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Fünfundzwanzigstes Kapitel..
Die Lösung

An einem schönen Frühlingsmorgen erwachte das Dorf Saluggia zu einem herrlichen Feste. Da und dort erhoben sich Triumphbögen, aus grünen Gewinden und Blumen hergestellt, überall wehten bunte Fahnen; die Kirchenglocken läuteten mit festlichem Klange, und in dem bescheidenen Gotteshause drängte sich zu einer bestimmten Stunde die Menge, um einer freudigen Feier beizuwohnen. Vor dem Altar kniete, in bräutliche Gewänder gehüllt, Malwina an der Seite ihres Alfonso, um den priesterlichen Segen zu ihrer Verbindung fürs Leben zu empfangen. Sie hatte keinen Blick für die zahlreiche Gesellschaft, die zu dem Feste erschienen war, auch nicht für ihren Gatten, der, bewegt und glücklich, neben ihr kniete; ihre Augen waren unverwandt auf den Altar geheftet, und aus tiefster Seele betete sie zu Gott, sie, und mit ihr den Gefährten ihres Lebens zu segnen. Gewiß fand ein solches Flehen Erhörung bei dem Allmächtigen, das aus einem so frommen und liebenden Herzen zu ihm emporstieg!

Beim Verlassen der Kirche prägte sich auf den Zügen der beiden Gatten ein so tiefes Glück aus, daß sie davon völlig verklärt erschienen. Im Schlosse angekommen, wurden sie im großen Saale von dem Onkel Gregorio erwartet. Der Notar stand ihm zur Seite, und in Gegenwart aller Geladenen übertrug er seinem Neffen die Schenkung seiner sämtlichen Güter, sich selbst nur die Nutznießung von Bellavista zurückbehaltend. In seiner Freude, ein solch schönes und liebenswertes Paar als seine nächsten Verwandten begrüßen zu dürfen, bereitete ihm nur der Gedanke Kummer, daß er nicht schon früher deren herzliche Zuneigung besessen hatte.

Einen Monat später bot das Schloß ein anziehendes Bild ruhigen, heiteren Glückes. Laura wanderte stillvergnügt mit ihrem großen Schlüsselbunde durch die weiten Gänge und Säle, oft vor einem Gemälde innehaltend, um einen Marquis von La Grand' Roche oder eine der stolzen Fürstinnen zu betrachten, deren Geschichte sie sich dann von der Marquise Isabella erzählen ließ. Dieselbe hatte die Gemächer wieder bezogen, die einst als junges Mädchen ihr Bereich bildeten, und die für sie in behaglicher und eleganter Weise instand gesetzt worden waren.

Alfonso genoß dankbaren Herzens des Glückes, das ihm bis dahin versagt geblieben war, und Malwina, von der Liebe und Anhänglichkeit aller umgeben, erntete endlich die Früchte einer weisen Erziehung. Sie selbst erneuerte täglich den ernsten Vorsatz, keinen Lockungen folgen zu wollen, die sie auch nur im entferntesten den süßen Banden der Familie abwendig zu machen drohten. Sie wiederholte sich beständig, daß das Vergessen Gottes die verderblichsten Folgen nach sich zieht, daß Eitelkeit und Vergnügungssucht die Frau zur Vernachlässigung ihrer heiligsten Pflichten führt, und Stolz und Hochmut dieselbe allen Menschen hassenswert machen.

 


Druck der Nationalen Verlagsanstalt Regensburg

 


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