzernden Augen anstarrte und zu durchbohren suchte. Sofort taten die anderen Propheten das gleiche, indem sie die Äpfel ruhen ließen und mit den müßigen Äuglein, je nach den verschiedenen Leibeskräften, blinzelnd oder funkelnd den unbefangenen Soldaten von allen Seiten bestrichen. Sie hielten sich sämtlich für sogenannte Durchschauer und frönten der schlechten Gewohnheit solchen Anblinzelns, welches immer entweder einen Schelmen oder einen eingebildeten Narren verrät, ehrlichen und anständigen Menschen aber unverständlich und widerwärtig ist und ihnen das Gefühl erweckt, als wenn sie von Ungeziefer bekrochen würden.

Wie sie nun so taten, als ob der Eingetretene von Glas wäre und sie ihn durch und durch schauen könnten, hielt Hansli auf seiner kurzen Wanderung durch die geräumige Stube unversehens still und sah die Männer, einen nach dem andern, mit Erstaunen an. Er besann sich, daß dieses wahrscheinlich von den neuen Heiligen seien, die ihm das Liebchen verdorben; wenn er also mit der neugierigen Betrachtung des letzten fertig war, so begann er wieder bei dem ersten, mit arglos ruhigen Augen, und ließ sich alle Zeit dazu. Sie fingen daher mit ihren Augendeckeln immer unruhiger an zu zwinkere und wollten doch im Durchschauungswerk nicht dahinten bleiben, so daß ihnen das Ding unbequem wurde und der Schnurrenberger das Wort nahm und sagte:

»Was kommt uns da für ein Schwertträger und Kriegsheld? Wen will er befehden?«

»Nur ich bin's!« antwortete Hansli, »guten Abend, Vater Enoch und alle miteinander!«

Zugleich schaute er sich nach der Ursula um, welche ihm schon vor dem Hause abhandengekommen und verschwunden war. Man wußte hier recht gut, daß sie gegangen war, den heimkehrenden Soldaten zu empfangen; man kannte auch ihre Neigung und setzte ihren Plänen keine Hindernisse entgegen; dennoch stellte sich der schnurrige Mann, als ob er von nichts wüßte, fragte nicht, wo Hansli das Mädchen gelassen habe, und wies ihm eine Schabelle zum Sitzen an, indem er fortfuhr:

»Ei seht da! Das ist ja unser Freund und Nachbarsmann und fast nicht mehr zu erkennen, wahrlich noch gewachsen, so ein großer Hans ist er.«

Kaum hatte Hansli aber Platz genommen, so begann jener mit volksmäßiger Ungeduld und Streitlust zu schelten:

»Was soll der Degen und das Kriegskleid noch? Weiß man noch nicht, daß das tausendjährige Reich kommt und unsere Wehrleute die Engel im Himmel sind mit glastigen Schwertern und Demantschilden? Aber freilich, ihr kommt vom Papst und geht zum Papst oder Päpstlein in Zürich, was solltet ihr da vom tausendjährigen Reich und vom Geiste wissen, ihr Eisenfresser und Großhanse? Ihr haltet euch wohl für groß und wichtig mit euren Trommeln und Fahnen? Ach was für ein hinfälliges, wässerig-feuchtes Wesen ist doch der Mensch! Wenn man ihn nur ein wenig ansticht, so läuft er gleich aus, und nimmst du den stärksten Kriegsgesellen, der wie aus Marbel gehauen scheint in seinen Gliedmaßen, und lässest ein Felsstück auf ihn fallen nur so groß wie ein Kamel, so ist's, wie wenn man eine elende Spinne platt getreten hätte; ein schmutzigfeuchter Fleck auf der Erde ist alles, was übrigbleibt.«

Auf diese unfreundlich gemeinte Demütigung erwiderte Hansli mit gutmütigem Lachen: »Und was bleibt denn übrig, wenn das Kamelstück auf einen Heiligen und Propheten fällt?«

Das gefiel aber dem Enoch keineswegs; denn statt darauf zu antworten, rief er: »An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen! Willst du Ei auch schon klüger sein, als die Henne? Und hast du noch keinen von den gelehrten Herrenpfaffen gesehen und ihren Hauptmann, den verkehrten Zwingli, noch nicht einmal predigen gehört?«

»Freilich hab' ich ihn schon gesehen und gehört,« sagte Hansli, »aber es ist lang her und ich hatte noch nicht viel Verstand. Das ist vor acht Jahren gewesen, als ich, ein sechzehnjähriger Bub, mit nach der Lampartei gelaufen bin, zur Zeit des Unglücks von Marignan, da wir die Schlacht verloren. Da hat der Zwingli uns im Felde gepredigt, ein lieblicher und mutiger Mann, der hatte Augen wie ein Hirsch so schön, ich weiß deutlich noch, daß ich ehrfürchtig hinsah! Freilich will ich den nun predigen hören! Denn man sagt, er baue und stütze sich ganz allein auf das göttliche Wort, wie es in der Schrift stehe!«

»Schrift, Schrift! Was weißt du von der Schrift, und was weiß jener Tropf und Afterlehrer davon?« Diese letzten Worte stieß plötzlich einer der prophetischen Beisitzer mit kreischender Stimme hervor, ein länglicher dünner Mann, welcher der kalte Wirtz von Goßau hieß, weil er immer feuchte kalte Hände hatte. Er war mit einem engen grauen Rock wie mit einem Sacke bekleidet, völlig bartlos, und nur die falben Augbrauen stiegen wie ein paar Spitzbogen in die schmale Stirne hinauf.

»Was ist die Schrift?« schrie er, »eine leere Haut, ein Balg, wenn ich nicht den heiligen Geist hineinblase! Eine tote Katze, wenn ich sie nicht mit dem Odem Gottes auf die Beine jage! Sie ist eine tonlose Pfeife, eine stumme Geige, wenn ich nicht darauf spiele! Ich bin die Offenbarung und das Wort, und die Schrift ist nur der Schall und der Hauch davon, der die Luft bewegt! Ich zünde sie an wie eine Laterne, damit zu leuchten, und lösche sie aus, sobald es mir gefällt! Ich ziehe sie mir über den Kopf, wie eine Nebelkappe, und mache brr! brr! und schüttle den Kopf, und alsbald bin ich ins Geheimnis gehüllt, und ein schreckliches Dunkel geht von mir aus, daß euch die Haut schaudert! Ich blase durch die Nase, und der Nebel verschwindet, das Buch liegt auf dem Tische Gottes, und seine Buchstaben glänzen wie tausend Sterne und ihr glaubt der Gründung des Himmelreichs beizuwohnen! Ich nehm's und werf' es in die Ecke dort, und es ist ein gedrucktes Buch, ein Häuflein schlechtes Papier, wie tausend andere Bücher!«

Alle sahen unwillkürlich nach dem Ofenwinkel, als ob er wirklich eine Bibel dorthin geschleudert hätte; die Wirtin stieß einen Schrei des Schreckens und der Bewunderung aus über solche Kraft und Herrlichkeit. Auch Hansli Gyr schaute hin, erstaunt und erschreckt von dem Unerhörten; aber der kalte Wirtz fuhr fort: »An diesem Gewimmel toter Buchstaben mag jener eitle Grammatikus und Magister seine Künste treiben, er kann ebenso nutzreich den Sand der Wüste umworfeln, es wird kein lebendiger Quell entfließen! Ich aber nehme sie wieder hervor, und sie ist ein Mosesstab, ein Pflug, ein Schild und ein Schwert, ein Krug und ein Glas, ein Faß und ein Wein, ein grüner Wald und der Hund, mit dem ich darin jage, das tiefe Meer und das Schiff, darin ich fahre! Ich lese die Schrift und ich schreibe sie, ich denke sie, ich spreche sie, ich tu' sie auf, ich tu' sie zu, ich sitze drauf, ich binde sie dem Teufel an den Schwanz und lass' ihn laufen wie die Katz mit der Schelle!«

»Denn Ich bin der, der das Wort hat! spricht der Herr, und der es geschrieben hat und der es allein lesen und verstehen kann in seiner Wohnung, der Kreatur!«

Diese Rede ertönte von einer neuen, noch heftigeren und lauteren Stimme, obgleich die Worte etwas langsamer und ausgeprägter gesprochen wurden. Der Kriegsmann, der sich nach dem neuen Redner umschaute, sah eine gedrungene Gestalt mit rollenden Augen und trotzig vorgestreckter breiter Unterlippe im schwärzlichen Gesicht. Das war der Schneck von Agasul, wie er im Volke genannt wurde, ein viel herumgefahrener Schuster und Schulmeister von abwechselnder Profession. Von seiner Unterlippe hatte ein ihm feindlicher Priester gesagt, sie sehe aus wie des Teufels Ruhebänklein, von welchem der gefallene Engel die haarigen Beine herunterbaumeln und sich schaukeln lasse, wenn der Schneck rede. Sonst hatte er nichts Eigentümliches an sich, als daß er ein Freund des Schmuckes schien; denn er trug mehrere vergoldete Ringe mit roten und grünen Glassteinen an den Fingern. Man sagte ihm nach, daß er in früheren Jahren die Schuhe aufgeschnitten und auch an den Zehen solche falschen Ringe getragen habe.

»Ich bin der, der das Wort hat!« rief er, indem er den Hansli Gyr, der ihn neugierig betrachtete, wieder mit den Augen durchbohrte und immer gereizter wurde, bis er sich plötzlich besann und einen Gesang anhub, in welchen Männer und Frauen einfielen; denn auch Ursulas Stimme ließ sich unerwartet hören:

Gott ist in Juda wohlbekannt,
In Israel sein Name schallt,
Zu Salem ist sein Unterstand,
Von ihm die Burg auf Zion hallt!
Daselbst zerbricht er Pfeil und Speer
Und Schild und Schwert und allen Streit;
Die Stolzen schlägt und bändigt er
Und lähmt die Krieger weit und breit!

Er macht sich auf zu selber Frist,
Zu richten über alle Not,
Und wer auf Erden elend ist,
Dem hilft der Herr, Gott Zebaoth!
Lobt Gott und opfert ihm, dem Herrn!
Denn seine Hand ist rauh und schwer:
Er löschet aus der Fürsten Stern
Und jagt die Könige vor sich her!

Der Gesang verscholl aber eher wehmütig als drohend, mehr wie eine Klage, als wie ein Siegeslied; der Schneck von Agasul aber fuhr von neuem empor und rief:

»Nun glaubt ihr wohl, Gott sitze wirklich auf einem feurigen Streitwagen oder auf der Zionsburg über den Wolken, angetan mit einem langen Bart, mit Krone und Schwert, und verjage euch den Papst und die Fürsten, die Junker und die kleinen Bürgerkönige von Zürich, und ihr könnt nur dastehen mit offenem Mund, daß die gebratenen Vögel hineinfliegen! Und er trage ein Tintenfäßlein im Gürtel und schreibe alle eure Namen in ein Buch, jeden mit seinem Guthaben und seinen Wünschen, mit seinem Längenmaß und dem Gewicht seines Bauches, daß er zugeben und wegnehmen könne, wie es das Wohlsein erfordert, und habe davon alle Finger voll Tintenflecke, der gute Mann?

»Ha, weit gefehlt, ihr blinden Heiden, die ihr Bilder anbetet und den Herrn nicht spüret, der euch im Genicke sitzt! Hier ist er, dort ist er, allenthalben ist er! Er ist im Staube dieses Fußbodens und im Salze des Meerwassers! Er schmilzt mit dem Schnee vom Dache, wir hören ihn tropfen, und glänzet als Kot auf der Gasse! Er schwänzelt mit dem Fisch in der Tiefe des Wassers und späht im Auge des Habichts, der in den Lüften fliegt. Wie würde uns der Wein so gut dünken, wenn er nicht darin wäre, das Brot sättigen, wenn er nicht darin wohnte? Aber er ist auch in uns selber, und so wie wir uns selbst nur sehen können, wenn wir einen Spiegel haben, so können wir ihn, der in uns wohnt, nur erblicken im Angesichte des Nächsten und Bruders; darum müssen wir uns fleißig ineinander bespiegeln und uns Brüder sein, daß wir ihn entdecken und offenbaren, der von Urbeginn in uns ist! Denn wie könnten wir so heilig, so sündlos, so geistreich und so witzig sein, wenn wir nicht selber göttlicher Natur wären, und wie könnte Er bestehen, wenn wir ihm nicht Wohnung gäben?

»Darum, so hängt er von uns ab, wie wir von ihm, und wir müssen ihn mürbe machen, wenn er nicht gut tut, und ihn gänzlich überschmieren mit kecklichen Gedanken und Worten, bis er kleinlaut wird und mit Wundern und Zeichen ausrückt und uns zu Willen ist!«

Er nahm vom Tisch einen Apfel, hielt denselben vor sich hin und sprach mit ihm, als ob er belebt wäre:

»Holla, du putziges Herrgöttlein; hast dich hierher geflüchtet, sitzest in diesem Apfel und glaubst, ich finde dich nicht? Ich will dich wohl auftreiben, wie du einst den Adam aus dem Busch getrieben hast, als er vom Apfel gegessen! Beim heiligen Blut des Menschensohnes, komm eilends hervor! Sehet, ihr Brüder und Schwestern, wie der Apfel anfängt innerlich zu leuchten, wie er mir auf der Hand schwillt und zur Welt wird? Seht ihr, wie der Stiel wächst und zum hohen Kreuz wird, das auf Golgatha steht? Seht ihr die Menschlein, die auf der Höhe wimmeln, und die Gräber, die sich auftun, und die Toten, die auferstehen? Heilig, heilig, heilig ist Er! Rufet und preiset Ihn, Er hat uns erlöset!«

»Heilig, heilig!« stießen alle mit einstimmigem Ausrufe hervor, mit Ausnahme des Soldaten, der den Propheten unverwandt anstaunte, bis dieser plötzlich ihm die Baumfrucht gegen den Kopf schleuderte und mit verändertem Tone rief: »Da hast du den Apfel, friß ihn!«

Hansli hatte den Apfel aber schon mit der Hand aufgefangen, betrachtete ihn eine kleine Weile und legte ihn dann ruhig auf den Tisch.

»Das tust du mir nicht zum zweiten Mal, du Gaukelmann!« sagte er zu dem Schneck, indem er ihn gelassen ansah; der Winkelprophet aber rutschte hinter dem Tische, wo er sich halb und halb sicher fühlte, unruhig hin und her, juckte auch ein paarmal in die Höhe, ohne daß er wußte, was er eigentlich mit dem Kriegsmanne wolle. Es war eben die böse Willkür, die seit tausend Jahren oben auf den Altären gesessen und nun in diese armen Leute gefahren war, sich da in ärmlicher Weise krndgab umd gleick verlegen wurde, wenn sich Widerstand zeigte.

Neben dem Unruhigen saß aber ein stiller Heiliger, der ihn jetzt beschwichtigte, Jakob Rosenstil, der Breitmatter genannt, ein beleibter Mann mit einem langen Bart, welcher bis jetzt mit über den Bauch gelegten Händen bequemlich und schweigend dagesessen hatte. Er huldigte einer geistlichen Gelassenheit, einem Stillstande, einer Unbeweglichkeit der Seele, die alle Betrübnis in sich aufzehrte und sich, ohne sich zu rühren, von den göttlichen Sachen und allen guten Dingen anfüllen ließ. Er war jahrelang gemächlich im Reiche herumgewandert, auch schon einmal in einem Kloster gewesen und dann wieder aus demselben hervorgekommen; jetzt zog er langsam von Hütte zu Hütte, weil die Notdurft ihn immer wieder auf die Beine brachte und ihn zwang, einen Anschluß an beweglichere Gottschauer zu suchen, in deren Gefolge es etwas zu beißen gab.

»Sei doch nicht so ungeduldig und eher sanftmütig!« sagte er zu dem Schnecken von Agasul und legte ihm die Hand auf die Schulter; »siehe, der Mann ist ja ganz ruhig, trotz seines Schwertes; laß ihm doch die nötige Zeit, daß er das wahre Wort Gottes in sich aufnehme und verarbeite, und du wirst sehen, was für ein schöner Erweckter und Heiliger das einst sein wird!«

»Ich will keine Apfel mehr schnitzen!« antwortete Schneck unwirsch, aber ausweichend, und schob zurück, was vor ihm auf dem Tische lag.

»Frau, räume den Tisch ab!« rief der Hauswirt; »wir wollen uns noch ein kleines Weltfreudelein bereiten und einen Kopf Wein ausmachen! Hast du dein neues Kartenbüchlein bei dir, Wirtz?«

Der Tisch wurde abgeräumt, der kalte Wirtz zog ein Kartenspiel aus seinem grauen Sackrocke hervor und legte es auf den Tisch; der alte Enoch holte einen großen Krug Weines herbei, den er seinen Gästen für gutes Geld ausschenkte, obgleich er keine Ehafte hiefür besaß, und nun spielten sie ohne weiteres Geräusch den größten Teil der Nacht hindurch eifrig mit den Karten, deren Bilder von greulichem Getier: Affen, Katzen und Dämonen, teils unanständiger Art, zusammengesetzt waren, ohne übrigens von den Spielern genauer betrachtet zu werden.

Erst gegen Morgen machten sie mit dem eintönigen Geschäft ein Ende und zerstreuten sich nach ihren verschiedenen Wohnstätten oder Schlupfwinkeln. Hansli Gyr, der es ablehnte, mit den unfreundlichen Gesellen zu spielen. und dem es auch nicht gelungen war, noch ein Wort mit den unsichtbar gewordenen Frauensleuten zu reden, hatte schon früher seine einsame Behausung aufgesucht und sich kopfschüttelnd und mit üblem Mute endlich zur Ruhe gelegt.


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