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Vierzehntes Kapitel

An jenem Tage stieg die Hitze in New York plötzlich zu einer beängstigenden Höhe, wie es in dieser Stadt, die mit Elektrizität überladen ist, zuweilen vorkommt. Das Thermometer ging mit einem Ruck in die Höhe, und zugleich mit der erstickenden Hitze entstand eine vulkanische Unruhe in der Luft, eine atmosphärische Interferenz, die allen Nervenschmerzen machte. Es war, als drohe ein Kurzschluß aller Leitungen, als könne die Luft selbst jeden Augenblick in Brand ausbrechen und die Stadt im Handumdrehen in weiße Asche verwandeln. Hie und da in der Stadt ergriff die Bevölkerung massenweise ein Entsetzen; Haufen von Menschen drängten sich um Springbrunnenbecken zusammen, um einem nassen Element nahe zu sein. Aus dem italienischen Stadtviertel stieg ein Murren auf wie aus den Käfigen einer Menagerie. Die Chinesen in der Pellstreet begossen sich mit Wasser. Die L-Züge liefen auf den knochentrocknen Schwellen mit einem heidenmäßigen Gerassel dahin, das die Luft zerriß. Überall Glühen und schneidende Zusammenstöße, überall Empfindlichkeit, Verletzbarkeit und verzweifelte Stimmung.

Das Haus, in dem Edmund Halls Laboratorium lag, war durch seine fünfzehn Stockwerke ein einziger erhitzter Maulwurfshaufen, dessen Bewohner nicht viel Anlaß brauchten, um sich zu erregen und sich hinauszustürzen. Kaum eine Minute, nachdem Mc Carthy die Tür geöffnet hatte, waren zwanzig höchst verschiedene Individuen an ihm vorbei in das Laboratorium geschlüpft, wo sie einen Skandal witterten, und wo sie auch wirklich zwei Personen im Begriff fanden, sich bis auf die Haut zu entkleiden, um zu kämpfen. Staffetten wurden ausgesandt, und ganze Scharen kehrten mit diesen zurück, Kontoristen in Hemdsärmeln, Leute von der Straße, die unten im Café des Erdgeschosses gesessen hatten, Stiefelputzer mit roten, wollenen Ärmeln, alle Arten von Menschen.

Da Mc Carthy trotz aller Handaufhebungen dieser Einwanderung keinen Einhalt zu gebieten vermochte, schlug er die Tür wieder zu und verschloß sie, so daß sie auf diesem Wege nicht mehr hereinkommen konnten.

Aber unter den Neugierigen befand sich ein junger, behender Bursche, einer jener unüberwindlichen Emporkömmlinge, die aus den Straßen New-Yorks aufsprossen, er fuhr schnüffelnd wie ein Terrier umher, er hatte mit einem Blick alles übersehen, er entdeckte das Kabinett, tauchte natürlich da hinein und sah ein großes, rundes Loch im Fußboden. Ein Rost war aus dem Mosaikfußboden herausgehoben. Dies Loch sehen war für den Burschen dasselbe wie seine Beine dahineinsetzen, und im nächsten Moment war er verschwunden. Eine halbe Minute später kommt er wieder zum Vorschein, ungeheuer belustigt, und stürzt zu den andern in das Laboratorium hinein, wendet sich an den ersten, besten mit dem Ergebnis seiner Expedition.

»Da unten ist ein ganzer Karnevalladen!«

Er sieht sich um, begreift, daß man die Tür abgeschlossen hat, und von einem genialen Gedanken erfaßt, stürzt er sich wieder durch das Loch, um die Türen unten zu öffnen. Und als er zurückkommt, folgen ihm acht junge Köpfe. Und nun taucht eine zerlumpte, schweißtriefende Person nach der andern aus diesem Mannloch auf. Sie strömen durch das Kabinett in das Laboratorium hinein. Es ist, als wolle das Kabinett nicht mehr aufhalten, lebendigen, atemlosen Pöbel in das Laboratorium zu entsenden, Scharen von Zeitungsjungen, Tagedieben, Arbeitern, Kontoristen, Leute aller Rassen, Italiener, Montenegriner, Neger.

Und vor diesem anschwellenden Publikum wird das Duell zwischen Joseph Evanston und Ralph Winnifred Lee ausgekämpft.

Mason hatte sich gleich von Anfang an zum Leiter des Kampfes aufgeworfen, und er gestattete Evanston und Lee nicht, aufeinander los zu gehen, bis alles in bester Ordnung war. Sie hatten deswegen reichlich Zeit, sich instand zu setzen, und das Publikum hatte reichlich Zeit, sich einzufinden. Evanston hatte keine Lust zum Zweikampf, aber er sah ein, daß er jetzt nicht davon abkommen konnte. Er bat wütend um ein paar Beinkleider und erhielt ein paar leinene, die irgend jemand herbeischaffte. Lee stand bis an die Taille entblößt mit gekreuzten Armen da. Zwei junge Yankees traten vor und stellten sich Mason als freiwillige Sekundanten vor und wurden anerkannt; nach einer Unterhandlung wurde bestimmt, daß der Kampf nicht mit bloßen Fäusten geführt werden sollte, was lebensgefährlich werden konnte, sondern daß Handschuhe herbeigeschafft werden müßten, was auch geschah. In Ermanglung eines ›Ringes‹ wurde mit Kreide ein Platz von der richtigen Größe auf dem Fußboden bezeichnet; einige von Edmund Halls Maschinen wurden umgestoßen oder mit dem Fuß beiseite geworfen.

Lee und Evanston wurden in den entgegengesetzten Ecken des Ringes aufgestellt, und hinter ihnen standen ihre Sekundanten mit Waschschüsseln und Schwämmen bereit. Das Publikum ordnete sich ringsumher in bester Einigkeit; d. h. die Stärksten erhielten die besten Plätze. Und nun musterte man die beiden Gegner; die Ansichten waren schnell geteilt, und die Wetten wurden schleunigst aufgestellt.

Evanston machte unmittelbar den Eindruck, der stärkste zu sein. Seine dicken, vorspringenden Knöchel waren überall mit Sehnen und hart gesponnener Muskulatur bedeckt. Er hatte ein knochiges Gesicht, und sein Kiefer sah aus, als sei er aus Schmiedeeisen gemacht. Der Brustkasten war sehr tief, fest zusammengedrückt; die braunrote Behaarung trug viel dazu bei, ihm ein gefährliches Aussehen zu verleihen. Die Arme waren ungewöhnlich lang und fleischig, und die Hand glich der Tatze eines Bären. Aber er hatte zweifelsohne kurze Beine, obwohl sie sehr stark gebaut waren. In welcher Kondition er sich befand, konnte man nicht von vornherein sagen, sein Unterleib stand jedoch ein wenig vor. Die Zuschauer, die die Namen der beiden Gegner nicht kannten, tauften ihn unverzüglich den Orang-Utang, ein Name, der in wenigen Minuten zu Tang verkürzt wurde. Lee wurde wegen seiner weißen Hautfarbe das große Kind getauft, und diesen Namen verkürzte man in das Kind. Lee war beträchtlich größer als Evanston, von der Taille nach unten zu war er ihm sicher überlegen. Aber seine Schulterpartie war nicht so gut, und die Arme, wenn auch gut entwickelt, waren weder so lang noch so zähe wie die Tangs. Lees Brustkasten erstreckte sich in die Breite, was seinen Brust- und Rückenmuskeln eine bedeutende Länge verlieh; es lag offenbar eine sehr gefährliche Schlagtüchtigkeit darin. Sein Nacken war gut und der Kiefer erschien recht massiv. Der Totaleindruck war indes im Verhältnis zu Evanstons robuster Zusammengedrängtheit, Schmächtigkeit. Dafür aber würde ein geübtes Auge bei dem Kinde durchgehends besseren Training erkennen, und sein Körper machte den Eindruck, als sei er überhaupt besser beschützt infolge einer runden Verteilung der Muskulatur und eines Zurücktretens von Gliedern und Nerven. Wie es mit den Lungen der beiden, ihrem Wind beschaffen war, konnte man höchstens erraten. Das Gewicht war offenbar so ziemlich dasselbe.

Auf Grundlage dieser Beobachtungen teilten sich die Zuschauer, und es wurden lebhaft Wetten geschlossen. Die Odds neigten sich ein wenig zu Gunsten für Tang, als der erste Gang seinen Anfang nahm.

Sie traten in die Mitte des Ringes und standen dicht voreinander, indem sie beide vorsichtig und prüfend die Arme bewegten und allerlei Finten machten, um gegenseitig ihre schwachen Punkte zu erkennen. Evanston schlug zuerst, holte mit dem linken Arm aus und verfehlte sein Ziel. Lee pflanzte einen leichten Stoß mit der Linken in Evanstons Rippen. Gleich darauf schlug er ihm hart erst mit der Rechten, dann mit der Linken in den Körper hinein. Sie waren nun dicht aneinander gerückt und hielten sich gegenseitig die Arme fest. Als sie sich losließen, schlug Lee mit der linken Hand von unten in die Höhe und traf Evanston hart unter das Kinn: Evanston drängte ihn bis an den Kreidestrich zurück und hämmerte ihm mit der Rechten in die Seite. Evanston schäumte schon. Lee schwang seine Linke und traf den Hals, sie hielten einander wieder fest. Evanston tat zwei wütende Fehlstöße mit der Linken und drängte Lee bis an den Strich. Hier standen sie wieder, sich gepackt haltend, so daß sie nicht schlagen konnten. Aber Lee riß sich los und traf Evanston mit der Rechten hart in die Rippen. Jetzt klingelte Mason mit der Glocke.

Sowohl Lee als auch Evanston waren ganz atemlos. Lee hatte sich bei diesem ersten Gang mit Ruhm bedeckt, aber alle waren sich klar darüber, welcher Gefahr er ausgesetzt gewesen wäre, wenn Evanstons gewaltige Stöße ihn getroffen hätten. Die Zuschauer waren in großer Erregung, es schien ein spannender Kampf zu werden. Evanstons Partei ermunterte ihn mit Zurufen: »Das geben Sie ihm das nächste Mal.« Und Lees treue Anfänger beschworen ihn: »Nur immer drauf los, Mann! Halten Sie ihn sich vom Leibe ab!« Lees Sekundant trocknete ihn sorgfältig ab und flüsterte: »Fassen Sie ihn so niedrig wie Sie können. Der Magen ist seine schwache Seite. Evanstons Sekundant flüsterte: »Lassen Sie ihn drauf los schlagen, Sie können es aushalten! Hauen Sie ihn dann an den Kopf!«

Der zweite Gang. Sie rannten sich sofort in die Arme und rangen, Evanston drängte Lee bis an den Strich. Als sie einander losließen, mußte Lee springen und lebhaft von einer Seite nach der andern weichen, um Evanstons blindem Angriff zu entgehen, er ging drauf los wie ein wilder Stier. (Hurra für Tang!) Schließlich wurde Lee bis in die äußerste Ecke des Kreidevierecks gedrängt, und Mason hielt sich schon bereit zu klingeln, aber Lee antwortete Evanston mit einem steifen Faustschlag ins Auge, als er kam; er selber erhielt einen schweren Stoß unterhalb der Rippen, der ihn erschütterte. »Reine Schlingelstreiche!« heulte die Partei des Kindes. Jetzt blutete Evanston, seine eine Braue war aufgeschlagen. Lee hämmerte seine Rechte in Evanstons Rippen hinein. Lee stieß ihn mit der Rechten in die Herzgrube. Lee schwenkte seine Rechte und traf die Schläfe, es klang, als werde Brennholz klein gemacht. Sie standen und hielten sich gepackt, als die Glocke ertönte.

Dieser Gang hatte sich unbedingt zu Lees Gunsten gestaltet, und die Odds gingen ein wenig herunter. Aber Evanston hatte seine Chance noch nicht gehabt. Er war auf dem einen Auge durch das Blut geblendet, und er schäumte, konnte seine Wut nicht beherrschen. Der Sekundant wusch ihn ab und flüsterte ihm viele beruhigende Worte zu. Es war allen klar, daß Evanston am meisten keuchte, er hatte sich überanstrengt, ohne genug dafür zu bekommen, hatte zu viel Kraft in Stöße gelegt, die er nicht zur Ausführung brachte. Und doch waren die Kundigen keinen Augenblick darüber im Zweifel, daß er Lee ›kalt machen werde‹, wenn ihm nur die Gelegenheit dazu geboten würde.

Im dritten Gang blieb Evanston ruhiger, und Lee war mehrmals in Gefahr. Evanston wurde zweimal von Mason gewarnt, weil er versuchte, niedrig zu stoßen, in die Magengegend. Lee reizte Evanston durch einen schmerzenden Schlag ins Gesicht nach dem andern, und als die Glocke erscholl, war Evanston wieder in Schaum und Blut gebadet und bebte vor Wut. Es war sonderbar, die beiden Gegner zu beobachten und zu sehen, wie der Unterschied in ihrem Körperbau dem Unterschied in ihrem Charakter entsprach. Evanston war voll tierisch ererbter Stärke, die er nicht zu zügeln vermochte, und er platzte fast vor Bosheit vor einer mächtigen Mißgunst, die ihn krank machte, weil er sie nicht auf der Stelle befriedigen konnte. Lee war im Besitz eines Körpers, den er selber durch zweckmäßigen Training abgehärtet hatte, und es lag auch nicht eine Spur von Unwillen gegen den Gegner in seinem Blick, während er kämpfte. Trotzdem versäumte er nie den geringsten Vorteil, er wünschte seinen Mann zu fällen.

Im vierten Gang kam Evanstons Gelegenheit. Er fing an zu stürmen, und als Lee wich, verfolgte er ihn wie ein wilder Ochse unter einem Regen von Schlägen und Stößen. Einer dieser blind drauflos gehauenen Schläge traf Lee wie ein Hammer auf den Kiefer und er stürzte in seiner ganzen Länge hin. (Hurrarufe für Tang! Ausrufe des Kummers und der Besorgnis von der Partei des Kindes!) Es sah aus, als wenn sich Evanston über den Gefallenen stürzen wollte, um ihn in Stücke zu zerreißen, aber Mason war da und klopfte ihn auf seine nackte Schulter:

»Gehen Sie in Ihre Ecke zurück, wie!«

Über Lee stehend, fing Mason, die Uhr in der Hand, an zu zählen.

Bei drei bewegte Lee die Augen, bei fünf richtete er sich in eine knieende Stellung auf. Aber er blieb auf allen Vieren liegen, um die Ruhe mitzunehmen, die ihm noch vergönnt war. Bei neun stand er mit einem Sprung auf den Beinen. Evanston stürmte auf ihn los. Evanston hämmerte ihm mit der Linken in die Brust hinein. Evanston schlug ihm mit der rechten und linken Faust in die Rippen. Lee schwang seine Rechte mit aller Gewalt von unten in die Höhe und traf Evanston unter das Kinn (Hoch das Kind!) Evanston schwankte hintenüber mit ohnmächtigen Augen, stand aber. Mason klingelte.

Während der minutenlangen Pause erklärte Evanston plötzlich, »daß er nicht mehr wolle. Jetzt könne es genug sein. Er wolle gehen.«

»Nein, mein Herr,« sagte Mason mit sanfter Stimme. »Das wollen Sie ganz und gar nicht. Sie wollen wahrhaftig hier bleiben, wenn aus keinem andern Grunde so doch um unserer Wetten willen. Sie sind ein starker Mann, Herr Evanston; ich kann mir nicht denken, daß Sie ehrlos sind. So! Haut jetzt drauf los!«

Er puffte den zähneknirschenden Mann in den Kreis hinein, wo er von Lee mit einem klatschenden Faustschlag in den Mund empfangen wurde. (Hoch! Drei Mal hurra für das Kind!) Evanston senkt die Stirn und geht stoßend vor, hämmert mit beiden Armen drauf los. Lee pariert mit seinen Ellenbogen. Lee schwingt die Rechte von unten aufwärts und haut Evanston ins Gesicht, so daß ihm das Blut aus Nase und Mund spritzt. Evanston packt Lee und will beißen. Ausrufe des Entsetzens, der Schmach, des Hohns von Seiten der Zuschauer!) Lee stürmt los und trifft Evanston mit der linken Faust in die Herzgrube. Evanston trifft Lee in die Seiten. Evanston heult vor Wut, schlägt um sich. Lee gerbt ihm das Gesicht. Die Glocke erschallt.

Die Hitze im Laboratorium war jetzt bis zum Wahnsinnigwerden gestiegen, denn nirgends war ein Luftzutritt möglich. Der Schweiß troff an den gespannten und krankhaft verzerrten Gesichtern nieder, die Zurufe hatten einen gebrochenen Ton, mehr als einem war wirr zu Sinne. Man öffnete die Tür, aber das nützte nicht viel; es war außerdem nötig, sie gleich wieder zu schließen, aus Furcht vor der Polizei.

»Warum machen Sie ihm nicht den Garaus?« flüsterte Lees Sekundant eifrig und verständnislos während der Pause. »Er schützt sich ja gar nicht mehr. Schlagen Sie ihn doch nieder!«

»Wenn er es lernt, ehrlich zu kämpfen, so werde ich ihn töten!« sagte Lee, dessen Blut jetzt ins Sieden gekommen war. »Vorläufig will ich ihn abstrafen.«

Und als der sechste Gang anfing, fuhr Lee angreifend auf Evanston ein wie ein Tiger. Evanstons Kopf war eine blutige Masse, aber Lee bearbeitete ihn, kreideweiß im Gesicht vor Energie. Evanston versuchte noch einmal Sturm zu laufen, da er aber seine Arme fortwährend nur halb aus den Gelenken hämmerte, und selber einen betäubenden Faustschlag nach dem andern erhielt, brach er mit einem Schrei, aus dem die Todesangst sprach, aus dem Kreise und warf sich kopfüber zwischen die Zuschauer, wo er schlug und stieß und um sich biß wie ein Wahnsinniger, bis man ihn anhielt und ihn auf den Fußboden niederdrückte. Dann stellte man ihn wieder auf die Beine und führte ihn in den Kreis zurück. Die Wetten sollten entschieden werden. Als Evanston Lee erblickte, verlor er vor Haß und Wut den Verstand und stürzte heulend auf ihn los. Er sah entsetzlich aus, die blutigen Augen standen ihm aus dem Gesicht, man sah die Zunge und die Zähne, die Muskeln an seinem Körper zogen sich krampfhaft zusammen. Lee schlug ihn zwischen die Augen. Lee sprang wie ein Tänzer um den wahnsinnigen Riesen herum. Lees Augen waren unverwandt auf diese sich windenden Fangarme gerichtet, die das Leben aus ihm herausquetschen würden, wenn sie seiner habhaft wurden, auf diese behaarte Brust, die wie ein Balg keuchte vor wahnsinnigem Verlangen, ihn an sich zu pressen und zu zermalmen. Er achtete auf die knochigen Füße, deren Zehen sich erhoben vor Sehnsucht, in seine Eingeweide hineinzutreten, er hatte seine Aufmerksamkeit auf die entblößten, schäumenden Zähne gerichtet, die keinen andern Wunsch hatten, als sich in seine Kehle hineinzubeißen. Er schlug ihn auf den Kiefer. Er bewegte sich um ihn herum, schlug ihn in das treibende Gesicht.

Mason schellte. Evanston fuhr fort, nach Lee zu suchen, jetzt ganz langsam und stöhnend wie ein Idiot.

Die Zunge hing ihm aus dem Munde und er sank in die Kniee, watete angestrengt umher. Der Krampf, der das Fleisch auf seinem Rücken zu großen Knoten zusammenzog, lähmte ihn, und sehen konnte er auch nicht mehr. Sein Atem ging hastig und geräuschvoll, er nieste und weinte und knirschte mit den Zähnen. Und immer noch sucht er, sucht und sucht in der Luft mit den sehnigen Erdroßlerarmen, und watet dahin, fällt, steht wieder auf, schwankt wieder weiter, leise heulend, während ihm alle Borsten zu Berge stehen. Lee ging umher, immer mehr vor ihm auf, ohne mehr zu schlagen, aber die Augen starr auf die suchenden Hände des Ungeheuers gerichtet. Mason läutete einmal, zweimal, machte dann ein Zeichen mit der Hand:

»Dies hier ist kein Kampf!« rief er. »Der Mann ist verrückt. Ergreift ihn und bindet ihn. Ich erkläre den Kampf für beendet und unentschieden.«

Es wurde gezischt und protestiert. Alle, die ihr Geld auf Lee eingesetzt hatten, verlangten, daß er für den Gewinner erklärt werde. Mason aber erhob seine Kommandostimme und stellte fest, da keiner der Kämpfer den Kampf aufgegeben noch sich gröber gegen die Regeln versündigt habe, so habe auch keiner verloren. Fertig.« Die Wetten mußten also rückgängig gemacht werden. Tang wurde gebunden und beiseite gelegt.

Eine ganze Menge Leute traten vor und erbaten sich die Erlaubnis, einen Händedruck mit Herrn Lee zu wechseln; unter diesen befanden sich mehrere Zeitungsjungen, Knirpse von acht bis zehn Jahren. Sie sagten, sie würden ihn nicht vergessen. Lee tauchte den Kopf in einen Eimer Wasser und fing an, sich anzukleiden; ihn schwindelte und er fühlte sich ziemlich unklar. Er hatte an nichts weiter gedacht, als sich zu wehren. Jetzt fiel ihm Madame d'Ora ein, er sah sich hastig nach ihr um. Aber alle Frauen hatten das Laboratorium, natürlich längst verlassen. Niemand von den Mitgliedern des Kreises war zu sehen; sie hatten sich davon geschlichen, sobald es nach Hautabschürfungen aussah.


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