Anastasius Grün
Robin Hood
Anastasius Grün

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Robin Hood und Maid Marian.Maid Marian (auch Marion) spielt in dem Zyklus der Robin Hoods-Traditionen eine so bedeutende Rolle, daß die Aufnahme der von ihr handelnden, wiewohl dichterisch unbedeutenden Ballade neueren Datums in diese Sammlung gerechtfertigt sein dürfte. Weder im »Lytell geste« noch in einer der ältern Balladen findet sich eine Erwähnung Marions. Doch in den beiden alten Schauspielen »The death« und »Downfall of Robert Earl of Huntington« (geschrieben vor 1600) spielt sie bereits eine Hauptrolle und wird auch in Dramatikern und andern Schriftstellern jener Zeit sehr häufig genannt. Der in alter Zeit so berühmte und volkstümliche Morristanz zählte zu seinen stehenden Charakteren nebst Robin Hood, Klein John und dem Frater Tuck auch Maid Marian. Dieser Tanz hat seinen Namen von dem spanischen Morisco- (Mohren-, Mauren-) Tanz, jetzt Fandango, nahm jedoch in England dem Volkscharakter gemäß eine wesentlich andere Gestalt an. Nebst obgenannten vier Charaktermasken bestand der Morristanz noch aus einem Clown oder Narren, dem Reiter des Steckenpferdes (Hobby-horse), dem Tamburinschläger und Tänzern ohne bestimmte Zahl. Bei den zu Ehren Robin Hoods errichteten Maispielen, welche ursprünglich Schützenfeste zur Ermunterung des Schützenwesens waren, fand gewöhnlich auch der Morristanz statt, doch war dieser nicht die Hauptsache der Zeremonie. Mit dem Verfall des Schützenwesens gingen die Maifeste allmählich in die andern Frühlingsfeiern über. Maid Marian jedoch blieb die Fürstin dieser Feste; sie ist die holde Königin des Mai, wie Robin Hood der heitere Maikönig. Maispiele untergeordneter Art waren die Tänze um den Maibaum in den Dörfern, vielleicht Überreste der altgermanischen Frühlingsfeste oder wohl gar der römischen Floralia. – Die Volkssage, welche der »Maid Marian« eine so hervorragende Stelle im Herzen und im Gefolge Robin Hoods anweist, erzählt uns weiter, daß dies ursprünglich der Name sei, welchen die schöne Matilda, Tochter Lord Robert Fitzwaters, zur Zeit der Achterklärung Robin Hoods angenommen habe. Sie soll vor der fürstlichen Zudringlichkeit des Prinzen John zu ihrem ersten Geliebten, Robin Hood, in die Wälder geflohen sein. Das noch ziemlich wohlerhaltene Grabmal dieser Matilda Marian wird in der vormaligen Prioratskirche von Dunmow in Essex noch heute gezeigt. (Vgl. auch Brands Observations on popular antiquities etc. London 1841 und Strutts Sports and Pastimes of the people of England etc. London 1845.)

        Ein lieblich Kind von edlem Geschlecht,
Maid Marian war sie genannt,
Sie lebte im Nord, von Ritter und Lord
Gepriesen im ganzen Land.

An Anmut wich die ländliche Maid
Wohl keiner Königin,
In zärtlicher Glut warb Robin Hood
Um sie mit treuem Sinn.

Die roten Lippen trafen sich,
Ein Sinn nur waren allbeid',
Wo sie sich sahn, ein süß Umfahn
In Lieb' und Einigkeit!

Das Glück doch blieb nicht lange hold
Und schied die Liebsten bald;
Mit traurigem Mut schritt Robin Hood
Zum lustigen, grünen Wald.

Marian, die Arme, um den Freund
In Klagen sich verzehrt,
Ruft ihn zurück mit Tränen im Blick
Und preist nur seinen Wert.

In Leid und Gram statt Fraungewands
Nimmt sie ein Pagenkleid
Und streift im Wald, zu finden bald
Den Bravsten seiner Zeit.

Mit Köcher und Pfeil, mit Schwert und Schild
Gar mannhaft kühn bewehrt,
So zieht sie dahin und sucht Robin,
Der mehr als Gold ihr wert.

Robin doch trug Verkleidung selbst,
Als Gegner stehn die zwei,
Robin empfand bald, wie gewandt
Der Feind in Hieben sei.

Sie zogen das Schwert und fochten fort
Ein Stündlein, wenn nicht mehr,
Bis Blut ihm dicht rann übers Gesicht,
Und sie verwundet war schwer.

»Halt ein, halt ein!« rief Robin Hood,
»Sei meiner Schar ein Glied,
Leb in Waldeshut mit Robin Hood
Beim Nachtigallenlied.«

Marian, als sie die Stimme hört,
Wirft die Verkleidung fort,
Mit holdem Gruß, mit süßem Kuß
Erwidert sie sein Wort.

Als Robin seine Marian sah,
Herr Gott, welch seliger Tag!
Ein endlos Umfangen, ein Streicheln der Wangen,
Und dann welch herrlich Gelag!

Klein John, den Bogen flink zur Hand,
Durchstreift die Waldesbahn,
Er geht zur Pirsch auf den leckern Hirsch
Für Robin und Marian.

In grüner Schattenlaube stand
Ein köstlich Mahl bereit,
Mit Wildbret zart ward nicht gespart
Und nicht mit Lustbarkeit.

Am Tisch die großen Humpen voll Wein,
Sie kreisten fröhlich im Rund,
Der stärkende Sekt, der die Rücken streckt,
Wenn Kniee sich senken zum Grund.

Jetzt hob auf der Geliebten Heil
Robin sein Glas empor,
Die Schützenschar, so bunt sie war,
Stimmt freudig ein im Chor.

Mit muntrem Sinn erhoben sie
Die Becher all' zur Hand,
Nach jedem Zug sind sie im Flug
Gefüllt bis an den Rand.

Und nach dem Fest lustwallten sie
Im grünen Wald aufs neu',
Allwo Klein John und Maid Marion
Lang dienten Robin treu.

So lebten sie voll Fröhlichkeit
In lustiger Schützenschar
Wohl ohne Land von der eignen Hand
Und lebten so manch Jahr.


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