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Vorwort

Ich gestehe, daß ich aus Liebe zur Vergangenheit von verschiedenen alten Städten erzähle. Ich glaube, daß es eine Grenze des Umfangs gibt, jenseits welcher die Dinge und Verhältnisse nicht mehr schön, nicht mehr zweckdienlich, nicht organisch mehr sein können, und ich glaube, daß wir diese Grenze überschritten haben. Nur das halte ich dem Menschen angemessen, was er persönlich übersehen kann, nur das befriedigt seinen Schönheitssinn und seine Vernunft. Aus diesem Grunde liebe ich unsere alten Städte so wie sie bis etwa zum Beginn des neunzehnten Jahrhunderts waren. Sie hatten drei Feinde: das Feuer, die Franzosen und die Zerstörungswut und den Ungeschmack der neuen Zeit. Es liegt mir fern, den Menschen das Recht absprechen zu wollen, das Überlieferte nach ihrem Bedürfnis und Geschmack umzugestalten, insbesondere der Schrei nach Luft und Licht war ohne Frage berechtigt. Alle Lebensformen, auch die besten, verderben oder erstarren einmal; hätte man immerhin verändert und niedergerissen, wenn man nur etwas Gutes, Taugliches an die Stelle gesetzt hätte. Ich weiß wohl, daß die Kraft, zu schaffen, sich nicht zwingen läßt, daß nie die gleichen Bedingungen wiederkehren, und daß etwas Verquältes entsteht, wenn man eine Richtung erzwingen will, die dem Zeitgeist nicht entspricht. Indessen könnte der Zeitgeist, der über menschlichem Willen und menschlicher Einsicht ist, auch einmal zur geschlossenen, organischen Form zurückkehren; tut er es nicht, so muß es doch erlaubt sein, des Schönen, Großen und Merkwürdigen, was unsere Vorfahren hervorgebracht und erlebt haben, mit Anteil und vielleicht mit Wehmut zu gedenken. Man braucht nicht ohne Sinn für die Gegenwart zu sein, wenn man die Vergangenheit und ihre Werke schätzt. Viele wissen nicht, wieviel Ursachen wir Deutsche haben, auf unseren Reichtum an Schönheit stolz zu sein, und daß wir nicht nötig hätten, nach Italien zu reisen, um Kunstwerke anzustaunen, wenn dies glückliche Land nicht eins vor uns voraus hätte: das gute Wetter. Wir haben fast immer schlechtes, und zwar ein solches, in dessen tonloser Stumpfheit alles Schöne erlischt. Daß ich einen stimmungsvollen Himmel über meinen geschilderten Städten aufgerichtet habe, wird man mir hoffentlich als poetische Freiheit zugute halten, nicht als Fälschung vorwerfen.

Eine eingehende Beschreibung wolle man nicht erwarten, die Sache des Kunsthistorikers wäre; ich habe versucht, der Städte geschichtliches Dasein in kleinen Zügen, wie sie mir zu Gebote standen, aufleben zu lassen und dadurch zugleich ihre Erscheinung zu würdigen. Niemand kann sagen, wieviel von dem Aroma eines Bauwerks, einer Landschaft, einer Stadt von den großen oder merkwürdigen Erinnerungen abhängt, die damit verknüpft sind. Zuweilen geht von einer alten Mauer ein Hauch aus, der uns überzeugt, hier müsse Wunderbares sich begeben haben, auch wenn wir es nicht wissen; umgekehrt kann unser Wissen Steine formen und melodisch erbeben lassen.

Von den Neubauten des verflossenen Jahrhunderts, die das Bild der alten Städte so vielfach stören, habe ich wenig gesprochen; ich habe sie ignoriert wie das schlechte Wetter, damit meine bescheidenen Skizzen desto hübscher würden.


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