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Die Goldsucher

Fedor Gawrilowitsch Kurlow, Iwan Trofimowitsch Kusnezow und Sachar Iwanowitsch Winogradow waren von jeher zweifelhafte Existenzen. Kurlow, hieß es, war früher Metalldreher in Tula gewesen, dann aber wegen schweren Diebstahls nach Sibirien verschickt worden. Kusnezow stammte aus dem Nowgorodschen, hatte dort mehrere Brandstiftungen begangen – wie es hieß, um sich am Gutsherrn, der ihn entlassen hatte, zu rächen – und war gleichfalls in den Katorgi von Minussinsk gewesen, wo er sechs Jahre gearbeitet hatte. Winogradow wurde nachgesagt, er sei früher Beamter gewesen, habe die Kasse um mehrere tausend Rubel erleichtert und sei deswegen gleichfalls Sträfling geworden, dann aber begnadigt worden.

Nun waren alle drei seit einiger Zeit frei und hierher in den Südural gezogen, um nach Gold zu suchen. Sie hatten sich mit einem Esten, Jürri Kedropu, und einem Letten, Jahn Kalning, zusammengetan. Diese beiden Leute hatten gleichfalls eine bunte und keineswegs einwandfreie Vergangenheit hinter sich.

Aber – in Sibirien und im Osten überhaupt fragt man nicht: »Wo kommst du her?«, oder: »Wer bist du, und womit hast du dich früher beschäftigt?« Nein – man schweigt und erzählt von Tagesereignissen.

Von Tagesereignissen sprachen auch die vier Mann, die am Feuer in der Windschutzhütte saßen und ihren Preßtee aus Blechbechern tranken. Sie bissen stets ein kleines Stückchen Zucker ab, ehe sie das Gefäß zum Munde führten, tranken dann, brachen ein Stück gedörrtes Schwarzbrot ab, kauten und tranken wieder.

Die Tagesereignisse, von denen die vier Goldsucher sprachen, bestanden aus Beobachtungen, die der Lette, ein rothaariger, blatternarbiger Kerl, in den letzten Tagen gemacht hatte, und betrafen das fünfte Mitglied der Bande.

»Er ist ein Intelligenter«, meinte der Este.

»War ja früher Tschinownik«, ergänzte Kurlow.

»Ja – so ist das«, fuhr der Lette in seinem Bericht fort. »Er geht jetzt immer allein und tut heimlich. Wahrscheinlich hat er eine Goldader entdeckt und will nun die Sache allein ausbeuten. Wenn er dann fertig ist, geht er auf und davon, und wir haben das Nachsehen.«

»Er wird in der Hütte stecken, die er dort oben am Kur-Dagh gezimmert hat«, meinte der Este. »Wir haben ihm aufgelauert – Kalning und ich. Er kommt jeden Abend zur Hütte, geht am Morgen wieder zum Berge – hat aber niemals etwas bei sich. Jedenfalls hat er das Gold irgendwo in der Nähe versteckt.«

»Und ein-, zweimal in der Woche läßt er sich hier sehen oder bei euch und tut so, als könnte er kein Wässerchen trüben.« Kusnezow schnitzte an einem Hölzchen herum und warf die Späne ins Feuer. »Wir wollen ihm mal einen Besuch abstatten …«

»Das muß sehr vorsichtig gemacht werden«, meinte der Lette. »Er ist mißtrauisch und wird sich vorsehen. Ich denke, es wird das beste sein, wenn ich mit Kedrapu allein die Sache abmache. Wir werden aufpassen, wo er das Gold versteckt, und dann, wenn er in der Hütte schläft, das Versteck ausräumen.«

»Du hast den Verstand in den Hosen«, brummte Kusnezow. »Das Versteck ausräumen! Daß ich nicht lache … Nein – man muß die Ader finden; das ist die Hauptsache.«

»Das stimmt – daran hatte ich ja gar nicht gedacht«, meinte der lange Lette höhnisch.

»Das könnte euch beiden so passen – ohne uns die Sache zu machen«, begehrte Kurlow auf. »Erst die Ader finden, dann das Versteck ausräumen – den Finder mit der Hacke aufs Hirn schlagen, damit er stumm ist für immer – und dann: eida – weg in die weite Welt!«

Der Lette schlug eine Lache auf: »Kannst ja mitkommen, Brüderchen, wenn du uns nicht traust. Auf solche Gedanken waren wir noch gar nicht gekommen. Aber – du traust uns eben Dinge zu, die du selbst …«

Der andere brummte etwas in den Bart, was sicherlich keine Höflichkeit war. Dann – nachdem jeder noch ein paar Becher Tee getrunken hatte, begaben sich die vier Verbrecher zur Ruhe.

Noch war es stockdunkel, als drei der Goldgräber aufbrachen. Sie nahmen ihren Weg durch das Tal, überquerten den Fluß auf einem Stege, den sie vor einiger Zeit gebaut hatten, und schlugen die Richtung nach dem Kur-Dagh ein. Kusnezow blieb als Wächter in der gemeinsamen Hütte.

Eine alte Wölfin mit sieben Jungen trabte hinter frischen Menschenspuren. Wo Mensch ist, ist's nur gefährlich, wenn es hell ist – nachts ist stets auf Fraß zu hoffen, wo der Mensch geht. Oft verliert es irgend etwas, das gefährliche, zweibeinige Tier, oft hat es Hunde bei sich, oft Schafe, Schweine, Kälber, Fohlen, die man gelegentlich fressen kann.

Das weiß Schleichsohle aus Erfahrung. Sie weiß auch, daß hier in dieser Gegend die Menschen manchmal dem Wilde nachstellen. Dann bleibt immer etwas liegen – gelegentlich aber gibt es ein angeschossenes Wild, das man dann finden kann …

Sie haben's eilig, die drei Männer, die da vorn auf dem Gebirgswege gehen. So eilig gehen keine Jäger … Nein – es sind keine Jäger; ihre Spur riecht nicht nach Wildschweiß, nicht nach Aufbruch, nicht nach Pulver. Diese Leute riechen nach Lumpenzeug, nach schlechtem Tabak, nach scharfen Dingen, nach verschwitzten Sachen, Hüttenqualm, Erde.

Jetzt gehen die Leute ganz leise, ganz langsam. Jetzt kauern sie sich hin. Drüben aber ist eine kleine Hütte – ein Windschirm. Die eine Seite des Balagan ist offen – man sieht ein kleines Feuerchen. Und am Feuer sitzt ein einzelner Mann.

Es dauert eine ganze Weile. Nichts regt sich. Auch die Männer im Busch bewegen sich nicht.

Hier ist für Wölfe nichts zu holen. Schleichsohle will fort.

Jetzt erhebt sich der Mann im Balagan und nimmt Spaten und Hacke. Und geht in den Wald.

Leise schleichen die drei anderen hinterher. Die Wölfe folgen.

Mählich wird es hell – nur schwach flimmern noch die Sterne. Ein kalter Wind schüttelt die spärlichen Föhren.

Da heulen die Wölfe ihr wildes Klagelied in die Berge hinein und traben nach dem Dickicht zurück, aus dem sie gekommen.

Schon früh am Abend sind die Wölfe wieder am Kur-Dagh. – Sie suchen nach Spuren.

Auf dem Pfade finden sie die alte Menschenspur, finden sie eine neue.

Die Spur ist vom Abend – noch deutlich, noch warm.

Hier sind vier Menschen gegangen. Sie sind vom Kur-Dagh gekommen und gehen zurück – dahin, wo die Hütte war, wo der einzelne Mann am Feuer saß.

Schleichsohle kennt sich aus hier.

Jetzt führt die Spur seitwärts, in den Berg hinein, in das Felsengewirr. Vier Menschen spüren sich hin – nur drei aber zurück. Merkwürdig. Auf dem Wege weiter sind auch bloß drei Menschen gegangen …

Die Wölfe setzen sich auf die Hinterkeulen und überlegen den Fall. Drei Spuren heraus – vier hinein … Schleichsohle denkt scharf nach. Also sind nur drei weitergegangen, und der Vierte ist dageblieben. Wo? Warum? Es ist immer merkwürdig, wenn eine Spur fehlt; es gibt immer zu denken, wenn einer nicht weitergegangen ist …

Einer ist hier geblieben. Wozu? Lauert er hier auf die Wölfe? Nein – er ist keiner von den Leuten, die den knallenden Schmerz, das lange, blinkende Ding bei sich tragen – auf der Schulter, am Riemen.

Immerhin ist Vorsicht gut. Man wird warten.

Als es dunkel ist, schleichen die Wölfe bergwärts. Immer vorsichtig, immer sichernd, windend.

Was ist das? Hier riecht es nach Mensch …

Seitwärts, unter den Wind gehen die Wölfe. Vorsichtig, leise.

Ja – nach Mensch. Und – nach Blut … Nach frischer Erde …

Die Wölfe schleichen näher.

Frischer Erdaufwurf, nur flüchtig bedeckt mit Kiefernnadeln. Blutgeruch.

Sechzehn starke Vorderläufe kratzen, scharren das dünne Erdreich fort.

Toter Mensch zeigt sich unter der Erde. Blutiger Mensch.

Toter Mensch schreit nicht, schießt nicht, haut nicht …

Acht Wölfe zerreißen den Leib des Toten, des Goldgräbers Winogradow.

Und acht Wölfe sind satt.

Die drei Lumpen saßen in der kleinen Hütte des Ermordeten und teilten den Raub. Kedrapu zog den kleinen Lederbeutel hervor, den er ausgegraben hatte: »Nur etwas Korngold – meist Staub.«

»Hat sich kaum gelohnt, sich die Hände rot zu machen«, meinte Kurlow.

»Teilen wir zu gleichen Teilen«, sagte der Este.

»Und dann?« fragte Kalning. »Was wird mit Kusnezow?«

»Mag in der Hütte drüben bleiben, das Schaf. Wir verduften jetzt und kommen im Frühjahr wieder. Bis dahin ist viel Wasser den Ural hinuntergeflossen.«

»Zu drei Teilen – hm. Müssen eine Wage haben.«

»Wage ist hier – der Stille da drüben« – der Este wies mit dem Daumen nach dem Berge – »hat eine hier in der Hütte.«

»Gut – wollen wiegen.«

Sorgsam wogen die drei das Gold. Sie teilten es in drei gleiche Teile.

Während der Russe wog, wechselten Kalning und Kedrapu schnelle Blicke.

»Zwanzigeinhalb Solotnik für jeden.«

Der Russe legte die Wage beiseite.

Die drei brachen auf. Voran der Este, dann der Russe, hinterdrein der Lette. Sie schlugen den Weg nach Westen ein – in zwei Tagen konnte man die Bahn erreichen.

In der Schlucht, wo das wilde Himbeergestrüpp wuchert, wo Wildrosen zwischen Spiräen wachsen, wo Felsengewirr den Pfad eng macht, zog der Lette das Beil aus dem Leibgurt.

Ein Flimmern in der Sonne – ein Knacken – ein Schrei …

Des Russen grauer Scheitel färbte sich rot. Schwer schlug der Mann ins Geröll nieder.

Schnell hatten die Mörder die Leiche beiseitegeschafft. Ein paar Spatenstiche – etwas Geröll über das Erdreich … Die blutbefleckten Steine fliegen in die Büsche, in den Bach …

Eilig schreiten die Mörder westwärts.

Faul räkelte sich Kusma Jegoritsch Merkulow, der alte Kosak, auf seiner Pritsche. Er blinzelte den Eingetretenen aus seinen kleinen, grünlichen Augen an, runzelte die buschigen, schwarzen Brauen, strich sich den großen, grauen Schnauzbart und brummte: »Was willst du denn hier, du Hundesohn? Bist wohl selbst derjenige welcher, he? Erst schlägst du deinen Genossen tot und nimmst ihm sein Gold weg, und dann kommst du zu ehrlichen Kosaken und zeigst an, dort und dort hätte jemand deinen armen Freund Winogradow – oder wie der heißt – erschlagen und so weiter … Hast du denn die Leiche gesehen? Nein? Woher weißt du Himmelhund denn, daß er erschlagen ist, der Winogradski oder Winogradow? He?«

Kusnezow drehte verlegen und ängstlich seine Mütze zwischen den Fingern.

»Beim allmächtigen Gott – ich habe ihn nicht totgeschlagen, Herr Wachtmeister. Ich habe bloß verdächtige Reden gehört, die drei andere Goldsucher in meiner Gegenwart führten. Die drei sind in der Nacht fortgegangen – und …«

»Und seither nicht zurückgekehrt, verstehe«, unterbrach Kusma. »Und weil sie nicht zurückgekommen sind, fühlst du dich benachteiligt; denn sie hatten versprochen, dich am Raube zu beteiligen. O – ich verstehe. Und nun zeigst du die Geschichte an, damit, wenn die Sache herauskommt, man dir nicht nachsagen könnte – o – ich verstehe.« Der Alte hatte sich aufgerichtet und blinzelte den Goldsucher listig an.

»Aber – Herr Wachtmeister …«

»Hat sich was; ›Wachtmeister‹ – das war einmal.«

»Wenn ich mit von der Partie gewesen wäre, wäre ich doch mitgegangen, um mich am Raube zu beteiligen.«

»Na – das wird ja später die Untersuchung ergeben.«

Damit stand der Alte auf, nahm seinen Dolch und seine Büchse, einen Proviantbeutel und das Zaumzeug vom Wandhaken, machte das Fenster auf und rief in den Hof: »Foma! Satteln – für uns beide! Kulischow soll mitkommen und Iwan Korneiitsch auch. Sie sollen Proviant für drei Tage, Patronen und ihre Spürhunde mitnehmen! In den Bergen haben sich ein paar Lumpen gegenseitig totgeschlagen – da sollen wir die Mörder fangen. Grischa soll zum Polizeiurädnik reiten und ihn benachrichtigen. Pimon soll zu Iwan Wassilitsch und Fedor Iljitsch reiten und sie veranlassen, den Weg zur Bahn zu verlegen.«

»Die Halunken werden längst die Bahn erreicht haben«, sagte der Kosak, nachdem er das Fenster geschlossen hatte.

Eine Viertelstunde später ritten die Kosaken zum Tore hinaus.

»Der Kerl bleibt hier – sperrt ihn ein und bewacht ihn gut«, befahl der Alte seinen Leuten.

»Daran fehlt nichts« – meinte der Pferdeknecht lachend. »Sie sollen mit uns zufrieden sein, Kusma Jegoritsch! Binden werden wir ihn und in den Ambar einsperren, bis Ihr wieder zurück seid.«

»Recht so – aber zu fressen müßt ihr ihm geben.«

Die hartgedörrte Grasnarbe dröhnte unter dem Galopp der Pferde.

Das Dorf, in dem der alte Witwer Kusma Jegoritsch als reicher Pferde- und Viehherdenbesitzer lebte, stieß fast an eine größere Tatarenjurte – das heißt es lag an der äußersten Grenze des Kosakengebietes und war von der Tatarenansiedlung nur etwa fünfhundert Schritt entfernt und nur durch einen Bach und einen kleinen Wiesenstreifen getrennt. In alter Zeit hätten wohl diese beiden Dörfer nicht so friedlich jahraus, jahrein nebeneinander gelegen – Kosaken und Tataren waren erbitterte Feinde und lebten in jahrhundertelangem Kriege. Heutzutage ist das anders. Die Kosaken sind meist leidlich wohlhabend, soweit sie Pferde- und Viehzucht betreiben, und nur arm, wenn sie Landwirte sein müssen; denn der Kosak ist ein sehr schlechter Landwirt und arbeitet nicht gern. In Sibirien läßt er sich die Äcker von Chinesen bearbeiten und verpachtet seine Felder; im Westen schlägt er sich mühsam durch. So ward er immer ärmer, sein Pächter aber immer reicher.

Der Tatar ist gleichfalls kein besonders guter Landwirt – auch er verpachtet seine Äcker und Fischereien gern an Russen oder Deutsche –, aber er ist ein guter Handelsmann, und selbst Juden und Armenier kommen schwer gegen ihn auf. So wird er oft genug reich. Aber ein guter Viehzüchter ist er schon, der Tatar, und ein vortrefflicher Gärtner, vor allem aber ein frommer Mensch, dem man gut vertrauen kann, solange man ihn nicht kränkt – und – solange man nicht mit ihm Handel treibt …

Zwischen Tataren und Kosaken wohnen vereinzelte Großrussen, die von den Kosaken »Kazapen« genannt werden. Die Bevölkerung der Städte besteht aus Russen und Tataren, weniger aus Kosaken, östlich, in den Auls, leben die nomadisierenden Kirgisen, auch gibt es Tatarenjurten; westlich des Uralflusses leben Kirgisen und Kalmücken friedlich nebeneinander, auch vereinzelte Tataren und Kosaken. Wieder weiter nach Westen, nach Astrachan und Zaryzin – an der Wolga – leben Kalmücken und vereinzelte Kosaken; zwischen dort und dem Don-Strom aber ist das Gebiet der Donkosaken, in dem auch vereinzelte Tataren und sehr viele Kalmücken leben.

Nördlich von der Obschtschyi-Syrt, wo unsere Geschichte ihren Anfang nahm, leben neben Russen noch die mohammedanischen Baschkiren. So ist denn viel Volks in der Gegend von Orenburg, Uralsk und Astrachan, zwischen Turgai, Ural und Kaspisee, Don und Wolga.

Südlich der Ausläufer des Uralgebirges gibt es keine Wälder mehr – auch im Ural sind sie schon spärlich – wenigstens im südlichsten Teile. Hier ist Steppe – meist Grasland, aber zum Teil auch wüste Salzsteppe, besonders um Astrachan herum und in der Bukejewschen Horde und bis tief ins Dongebiet an die Manytschniederung und bis ins Stawropolsche hinein. Hier gibt es in der Steppe überall Flußläufe, Reste alter Ströme und Flüsse, die im Sommer trocken liegen und nur im Frühling etwas Salzwasser führen, Salzsümpfe, die größtenteils im Sommer ausdörren, und deren Boden dann mit einer Salzkruste bedeckt ist. Hier wächst, wo der Salzgehalt des Bodens gering ist, viel Schilf – ein Lieblingsaufenthalt der Wölfe und Füchse. Wo der Boden sehr salzig ist, ist er kahl oder trägt höchstens einige Salzgräser, besonders aber »Polin«, den wilden Wermut.

Darum gibt es wenig Ackerbau in diesen Gegenden; das Klima ist dürr, die Winde sind trocken – im Sommer glühend-heiß, im Winter eisig. Der Sommer ist lang und furchtbar heiß, der Winter kurz, aber kalt. Darum treiben die Leute hier wenig oder gar keinen Ackerbau, und nur im westlichen Dongebiet und um Orenburg herum und bei Zaryzin lohnt sich der Feldbau. Der Boden ist meist ein grauer, harter, krustenbildender Lös, der ein wenig an Lehm erinnert und nur stellenweise eine fruchtbare, schwärzliche Oberschicht hat.

Furchtbare Brände suchen mitunter die Grassteppe heim, Heuschreckenscharen, Mäuseplagen, gewaltige Staubstürme. Es lebt sich nicht leicht in der Steppe, und es bedarf harter Naturen, um hier fortzukommen.

Kusmas, des alten Kosaken, Dorf lag nahe den Ausläufern der Berge. In der Ferne war sogar ein wenig Wald zu sehen, und auch die Türme der Stadt am Uralfluß waren bei gutem Wetter sichtbar. Diese Stadt nennen die Kosaken die »Alte Staniza«.

Der Berg aber, wo die Goldsucher sich gegenseitig beraubten und töteten, liegt vier Meilen nördlich, im Beginn des schütteren Waldes. Vier Meilen sind nicht viel für gute Pferde und stramme Reiter – und so war denn Kusma mit seinen Leuten bald am Orte der Tat.

Wenn aber vier Meilen wenig genug bedeuten für vier sattelgewohnte Kosaken und ihre ausdauernden, schnellen Pferde, die, aus Kosakenstuten und Vollbluthengsten gezüchtet, ein gar brauchbares Tier für Dauerritte abgeben, so haben solche achtundzwanzig russische Werst für ein Pack Wölfe überhaupt nichts zu bedeuten. So eine Wolfstucht legt in einer Nacht ohne weiteres zwanzig und mehr Meilen zurück – ein einzelner Altwolf gar dreißig.

Wenn aber der alte Kusma gewußt hätte, was während seines Rittes, den er aus angeborener Jagdlust hinter Verbrechern tat, in seinem Dörfchen passierte – er wäre nimmer geritten …


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