Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

IV. Verfall des freien Staates.

 

1. Die beiden Gracchen.

 

1. Das Mißverhältniß zwischen Patriciern und Plebejern erneuert sich.

Der große Reichthum verderbte die Sitten und die Gesundheit des Staatswesens. Denn nur die Vornehmen, die im Senate waren und die Aemter verwalteten, erlangten die großen Schätze; der größte Theil des Volks blieb arm. Die Plebejer hatten zwar seit langer Zeit das Recht, die Konsuln und die andern Beamten mitzuwählen; aber wenn ein Plebejer reich wurde, hielt er sich gleich zur vornehmen Partei, und das Recht war ihm dann Nebensache. Weil aber das Volk arm und ungebildet war, ließ es sich von den Reichen bestechen und wählte zu Staatsmännern nicht die Würdigsten, sondern die, welche am meisten zahlten. So hatte jeder Reiche nicht bloß eine Menge Sklaven, sondern auch unter den Bürgern eine große Menge, die ihm ergeben waren und die sich seine »Schützlinge« nannten. Diese mußten in den Volksversammlungen so abstimmen, wie es der »Patron« verlangte. Die Prokonsuln gingen arm in ihre Provinz und kamen reich zurück; dann kauften sie Aecker und Ländereien und ließen diese von ihren Sklaven bearbeiten. So häufte sich wieder der Besitz bei Wenigen an, und viele tausend Bürger wurden brodlos. Der so herabgekommene Pöbel sah nicht mehr aus das, was recht und gut und gesetzlich war, sondern er verkaufte sich an die Meistbietenden und folgte diesen blindlings, gleichviel, ob die vornehmen Herren das Beste des Staates wollten, oder zum Schaden der Freiheit wirkten. Zuweilen standen aber doch brave Männer auf, denen die Noth des Volkes zu Herzen ging; zu solchen edlen und wahrhaften Volksfreunden gehörten die Brüder Tiberius Gracchus und Kajus Gracchus.

 

2. Zwei Söhne einer edlen Mutter.

Ihre Mutter Kornelia war die Tochter des großen Scipio Afrikanus und eine der edelsten und besten Frauen, die Rom je gehabt hat. Von zwölf Kindern waren jene beiden Söhne ihr allein geblieben; aber sie konnte auch stolz sein auf die beiden Söhne, denn sie waren von der Natur mit den herrlichsten Anlagen ausgestattet. Diese Anlagen verstand die Mutter trefflich zu entwickeln, sie ließ ihre Söhne von den vorzüglichsten Lehrern unterrichten und wandte alle Sorgfalt an, um so edle und brave Männer aus ihnen zu machen, wie einst Scipio war. Eine vornehme Dame zeigte ihr einmal ihren prächtigen Schmuck und ihre Kostbarkeiten; Kornelia aber, als sie nun auch ihre Schätze zeigen sollte, rief ihre beiden Söhne und sagte: »Hier sind meine einzigen und größten Schätze!«

Die Brüder entwickelten sich sehr verschieden, geriethen aber doch zuletzt auf Eine Bahn. Tiberius war sanft, ruhig, fast jungfräulich bescheiden; Kajus, der neun Jahr jüngere, rasch und feurig. Beide glänzten als Redner; aber der ältere rührte und überzeugte; der jüngere riß mit sich fort, und da er wohl auch in Zorn und Schmähungen ausbrechen konnte, so hatte für solche Gelegenheiten ein Sklave den Auftrag, mit dem Ton einer Flöte besänftigend einzufallen. Tiberius lebte einfach und zurückgezogen; Kajus machte Aufwand und liebte Pracht der Tafel und des Hausgeräthes. Beide aber erglüheten für die Wahrheit und das Recht.

 

3. Tiberius Gracchus als Volkstribun.

Der ältere Bruder trat zuerst öffentlich hervor. Er ging mit dem geringen Volke um und nahm sich der Armen an. Die Plebejer liebten ihn und wählten ihn zu einem ihrer Tribunen, damit er für die Volksrechte kämpfen sollte. Das Erste und Wichtigste schien ihm, daß jeder Bürger ein Besitzthum haben mußte, wovon er leben konnte; denn so lange Einer von der Gnade Anderer leben muß, kann er nicht frei sein. Da trat er in der Versammlung auf mit einem Gesetzesvorschlage. Zugleich schilderte er die Noth des Volkes. »Das Volk« – rief er – »hat in so vielen Kriegen nur gefochten, um den Vornehmen Reichthum zu verschaffen. Die Römer werden die Herren der Erde genannt, und doch besitzen die Meisten von ihnen keinen Fußbreit Landes. Darum rathe ich, das alte Gesetz des Licinius zu erneuern, nach welchem kein Bürger mehr als 500 Morgen von den Staatsländereien besitzen darf.«

Da es ihm sehr am Herzen lag, seinen Vorschlag durchzubringen, so that er Alles, was er konnte, um auch die Vornehmen, die viel mehr, als erlaubt war, besaßen, zur Beistimmung zu bewegen. Alle, die Etwas herausgeben mußten, sagte er, sollten dafür eine Entschädigung aus dem Staatsschätze erhalten, und Jeder durfte außerdem 250 Morgen für den ältesten Sohn verwalten.

Aber die Vornehmen waren nicht gesonnen, irgend Etwas von ihrem übermäßigen Besitze abzutreten. Da nun Tiberius Gracchus die meisten übrigen Volkstribunen auf seiner Seite hatte, brachten die Patricier den Tribun Oktavius aus ihre Seite, und als in der nächsten Volksversammlung über den Antrag abgestimmt werden sollte, sprach Oktavius » Veto« (ich verbiete es!). Da rief Tiberius: »Ihr Römer, nehmt dem Tribun das Amt, welches er zu euerm Schaden mißbraucht!« Es ward zur Abstimmung geschritten, und Oktavius seiner Tribunswürde entsetzt. Nun konnte das Ackergesetz des Tiberius durchgebracht werden, und dazu ward noch bestimmt, die Schätze des Königs Attalus sollten unter die Armen vertheilt werden.

 

4. Das Ende des Volksfreundes.

Tiberius, sein Bruder Kajus und noch ein anderer Freund des Volkes wurden gewählt, um die öffentlichen Aecker nun wirklich zu vertheilen. Aber es war eine höchst schwierige Ausgabe, auszumitteln, welches Land ein Reicher vom Staate oder als Erbeigenthum besaß. Die Patricier waren wüthend auf den Volkstribun Gracchus, sie trösteten sich aber damit, daß die Zeit seines Amtes bald zu Ende ging. Dann wollten sie Alles aufbieten, um seine Wiedererwählung zu verhindern.

Der verhängnißvolle Tag erschien; der Senat versammelte sich schon früh Morgens auf dem Kapitol. Tiberius kam auch mit einer kleinen Schaar seiner Anhänger. Die Senatoren drangen in den Konsul, er solle Waffengewalt gebrauchen, wenn man den Tiberius wieder wählen würde. Doch der Konsul antwortete: »Ich mag kein Bürgerblut vergießen!« Da rief der Oberpriester Nasika: »Ihr Senatoren, der Konsul verräth den Staat: Wer ihn retten will, der folge mir!« So stürzte er fort nach der Volksversammlung, die Senatoren folgten ihm, und deren Anhänger standen schon bewaffnet draußen, um auf das gegebene Zeichen loszuschlagen. Das unbewaffnete Volk ward umzingelt, die Senatoren und ihre Helfershelfer hieben mit ihren Schwertern ein, erschlugen den Tiberius mit 300 Bürgern, schleiften die Leichen dann durch die Straßen und warfen sie endlich in die Tiber.

 

Kajus Gracchus.

 

1.

Nun sorgten die Patricier dafür, daß das ganze Gesetz über die Ackervertheilung nicht zur Ausführung kam. Dem Kajus, den sie fürchteten, gab der Staat ein Amt in Sardinien zu verwalten, um ihn von Rom zu entfernen. Er mußte gehorchen und ging. Aber als seine Zeit um war, erschien er plötzlich wieder in Rom, und keine Bitten seiner Mutter, die ihn um Aufschub bat, hielten ihn ab, sich um das Tribunat zu bewerben. Das Bild seines erschlagenen Bruders schwebte ihm Tag und Nacht vor Augen, aber er wollte vollenden, was Tiberius begonnen hatte, und dem Streben seines edlen Bruders nicht untreu werden.

Das Volk wählte den Kajus zum Tribun, und nun ließ er feiner stürmischen Beredtsamkeit freien Lauf. Das Andenken an seinen Bruder, die Noth des Volks, die er vor Augen sah, und der Zorn über die vielen vergeblichen Anstrengungen, die bereits zur Abhülfe gemacht waren – das Alles machte ihn leidenschaftlich und ungestüm, und wenn er vor dem Volke sprach, dann war seine Stimme, sein Blick, seine Geberde so hinreißend gewaltig, daß selbst seine Feinde einmal zu Thränen gerührt wurden. Nun war er thätig wie kein Tribun vor ihm war; er schlug neue Gesetze vor, durch welche das Volk Macht und . Vortheil erhielt, und was beschlossen war, das führte er dann mit bewundernswerther Entschlossenheit durch. Ein Gesetz war: die armen Bürger sollten das Korn wohlfeiler bekommen; ein anderes: kein Bürger darf ohne Beschluß des Volks zum Tode verurtheilt werden; ein drittes: der Senat hat nicht mehr über die Verbrechen gegen den Staat zu richten. In Italien ließ er große und prächtige Landstraßen bauen, um dem Volke Arbeit und Verdienst zu verschaffen; in den eroberten Ländern gründete er neue Städte, daß die armen Bürger sich dort anbauen möchten.

 

2.

Während er auf einer solchen Reise nach Afrika zur Gründung einer neuen Stadt sich befand, setzten die Vornehmen alle ihre Macht in Bewegung, daß Kajus nicht wieder zum Tribun gewählt wurde. Sie theilten Geld unter den Pöbel aus, thaten auch dem Volke Manches zu Gefallen und versicherten dabei, sie wollten das Beste des Volks, aber Kajus wollte sich zum Tyrannen machen, und das dürfte Niemand leiden.

Als Kajus nun nach Rom zurückkehrte, war das Jahr seines Tribunats fast abgelaufen, und dann war er nicht mehr eine heilige und unverletzliche Person. So warb er denn von Neuem um die Würde eines Volkstribuns, aber er sah schon, daß Manche von ihm abgefallen waren, und er ahnte, was ihm bevorstand. »Wohin soll ich mich wenden?« rief er in seinem Schmerz. »Auf das Kapitol? es trieft noch vom Blute meines Bruders! Nach Haus? damit ich meine Mutter, die arme, beklagenswerte, sehe? Ich bin euer Freund, ihr seid mein einziger Schutz!«

Nun kam der Wahltag heran. Die Patricier bewaffneten sich, ihre Sklaven und ihre Anhänger; viele von den Freunden des Kajus thaten eben so; sie wachten die Nacht vor seinem Hause. Am Morgen, als er seinen Mantel umwarf, verbarg er einen Dolch darunter; an der Thür warf seine Gattin mit ihrem Kinde sich ihm zu Füßen, und beschwor ihn flehend, zu bleiben. Er aber wand sich aus ihren Armen los und ging zur Versammlung. Sobald der Senat erfuhr, die Versammlung habe begonnen, wurde dem Konsul alle Macht übertragen mit den Worten: » Der Konsul mag darauf sehen, daß der Staat keinen Schaden leide!« Da eilte der Konsul mit seinen Bewaffneten auf den aventinischen Hügel, wo das Volk versammelt war; unverzüglich griff er an, und es begann ein blutiger Kampf. Die Anhänger des Kajus waren bald niedergehauen, die meisten flohen und verließen ihn. Da wünschte er in Verzweiflung ewige Knechtschaft diesem feigen und undankbaren Volke und zückte den Dolch auf seine eigene Brust. Zwei seiner Freunde, die letzten, welche ihm geblieben waren, rissen ihm die Waffe aus der Hand und zogen ihn fort zur Flucht. Die Verfolger waren schon ganz nahe; der eine Freund, Pomponius, trat ihnen im Thore entgegen und hielt sie fechtend auf. Doch er ward niedergestreckt und über seine Leiche stürzten sie dem Kajus nach. Auf der Tiberbrücke blieb der andere Freund, Licinius, stehen, und wehrte sie so lange ab, bis er nicht mehr konnte; dann stieß er sich sein Schwert in die Brust und sprang in die Tiber. Kajus hatte sich den Fuß verletzt; aus allen Häusern am Wege schrien die Leute ihm zu: »Schnell! Schnell!« Aber Keiner brachte ihm ein Pferd, Keiner half ihm.

Da sank er ermattet hin; nur ein Sklave war noch bei ihm, den bat er, seinen Herrn zu tödten, da er waffenlos war. Der Sklave that es voll Schmerz, darauf erstach er sich selbst, und die Verfolger fanden nur Leichen. So starb Kajus Gracchus, der größte aller römischen Tribunen. Mehr als 3000 Bürger fanden mit ihm den Tod. Alle Güter der Getödteten wurden in den Staatsschatz gebracht, die Unglücklichen wurden als Feinde des Vaterlandes gebrandmarkt, und ihren Wittwen und Kindern wurde sogar die Trauer verboten.

Mehrere Jahre nachher errichtete das Volk den beiden Tribunen Kajus und Tiberius Gracchus Bildsäulen, und hielt die Orte heilig, wo sie gefallen waren. Auch der Kornelia setzten sie ein Denkmal, auf dem geschrieben stand: Kornelia, die Mutter der Gracchen. Denn nur zu bald wurde es klar, was das Volk an den beiden Gracchen verloren hatte.

 

2. Marius und Sulla.

 

1. Jugurtha.

Das Geld vermochte nun in Rom Alles, mit Geld wurden alle Schandthaten zugedeckt. Dieser Verfall der Tugend ward recht offenbar an Jugurtha, dem König von Numidien.

Der numidische König Micipsa hinterließ zwei Söhne, den Adherbal und Hiempsal und noch einen Bruderssohn, den Jugurtha, einen heimtückischen Afrikaner. Dieser hatte eine Zeit lang in dem römischen Heere gedient, und wußte bereits, was sich aus die Schlechtigkeit der Römer bauen ließ. Er räumte den Hiempsal durch Meuchelmord aus dem Wege, in Rom aber wußten seine Gesandten den Unwillen einiger Senatoren durch Gold zu besänftigen.

Das Reich wurde nun unter Jugurtha und Adherbal getheilt, doch Jener fing sogleich mit seinem Vetter Krieg an und ließ auch diesen heimtückischer Weise ermorden. Seine Bestechungen halfen aber dießmal in Rom nicht, weil ein redlicher Volkstribun sich seiner Straflosigkeit widersetzte. Doch der Konsul, den man an der Spitze eines Heeres gegen ihn schickte, nahm Jugurtha's Gold und schloß Frieden mit ihm, auf sehr gute Bedingungen. Darüber ward das römische Volk so unwillig, daß es nun den Jugurtha selber nach Rom forderte. Dieser erschien, aber mit vollen Geldbeuteln, und war noch so verwegen, einen Sprößling der numidischen Königsfamilie, der auch Ansprüche auf den Thron hatte, in Rom selber durch einen Banditen ermorden zu lassen. Diese Greuelthat war zu empörend. Frei ließ man ihn, – weil man es ihm versprochen hatte, – wieder nach Afrika zurück, und er schied mit den Worten: »Feiles Rom, wer auf dich bieten wollte!« Doch folgte ihm sogleich ein Konsul mit einem Heere nach. Dieses Heer bestand weniger aus Kriegern, als aus zusammengelaufenem Gesindel, und wurde von Jugurtha so geschlagen, daß es unter dem Joch durchgehen mußte.

Nun erst machten die Römer Ernst; der treffliche Konsul Metellus, als unbestechlicher Mann bekannt, schiffte mit einem auserlesenen Heere nach Afrika über und trieb den Jugurtha so in die Enge, daß dieser in die höchste Noth gerieth. Doch noch ehe der Konsul den Krieg ganz beendigt hatte, reiste sein Legat Marius, ein rauher, wilder Mensch von gemeiner Abkunft, aber von unbändiger Ehrsucht, nach Rom, beschuldigte den Metellus, er führe mit Absicht den Krieg so schläfrig; doch wenn man ihm, dem Marius, den Oberbefehl geben wollte, so würde er den Jugurtha bald todt oder lebendig haben. Marius wurde zum Konsul und Feldherrn in Numidien ernannt; der Unterfeldherr, der ihm mitgegeben wurde, hieß Sulla, ein junger Mann von edler Herkunft, großem Ehrgeiz und großer Klugheit. Dieser vermochte den Bocchus, König von Mauritanien (Marokko), dessen Schwiegersohn Jugurtha war, daß er seinen Verwandten, der bei ihm Schutz gesucht hatte, dem Sulla auslieferte. Dafür erhielt der Verräther ein kleines Stück von Numidien; das Uebrige ward römische Provinz.

Jugurtha wurde nun im Triumph zu Rom aufgeführt und ging in Ketten vor Marius' Wagen, von dem Pöbel geschimpft und gemißhandelt. Man warf ihn dann in einen Keller, wo er nach sechs Tagen Hungers starb. Den Triumph hatte zwar Marius, allein der Adel erhob den Sulla als den wahren Beendiger des Kriegs, und seit dieser Zeit waren Marius und Sulla die erbittertsten Feinde.

 

2. Die Cimbern und Teutonen.

Ein neuer Triumph wartete des Marius. Von Norden her waren aus Deutschland und Frankreich die wilden Völker der Cimbern und Teutonen in die römischen Provinzen hereingebrochen. Sie zogen nach Süden, gleich den Galliern, mit Weib und Kind und aller Habe. Mehrere römische Heere hatten sie bereits vernichtet; da kam Furcht in die Herzen der Römer, und zum ersten Mal bewarb sich Niemand um das Konsulat; Marius erhielt es, und zwar drei Jahre hintereinander. Doch auch den alten, tapfern Soldaten des Marius kamen jene Barbaren in ihren Thierfellen und mit ihrem riesigen Wuchs so fürchterlich vor, daß der kluge Feldherr sich erst Wochen lang in seinem Lager verschanzte, um die Römer an den Anblick des Feindes zu gewöhnen. Dann, als er eine vortheilhafte Stellung bei Aix ( Aquae Sextiae) im südlichen Frankreich genommen hatte, griff Marius die Teutonen an und schlug sie völlig. Der überlegenen Kriegskunst der Römer vermochten die Deutschen noch nicht zu widerstehen. Als die Römer in das teutonische Lager drangen, vertheidigten sich noch die Weiber aus ihrer Wagenburg mit Löwenmuth; sie tödteten lieber ihre Säuglinge und erhingen sich an ihren eigenen langen Haaren, um sich nicht den Römern zu ergeben.

Unterdessen waren die Cimbern über die tyroler Alpen nach Italien hereingebrochen; ihre großen hellglänzenden Schilde hatten sie als Schlitten benutzt, um über Schnee und Eisklüfte damit bergab zu fahren. Sie hatten große Felsstücke losgerissen und Baumstämme zwischen die Steine geworfen, um über die Etsch zu kommen. In der Schlacht verbanden sie ihre vorderen Reihen mit Ketten, um nicht getrennt zu werden. Der Konsul Katulus, welcher sich ihnen entgegenwarf, ward geschlagen. Da stieß der siegreiche Marius zu ihm und Beide vereint schlugen und vernichteten das ganze cimbrische Heer bei Vercellä in Oberitalien (101 v. Chr.). Furchtbar fochten auch hier noch die Weiber, und da sie Alles verloren sahen, warfen sie ihre Kinder unter die Wagenräder und die Füße der Lastthiere, und dann tödteten sie sich selbst. Nur wenige von den Barbaren hatte Marius in seine Hände bekommen; als er triumphirend in Rom einzog, verbreiteten die an seinen Siegeswagen gefesselten Barbaren Schrecken und Bewunderung, denn sie hatten riesige Größe. Besonders erzählen die Römer von Teutobod, wie dieser stolz und majestätisch über alle Siegeszeichen hervorragte, und so kräftig war, daß er über sechs Pferde mit Leichtigkeit hinwegspringen konnte. Marius aber ward von dem Volke fast vergöttert.

 

3. Der Bundesgenossenkrieg.

Kaum war die Gefahr, mit welcher die nordischen Barbaren gedroht, glücklich beseitigt, so entbrannte in Italien selber ein Bürgerkrieg. Die italischen Bundesgenossen, die zu allen Kriegen, welche Rom geführt, das Meiste beigetragen hatten, verlangten als gerechte Belohnung das Bürgerrecht, das ihnen auch längst versprochen war. Der Tribun Drusus sprach laut für die Ansprüche der Bundesgenossen, wurde aber, auf der Patrizier Anstiften, vor seinem Hause ermordet. Nun entstand ein blutiger Krieg von vier Jahren, welcher den Römern viel zu schaffen machte. Endlich gewann Sulla zwei große Schlachten und ließ Tausende von Gefangenen ohne Gnade niederhauen. Da gaben die empörten Völker nach, und es kam ein Friede zu Stande, in welchem ihnen die Römer die meisten verlangten Rechte gewährten.

 

4. Marius gegen Sulla.

Um diese Zeit hatte sich der König Mithridates von Pontus (der Landschaft am Schwarzen Meere) gegen die Römer erhoben. Er war ein entschlossener Mensch und geschworener Feind der Römer. Bald hatte er ganz Kleinasien erobert und mit Hülfe seines Verbündeten, des Königs von Armenien, ein Heer von 300,000 Mann mit 180 Sensenwagen und 400 Schiffen zusammengebracht. Sulla sollte gegen ihn kämpfen und ward zum Konsul ernannt. Das ertrug Marius nicht. Er erregte mit Hülfe der Volkspartei einen Aufstand in Rom, die vornehmsten Gegner wurden erschlagen und das Volk übertrug dem Marius den Oberbefehl.

Sulla floh zu seinem Heere, das noch von dem Bundesgenossenkriege her in Unteritalien stand. Er erzählte den Soldaten die Schmach, die ihm angethan war, versprach ihnen auch die reichste Beute, die sie unter seinem Kommando erlangen würden. Da riefen sie: »Führe uns nach Rom, o Feldherr!« Das wollte er eben. Mit sechs Legionen rückte er in die Stadt ein; der Volkshaufen, den Marius in der Eile zusammengerafft hatte, wurde auseinander gesprengt, Sulla drohete sogar, die ganze Stadt anzuzünden. Da ward Marius in die Acht erklärt und mußte eiligst fliehen. Als er in Miturnä, einer kleinen italischen Stadt, anlangte, ergriff ihn die Obrigkeit des Orts und warf ihn in's Gefängniß. Ein wilder cimbrischer Sklave wurde ausgesucht, um ihn zu tödten. Als der aber mit seinem Schwerte in's Gefängniß trat, rief ihm Marius mit donnernder Stimme zu: »Sklav', du wagst es, den Kasus Marius zu tödten?« Den Cimbrer überkam eine solche Angst, daß er forteilte. Marius entkam und floh nach Afrika; dort lebte er in den Ruinen von Karthago und sann auf Rache.

Bald kam die Gelegenheit. Sein Freund Cinna sammelte das Volk, sobald die Soldaten des Sulla Rom wieder verlassen hatten. Es entspann sich ein blutiges Gefecht innerhalb der Mauern Roms, Cinna ward aus der Stadt vertrieben, floh aber zu einem Heer, das ihm und der Volkspartei ergeben war. Die Soldaten erkannten ihn als den rechten Konsul an und riefen nun auch den Marius zurück. Der verließ augenblicklich Afrika, fuhr nach Italien hinüber und brannte vor Begierde, sich an seinen Feinden zu rächen. In Trauerkleidern, zum Zeichen der Schmach, die ihm widerfahren war, zog er durch Etrurien; er erinnerte die Einwohner, wie er sechs Mal Konsul gewesen wäre, wie er über den Jugurtha gesiegt und die Republik vor den Cimbern und Teutonen gerettet hätte. Da sammelten sich viele von seinen Freunden und Anhängern um ihn, alte Soldaten, Sklaven, verlaufenes Volk, es war Alles willkommen, was gegen die Vornehmen, was gegen die Partei des Sulla losschlagen wollte. Mit dem Heere des Cinna vereint rückte Marius an der Spitze einer Bande, die sich nur die »Marianer« nannte, in Rom ein. Dem Konsul Oktavius, der noch drinnen war, hatte Cinna Schutz und Sicherheit versprochen, aber kaum war die Gewalt in den Händen des Marius, als dieser kein Versprechen und keine Bitten mehr achtete, sondern seine Bande losließ, um endlich einmal volle Rache an seinen Feinden zu nehmen.

Nun zogen sie durch die Straßen, plündernd, raubend, mordend; den Konsul Oktavius stießen sie zuerst nieder, dann erschlugen sie Jeden, auf den Marius zeigte; bald war es schon genug, wenn Marius Einen, der ihn grüßte, nicht wiedergrüßte, um den niederzumachen. Die größten Schandthaten wurden verübt; fünf Tage und fünf Nächte währten die Gräuel. In den Straßen lagen die Leichname hoch übereinander, denn Marius gönnte Keinem ein ehrliches Begräbniß. Endlich entsetzten sich selbst Cinna und dessen Freund Sertorius über dieses Wüthen. Da sich die zügellosen Rotten nicht mehr halten ließen, führten sie in einer Nacht ihr Heer gegen die Marianer und hieben sie Alle, mehr als 4000 an der Zahl, bis auf den letzten Mann nieder.

 

5. Sulla zieht nach Rom.

Sulla, der unterdessen glücklich gegen Mithridates gekämpft hatte, machte schnell Frieden, sobald er die Vorgänge in Rom erfuhr, und setzte sich mit seinem siegreichen Heere in Marsch gegen Italien. Marius, der wilde Marius zitterte, und vor Angst trank er so übermäßig, daß er (über 70 Jahr alt) seinen Tod fand. Cinna sammelte ein Heer, um gegen Sulla zu ziehen; aber seine eigenen Soldaten empörten sich gegen ihn und schlugen ihn todt. An der Spitze der Volkspartei stand nun der junge Marius und Sertorius; sie brachten ein Heer von 300,000 Mann zusammen, das aber aus verdorbenen, zügellosen Schaaren bestand und dem wohlgeübten des Sulla nicht Stand zu halten vermochte.

Sulla landete (83 v. Chr.) in Italien, schlug alle seine Widersacher, hielt dann einen prächtigen Triumphzug in Rom, fing aber nun ebenfalls zu wüthen an. Sechstausend von des Marius Sklaventruppen hatten sich ergeben, weil ihnen Verzeihung versprochen worden war; aber sie wurden sammt und sonders in der großen Rennbahn zu Rom niedergemetzelt. Während dies geschah, hielt Sulla in einem benachbarten Tempel eine Versammlung der Senatoren; als diese das Geschrei der Unglücklichen hörten, sprangen sie voll Entsetzen auf. Doch Sulla beruhigte sie mit den Worten: »Es ist nichts, man richtet nur einige Elende hin.«

Fürchterlich war die Acht (Proskription), die Sulla über seine Gegner ergehen ließ. Die meisten Reichen und Vornehmen standen auf der Liste der Geächteten (Proskribirten), und wessen Name aus einer solchen Liste stand, der galt für vogelfrei. Wochenlang dauerte das Morden, während Sulla mit liederlichen Weibern, Tänzern, Possenreißern schwelgte. »Wen willst du denn noch leben lassen?« fragte ihn kühn ein angesehener Senator, »es ist nur, um aus der Ungewißheit zu kommen.« Sulla äußerte: »er wisse das selbst noch nicht.« Vor der Hand hatte er noch 80 auf ein Blatt geschrieben; Tags darauf gab er noch eine Liste von 220, und nächsten Tages eben so viel; im Senat äußerte er: »es sollten noch Alle, wie sie ihm gerade beifielen, daran kommen.« Nach ungefährer Berechnung waren 15 Konsularen (die Konsuln gewesen waren), 90 Senatoren, 2600 Ritter und über 100,000 Bürger hingerichtet worden; denn nicht allein in Rom, sondern auch in vielen andern Städten Italiens wütheten Schrecken und Mord. Sklaven ermordeten ihre Herren, Verwandte die Verwandten, um die Prämie für den Kopf eines Proskribirten zu erhalten. Viele Güter wurden herrenlos, die Sulla an seine Günstlinge verschenkte; sein Offizier Krassus kaufte um ein Spottgeld so viel, daß ihm fast die halbe Stadt zum Eigenthum gehörte. Die 120,000 Soldaten des Sulla wurden königlich belohnt.

Als die Gegenpartei so gut wie vernichtet war, rühmte sich Sulla, die Ruhe und Ordnung im römischen Staate wieder hergestellt zu haben. Ruhig war es nun allerdings geworden; kein Freund des Volkes regte sich mehr, Niemand wagte mehr, seine Meinung frei heraus zu sagen, Jeder zitterte vor dem gewaltigen Diktator oder schmeichelte ihm. Die Macht der Tribunen hörte nun fast ganz auf, alle Gesetze, welche zum Vortheil des Volkes gegeben waren, wurden aufgehoben; so schien die Macht des Adels wieder fest gegründet.

Nachdem Sulla fünf Jahre lang unumschränkt geherrscht hatte, wurde er der Regierung selber überdrüßig; er legte seine Diktatur nieder und zog sich auf ein Landgut zurück. Dort führte er mit Schmeichlern und Freunden, unter Tänzerinnen und Schauspielern ein ausschweifendes Leben, aber schon nach einem Jahre starb er an einer ekelhaften Krankheit in Folge seiner Schwelgereien.

 

3. Spartakus, der Sklavengeneral.

 

1. Die Sklaven.

Sklaven gab es in Rom, in Italien, in der ganzen alten Welt eine große Menge; die Kriegsgefangenen, besonders die von den barbarischen Völkern, von den Afrikanern, Galliern, Germanen, Thraciern, wurden zu Sklaven gemacht und verkauft, und alle Kinder der Sklaven und Sklavinnen blieben dann auch in der Knechtschaft. Alle möglichen Dienste wurden von den Sklaven verrichtet: sie mußten das Land bauen und die häuslichen Geschäfte besorgen; Manche von ihnen, besonders die griechischen, lehrten auch die Wissenschaften und wurden als Lehrer und Erzieher oder als Schreiber und Vorleser gebraucht. Dann geschah es oft, daß sie wegen guter Dienste freigelassen wurden. Ein reicher Römer hatte wohl ein paar hundert Sklaven, mit welchen er namentlich seine Güter bewirthschaftete.

Außerdem wurden aber auch die Sklaven als Gladiatoren oder Fechter gebraucht, die zur öffentlichen Belustigung des römischen Volkes auf Tod und Leben mit einander kämpfen mußten. Die an blutige Kriege gewöhnten Römer bedurften solcher blutigen Schauspiele. Es wurden große runde Theater unter freiem Himmel erbaut; in der Mitte war ein mit Sand bestreuter Platz, die Arena, wo die Fechtersklaven mit den verschiedensten Waffen kämpften. Wenn einer den andern zu Boden gestreckt hatte, so blickte er nach dem Volke in die Höhe, und je nachdem die Zuschauer ein Zeichen gaben, ließ er ihn leben oder stieß ihn vollends nieder. Wollte ein Vornehmer oder Reicher sich beim Volke beliebt machen, so kaufte er sich eine Menge Fechtersklaven und ließ diese im Theater kämpfen.

 

2. Der Sklavenkrieg.

Nicht lange nach Sulla's Tode erhob sich in der Fechterschule zu Kapua der Thracier Spartakus. Er hatte einst unter den Römern Kriegsdienste gethan, war in Gefangenschaft gerathen und unter die Fechter verkauft worden. Dieser überredete gegen 70 Fechter, sie sollten ihr Leben lieber für die Freiheit wagen, als um ein bloßes Schaustück preisgeben. Mit ihnen überwältigte er die Hüter, bewaffnete dann seine Schaar mit Knitteln und Dolchen, die man den Reisenden abgenommen hatte, und flüchtete sich auf den Berg Vesuv. Hier verstärkte er sich mit vielen entlaufenen Sklaven, auch mit vielen Freigeborenen, die Lust zum Rauben und Plündern hatten, und bald hatte er einen ansehnlichen Heerhaufen beisammen. Die Anführer zogen nach Rom zu, verwüsteten das Land, plünderten die Städte. Ein römischer Prätor, der schnell ein Heer zusammenraffte, um sie aufzuhalten, ward geschlagen; ein zweites, vom Konsul selber geführtes Heer hatte gleiches Schicksal.

Schon in's dritte Jahr zog sich dieser Krieg, der bei seinem Beginn als ein bloßer Fechterkampf verlacht wurde. Niemand wollte sich zum Heerführer gegen die Sklaven wählen lassen, da übernahm Licinius Krassus, der schon unter Sulla sich hervorgethan, den Oberbefehl. Sein Legat Mummius ließ sich gegen den Befehl des Feldherrn mit Spartakus in ein Treffen ein und wurde geschlagen. Da ließ Krassus von den 500 Römern, die zuerst die Flucht ergriffen hatten, den zehnten Mann hinrichten. Das wirkte. Krassus führte nun selbst sein Heer gegen die Räuberbanden und brachte ihnen blutige Niederlagen bei. Spartakus mußte fliehen und wandte sich gegen Brundisium. Krassus folgte ihm und eilte um so mehr, eine entscheidende Schlacht zu liefern, weil die Römer noch einen Mit-Feldherrn, den Pompejus, gewählt hatten; Krassus wollte allein die Ehre haben; er schloß das Heer des Spartakus ein, die Sklaven fochten wie Verzweifelte und die Schlacht war blutig. Da sank Spartakus, durch einen Wurfspieß in der Hüfte verwundet, auf das Knie, hielt aber die Andringenden tapfer ab, und deckte sich mit seinem Schilde so lange, bis er sammt der Schaar, die einen Kreis um ihn bildete, gefallen war.

Dem Pompejus, welcher nun auch anrückte, fielen noch 5000 aus der Schlacht Entflohene in die Hände, wodurch er doch noch einen Antheil am Siege erhielt.

 

4. Julius Cäsar und Pompejus »der Große«.

 

1.

Das römische Volk gerieth immer tiefer in die Zerrüttung und inneren Zwiste, so daß sich endlich jeder bessere Bürger darnach sehnte, es möchte wieder ein Mann aufstehen, der mit seinem Geist und seiner Kraft der Gesetzlosigkeit ein Ende machte. Und es kam ein solcher hochbegabter Mann, der es verdient hätte, das einzige Oberhaupt des römischen Staates zu sein, – das war Julius Cäsar.

Cäsar hatte seinen Vater, dessen Schwester Julia des Marius Gemahlin war, schon im sechzehnten Jahre verloren; er starb als Prätor in Makedonien. Seine Mutter Aurelia aber, eine treffliche Frau, besorgte seine Erziehung und ließ ihn von den geschicktesten Lehrern unterrichten. Besonders lernte er von ihr die Freundlichkeit im Umgange, wodurch er sich nachher so beliebt zu machen wußte, und die sanfte, einnehmende Beredsamkeit, die ihn zu den ersten Rednern Roms erhob.

Cäsar bewies bald, daß in ihm ein Wille lebte, der nicht gewohnt war, sich zu beugen. Er heirathete die Tochter eines Römers, der zu den Gegnern des damals allmächtigen Sulla gehörte. Cäsar erhielt den Befehl, sich von ihr zu scheiden; allein er floh lieber aus Rom und gab das erheirathete Gut seiner geliebten Gemahlin preis. Zum Jubel des Volkes hatte er sogar das Bild des Marius öffentlich ausgestellt. Sulla erklärte ihn in die Acht und begnadigte ihn nur nach langen Bitten vieler Freunde und der Vestalinnen, mit den Worten: »Ihr mögt ihn haben, aber er wird den Untergang vieler Patrizier herbeiführen, denn in ihm stecken viele Mariusse.« Pompejus dagegen, ein Günstling des Sulla, hatte sich dem Willen des Despoten gefügt und seine Gemahlin verstoßen.

Nicht Körperstärke, aber eine proportionirte, angenehme, schlanke Gestalt zeichnete den jungen Cäsar aus; er hatte eine Adlernase und schwarze lebhafte Augen. Später wurde er mager und bleich und auf dem Haupte haarlos; doch trotz seiner Kränklichkeit, an der er öfters litt, hatte er sich zu jeglicher Strapaze abgehärtet und war ein guter Fechter, Reiter und Schwimmer.

Während seiner Aechtung machte er seine ersten Feldzüge in Asien und gewann sich vor Mithlene eine Bürgerkrone. Nach Sulla's Tode kehrte er wieder zurück, blieb aber nicht lange in Rom, sondern ging nach Rhodus, um unter dem berühmten Molo sich noch mehr in der Redekunst zu vervollkommnen. Unterwegs nahmen Seeräuber das Schiff, auf welchem er fuhr, und da sie ihn für einen vornehmen Mann hielten, forderten sie 20 Talente (über 24,000 Thaler) Lösegeld. »Was?« rief Cäsar, »für einen Mann, wie ich bin, verlangt ihr nicht mehr? 50 Talente sollt ihr haben!« Er schickte seine Begleiter aus, diese Summe zusammenzubringen. Sechs Wochen mußte er in der Gefangenschaft bleiben, doch wußte er sich bei den Seeräubern so in Achtung zu setzen, daß er ihr Herr und nicht ihr Gefangener zu sein schien. Wenn er schlafen wollte, gebot er ihnen, still zu sein. Zuweilen las er ihnen auch Gedichte und Aufsätze vor, die er gemacht hatte, und wenn sie diese nicht lobten, so drohete er ihnen, sie alle kreuzigen zu lassen, sobald er frei wäre. Endlich brachten seine Leute die 50 Talente Lösegeld. Und kaum war er frei, so verschaffte er sich einige stark bemannte Schiffe, holte die Seeräuber ein, eroberte ihr Schiff, ließ sich sein Geld wieder geben und führte die Räuber nach der Küste Kleinasiens, wo sie alle gekreuzigt wurden.

 

2.

Nachdem Cäsar wieder nach Rom zurückgekehrt war, lebte er hier mehrere Jahre lang ganz wie ein Stutzer, er kleidete sich schön, duftete vom Salben, lebte gern unter Damen und wußte sich durch seine Freundlichkeit die Liebe aller Bürger zu gewinnen. Dabei schien er sich um die glänzenden Kriegsthaten des Pompejus gar nicht zu kümmern.

Erst spät bewarb er sich um obrigkeitliche Aemter und ging als Statthalter nach Lusitanien, dem heutigen Portugal. Er reiste gewöhnlich in einem Wagen, von zwei Schreibern begleitet, denen er zu gleicher Zeit diktirte. Die Streitigkeiten in der Provinz entschied er mit solcher Gewissenhaftigkeit und Treue, daß alle Städte Portugals mit ihm zufrieden waren. In Gades, dem jetzigen Kadix, trat er in einen Tempel, der mit den Bildnissen berühmter Helden geschmückt war. Unter diesen bot sich seinem Blicke zuerst Alexander's Statue dar, und Thränen stürzten ihm aus den Augen. »Der hatte in meinem Alter schon die Welt erobert und ich habe noch nichts gethan,« sagte Cäsar zu seinen Begleitern.

Als er jetzt wieder nach Rom zurückkam, schien er ganz dem Pompejus ergeben und heirathete sogar dessen Schwester. Noch brauchte Cäsar eine Stütze und Pompejus war der angesehenste Mann im Staate. Zugleich aber verschenkte er mit unbegrenzter Freigebigkeit ungeheure Summen an das Volk. Er ließ unter Anderem 320 Paar Fechter zum Vergnügen der Römer auftreten und alle in silbernen Rüstungen. Und in Kurzem hatte er seinen Zweck erreicht; Pompejus, der sich der erste Mann in Rom zu sein dünkte, hatte einen mächtigen Nebenbuhler bekommen; Cäsar war bereits der Liebling des Volkes. So wagte er es, sich um eine Würde zu bewerben, zu welcher sonst nur die ehrwürdigsten und verdientesten Rathsherren gelangten, um das Amt eines Oberpriesters. Seine Mutter begleitete ihn am Tage der Wahl bis vor die Thür, zweifelnd und weinend. »Mutter,« rief er, »du siehst mich als Pontifex wieder oder als Verbannten!« Er ging und das Volk wählte ihn, zum Erstaunen und Zittern aller Senatoren, die nach und nach das Große, das in Cäsar's Geiste verborgen lag, ahnten und nicht minder deutlich auch seinen Ehrgeiz erkannten. Einige Zeit nachher sollte er als Statthalter in die Provinz Spanien gehen, aber seine Gläubiger wollten ihn nicht aus Rom fortlassen, denn er war über zwölf Millionen Thaler schuldig. Da wußte er durch seine Gewandtheit den reichen Krassus zu gewinnen, daß dieser für ihn gut sagte. Er reiste ab, und bald hatte er in der Provinz so viel erworben, daß er seine Schulden bezahlen konnte. Auf der Reise nach Spanien kam er durch ein kleines schmutziges Städtchen in den Alpen. Seine Begleiter warfen die Frage auf, ob denn auch wohl unter diesem armseligen Völkchen Neid und Rangstreit herrschen möchte? »Gewiß!« antwortete Cäsar. »Ich wenigstens möchte lieber in diesem Flecken der Erste, als in Rom der Zweite sein.«

 

3.

Nach seiner Rückkehr aus Spanien betrug sich Cäsar schon viel herrischer und die Großen Roms sahen staunend, mit welcher Gewalt er das Volk nach seinem Willen lenkte. Pompejus erkannte bald, daß er ohne Cäsar nichts vermöchte. Krassus, der reiche, der durch seine Bürgschaft den Cäsar gerettet, der durch sein ausgeliehenes Geld fast alle Bürger sich verpflichtet hatte, sah jetzt den Cäsar als Herrn gebieten. Cäsar aber, welcher Beide brauchte, zeigte Beiden in der Ferne die Weltherrschaft, und vereinigte sich insgeheim mit ihnen zu einem Triumvirat, d. h. die drei Männer verbanden sich, für Einen zu stehen. So traten in diesen drei Männern drei große Gewalten: Klugheit und Tapferkeit (Cäsar), Glück und Ruhm (Pompejus) und Reichthum (Krassus) in einen engen Bund. Cäsar stellte die reiche Mittelmäßigkeit vorerst noch zwischen sich und Pompejus in die Mitte, als den Kitt, der ihn mit Pompejus zusammen halten sollte; aber nur Cäsar begriff, wohin dieser Dreibund führen mußte und wozu Rom reif sei. Die nächste Folge des Triumvirats war seine Erwählung zum Konsul für das Jahr 59 und die Vermählung seiner Tochter Julia mit Pompejus. Während seines Konsulates wußte sich Cäsar beim Volke sehr beliebt zu machen, indem er einige Ackervertheilungen durchsetzte, und als seine Amtszeit um war, setzte er es durch, daß man ihm die Provinz Gallien auf fünf Jahre zur Verwaltung übertrug. Noch nie war Jemand auf so lange Zeit zum Statthalter ernannt worden.

Pompejus wählte sich Spanien, blieb aber in behaglicher Ruhe in Rom sitzen; Krassus ging nach Asien. Am besten hatte unstreitig Cäsar gewählt, denn Gallien war noch zum großen Theil freies Land und mußte erst erobert werden. Hier konnte also der aufstrebende Mann sich Feldherrnruhm erwerben und ein treues Heer dazu.

 

4.

Galliens Bevölkerung zerfiel in drei Hauptgruppen von Völkerschaften: in die aquitanische zwischen den Pyrenäen und der Garonne, die eigentlich gallische von der Garonne bis zur Seine, und die schon halb germanische oder belgische bis an den Niederrhein. Einen inneren Verband hatten jedoch die Völker nicht, es war lauter Zersplitterung unter ihnen. Nach acht Jahren konnte sich Cäsar rühmen, 800 Städte erobert und 300 Völkerschaften bezwungen zu haben. Von drei Millionen Menschen blieb eine todt, wurde die zweite gefangen und die dritte gehorchte.

Seinen ersten Kampf hatte Cäsar mit den Helvetiern zwischen Rhein und Rhone. Sie hatten ihre zwölf Städte und 400 Dörfer verbrannt und wollten nun westwärts nach Gallien auswandern in fruchtbare Gaue. Damit waren sie aber dem Cäsar schlecht willkommen; er warf sich ihnen entgegen und schlug sie in zwei Treffen. Die eine Hälfte des Volkes ging unter, die andere zwang er, wieder nach Helvetien zurückzukehren, damit nicht die Germanen das Land besetzten und Italiens Nachbarn würden.

Bald darauf brachen deutsche Stämme in Gallien ein und griffen die Aeduer an, die es mit Cäsar hielten. Der Anführer jener Schaaren war Ariovist, ein sehr entschlossener und tapferer Mann. Cäsar forderte ihn zu einer Zusammenkunft; er aber meinte, wenn der Römer ihm etwas zu sagen habe, möge er zu ihm kommen. Da brach Cäsar gegen ihn auf, seine Legionen folgten ihm diesmal mit schwerem Herzen, denn vor den Deutschen hatten die Römer entsetzliche Furcht. Man hörte im Lager nichts als Testamente machen oder Klagen und Murren gegen den Feldherrn. Die Vornehmsten, selbst die Vertrauten des Cäsar, suchten alle nur möglichen Vorwände hervor, um sich aus dem Lager entfernen zu können, und Diejenigen, die sich schämten, es zu thun, konnten ihre Furcht doch so wenig verbergen, daß man sie oft die bittersten Thränen weinen sah.

Mit seltener Ueberredungsgabe sprach nun Cäsar ermuthigend zu den Hauptleuten und schloß damit, daß, wenn Niemand ihm folgen würde, er mit der zehnten Legion allein angreifen und diese zu seiner Leibwache machen wolle. Da verschwand die Furcht, man folgte dem kühnen Feldherrn, der es längst erprobt hatte, daß für Den keine Gefahr bestehe, der sie nicht fürchtet. Jetzt fand eine Unterredung zwischen dem deutschen und römischen Heerführer statt; aber sie war vergeblich. Als Cäsar erfuhr, daß die Deutschen, durch ihre heiligen Frauen gewarnt, vor dem Neumond nicht schlagen wollten, ließ er auf ihre Bollwerke stürmen und reizte sie so lange, bis die Feinde voller Grimm hervorbrachen und die Schlacht annahmen. Sie stritten mannhaft, unsere Vorfahren, in ihrer rohen Kampfesart, aber Cäsar's Kriegskunst und der Ausdauer erprobter Legionen erlagen sie. Sie gingen über den Rhein zurück. Cäsar folgte ihnen in ihre finsteren Wälder; aber da ward es ihm bald unheimlich und er kehrte gern wieder nach Gallien zurück. Auch nach Britannien setzte er mit seinen Legionen über. Der Adlerträger seiner zehnten Legion sprang zuerst an der fremden Küste in's Wasser, die Anderen ihm nach. Doch behaupten konnten sich die Römer eben so wenig in Britannien als in Germanien.

 

5.

Während Cäsar in Gallien ganz mit Krieg und Eroberung beschäftigt schien, vernachlässigte er doch keineswegs die Dinge in der Hauptstadt. Er hatte in Rom seine Freunde, die ihm von Allem Nachricht gaben und denen er von der Provinz aus Geld und Befehle zukommen ließ. Er lag wie ein schlauer Feind im Hinterhalt, bereit, zu jeder Zeit mit gerüsteter Macht hervorzubrechen.

Pompejus schaltete und waltete indessen mit aller Willkür in Rom und ließ seine Provinz Spanien durch Abgesandte verwalten. Krassus war von Syrien aus in das Land der Parther gezogen und hatte sich von dem tapferen Volke überraschen lassen, so daß er geschlagen und gefangen wurde. 30,000 Römer gingen unter, und damit dem reichen Geizhals auch im Tode das Geld nicht fehlen möchte, ließ es der Anführer der Parther geschmolzen ihm in den Hals gießen. Pompejus mochte wohl ahnen, welch' einen Nebenbuhler er in Cäsar hatte; er meinte aber im Vortheile zu sein, wenn er in Rom selber anwesend wäre. Darum ließ er, als seine Zeit um war, die Statthalterschaft von Spanien sich verlängern. Sobald Cäsar dies erfuhr, ließ er durch seine Freunde in Rom ebenfalls um Verlängerung seiner Statthalterschaft in Gallien anhalten, und da Pompejus ganz wider das Gesetz als Prokonsul von Spanien in Rom obrigkeitliche Aemter verwaltete, verlangte auch Cäsar dergleichen. Dagegen erhob sich nun Pompejus mit Heftigkeit, brachte den Senat auf seine Seite und es kam ein Beschluß zu Stande, welcher Cäsar für einen Feind des Vaterlandes erklärte, wenn er nicht sogleich die Waffen niederlegte und in Rom erschiene. Dieser Beschluß empörte durch seine Ungerechtigkeit und Cäsar leistete ihm keine Folge. Er rüstete sich, um mit seinen treuen Soldaten auf Rom anzurücken, während Pompejus in stolzer Unthätigkeit verharrte. Man fragte diesen, womit er denn den Cäsar aufhalten wolle? Er antwortete: »Ich darf nur mit dem Fuße auf den Boden stampfen und es werden Legionen daraus hervorwachsen!« Im Grunde aber glaubte der Kurzsichtige, daß Cäsar mit seiner geringen Macht es nicht wagen würde, gegen Rom selbst zu marschiren. Cäsar aber wagte es allerdings; als er an das Flüßchen Rubikon kam, das seine Provinz von Italien trennte, wurde er nachdenkend, dann aber faßte er sich schnell und sprach: »Die Würfel sind gefallen!« Mit der einen Legion, die er bei sich hatte, ging er schnell auf Rom los. Der Senat hatte dem Pompejus den Oberbefehl gegeben; fast alle Senatoren waren für Pompejus, der in Spanien noch ein großes Heer stehen hatte und sich immer noch für unbezwinglich hielt. Doch als Cäsar so unerwartet schnell sich der Hauptstadt näherte, floh Pompejus aus Rom, mit ihm 200 Senatoren und seine übrigen Freunde. Sie flohen so schnell, daß sie sogar den ganzen Staatsschatz in Rom zurückließen.

Cäsar hatte in 60 Tagen ganz Italien erobert; fast alle gefangenen Soldaten traten zu ihm über, da er sich gegen Jedermann leutselig und freundlich bewies. Pompejus sammelte in Kapua, wohin er geflohen war, seine Truppen; und als Cäsar ihn bis dahin verfolgte, schiffte er eiligst nach Griechenland über. Da kehrte Cäsar wieder um, denn er wollte erst Spanien, des Pompejus Provinz, in Besitz nehmen. »Erst will ich eine Armee ohne Feldherrn schlagen,« sprach er, »und dann den Feldherrn ohne Armee!«

Die sieben Legionen des Pompejus, welche in Spanien standen, wehrten sich tapfer, aber es fehlte ihnen an einem erfahrenen Feldherrn; so wurden sie endlich geschlagen und gingen großentheils unter die Fahnen des Cäsar. Als dieser mit seinem siegreichen Heer nach Rom zurückkehrte, fürchteten Viele, die es nicht von Anfang mit ihm gehalten hatten, er möchte sie in Acht erklären und wie Sulla eine große Proskriptionsliste aufsetzen. Die Anhänger des Cäsar wählten ihn zum Diktator; doch er betrug sich so schonend und milde, daß Alle darüber erstaunten. Er ordnete die Angelegenheiten des Staates, rief die meisten Verbannten zurück und ließ das Volk auf die gewöhnliche Art Konsuln wählen. Es wählte ihn selbst und einen seiner Freunde. Nun legte Cäsar seine Diktatur nieder und gewann sich damit die Herzen des Volkes.

 

6.

Unterdessen hatte Pompejus in Griechenland ein ansehnliches Heer versammelt und erwartete die Landung Cäsar's. Dieser schiffte mit einer geringen Macht hinüber, um nur recht bald seinem Gegner die Spitze bieten zu können. Doch das erste Zusammentreffen war unglücklich für Cäsar; er ward zurückgeschlagen und mußte sich in öde, unfruchtbare Gegenden zurückziehen, wo er einer drohenden Hungersnoth entgegen sah. Aber Cäsar verlor den Muth nicht; seine Soldaten waren meist rauhe, abgehärtete Krieger, an die Mühseligkeiten des Feldzuges gewöhnt, auch hatte er sechs Kohorten deutscher Hülfstruppen bei sich, die noch nichts von Salben und Pomaden wußten, während die adeligen Herrchen in des Pompejus Heere sehr verweichlicht waren.

Pompejus ließ sich zu einem zweiten Angriff überreden und bei Pharsalus in Thessalien kam es (48 v. Chr.) zur entscheidenden Schlacht, in welcher Cäsar, besonders mit Hülfe der deutschen Kohorten, einen glänzenden Sieg gewann. Er hatte seinen Soldaten befohlen, sie möchten nur immer nach den schönen weißen Gesichtern der vornehmen Herrchen hauen, dann würden diese schon ängstlich werden. Und so geschah es auch. In wilder Flucht lief Alles auseinander und Pompejus, der sicher auf den Sieg gerechnet hatte, war so verwirrt, daß er den Rückzug nicht zu ordnen vermochte. Das ganze Lager fiel in die Hände der Sieger; die Zelte waren mit Epheu bekränzt und wie zu einem Festschmause eingerichtet. Alle Briefschaften des Pompejus fielen dem Cäsar in die Hände; doch der großmüthige Sieger verschmähete es, die Namen seiner Feinde zu erfahren; er ließ die Briefe verbrennen. Den vornehmsten Kriegsgefangenen aber schenkte er die Freiheit.

Mit wenigen Getreuen floh Pompejus an die Küste und bestieg ein Schiff. Man wußte in der Angst nicht, wohin; endlich ward beschlossen, nach Aegypten zu fahren, weil Pompejus, als er in Asien Krieg führte, dem Vater des jetzt regierenden Königs die Herrschaft erworben hatte. Der 13jährige König, sobald er die Ankunft des Gastes erfuhr, ward bestürzt, denn er fürchtete sich vor Cäsar. Er berieth sich mit seinen Ministern, was zu thun sei, und diese riethen, man solle den Pompejus ermorden, das wäre am sichersten. Als der ägyptische Kahn an das Schiff des Pompejus heran fuhr, nahm dieser noch einen schmerzlichen Abschied von seiner treuen Kornelia, von seinen Kindern und Freunden. Es ahnte ihm Unglück, als er die finsteren Gesichter der Mannschaft gewahrte. Als der Kahn an's Ufer stieß, fielen die Aegypter über ihn her und ermordeten ihn. Sie schnitten ihm das Haupt ab und ließen den Körper liegen; ein treuer Diener bestattete denselben. So endete der glückliche Pompejus, den man den »Großen« nannte.

 

7.

Pompejus war nicht mehr, aber seine Partei kämpfte noch hartnäckig fort. Cäsar mußte in Afrika und Spanien noch zwei schwere Kämpfe bestehen. In Afrika hatte Kato ein großes pompejanisches Heer gesammelt, mit dem er gegen Cäsar als einen Tyrannen und Feind der Republik ziehen wollte. In Asien hatte ein Sohn des Königs Mithridates sich empört, in Spanien stellten sich die Söhne des Pompejus an die Spitze der treugebliebenen Soldaten.

Zuerst eilte Cäsar nach Asien und endigte dort die ganze Empörung mit einer einzigen Schlacht; das ging so schnell, daß er den Bericht nur in drei Worte abfaßte: » Veni, vidi, vici!« – »Ich kam, sah, siegte!« Als er nun zurückkehrte, um nach Afrika überzusetzen, schien ihm doch sein Glück untreu zu werden. Es brach eine Empörung in seinem eigenen Heere aus; die Soldaten wollten, ehe sie weiter zögen, erst das Geld in Empfang nehmen, das ihnen Cäsar versprochen hatte. Sie waren eigentlich die Herren, so meinten sie, ihnen hätte Cäsar seine Erfolge zu verdanken. Schon waren mehrere Hauptleute, welche die Aufrührer zur Ruhe bringen wollten, ermordet; da trat Cäsar furchtlos unter sie. Bisher hatte er sie immer Soldaten und »Kameraden« genannt, nun redete er sie also an: »Bürger, da ihr es so verlangt, so seid ihr hiermit aus dem Dienst entlassen. Die versprochenen Belohnungen sollt ihr haben, aber erst, wenn ich mit andern Truppen in Afrika gesiegt habe!« Das überraschte die Aufrührer und sie fühlten, daß sie ohne Cäsar nichts waren. »Nimm uns wieder auf,« so fleheten sie, »wir wollen dir folgen, wohin du willst!«

Cäsar setzte mit ihnen erst nach Sicilien, dann nach Afrika über. Dort hatten die Pompejaner sich mit dem König von Numidien verbündet und ihr Heer war viel stärker, als das des Cäsar. Dessen Truppen begannen schon zu weichen, Cäsar aber stemmte sich den Fliehenden entgegen, jagte sie zurück in die Schlacht und einen Fahnenträger, der in vollem Lauf war, ergriff er, drehete ihn um und rief: »Dort sind die Feinde!« Mit Mühe errang er den Sieg. Als diese Nachricht nach Utika gelangte, wo Kato mit einer Schaar lagerte, wollte der edle Republikaner den Triumph des Tyrannen nicht überleben und stieß sich den Dolch in's Herz. Rom war aber schon längst nicht mehr frei.

Auch in Spanien wurde auf Tod und Leben gestritten, auch hier begann das Heer des Cäsar zu weichen. Da sprang der tapfere Feldherr vom Pferde, lief durch die Glieder und schrie: »Schämt ihr euch denn nicht, den Cäsar, euern Feldherrn, zweien Knaben in die Hände zu liefern?« Vergebens, sie neigten sich zur Flucht. Da stürzte er wie ein gemeiner Soldat mit Schwert und Schild auf die feindlichen Reihen und rief: »So sei denn dieser Tag der letzte meines Lebens!« Das brachte die Soldaten wieder zum Stehen; sie fochten mit beispielloser Wuth, bis der blutige Sieg gewonnen war. Und Cäsar gestand, in dieser Schlacht (es war bei Munda) habe er zum ersten Mal um sein Leben gefochten.

 

8.

So oft Cäsar nach Rom kam, empfingen ihn seine Anhänger mit den schmeichelhaftesten Lobsprüchen und Ehrenbezeigungen; der Senat, der sich nicht genug vor dem Mächtigen demüthigen konnte, ernannte ihn zum immerwährenden Diktator und Imperator, zum Konsul auf zehn Jahre, zum alleinigen Censor, zum erblichen Pontifex Maximus und erklärte seine Person für heilig und unverletzlich. Das Volk und die Heere hingen ihm an. Er hatte die unermeßlichen Geldsummen, die er in den Kriegen erbeutet, dazu angewendet, das Volk zu belustigen und es ganz von seinem Willen abhängig zu machen. Jedem Soldaten seines Heeres hatte er 1000 Thaler, jedem Bürger Roms 20 Thaler geschenkt. Außerdem ließ er Korn und Oel austheilen, Spiele zu Land und zu Wasser aufführen; einmal fochten 1200 Menschen gegen 40 Elephanten zur großen Belustigung des Volks, das zum Beschluß auf Cäsar's Kosten in 22,000 Zimmern gespeist wurde.

Cäsar hatte erreicht, was er wollte. Aber die Menschen in ihrer Kriecherei waren ihm bald so verächtlich, daß er auch nicht mehr viel auf sie gab. Oft stand er vor dem Senate gar nicht mehr auf, während ihm doch dieser einen goldenen Sessel und den Purpur gab, sein Bild auf die Münzen schlagen, den Monat Quintilis Julius nennen, seinen Geburtstag als ein jährliches Volksfest feiern ließ. Cäsar vertheilte Aemter und Würden nach Willkür, behandelte auch Manchen mit Verachtung, der es nicht verdiente. Der Staat befand sich aber wohl unter ihm, und nur eine kräftige Herrscherhand konnte ihn regieren. Cäsar war in der That und Wahrheit König, hätte er nur nicht auch nach der Krone gestrebt und die republikanischen Formen geschont! Aber mehrere edle Römer, welche den Untergang des Freistaates nicht verschmerzen konnten, schwuren dem Alleinherrscher blutige Rache. Die Verschwörung blieb geheim, nur fehlte noch der Anführer. Dazu wählten sie den Brutus, einen Nachkommen jenes Brutus, der einst die Könige vertrieben hatte. Er war ein tapferer Feldherr, ein äußerst rechtschaffener Mann, beim Volke hoch in Ansehen, und sollte die verhängnißvolle That gewissermaßen heiligen. Doch hatte auch Cäsar ihn lieb, ihn mit Gunst und Ehren überhäuft, ihn behandelt wie seinen eigenen Sohn. Brutus hatte sich aber von Cäsar nicht gewinnen lassen und war ihm so fern als möglich geblieben; denn es schmerzte ihn, seines Vaterlandes Freiheiten so von der Willkür Eines Mannes unterdrückt zu sehen.

Der Prätor Kassius war die Seele der Verschworenen; er haßte den Herrscher, während Brutus nur die Herrschaft haßte. Kassius gehörte zu den blassen hageren Menschen, die wenig schlafen und viel brüten, und Cäsar hatte immer eine unerklärliche Furcht vor ihm. Jener unterließ nichts, um den Brutus zu gewinnen. Oft fand der Letztere auf seinem Richterstuhle einen Zettel mit den Worten: »Brutus, du schläfst!« Und au der Statue seines Ahnherrn, des alten Brutus, stand mehrere Mal: »O, daß du jetzt lebtest!« Diese Aufforderungen machten der Unschlüssigkeit des Brutus ein Ende; er stellte sich an die Spitze der Verschworenen und Cäsar's Tod ward auf den 15. März des Jahres 44 v. Chr. festgesetzt, an welchem Tage man den Diktator zum »Könige außerhalb Roms« ernennen wollte.

Cäsar war schon lange gewarnt. »Besser fallen, als immer fürchten!« war seine Rede. Noch am Abend vor seinem Tode ward in einer Gesellschaft bei Lepidus die Frage aufgeworfen, welcher Tod wohl der wünschenswertheste sei? »Der unerwartete!« rief Cäsar schnell. Er hatte nie etwas von Vorbedeutungen gehalten (Pompejus desto mehr!), aber jetzt häuften sie sich wunderbar. Die heiligen Schilde im Tempel dröhnten; das Opferthier hatte keine Leber; in der Nacht sprangen in Cäsar's Schlafgemach plötzlich alle Thüren und Fenster auf, und seine Gemahlin Kalpurnia träumte von seiner Ermordung. Dringend beschwor sie ihren Gemahl am Morgen des 15., nur heute nicht auszugehen, und wirklich wollte Cäsar, der an seiner Kalpurnia nie weibische Abergläubigkeit wahrgenommen hatte, durch Antonius, den Konsul, die Sitzung absagen lassen. Aber ein Vetter des Brutus, von den ängstlich harrenden Verschworenen abgesendet, überredete ihn dennoch. Noch unterwegs warnte man ihn, aber Cäsar achtete nicht darauf, sprach sogar ganz wohlgemuth zum Spurinna, der ihn vor den Idus des März gewarnt hatte: »Spurinna, die Idus des März sind da!« – »Aber noch nicht vorüber!« antwortete der Freund.

Die Versammlung war in der Kurie des Pompejus. Vor der Kurie verflocht einer der Verschworenen den Markus Antonius, dessen persönliche Tapferkeit man fürchtete, in ein langes Gespräch; Cäsar nahm unterdessen seinen Sitz ein. Die Verschworenen umringten ihn; einer von ihnen trat hervor, um den Cäsar zu bitten, seinen verbannten Bruder zu begnadigen. Als Cäsar die Bitte versagte, riß der Verschworene ihm die Toga von der Schulter und ein anderer stieß mit seinem Dolche auf ihn. »Verruchter, was machst du?« schrie Cäsar, und durchstieß mit dem eisernen Schreibgriffel des Mörders Arm. Aber schon folgte Stoß auf Stoß und so hitzig, daß die Mörder sich untereinander selbst verwundeten. Einige Augenblicke vertheidigte sich Cäsar herzhaft. Als er aber auch Brutus unter seinen Mördern erblickte, sprach er blos noch die Worte: »Auch du, mein Sohn Brutus?«, verhüllte sein Gesicht mit dem Mantel und sank, von 23 Stichen getroffen, am Fuß einer Bildsäule des Pompejus todt zur Erde.

 

9.

Die Senatoren flohen auseinander, die Mörder des Cäsar aber zogen triumphirend durch die Straßen Roms mit dem Rufe: »Der Tyrann ist todt, der Staat wieder frei!« Das Volk entsetzte sich, stimmte aber nicht in den Ruf mit ein. Da flohen die Verschworenen auf das Kapitol, unschlüssig, was sie nun beginnen sollten. Der Senat sollte den Cäsar für einen Tyrannen erklären und seinen Leichnam in die Tiber werfen; aber Antonius widersetzte sich diesem Antrage, indem er der Versammlung bemerklich machte, daß dann auch Alle, die von Cäsar Amt und Würden empfangen hätten, ihre Stellen aufgeben müßten. Nun ward zwar den Mördern Verzeihung zugesichert, aber auch dem Cäsar ein feierliches Leichenbegängniß bewilligt. Mit der höchsten Pracht wurde die Bahre, auf welcher der Leichnam nach dem Forum getragen werden sollte, geschmückt; Senatoren und Freunde Cäsar's trugen sie. Dann hielt Antonius die Leichenrede und stellte mit solcher Beredtsamkeit dem Volke dar, wie Cäsar so Vieles für die Römer gethan, wie er ein Freund der Armen und Unterdrückten gewesen sei, daß Alle zu Thränen gerührt wurden. Dann zeigte der Redner den von Dolchstichen durchbohrten Mantel, und dieser Anblick erregte die Wuth des Volkes gegen die Mörder. Endlich zog Antonius noch eine Rolle hervor und rief: »Seht da, was der, den ihr einen Tyrannen nennt, für euch gethan hat. Hier ist das Testament, worin geschrieben steht, daß alle Gärten Cäsar's dem Volke zu dessen Belustigung vermacht werden, und daß jeder römische Bürger ein Geldgeschenk empfangen solle!« Da wurde das Volk fast wahnsinnig vor Schmerz; Alles trug brennbare Dinge zum Scheiterhaufen herbei; vornehme Staatsbeamte warfen ihre Kleider in die Flammen, Weiber ihren Halsschmuck, Soldaten ihre Waffen. Dann nahmen sie Fackeln, um die Häuser der Mörder anzuzünden, die bereits in die Provinzen geflohen waren. Die ganze Stadt gerieth in Aufruhr.


 << zurück weiter >>