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Erstes Kapitel

Wie Herr Domänenpächter Lamprecht Lampe bei einem Platzregen die Bekanntschaft von Fräulein Nikoline Laputz macht und sich bis über die Löffel in sie verliebt

 

Es war um die Zeit, wo Pfarrer Birkhahn alljährlich angeblich zur Landessynode – auf acht bis vierzehn Tage verreiste, wo Meister Schorrebock, der Bekassinenmann, der sonst so still-bescheiden seinem Torfstechergewerbe nachging, den Meckerrappel bekam, daß man glauben konnte, die Ziege der Frau Oberförster habe sich in den Bruchwald drunten beim Altwasser verirrt, und wo der fürstliche Kammersänger Rossignolo-Nachtigall, der seiner empfindlichen Kehle wegen den Winter immer in Ägypten verbrachte, in die Heimat zurückkehrte und nun bis tief in die Nacht seine Bravourarien übte, kurzum, es war der Monat, den die Menschen, der Kuckuck mag wissen warum, April nennen. Und das Wetter war auch richtiges Aprilwetter: bald brannte die Sonne, daß man die Winterwolle, die einem bis dahin doch so gute Dienste geleistet hatte, zum Iltis wünschte, und ein paar Augenblicke später rauschte ein Regenguß hernieder, als sollte der unselige Tag wiederkehren, wo die Ahnen aller lebenden Tiere, um nicht elend zu ersaufen, in ungewöhnlicher, aber durch die Not gebotener Eintracht gemeinsam einen großen Kasten gebaut und leider in falsch angebrachter Gutmütigkeit auch das Zweibein Noah samt seiner Alten und Ihrem letzten Satz mit hineingenommen hatten.

Auch jetzt, kurz vor Sonnenuntergang, regnete es wieder wie mit Mulden, so ausgiebig, daß sogar Herr Lamprecht Lampe, der Pächter des Oberförstereigutes, der doch wahrhaftig nicht von Zucker war, wenn ihn auch der Konditor in der Stadt um diese Jahreszeit immer aus dem genannten Material nachbildete, es für geraten hielt, seinen Inspektionsgang über die Felder abzukürzen und unter einer dichten Jungfichte am Waldrande Deckung zu suchen. Er schüttelte energisch die kalten Tropfen von der graubraunen Lodenjoppe, setzte sich auf die Keulen, legte die Löffel an und äugte unverwandt auf den Winterroggen hinaus, in dessen jetzt gerade hasenhohem Halmenmeer er sich schon ein ganzes Netz von Steigen angelegt hatte, um die Menschen, die für ihn scharwerken mußten, unbemerkt bei der Arbeit beobachten zu können.

Wie er so dasaß, bot er das Urbild eines jungen, rüstigen Landwirts. Das gebräunte Antlitz zeugte von ununterbrochenem Aufenthalt in Gottes freier Natur, und wenn man seine Züge, deren sonst ziemlich regelmäßige männliche Schönheit nur durch einen Spalt in der Oberlippe ein wenig beeinträchtigt wurde, auch nicht gerade als durchgeistigt bezeichnen konnte, so verrieten sie doch einen gesunden Tierverstand.

Plötzlich – er mochte wohl etwas Verdächtiges wahrgenommen haben – drückte er sich an den Boden, richtete sich jedoch sogleich wieder auf, machte einen Kegel und nahm, nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß wirklich kein Grund zur Besorgnis vorlag, seine ursprüngliche bequeme Stellung wieder ein. Denn was da, kokett mit der schwanenweißen Blume schnellend, den Holzrand entlang gerade in der Richtung auf Lamprecht Lampe herangeflitzt kam, war ein Karnickelfräulein, das offenbar unter derselben Fichte Schutz suchte, unter der der junge Landwirt auf ein Nachlassen des Regens wartete.

Nun war zwar Lampes Erziehung infolge mißlicher Familienverhältnisse – sein Vater war kurz vor der Geburt des Sohnes auf dem Felde der Ehre geblieben, und die Mutter hatte als vielumworbene junge Witwe ihren ersten Satz trotz der Februarkälte schon nach fünf Tagen sich selbst überlassen – vernachlässigt worden, aber er verfügte über einen natürlichen Takt, der ihm bei aller Welt Sympathien erwarb und ihn befähigte, sich jeder Lage gewachsen zu zeigen. Er rückte deshalb auch jetzt ein wenig beiseite, um der jungen Dame, deren schlichtes, aber gutsitzendes schwarz und bräunlich meliertes Wollkleid ziemlich durchnäßt schien, unter dem Fichtenschirme den besten Platz zu überlassen.

»Sehr gütig!« sagte sie, sich ohne Ziererei neben ihn setzend. »Hoffentlich habe ich Sie nicht allzusehr erschreckt.«

Lampe äugte das junge Mädchen etwas argwöhnisch an. »Erschreckt? Sehe ich wirklich so schreckhaft aus?« fragte er. Und ihre Verlegenheit bemerkend, setzte er hinzu: »Ich muß annehmen, daß Sie mich verkannt haben, gnädiges Fräulein. Mein Name ist Lampe, Domänenpächter Lampe. Ich habe wohl die Ehre mit Fräulein Laputz?«

»Ja, Herr Lampe, ich bin Nikoline Laputz«, antwortete die Kleine lachend. »Mich wundert, daß Sie mich kennen. Man sieht Sie doch so selten bei uns im Walde.«

»Bitte sehr, gnädiges Fräulein, ich habe in der Zeit der Märzstürme doch regelmäßig gar nicht weit von Ihrer väterlichen Wohnung eine Gasse bezogen. Übrigens bin ich mit sechs von Ihren Fräulein Schwestern in die Tanzstunde gegangen, und ich würde Sie deshalb schon an der Familienähnlichkeit erkannt haben.«

»Sind wir nicht miteinander verwandt, Herr Lampe?« fragte die junge Dame. »Da Sie von Familienähnlichkeit sprachen, fällt mir ein, daß Kantor Waldkauz jedesmal, wenn welche von uns zur Schule angemeldet werden, danach fragt, ob Sie nicht ein Vetter von uns wären.«

Der junge Landwirt verzog die gespaltene Lippe zu einem beinahe geringschätzigen Lächeln. »Von dieser Verwandtschaft ist mir nichts bekannt«, erklärte er, sich mit dem linken Hinterlauf hinter den Löffeln krauend. »Wenn ich recht berichtet bin, stammen wir Lampes in gerader Linie von einem edlen Rennpferd ab. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, daß ich's im Laufen mit jedem Tier aufnehme.«

Die Kleine brach in ein silberhelles Lachen aus.

»Erlauben Sie, mein Fräulein, was kommt Ihnen daran so komisch vor?« fragte er ein wenig gekränkt.

Sie suchte ihre Fassung wiederzugewinnen, indem sie in die Nadelstreu eine seichte Vertiefung scharrte. »Ach, mir fiel gerade eine Geschichte ein, die ich vom Urgroßvater gehört habe. Wissen Sie, wenn er einmal guter Laune ist, was leider nicht oft vorkommt, ist er stark im Erzählen lustiger Schnurren.«

»Nun, und an welche dieser Schnurren denken Sie gerade?«

Sie zögerte mit ihrer Antwort. »Wenn ich wüßte, daß Sie's nicht kränkte –«

»Bitte, machen Sie Ihrem Herzen nur Luft, gnädiges Fräulein. Ihnen nehme ich nichts übel.«

»Nun denn, so hören Sie! Der Urgroßvater ist einmal dabeigewesen, wie einer von Ihrer Familie, ich weiß nicht mehr, ob es Ihr Herr Vater oder Ihr Herr Großvater war, mit dem Vater des Majors von Swinegel um die Wette lief und die Wette verlor, trotz seiner Abstammung vom Rennpferd!«

»Ach – die Geschichte meinen Sie! Der Betreffende war mein seliger Großvater. Selbstverständlich hatte er die List von Swinegel senior sofort durchschaut, aber er stellte sich dumm, um dem wackern Knasterbart den Spaß nicht zu verderben.«

»So? Ich dacht' es mir beinah«, erklärte Fräulein Nikoline, der offenbar daran lag, den jungen Herrn versöhnlich zu stimmen. »Es schien mir auch immer undenkbar, daß sich ein so geistvoller Mann, wie Ihr Herr Großvater nach allem, was man von ihm gehört hat, doch gewesen sein muß, auf eine so plumpe Art hätte übertölpeln lassen.«

Lamprecht Lampe lächelte geschmeichelt. »Nun ja, wenn wir Lampes auch immer nur einfache Landwirte gewesen sind und niemals auf gelehrte Bildung Anspruch erheben durften, so haben wir doch jederzeit von unseren fünf Sinnen den rechten Gebrauch zu machen verstanden«, bemerkte er leichthin. »Und was die Leistungen unserer Läufe anlangt, so glaube ich nicht, daß wir darin von irgendeinem Tier übertroffen werden. Deshalb habe ich auch keine Veranlassung, unsere Abstammung vom edlen Pferd in Zweifel zu ziehen. Bedürfte es noch eines weiteren Beweises für die Richtigkeit dieser alten Familientradition, so könnte ich noch meine Vorliebe für den Duft von Pferdemist anführen.«

Das Karnickelfräulein warf Lampe einen bewundernden Blick zu. So vornehmer Ahnen konnte sich die Familie Laputz freilich nicht rühmen. Wäre die junge Dame ein wenig welterfahrener gewesen, so hätte sie schon gewußt, woher seine Vorliebe für den Stallgeruch rührte. Seine Mutter hatte ihn, weil es noch so zeitig im Jahre gewesen war, in einen frisch auf das Feld gefahrenen warmen Misthaufen gesetzt, und es war nur die dunkle Erinnerung an die Atmosphäre dieser Kinderstube, was ihm, dessen schlichtem Sinn alle Großtuerei sonst fernlag, die kühne Hypothese von der Verwandtschaft mit dem Pferde so einleuchtend erscheinen ließ.

Der Regen hatte nachgelassen, und drüben über dem Walde, wo der Wind die Wolken vertrieben hatte, strahlte die schmale Sichel des zunehmenden Mondes mit silbernem Licht. Nikoline, die schwärmerisch veranlagt war, machte den jungen Landwirt auf die Himmelserscheinung aufmerksam. Aber er äugte nur flüchtig hinauf und meinte geringschätzig: »Das ist doch nichts Neues, gnädiges Fräulein. Ich glaube, der Mond besteht schon seit mindestens drei Jahren. Und irgendeinen vernünftigen Zweck hat er auch nicht. Da lobe ich mir die Sonne, die läßt sich doch für die Landwirtschaft ausnutzen. Aber sehen Sie nur, wer dort auf dem Rain die Wintergerste entlang geschlichen kommt: Der Regierungsassessor von Malepart, der seinen gewohnten Abendpürschgang unternimmt. Bei dem Wetter wird er freilich kaum Weidmannsheil haben.«

Das junge Mädchen mußte die Seher gehörig anstrengen, ehe es den rotröckigen Nimrod, der, jede Unebenheit des Geländes als Deckung benutzend, vollkommen geräuschlos auf dem schmalen Raine dahinschnürte, bemerkte. Zuweilen hielt er an, windete und lauschte, die Gehöre nach allen Seiten drehend, ob sich nicht das leise Gefiep verliebter Feldmäuse vernehmen ließ. Dann trabte er schneller, duckte sich, daß man nur die Blume der buschigen Standarte über der jungen Saat auftauchen sah, und setzte nach einem Weilchen seinen Weg fort.

»Stehen Sie gut mit dem Assessor?« fragte das Karnickelfräulein den Hasen.

»Ich kann nicht klagen. Wir verkehren sogar in ganz freundschaftlichem Tone miteinander«, erwiderte Lampe. »Die Herren von der Regierung sind ja im allgemeinen auf uns Landwirte gut zu sprechen, weil sie in uns mit Recht die zuverlässigsten Stützen von Thron und Altar sehen.«

»Im allgemeinen soll nicht ganz leicht mit Herrn von Malepart auszukommen sein«, meinte die Kleine. »Obwohl wir doch Nachbarn sind, pflegt er uns geflissentlich zu übersehen. Kaum, daß er bei einer Begegnung grüßt.«

»Nun ja, sein Hochmut ist ja bekannt. Ich glaube jedoch, daß Sie sich dazu beglückwünschen können, von ihm geschnitten zu werden. Tiere, die aus irgendeinem Grunde seine Beachtung fanden, sollen nicht immer gute Erfahrungen gemacht haben.«

»Das sagt mein Urgroßvater auch, der freilich schlecht auf ihn zu sprechen ist. Er behauptet, Herr von Malepart sei ein unleidlicher Streber.«

»Da mag der alte Herr nicht so unrecht haben. Jedenfalls ist der Assessor das vollkommene Widerspiel von seinem Onkel und ehemaligen Vormund Grimbart Gräving. Mich wundert nur, daß die beiden immer noch einen gemeinsamen Haushalt führen. Von einer Interessengemeinschaft kann bei so verschieden gearteten Naturen doch nicht die Rede sein. Der Onkel lebt in völliger Zurückgezogenheit, geht kaum aus und ist zufrieden, wenn er sich ungestört mit seinen genealogischen Studien beschäftigen kann, und der Neffe, der um jeden Preis Karriere machen möchte, drängt sich bei jeder Gelegenheit vor und hegt keinen sehnlicheren Wunsch, als in den feudalen Kreisen zu verkehren und selber ein großes Haus zu machen. Und dabei ist er finanziell doch ganz und gar von seinem Onkel abhängig.«

»Die beiden geraten auch oft genug aneinander«, bemerkte Fräulein Nikoline. »Wenn der Wind vom Burghause kommt, können wir in unserem Bau ganz deutlich die erregten Auseinandersetzungen zwischen Onkel und Neffen hören. Gewöhnlich streiten sie wegen des Besitzrechtes an Haus Malepart. Der Assessor behauptet, die Burg sei sein väterliches Erbe, und der Onkel habe ihn darum geprellt, und dieser sagt, er habe sie selbst angelegt und ihr nur zur Erinnerung an das im Kriege mit den Zweibeinen zerstörte Stammschloß der Familie seines Schwagers den Namen Malepart gegeben. Vorgestern gab es wieder eine furchtbare Szene. Es war geradezu peinlich, wie der Alte schnaufte und stöhnte, während der Neffe boshaft keckerte.«

»Ja, das ist ein trauriges Kapitel. Man spricht sogar davon, daß Gräving schon mit Enterbung gedroht habe. Aber sehen Sie nur, gnädiges Fräulein, wie schön das Wetter noch geworden ist! Darf ich mir erlauben. Sie zu einem kleinen Abendspaziergang einzuladen? Ich würde mir eine Freude daraus machen, Ihnen einmal meine Äcker zu zeigen.«

»Sehr gütig, Herr Lampe, aber es ist heute schon reichlich spät. Ich muß schleunigst nach Hause.«

»Haben Sie's wirklich so furchtbar eilig, gnädiges Fräulein? Bedenken Sie nur: ich möchte Sie zu einem Rain führen, wo ganz wunderbar zarte junge Schafgarbe steht.«

Die Kleine blieb standhaft, obwohl sich ihr bei Erwähnung der würzigen Äsung ein Pfützchen auf der Zunge bildete. »Es geht beim besten Willen nicht«, erklärte sie. »Der Urgroßvater wird ohnehin sehr ungehalten sein, daß ich so spät heimkehre. Er hat keine Ruhe, wenn jemand von der Familie im Baue fehlt. Sie wissen ja: alte Leute sind so entsetzlich ängstlich. Es ist geradezu komisch, wie er jeden Abend, wenn wir draußen ein bißchen Luft schnappen, vor der Hauptröhre sitzt und nervös trommelt, sobald einer von uns ein paar Schritte weiter hoppelt als gewöhnlich. Denken Sie sich: gestern hat sogar der Großvater noch ein paar derbe Schellen von ihm bekommen, weil er das Trommeln überhört hatte!«

Der junge Landwirt lächelte mitleidig. Ihm, der so zeitig selbständig geworden war, und dem die persönliche Freiheit über alles ging, war es unfaßlich, daß sich die ganze Familie Laputz noch immer von dem schon etwas kindisch gewordenen Ahnherrn tyrannisieren ließ. »Nun denn, wenn Sie durchaus heim müssen, darf ich Sie nicht halten, gnädiges Fräulein«, sagte er. »Aber vielleicht erlauben Sie mir, Sie nach Hause zu begleiten?«

»Ach, Herr Lampe, es ist ja sehr, sehr freundlich von Ihnen, aber ich bitte Sie dringend: tun Sie's lieber nicht! Ich weiß nicht, wie der Urgroßvater darüber denkt«, stammelte das Karnickelfräulein in holder Verwirrung.

»Dann nicht, meine Gnädige! Kompromittieren möchte ich Sie um keinen Preis«, erwiderte er mit einem leisen Tone der Gereiztheit.

»Sie dürfen mir die Ablehnung Ihres liebenswürdigen Anerbietens nicht Übelnehmen, Herr Lampe«, sagte sie betroffen. »Vielleicht läßt sich's ein andermal ermöglichen, daß Sie mir Ihr Gut zeigen. Für die Landwirtschaft habe ich nämlich immer geschwärmt.«

»So? Wirklich? Na ja, wir werden ja sehen. Wenn nur Ihr Herr Urgroßvater nicht im entscheidenden Augenblick wieder trommelt!«

Sie schien den Hohn, der in seinen Worten lag, zu überhören, reichte ihm unbefangen ihre zierliche weiche Rechte und flitzte, ehe er noch etwas erwidern konnte, mit der Blume schnellend durch das Stangenholz davon.

Lamprecht Lampe äugte dem jungen Mädchen nach, bis eine Erdwelle ihm den Anblick der anmutigen Gestalt entzog. In seinem Herzen kämpften zwei Gefühle miteinander: die erwachende Liebe und der gekränkte Stolz. Nikoline hatte einen starken Eindruck auf ihn gemacht, einen um so stärkeren, als er, dem der Zauber weiblichen Wesens in seiner trüben Jugend fremd geblieben war, von den Frauen bisher nicht viel gehalten und den Verkehr mit ihnen nach Möglichkeit gemieden hatte. Aber es verletzte ihn auch, daß das Karnickelfräulein Bedenken trug, sich in seiner Gesellschaft den Ihrigen zu zeigen. Du lieber Himmel, war ein Mann, der ein Gut von nahezu zweihundert Morgen bewirtschaftete, denn irgend jemand, dessen man sich hätte zu schämen brauchen? Mußte es für diese Spießbürger, die zu Dutzenden in dem muffigen alten Bau hausten und sich von ihrem griesgrämigen Familienoberhaupt die Wolle zausen ließen, nicht vielmehr eine hohe Ehre sein, daß ein Kavalier in glänzenden Verhältnissen ein Licht auf eine aus ihrer Sippe geworfen hatte?

Mochte Fräulein Nikoline auch ein allerliebstes kleines Frauenzimmer sein: für Lamprecht Lampe war sie erledigt! Da gab es zwischen Elbstrom und Landstraße doch noch ganz andere Damen, die mit Freuden beide Löffel darum gegeben hätten, wenn sie sich der Beachtung eines so angesehenen jungen Landwirts hätten rühmen dürfen!

Und da alle starken Empfindungen bei Lampe auf den Magen wirkten, hoppelte er auf den Rain hinaus und äste die dem Karnickelfräulein zugedachte Schafgarbe nun mit gutem Appetit selber.


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