Andreas Gryphius
Carolus Stuardus
Andreas Gryphius

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Hoffe-Meister des Pfaltz-Graff-Chur-Fürstens.
Der Gesandte aus Holland.

Hoffm. So ists. Der herbe Grimm der ungeheuren Britten /
Hat disen Schluß gefast auffs Königs Hals zu wütten.
Hir gilt kein bitten mehr. Auch ists ein leerer Fleiß
Zu reden mit Vernunfft wo man nichts von ihr weiß.

Gesand. Hab ich durch rauhe Lufft / durch Tritons stoltze Wellen /
Durch halb zustücktes Eyß / durch Sturm / das Bild der Hellen /
In dem der strenge Frost das Ruder uns versagt /
Mich in ein wilder Land als seine See gewagt:
Daß nach vergebner Müh ich mit bestürtzten Sinnen/
Schaw' als beschickter Zeug ein unerhört Beginnen!
Ein mehr denn blutig Spil! und in der That erfahr
Wie wenig Bato sich / durch die so harte Jahr
Von Britten trew bewehrt / auff Britten zu verlassen?
Auff Britten / das verstockt diß Vrtheil liß verfassen!
Vnd voll von Trotz außführt / und Leich auff Leichen häufft /
Ja blind aus tiffer Ruh' in tiff Verderben läufft.

Hoffm. Mein Herr / wir müssen nicht nur dises Licht verfluchen!
Wenn wir des Königs Jahr und raue Zeit durchsuchen /
Wird man von Tag zu Tag die Ketten-Glider sehn
In die der Fürst verstrickt. Es war umb ihn geschehn /
Nicht nur als Calidon Ihn treuloß übergeben /
Nicht nur als er in Hafft das Sorgen-volle Leben
Entfernt von Diner / Rath und Freund' in Ach verzehrt /
Nein! seine Macht verfil / als man das heilge Schwerdt
Das GOtt den Printzen gibt / ihm aus der Faust gedrungen /
Als sein bestürmt Palast stets mit Tumult besprungen /
Als leichter Buben Schaum gleich einer Flut auffliff /
Vnd frech / ich weiß nicht was durch alle Fenster riff /
Als man von seiner Seit die alle hingerissen /
Die sich mit ernster Treu zu seinem Dinst beflissen /
Als er von Wentwort nicht den ungeheuren Schlag /
Zu wenden mächtig war / als der bestürtzte Tag
Ihn von hir weichen sah' / als man in Kirch und Chören
Liß wider seine Cron und GOtt's Gesalbten lehren /
Als Ihn verleumbden selbst zu einem Ketzer macht /
Vnd durch der Cantzel Glantz das Volck in Eisen bracht!
Als Hotham ihm sein Hull verwidert zu entschlissen.
Als man auff Edgehill gewaffnet ihn liß grüssen
Als Jorck und Bristoll weg / Glocester überging
Montroos' entweichen must / als man den Poyer fing /
Da fil sein Zepter hin. Itzt lifert er die Leichen
Auff Brittens Schau-gerüst / zu einem Greuel-Zeichen
Zu einem Wunderbild / zum Vorspil diser Noth
Die über Britten wacht. Vor war der König tod
Itzt stirbt sein Königreich. Last uns den Tag begehen
Mit seufftzendem Gewein. Es müssen Grampens Höhen
Erschallen von Geheul. Auff heut / legt Engelland
An sich die mit dem Beil / (Ach! Ach!) bewehrte Hand.

Gesand. Man siht daß die numehr / die Freyheit vor gesuchet /
Verscheucht / verstreut / versteckt / gekerckert / und verfluchet.
Was ist der Herren Hauß itzt als ein leerer Nam.
Wer in des Pövels Mund durch Schrifft und Reden kam;
Sitzt nun mit Eisen fest. Man muß den Cromwell ehren /
Vnd Fairfax wolt uns vor eh' als die Landständ hören.

Hoffm. So stillt der Drommel-klang die rasende Gemein.
Wer Könige verdammt / wil mehr denn König seyn.

Gesand. Er liß nach langer Müh und ungeschwechtem Flehen /
Vns endlich gestern spät der Häuser Schatten sehen.
Was brachten wir nicht vor das zu bedencken stund?
Die Sache legt uns selbst Bewegungs-Gründ' in Mund!
Man hört uns: nur zum Schein. Wir haben nichts erhalten!
Als: daß der Länder Heil den König hiß erkalten/
Daß man das hohe Stück schon lange Zeit bedacht /
Daß sie der Sachen Noth auff disen Schluß gebracht.

Hoffm. Was hat Chur-Pfaltz versucht? was hat er nicht gewaget!
Eh man den König noch vor allem Volck verklaget!
Was unterliß mein Fürst als man den Stab zubrach /
Vnd auff des Königs Hals die frechen Wort außsprach?
O umbgekehrtes Glück! der uns zu schützen dachte
Ist Schutzlos und vergeht. Der uns noch Hoffnung machte;
Hofft nichts mehr als den Tod. Der Bäyern hat erschreckt/
Der in dem grossen Wien vil Argwohn hat erweckt
Auff den der Iber laurt / auff den der Rhein getrauet /
Nach welchem Deutschland sah' / ob dem den Feinden grauet;
Fällt heut vor seiner Burg durch eines Henckers Schlag!
O Tag! den / was nur ist und wird / anspeyen mag!
O die ihr zu dem Brand verdeckt habt Oel getragen;
Denckt ob Printz Stuards Hals ein Richt-beil könn' abschlagen?
Ob nicht sein Vntergang des euren Vorspil sey:
Ob ihr / wenn diser fällt von Sturm' und gleiten frey?
Was red ich! und zu wehm! kom Jacobs Geist und schütter
Des Cörpers Aschen ab. Kom Jacobs Geist und zitter!
Wie handelt man dein Blut! kom Jacobs Geist hervor /
Vnd schrey wo du noch kanst in der gekrönten Ohr /
Vnd heische rechte Rach. Europens Götter höret
Printz Stuards Seufftzer an! lernt Götter! lernt und lehret
Wie leicht der Thron versinck; Europens Götter kennt /
Kennt euch und eure Pflicht. Der grosse Nachbar brennt!
Gekrönte denckt was nach. Das Blut das hir wird flissen /
Das Blut mit welchem Carl sein Leichtuch wird begissen;
Ist eur / und euch verwandt! Gekrönte! könnt ihr ruhn?
Carl schreibt mit seinem Blut was euch hirbey zu thun!

Gesand. Mich dunckt ich sehe schon den Pont von Schiffen schwanger /
Den weitten Port besetzt / der Britten fruchtbar Anger:
Mit Lägern überdeckt. Die Städt': in lichtem Brand.
Die Jungfern in dem Kott. Die Mannschafft: auff dem Sand.
Die enge See: voll Raub. Die Landschafft: außgezehret.
Die Kirchen: in dem Grauß. Die Dörffer: gantz verheret
Den Nachbar: mit im Spil. Mich dünckt ich seh die Glutt
Die Catten überfil / als die entfärbte Flutt
Des Ibers Grausamkeit mit ihrem Schleim bedeckte /
Vnd meiner Väter Blutt von beyden Vfern leckte.
Ich sehe Feind und Feind / und hir: die Vortheil schlecht /
Ja eben so vil Glück / als ihre Sache recht.

 

Zwey Engelländische Graffen.

I. HErr! der du ausser Zeit / vom Thron der Ewikeiten
Vns Menschen unser Zil nicht lässest überschreiten;
Warumb hat sich mein Maß biß auff den Tag erstreckt?
Warumb hat man nicht längst den greisen Kopff bedeckt
Mit noch von Burger-Blut nicht gantz beflecktem Sande?
Warumb verging ich nicht in meinem Vater-Lande?
Das in den Zügen ligt / und zagt in grimmer Pein.
Muß denn das Leben mir an stat der Straffe seyn?
In dem man hir auff uns die glantzen Schwerdter wetzet /
Dort das geschreckte Volck mit Mördern starck besetzet /
Hir Brittens letztes Glück mit Stuards Kopff abschmeist /
Dort Graff und Richter selbst in grause Kercker weist.
Was hatte Britten mehr vor Leids erwarten können /
Wenn (da die Jugend mir wolt erste Kräffte gönnen)
Die unter-irrd'sche Glutt den tollen Pulverschlag
Befördert in die Lufft / und den bestürtzten Tag
In eine grause Nacht / und Ebenbild der Hellen
Vnd der gejagten Thems / mit Grauß vermischte Wellen /
In grauen Schlam verkehrt. Dort wer auff einem Streich
Das Wetter überhin: Itzt zagt die müde Leich
In langer Todes-Angst.

II.         Die Last der vilen Jahre
Bringt aber den Verdruß und Schnee der grauen Haare
Den starcken Eckel mit/ daß keinem nichts gefält
Als was im schwange ging / da ihn die süsse Welt
In erster Blüt anlacht. Als wenn nicht jede Zeiten /
Verknüpfft mit Lust und Angst. Gekrönt mit Ruh und Streiten.
Gesetzt auch / daß die Welt offt in dem Wechsel geh'
Was mag gewündschter seyn / als wie von einer Höh'
Das Spil der Himmel schaun / und da wir auch was leiden:
Was ists das man verleurt / als was ohn diß muß scheiden?

I. Der Dinge Wechsel sehn mit unverzagtem Mut;
Selbst in dem Spile seyn / und (da es Noth) sein Blut
Auffopffern für Altar / für Stat / für Hauß für Lehre /
Kan nicht als herrlich seyn. Ja schmeckt nach höchster Ehre/
Diß aber was wir thun; das wir mit toller Hand /
Mutwillig Kirch und Thron einsetzen in den Brand /
Einäschern Stat / und Stadt / daß wir aus heisser Aschen
Auffblasen neue Glut / und Blut mit Blut abwaschen /
Diß / red' ich / ist zu hoch! man rühmt an keinem Ort/
Den / der sein eigen Schiff selbst in den Grund gebort.

II. Man heilt zuweilen nicht als nur durch Brand und Eisen.

I. Heist diß das Reich geheilt / wenn nun kein Reich zu weisen?

II. Besteht das Reich denn nur in eines Fürsten Macht?

I. In Fürst und Vnterthan / und der mit Fürsten wacht.

II. Wem hat man dise Wach' in Britten je befohlen?

I. Wem ist das Parlament in Albion verholen?

II. Diß / wenn der König hin / setzt andre König' ein.

I. Wer greifft den König an? wer kräncket die Gemein?

II. Hat ein und ander Hauß nicht Stuards Tod beschlossen?

I. Hat ein und ander Hauß der Freyheit itzt genossen?

II. Zeucht man der Häuser Recht bey jemand in Verdacht?

I. Ist ein und ander Hauß nicht längst zu nicht gemacht?

II. Durch wen? der sich bemüht die Freyheit uns zu geben!

I. Als ein und ander Hauß liß Sitz und Recht auffheben?

II. Wer zwang das Parlament daß es sich selbst verliff?

I. Wer war es / der itzt ein itzt ander Glid angriff?

II. Aus Noth / umb viler Wahn / und harten Sinn zu schrecken!

I. Ist unserm Heer vergönt in Fessel uns zu stecken?

II. Warumb nam man das Heer was besser nicht in acht?

I. Warumb hat nicht das Heer den theuren Eyd bedacht?

II. Es geht so gleich nicht ab wenn man den Statt wil ändern!

I. Es geht so gleich nicht zu / wenn Vfer sich versändern!

II. Was hir der Strom wegnimmt das führt er dort herzu.

I. Er führt den Friden hin! was bringt er uns für Ruh?

II. Man kan durch kleinen Zanck die lange Ruh verbessern!

I. Verbösern / sprich recht aus. Es laufft aus andren Fässern.

II. Den Anfang siht man klar. Ist nicht der Gotts-Dinst frey?

I. O Jammer! sah man mehr in Britten Ketzerey?

II. Der Cantelberger fil. Die Infeln sind verstoben.

I. Vnd alle Kirchen-Zucht mit ihnen auffgehoben!

II. Man setzt an ihren Ort Vorsteher treulich ein!

I. Wo sind sie? hört sie wol die wüttende Gemein?

II. Man sol den Vorschlag nicht aus seinem Ausgang richten.

I. Beherscht man sonder Zucht das grosse Volck? mit nichten.

II. War nicht des Bischoffs Hut mit viler Schuld beschwärtzt?

I. Im fall ein Richter feilt / wird stracks das Ampt geschertzt?

II. Die Infel war bedacht die Ketzerey zu grüssen.

I. Wenn ist mehr Ketzerey / als nach ihr / eingerissen?
Sie streicht durchs grosse Land als mit enthüllter Fahn!
Mit kurtzem! was wir thun / dint leider nicht gethan.
Man hat mit Wentworts Kopff die Hencker lassen spilen:
Was lid Jerne nicht? was musten wir nicht fühlen /
Als man den Printzen selbst von seiner Burg verjagt?
Wir suchten frey zu seyn / als uns ein Knecht vertagt.
Wir wolten länger nicht die güldnen Zepter grüssen:
Itzt werden groß und klein / mit scharffen Stahl zuschmissen.
Vns fil die leichte Last der Steuren vor zu schwer /
Itzt schätzt uns für und für ein unersättig Heer.
Es wolt unleidlich seyn dem Fürsten was zu geben:
Itzt reist man alles weg / die Mittel selbst zu leben.
Man stiß die Bischoff' aus: itzt folgt der Adel nach.
Der über Straffords Hals das bluttig' Vrtheil sprach /
Der den gekränckten Laud halff auff den Mord-Platz führen;
Fühlt nun wie süß es sey die Freyheit zu verliren/
Zu küssen Block und Beil. Itzt geht der König hin!
Mit ihm stirbt unser Glück. Bedencke den Gewin
Wenn uns nach seinem Fall wird tödten und verbannen /
An eines Printzen statt / ein gantzes Heer Tyrannen.
Wie? oder meint man wol das Beil werd' allhir stehn?
Vnd nicht durch Carols Hals in unsre Nacken gehn.
Wer ihm zu Dinst verpflicht / wer hurtig mit dem Eisen
Wer zwey / drey Ahnen mehr als Cromwell auff kann weisen /
Den nicht der Bürgerkrig an Bettelstab gebracht;
Der noch nicht borgen geht: der dencke: gutte Nacht
Der Richt-Platz ist für mich. Was werden wir nicht fühlen
Wenn sich die Königs-Rach in unserm Blut wird kühlen?
Wenn ein benachbart Heer! halt an betrübter Geist /
Vnd friß dein Leid in dich! verdrücke was dich beist!
Ein Schmertz / der mächtig Hertz und Leben abzubrechen
Vnd Marck und Seel auffzehrt / ist doch nicht auszusprechen!
Auch greifft nichts härter an / kein Eisen ritzt so scharff:
Als wenn man reden wil / und doch nicht reden darff.

II. Der Außgang wird die Furcht und Meinung widerlegen.
Die Sache spricht für uns / wir gehn auff rechten Wegen.

I. O wolte! wolte GOtt! ich zweiffel! er verley!
Daß dises nicht der Weg zu beyder Richt-Klotz sey.


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