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II. Kambyses.

Dem Cyrus folgte Kambyses und dieser schien mit dem Thron auch den kriegerischen Sinn des Vaters geerbt zu haben. Wie dieser Asien erobert hatte, so wollte er Afrika unter seine Herrschaft bringen. Aegypten sollte zuerst unterjocht werden und mit einem großen Heere brach er dahin auf. Er kam glücklich durch die arabische Sandwüste, welche der nördlichen Seite von Aegypten zur Vormauer dient. Bei der Stadt Pelusium traf er auf das feindliche Heer. An der Spitze desselben stand der König von Aegypten, mit Namen Psammenit. Dieser wurde geschlagen und floh mit den Trümmern seines Heeres in die feste Stadt Memphis. Auf eine ganz sonderbare Art soll Kambyses diesen Sieg erlangt haben. Seine vordere Schlachtreihe war mit Katzen bewaffnet, welche bei der Ankunft der Aegyptier in die Höhe gehoben wurden. Die bestürzten Aegyptier wagten nicht, ihre Pfeile abzuschießen, aus Furcht, die heiligen Thiere zu treffen.

Kambyses sandte alsbald ein Schiff den Nil hinauf und ließ durch Herolde die Stadt Memphis zur Uebergabe auffordern. In der ersten Wuth hieben die Aegyptier das Schiff sammt der Mannschaft in Stücke. Da ging Kambyses auf die Stadt los und nahm sie mit stürmender Gewalt. Psammenit und seine ganze Familie nebst den vornehmsten Aegyptiern wurden zu Gefangenen gemacht. Der aufgebrachte Sieger suchte dem Psammenit sein Schicksal recht fühlbar zu machen. Der Unglückliche saß in einem Hause der Vorstadt, von persischen Trabanten bewacht. Zuerst wurde seine Tochter nebst den vornehmsten Jungfrauen in ärmlicher Sklaventracht aus dem Lager in die Vorstadt geschickt, um Wasser zu holen. Es weinten die Jungfrauen, es weinten ihre Väter; nur Psammenit saß schweigend und thränenlos da, die Augen auf die Erde gerichtet. Darauf schickte Kambyses den einzigen Sohn des Psammenit, an der Spitze von 2000 vornehmen Jünglingen, mit Stricken um den Hals und mit Zäumen im Munde, den Augen ihrer Väter vorüber zum Richtplatz. Und noch einmal flossen die Thränen, noch einmal erhob sich das Jammergeschrei; nur aus Psammenit's Auge kam keine Thräne, aus seinem Mund kein Laut. Als der Zug der zum Tode verurtheilten Jünglinge vorüber war, kam ein Greis, einst ein reicher Mann und des ägyptischen Königs Freund und Tischgenoß, jetzt hülflos und gebeugt unter dem Druck der Jahre und der Armuth, und der ging beim Kriegsvolk bettelnd umher. Als Psammenit diesen Freund sah, weinte er bitterlich und rief ein wie das andere Mal laut dessen Namen. Da wunderte sich Kambyses, daß er beim Anblick des alten Mannes weine, während er doch beim Anblick der Tochter und des Sohnes ungerührt geblieben war, und fragte nach der Ursache. Psammenit aber sprach: »Für das Unglück des Freundes, der zum Bettler geworden ist, hatten meine Augen noch Thränen; aber mein eigenes Unglück ist zu groß, als daß ich darüber weinen könnte.« Den Kambyses rührten diese Worte. Er befahl, den Sohn des Psammenit am Leben zu lassen; doch es war zu spät, denn dieser war unter den Verurtheilten zuerst hingerichtet worden. Den gefangenen Vater aber behielt der König bei sich und behandelte ihn gütig. Als er aber in der Folge merkte, daß er die Aegyptier heimlich zum Aufstande gegen die Perser reizte, ließ er auch ihn hinrichten.

So ward durch Kambyses im Jahr 525 v. Chr. der Thron der Pharaonen über den Haufen geworfen und Aegypten eine persische Provinz.

Nach der Eroberung Aegyptens beschloß Kambyses, das südlich gelegene Aethiopien, von dessen Reichthum man Wunderdinge erzählte, sich zu unterwerfen. Er schickte vorerst Boten ab, um das Land zu erkunden und mit dem Auftrag, den König der Aethiopier zu fragen, ob er nicht des Kambyses Freund werden wolle? Der äthiopische König aber merkte die List und gab den persischen Abgesandten einen Bogen mit den Worten: »Wenn die Perser einen solchen Bogen eben so leicht als wir spannen können, dann mögen sie kommen; wenn nicht, mögen sie es den Göttern danken, daß es den Aethiopiern nicht in den Sinn gekommen ist, gegen die Perser zu ziehen.«

Kambyses gerieth über diese Antwort in Zorn, und ohne sein Heer mit Lebensmitteln zu versehen brach er auf. Als er nach Theben gekommen war, sonderte er 50,000 Mann von seinem Heere ab und schickte diese gegen die Ammonier, um sie zu Sklaven zu machen. Mit dem übrigen Theil des Heeres setzte er seinen Zug durch den heißen Wüstengürtel fort. Noch war der dritte Theil des Weges nicht zurückgelegt, als dem Heere schon alle Nahrungsmittel ausgingen. Dennoch dachte Kambyses an keine Rückkehr, denn er vermeinte, bald in die Wohnsitze der Aethiopier zu gelangen. Die Perser schlachteten ihre Lastthiere und in ein paar Tagen waren diese verzehrt; dann fristeten sie ihr Leben mit Gras und Kräutern. Aber bald kam wieder die schreckliche Sandfläche und da verfielen sie auf ein grausames Mittel; sie schieden den zehnten Mann des Heeres aus und verzehrten ihn. Da fürchtete Kambyses, sie möchten alle einander auffressen und nun trat er, nachdem er schon Tausende seiner Krieger eingebüßt hatte, den Rückweg an.

Auch der Zug gegen die Ammonier nahm ein unglückliches Ende. Auf dem Wege erhob sich eines Morgens ein heftiger Südwind, der ungeheure Sandwirbel empor trieb und die Perser verschüttete.

Diese Unfälle erbitterten noch mehr den grausamen Kambyses. Vor Zorn übte er jetzt schonungslos die unerhörtesten Grausamkeiten. Als er nach Memphis zurückkehrte, fand er das ganze Volk im Jubel. Ein neuer Apis (ein schwarzer Ochs mit einem viereckigen weißen Fleck auf der Stirn) war gefunden und dieser Gott wurde von dem frohlockenden Volke in festlichem Aufzuge durch die Stadt geführt. Kambyses glaubte, man freue sich seiner Unfälle und ließ seine Soldaten mit gezückten Schwertern in die Volksmasse einhauen und die Priester mit Ruthen peitschen. Selbst der arme Thiergott blieb nicht verschont; Kambyses ließ ihn vor sich führen und durchstach ihn mit dem Säbel.

Seinen Kummer zu vergessen, ergab er sich von nun an dem Trunke. Keiner war mehr vor seiner Laune sicher. Einst kam sein Günstling Prexaspes zu ihm. Diesen fragte er im Weinrausch, was wohl die Perser von ihm dächten. »Herr,« – antwortete jener freimüthig – »sie geben dir das größte Lob. Nur meinen sie, du seiest zu sehr dem Weine ergeben.« »So!« – rief der König – »und also glauben sie wohl, ich sei meines Verstandes nicht mehr mächtig? Wohlan, wir wollen gleich sehen, ob sie Recht haben. Gib Acht! Wenn ich deinen Sohn, der dort unten im Vorhof steht, mit dem Pfeil mitten in's Herz treffe, so müssen die Perser doch wohl Unrecht haben.« Und mit diesen Worten nimmt er Bogen und Pfeil, legt an und zielt. Wie er abdrückt, stürzt das Kind nieder. Der Pfeil hat wirklich das Herz getroffen. »Nun, Prexaspes?« – rief der Unmensch – »bin ich wirklich betrunken? Gibt es einen besseren Schützen?« – »Nein,« – stammelte der unglückliche Vater, – »nein, selbst ein Gott hätte nicht besser treffen können.« Seinen eigenen Bruder Smerdis, über den ein Traum ihn beunruhigt hatte, ließ er umbringen; seine Schwester, die des Smerdis Tod beweinte, tödtete er mit einem Fußtritte. In Anwandlung übler Laune ließ er oft Menschen, die nichts verbrochen hatten, lebendig begraben.

Diese und andere Handlungen der unsinnigsten Wuth hatten die Gemüther von ihm entfernt. Ein Meder benutzte dieses Mißvergnügen und bemächtigte sich unter dem Namen Smerdis, dessen Tod man verheimlicht hatte, des Thrones. Kambyses war entschlossen, nach Susa zu gehen, um den Betrüger zu bestrafen, als er beim Aufsteigen aus das Pferd sich mit seinem Säbel in der Hüfte verwundete. Er starb an dieser Wunde, ohne Kinder zu hinterlassen.


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