Andreas Gryphius
Carolus Stuardus
Andreas Gryphius

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ANDREAE GRYPHII

Ermordete Majestät /

Oder

CAROLUS STUARDUS.

König von Groß Britannien.

Traur-Spil.

Die Erste Abhandelung.

Die Gemahlin des Feld Herren Fairfax.

So ist / ihr Himmel / dann die letzte Nacht vorhanden.
Die wie man leider wähnt / den König in den Banden
Doch auch bey Leben find / und drewt der nächste Tag
Des frömsten Fürsten Hals mit dem verfluchten Schlag/
Der Krone / Zepter / Reich und Throne wird zusplittern /
Vnd die erschreckte Welt durch disen Fall erschüttern?
Sind aller Hände los? Wil nimand widerstehn?
Sol Carl vor seiner Burg so schändlich untergehn?
Vnd wie leicht Glück und Zeit sich ändern und verkehren
Durch den verfluchten Tod ohn Seel und Haubt bewehren?
Bebt die ihr herscht und schafft! bebt ob dem Trauerspill!
Der welchem Albion vorhin zu Fusse fill:
Soll auff dem Mord-gerüst in seiner Haubt-Stadt sincken
Vor schnöder Hencker Fuß! dem alles auff ein Wincken
Zu Dinst und Willen stund; wird freventlich gefast
Verurtheilt und enthalst vor seinem Erb-Palast!
Kein Mann beut Hand noch Hülff! ist schon das Land bestürtzet;
Traurt gleich das weite Reich / doch bleibt der Mutt verkürtzet!
Ein unerhörte Furcht nimt aller Seelen ein /
Der Britten König steht in Albion allein!
Wol dann! weil euch die Seel' Ihr Männer gantz entgangen;
Wil ich / Ich schwächstes Weib mich dessen unterfangen /
Was Zeit / Mitleiden / Treu / Recht / Tugend / Vnschuld / heist.
Du aller Fürsten Fürst! ermuntre meinen Geist.
Erwecke den Verstand / gib Wort auff meine Lippen /
Gib Licht ins Hertz / daß ich die ungeheuren Klippen
Behutsam meid / und ob ich etwa Segel streich;
Jedoch (obwol durch Sturm) gewündschtes Land erreich.
Zwey die mein Ehgemahl stets ohne falsch befunden;
Die haben schon mit mir auffrichtig sich verbunden
Vnd meinen Rath belibt. Fällt mein Gemahl mir bey;
So geht der Anschlag fort / so ist der König frey.
So hab ich unser Heil und Brittens Ehr erhalten.
So wird mein eigen Ruhm durch keine Zeit veralten.
So wird / wer itzund lauscht als sonder Hertz und Rath /
Wenn dise Sturm-Wolck hin beneyden meine That /
Vnd eyfern meinen Ruhm durch Treu zu übersteigen
Vnd kracht der Himmel / sich behertzter zu erzeigen
Ja suchen – – – – – –

Fairfax und seine Gemahlin.

– – – – Wie daß ich mein Licht sie alhir find?

Gem. Wie daß die Gäste schon / mein Trost / geschiden sind?

Fairf. Mein Engel! es wird spät! auch weiß sie zu was Sorgen
Der nahe Tag uns ruff'.

Gem.         Es muß ihn nechster Morgen
In neuer Ehre schaun!

Fairf.         Mein Trost zu ihrer Ehr.

Gem. Wahr ists das für und für ich neuen Ruhm anhör /
Den seiner Tugend nur mein Glück allein zu dancken /
Sein hoher Name wird / weil Menschen stehn / nicht wancken.
Er hat der Länder Recht auff festen Fuß gesetzt.
Er hat den schwachen Statt / der tödtlich fast verletzt
Durch Königliche Sig' / aus letzter Angst gerissen.
Es wird von seinem Fleiß die greise Nach-Welt wissen;
Krafft des Er beyde Reich vereinigt / und durch Macht
Mehr durch Verstand zu Ruh und in Gehorsam bracht.
Er siht was wider Ihn Schwerdt oder Stahl erhoben;
Gebunden oder tod. Die Völcker sind verstoben
Die so von West als Nord mit neuer Glutt gedreut.

Fairf. Die Flott ist uns zu Dinst und Stuards Heer zerstreut.

Gem. Gantz Albion gestehts daß seine tapfre Thaten

Fairf. Bey höchst verwirrtem Werck' und über Wundsch gerathen.

Gem. Kont' etwas auff der Welt mir angenehmer seyn?
Mir / die ich vor der Welt durch seine Stralen schein?
Mir / die in keuscher Eh der grosse Fairfax libet /
Mir / der er seine Seel' allein zu eigen gibet /
Mir / der ich Brittens Ruhm in Hertz und Armen schliß;
Die außer Ihm mich selbst und Welt und alles Miß?

Fairf. Mein Licht ihr hoher Geist / und die erläuchten Sinnen /
Die auch der Glider Ros' und Liljen abgewinnen.
Die immer neue Glutt die ich in Ihr verspür:
Verbinden mein Gemütt auff stets. Ich hab an Ihr
Das Höchste was Gott hir den Menschen kan verleihen.

Gem. Ich kan mich aller Gunst des leichten Glücks verzeihen
Nun der geneigte Gott dem Helden mich vermählt /
Dem keiner sich vergleicht. Nun mich der Held erwehlt
Der ein verbunden Hertz auch unvergleichlich libet.

Fairf. Ein Hertz das Anlaß stets zu neuer Libe gibet.

Gem. Auch wol zu neuen Ruhm (da mir zu reden frey.)

Fairf. Mein Engel! Sie begehr / es sey auch was es sey.

Gem. Ich weiß / mein Leben kan mir keine Bitt abschlagen /

Fairf. Eh' wolt ich Stahl und Qual und grimsten Tod' ertragen.

Gem. Ich fuß' auff dise Gunst und bring Ihm etwas vor
Was aller Zeitten Zeit mit nie verstopfftem Ohr
Von ungemeinem Ruff wird ewig preisen hören:
Mein Licht! Ich ruff ihn auff die Staffel höchster Ehren.

Fairf. Ich weiß ihr hoher Geist durchforscht der Sachen Grund /
Vnd gab wol ehmals ihr schön' Anschläg in den Mund.
Sie melde was sie wündscht. Ich hör es sonder weigern.

Gem. Ein Stück ists daß sein Lob kan auff unendlich steigern.
Ich heische Tapferkeit: doch die gar ungemein.
Kan mein Gemahl was mehr / denn höchst-großmüttig seyn?

Fairf. Worinnen soll ich doch die Tapferkeit erweisen?

Gem. In dem daß er verzeih und Gnad uns lasse preisen

Fairf. Gnad und verzeihen? Hertz wie? mangelt diß in mir?

Gem. Anitzt! Er stell ihm Herr des Königs Vrtheil für?
Anitzt ists Zeit sein Angst / doch mässig / zu versüssen.
Anitzt ists Zeit die Band und Kercker auffzuschlissen.
Was spilt Gelegenheit Ihm Herr nicht in die Hand?
Wird diser Tag verschertzt / last er diß teure Pfand
Der Tugend Ihm entgehn; So ists auf stets verlohren.
Mein Licht. Er steht bestürtzt? Was hat er nicht geschworen
Als er in Calidon – – –

Fairf.         Ach Hertz! was gibt sie an!
Diß ist ein Rath der Beid' auff ewig stürtzen kan.
Libt mich mein Trost nicht mehr? und solt ich diß wol glauben?
So ist es schon genung die Seele mir zu rauben.
Libt sie dann (wie sie pflag) so reitzt der Vberfluß
Von Ehrendurst sie fort zu unbedachtem Schluß /
Der mir den Hals abspricht / und sie in tiffste Schmertzen
Vertäufft. Wo denck' ich hin? Es last sich hir nicht schertzen.
So bald der König nur auff freyen Fuß gestellt;
So schleust der Kercker mich der Ihn geschlossen hält.
So werd auff dem Gerüst das vor Ihn auffgebauet /
Ich bluttig und enthalsst / statt seiner angeschauet.
Drumb schlage sie / mein Licht / den Anschlag aus der Acht
Wo eine Gunst zu mir in ihrem Hertzen wacht.
Sie glaube daß ich nicht was von Ihr komt verwerffe;
Nur daß ich nicht das Beil auff meinen Nacken schärffe.
Sie glaub ich achte nicht zu vil mein eigen Heil;
Doch ist ihr Leben mir und Wolfahrt noch nicht feil.
Gesetzt auch daß ich Sie aus meiner Seelen stelte;
Vnd selbst auff mich und sie so grimmig Vrtheil fällte;
Wird nicht der Heere Macht nechst dehnen widerstehn /
Die mir schir jede Stund an beiden Seitten gehn?
Wird Cromwel Stadt und Land und Reich nicht auff mich hetzen?
Wird nicht das Vnterhauß sich grimmigst widersetzen?
Mein Licht! den Rath laß ich auff seinen Würden ruhn:
Doch läst was herrlich scheint und gutt / nicht stets sich thun.

Gem. Es sey daß ich mich nicht nach Vorsatz hab erklehret;
Es sey daß er was ich / nicht unbedacht / begehret
In Eil hab überhört (wie leicht ein Wort verrinnt
Wann der bemühte Geist nur nach den Sachen sinnt /)
Mein Herr beachtet nicht die Richt-schnur meiner Bitten.

Fairf. Ich weiß / Ihr Vorsatz kommt aus hochgesinnten Sitten.


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