Franz Gräffer
Franciscéische Curiosa
Franz Gräffer

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Denkmünze auf des Kaisers Genesung.

Von Joh. Gabr. Seidl,

beym Anblicke der Denkmünze auf die Wiedergenesung des Landesvaters im März 1826Der allegorische Inhalt dieser, nach des Herausgebers, Johann Ritters von Lucam, k. k. Banco-Hofbuchhl. Rechnungsofficialen, Angabe, von Joh. Ritter von Lampi gezeichneten, und von dem k. k. Münzgraveur, Joh. Lang, und dem Hrn. Fr. Stuckhard (auf der Kehrseite) ausgeführten Münze, ist folgender: Die eine Seite zeigt das Brustbild des Kaisers mit der Umschrift: Franciscus I. orbi conservatus (Franz I. der Welt erhalten); die Kehrseite enthält eine, aus den Parzen sich bildende Gruppe, deren mittlere, eben im Begriffe, den Lebensfaden des Kaisers abzuschneiden, durch Österreichs Genius, der ihr mit seiner Rechten in den Arm fällt, mit der Linken auf die Worte:Patri parce (des Vaters schone) weist, gehindert wird. Im Abschnitte stehen Jahr und Monath der Begebenheit.

Anm. d. Herausgeb. des Denkbuchs »Gott erhalte
Franz den Kaiser,« (Hrn. Ad. Bäuerle's.)

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ParCa VIro abstInVIt, CVI paCeM DebVIt orbIs.

       

Erkennt ihr sie, die Züge dieses Erzes,
    Des hellmetall'nen Spiegels freundlich Bild?
Es ist der Gegenstand jüngst uns'res Schmerzes,
    Doch nun der Lust, die uns're Seelen füllt!

O, seht es an, betrachtet's zur Genüge:
    Lebend'gen Zügen ist es abgelauscht;
Kein traurig Spiegelbild entseelter Züge,
    Vom Künstler nur um Thränen eingetauscht!

Noch wohnt in dieser Stirn' ein warmes Leben,
    Die mancher Gram mit Wolken schon umzog;
Noch lebt der Mund, aus dem, mit leisem Beben,
    Manch' heiß Gebeth für euch zum Himmel flog!

Noch ist dieß Greisenhaar ein lebend Siegel
    Für manchen schweren Prüfungsbrief der Noth,
Noch lebt dieß Aug', aus dessen mildem Spiegel
    Uns aufgetagt des Friedens Morgenroth.

Er lebt, er lebt noch: »Franz der Welt erhalten!«
    Das ist des lauten Jubels frommer Sinn;
Und wie sich's dankbar eure Herzen mahlten,
    So tritt es hier vor eure Augen hin!

Wohl hat es einen schweren Kampf gegolten;
    Gar ernsten Rathes pflog der Parzen Chor:
Der finst're Ruf, dem sie gehorchen sollten,
    Traf, Donner gleich, ihr klaggewöhntes Ohr.

Dem Faden galt's ja, der durch tausend Herzen
    Als unsichtbares Band der Liebe glitt;
Die Parze dacht' es, griff ihn auf mit Schmerzen;
    Erhob den Stahl und – wagte nicht den Schnitt.

Und wieder hob sie ihn, bey sich gedenkend,
    Daß sie die thränenlose Parze sey; –
Schon sinkt ihr Arm, zum Schnitt die Scheere lenkend,
    Da reißt ein Zuruf das Gewölk entzwey!

Ein Genius erscheint auf lichten Schwingen,
    Als Engel Oesterreichs erkenn' ich ihn:
Ich sehe Völkerangst sein Knie umschlingen,
    Und Völkerweihrauch seinen Pfad umzieh'n!

Doch hüthet er aus Eile gleich das Schweigen,
    Weß Sinn's er sey, verräth sein Blick zu warm;
Verklärend tritt er in den dunklen Reigen,
    Und fällt der Parze, wehrend, in den Arm!

»Blick' ruft er, auf, was an des Ew'gen Throne
    Geschrieben dort mit Flammenschrift erscheint;
»»Des Vaters schone!«« flammt ja dort, d'rum schone!
    Die Parze schont, und Oestreichs Engel weint,

Weint Dank, und Völker theilen sein Frohlocken,
    Und rufen laut, was stumm sein Auge rief,
Und füllen durch ihr Flehen neu den Rocken,
    Um den, so schien's, der Fäden letzter lief!

Doch nimmer kann das ihren Wunsch bescheiden,
    Was, karg und schwach, die Gegenwart verleiht;
Verew'gen wollen sie den Tag der Freuden
    Im Angedenken später Enkelzeit!

Drum kleiden sie in manch' ein Lied die Zähren,
    Die nun ihr Dank, als flüchtig Opfer, bringt:
Die Nachwelt, denken sie, wird es einst ehren,
Weil's diesen Tag, nicht wie es ihn besingt!

Sie schreibend auf in Büchern und Annalen,
    Vertausendfältigt senden sie's hinaus,
Auf daß es künft'gen Völkern möge strahlen,
Wie Oestreich hing an seinem Kaiserhaus!

Dankfeste feyern sie, voll Glut und Seele,
    Die, wer sie sah, wohl nimmermehr vergißt,
Damit der Sohn dem Enkel einst erzähle,
    Was nun dem Vater unvergeßlich ist!

Doch leicht gefährdet ist des Liedes Leben,
    Und, wie die Blume, keimt es und erstirbt;
Nicht einem Buch' ist Ewigkeit gegeben,
    Sein Wort verhallt, sein Blätterbau verdirbt;

Selbst dem Gedächtniß bangt um seine Dauer,
    Es ringt und kämpft und büßt sie endlich ein;
Und doch darf solche Lust nach solcher Trauer
    Verloren nicht und unverewigt seyn!

Was Jeder wohl als Wunsch im Busen hegte,
    Vollendet ist's, ihr seht es tief bewegt:
Was sich in's Herz, das leichtgebroch'ne, prägte,
    Hier lebt's in unzerbrechlich Erz geprägt!

An solchem Trotz' erlahmt der Sturm der Jahre,
    Kein Rost der Zeit zernagt so sichern Glanz,
Und an des sterbenden Jahrhundert's Bahre
    Lebt dieses Denkmahl kennbar noch und ganz.

Wenn längst schon andere Geschlechter wandeln,
    Wo lebensheiter unser Fuß nun wallt;
Wenn and're Seelen anders thun und handeln,
    Und neuer Gruß von neuen Lippen schallt;

Wenn, wo wir jetzo froh des Friedens hausen,
    Manch' neuer Giebel uns'rem Schutt entstieg;
Wenn heimgegangen in die dunklen Klausen
    Der Helden Mancher und mit ihm sein Sieg:

Dann findet einst, vielleicht im Schoos der Erde,
    Der Pflüger dieses Denkmahl, liest es auf,
Eilt hin und fragt, was es ihm gelten werde: –
    Doch für den Forscher ist's ein anderer Kauf!

Er liest, liest wieder, ach! und Thränen rollen
    Auf's Silberstück, wie er's erkennt, hinab,
Er ruft: »das ist von Franz, dem Gütevollen,
    Als ihn der Herr den Seinen wieder gab!«

Und alle Münzen gäb' er um die Eine,
    Stellt sie ihm Alle doch in Einer dar;
Denn deutlicher, als sie, verräth ja keine:
    »Wie gütig Franz, – wie treu sein Oestreich war!«


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