Franz Gräffer
Franciscéische Curiosa
Franz Gräffer

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Die Reiterstatuen des Oheims und des Großvaters.

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Und als wir endlich wieder niedergleiten,
Da sah ich, mild von Sternenlicht beglänzet,
Ein mächtig Bild, von Erz gegossen, schweben
Auf hohem Roß! – Siegreich das Haupt bekränzet,
Schien es in edler Ruhe herzuschreiten,
Und geisterähnlich das Metall zu leben! –
Mich faßt ein innres Beben,
Als ich hinan sah zu dem Riesenbilde!
Mir schiens zu reden, mit dem Geistermunde,
Als brächt' es ernste ungeahnte Kunde
In diese Welt, aus jenem Lichtgefilde!
»Ihr sollt mich hören!« – schien es von den Stufen,
Worauf es stand, gebiethend auszurufen. –

»O du, viel größerer Sohn berühmter Ahnen,
O du, so sprach ich, dem ein Gott zur Krone
Ein Haupt, werth sie zu tragen, auch gegeben,
Du hoher Mensch auf deinem hohen Throne,
Du kühner Streiter für der Wahrheit Fahnen,
Der du dein glühend und begeistert Leben
Geweiht dem edlen Streben
Für Recht und Licht, der du den dunklen Schleyer
Verjährten, düstern Wahnes kühn zerrissen;
Der du den Geist aus öden Finsternissen
Geführt zu reiner, würd'ger Tempelfeyer,
Der du gehaucht dein schöpferisches Werde
In deines Reiches brache, todte Erde! –

All' überall, wohin das Auge blicket
Bis an die letzte Gränzmark deiner Lande
Von der Sudeten Schnee, bis wo die Wogen
Der Ister wälzt zum fernen Heidenstrande,
Sind deiner Füße Stapen eingedrücket,
Ist deines Wandels helle Spur gezogen!
Ein ew'ger Ehrenbogen
Wölbt über deinem Nahmen sich, und bleiben
Wird ihm sein Ruhm, so lang in künft'gen Tagen
Für Großes noch bewegte Herzen schlagen!
Mag Well' auf Well' im Meer der Zeiten treiben,
Wie manches Bild ihr Strom hinweg getragen,
Das Deine wird groß, hehr, unsterblich ragen! –

So wirst du steh'n, die ew'ge Memnons-Säule,
Die freudig schallt, wenn Licht Aurora bringet,
Doch wenn zurück in's Meer die Sonne kehret,
In schmerzlich bangen Trauertönen klinget,
Von Nacht geängstigt, und dem Flug der Eule! –
So wirst du steh'n, ein Schutzgott, der, verkläret,
Vom Sonnenquell genähret,
Die Hand ausstrecket über Östreichs Fluren,
Die segnend, die dein großes Werk erhalten,
Die segnend, die in deinem Geiste walten,
Die sich, wie du dem Dienst der Götter schwuren,
Die oft verkannt, gehöhnt, geschmäht, doch immer
Glanzvoller strahlt, in immer rein'rem Schimmer!

(Zedlitz in den Todtenkränzen.)

Nichts ist begreiflicher, als daß seit den Tagen der Wiedergeburt Österreichs Alles ein erhöhtes Interesse gewonnen, was den großen Volksfürsten Joseph betrifft, nahmentlich denn auch sein Erzbild, und dieß um so mehr, als wenige Schritte davon einer der schönsten öffentlichen Plätze Wiens durch die Aufstellung eines colossalen Denkmahles, welches in artistischer Hinsicht so unendlich viel zu wünschen übrig läßt, – – – nicht geziert wurde. Charakteristisch ist, daß schon am zweyten jener Umschwungstage, nähmlich den 14. März Joseph eine Fahnen mit der Devise: »Preßfreyheit« in der Hand hielt, manche vergleichende Erinnerungen weckend.

Diese Erscheinung nun, dieses allerdings etwas steife Meisterwerk Zauners an und für sich betreffend, so lassen wir einen der sorgfältigsten und exactesten Beschreiber, F. H. Böckh sprechen:

Kaiser Franz hat seinem unvergeßlichen Oheime Joseph dem II. ein erhabenes Denkmahl errichten lassen. Dieses besteht in der colossalen Bildsäule Joseph's, in Bronce gegossen, von Zauner, welcher bey der Ausführung des Ganzen seinen eigenen Ansichten, die in der Kunst des Metallgusses Epoche machen werden, folgteEs ist hier nicht der Ort, dieselben anzuführen. Man findet das Ausführliche hierüber in Carl Bertuchs Bemerkungen auf einer Reise aus Thüringen nach Wien von 1805 bis 1806. Weimar 1808.. Dieses Meisterwerk wurde am 24. November 1807 (also nach 11 Jahren, von 1795 an) beendiget und feyerlich eingeweiht. Auf dem Josephs-Platze waren rechts die k. k. Arcieren, links die k. ung. Leib-Garde, beyde zu Pferd, aufgestellt. Vor und rückwärts des Monuments aber, welches durch ein Zelt verhüllt war, stand die k. k. Trabanten-Leibgarde. Außer diesen Garden bildete ein Grenadier-Bataillon ein zweytes Viereck. Sowohl innerhalb desselben, als auf den im Umkreise errichteten mit Tuch behangenen Gerüsten, waren gegen 6000 Zuschauer aus den gebildeten Ständen versammelt. Auf dem Spitalsplatze war ein Bataillon Infanterie, auf dem Michaels-Platze aber ein Bataillon Bürger-Garde in Parade aufgestellt. Um 12 Uhr erschien der Kaiser, begleitet von seiner Familie, von den obersten Hofämtern und den Capitänen der Leib-Garden auf dem Balcone, und wurden mit klingendem Spiele von den paradierenden Truppen bewillkommnet. Jetzt näherte sich Zauner Seiner Majestät, und überreichte ein Exemplar der in Degen's berühmter Officin gedruckten Prachtausgabe der Beschreibung dieses Denkmahles, durch welches er sich in den ersten Rang der Künstler seines Jahrhunderts emporgeschwungen hat. Mit Huld nahmen Seine Majestät das Werk auf. Zauner entfernte sich, und auf ein gegebenes Zeichen fiel die Decke, welche das Monument verhüllt hatte. Trompeten und Pauken ertönten, alle Glocken in Wien wurden geläutet, von den Wällen donnerten die Kanonen, und das Militär gab drey Salven. Abends war Frey-Theater. – Zum Beweise der ausgezeichneten Zufriedenheit über die glückliche Ausführung dieses Denkmahles hat der Kaiser den Hof-Statuar Zauner mit der taxfreyen Erhebung in den Adelstand, einer goldenen, mit Brillanten reich besetzten Tabatiere, in welcher 10,000 fl. lagen, und einer lebenslänglichen Pension von dreytausend Gulden jährlich belohnet. Die bey der Einweihung übergebene Beschreibung hat folgenden Titel: »Denkmahl Josephs des II., auf Befehl Seiner Majestät Franz des I. errichtet durch Franz Zauner, k. k. Hof-Statuarius und Director an der k. k. Academie der bildenden Künste in Wien; erklärt von Joseph Ellmaurer, Archivar und Custos der Bibliothek und Kupferstichsammlung an derselben Academie. Wien gedruckt bey Degen 1807. Fol. mit einer Abbildung des Monuments, von Jacob Merz radiert. Über die Bedeutung der Statue sagt Ellmaurer: »Auf dem ganz massiven Piedestale sitzt der Kaiser zu Pferde im Römischen Costume, mit der flachausgestreckten Rechten seinem Volke den Schutz verkündigend, den jede seiner Handlungen bezeichnete, mit der linken den Zaum haltend. Der Kraft verrathende, aber gemäßigte Schritt des Pferdes ist der dargestellten Handlung seines Gebiethers entsprechender, als jede andere Bewegung. Der Kenner wird an dem Baue desselben den deutschen Schlag finden &c.« Die Höhe des ganzen Monuments beträgt 5 Klafter 3 Schuh 8 Zoll; die Höhe des Pferdes vom vorderen Standfuße bis über die Mähne des Kopfes 2 Klafter 1 Schuh 3 Zoll; die Figur des Kaisers wäre stehend 13½ Schuh. Der Granit des Piedestals wurde unter Herrn Zauners Leitung in Matthausen gebrochen, und zwar so glücklich, daß jede der vier Lesainen aus einem Stücke seyn konnte. Das Piedestal hat durch drey Fußplatten und durch die weit vorspringenden Sockel eine große breite Basis. Auf den beyden langen Seiten des Piedestals sind zwey Bronce-Tafeln eingelassen, mit Allegorien auf die Verdienste Josephs um sein Reich, und zwar eines bezieht sich auf Josephs Reisen, auf denen er Kenntnisse zur Verbreitung wahrer Cultur und Aufklärung für seine Länder sammelte; das andere deutet auf die Freimachung des Hafens von Triest. Diese Basreliefs haben 1 Klafter, 4 Schuh, 1 Zoll Breite, 5 Schuh 4½ Zoll Höhe. In die schmale vordere und hintere Seite des Piedestals sind Schrifttafeln (5 Schuh 3 Zoll hoch, 5 Schuh 2 Zoll breit) eingelassen, die gleichfalls sammt der Schrift im Ganzen gegossen sind. Die Inschriften entwarf zuerst Denis, sie wurden aber von dem Numismatiker Abbé Neumann etwas abgeändert. Auf einer lieset man: Josepho II., qui saluti publicae vixit non diu, sed totus; auf der anderen: Franciscus Rom. et Austr. Imp. ex fratre nepos alteri parenti, posuit 1806. Um das Monument stehen vier große Pilaster von Granit, 1 Klafter 2 Schuh 8 Zoll hoch. Die auf denselben angebrachten Medaillons (1 Schuh 7 Zoll im Durchmesser) bezeichnen die (nach den unter Joseph dem II. geprägten Schaumünzen) merkwürdigsten Epochen seiner Regierung. Die erste auf dem vorderen rechten Pilaster wurde auf Josephs Geburt geprägt; sie stellt den Hercules vor, wie er die zwey an ihn gesendeten Schlangen zerdrückt. Die Inschrift ist: Natus 1741. 13. Martii. – Die zweyte auf Josephs erste Vermählung (den Hymen, wie er seine Fackel am Opferaltare anzündet, vorstellend) hat die Aufschrift: Felix connubium celebrat Vindob. 6. Octob. 1760. – Die dritte, auf Josephs Krönung zum römischen Könige, stellt eine Frau vor, welche eine Thurmkrone auf dem Haupte hat, auf einem Thronsessel sitzt, und ein Steuerruder und das Horn des Überflusses hält. Die Umschrift lautet: Gloria novi seculi. El. et cor. Francof 1764. – Die vierte (Auswurfsmünze bey dieser Krönung) zeigt eine über den Wolken schwebende Weltkugel, und über derselben das Auge Gottes. Umschrift Virtute et Exemplo. – Auf dem vorderen Pilaster links ist die von Joseph gestiftete militärische Verdienst-Medaille. In einem über Trophäen schwebenden Lorbeerkranze stehen die Worte: Der Tapferkeit. – Die zweyte, auf Josephs und Leopolds, seines Bruders, Ankunft in Rom daselbst geprägte Münze stellt die Stadt Rom in einer weiblichen Figur vor, welche in einer Hand einen Speer, in der anderen eine Kugel hält; zu ihren Füßen ruhet der Tiber-Fluß. Die Umschrift heißt: Roma exultans ob fratrum Augg. adventum 1769. – Die dritte, auf Josephs Reisen nach Italien geprägt, stellt den Kaiser im römischen Costume zu Pferde vor, Minerva vor ihm einher gehend. Inschrift: Italia a Caesare perlustrata 1769. – Die vierte, auf Josephs erste Reise nach Siebenbürgen, zeigt uns den Kaiser, wie er, von der Freygebigkeit begleitet, zu einem mit Siebenbürgens Wappen geschmückten Stadtthore einreitet. Inschrift: S. P. Q. D. optim. Princ. Adventus Aug. 1773. –Auf dem hinteren Pilaster links ist das erste Medaillon ebenfalls auf Josephs Ankunft in Siebenbürgen; der Kaiser sitzt in römischer Kleidung zu Pferde; vor ihm steht eine Frau, Siebenbürgen vorstellend, und reicht ihm die Hand. Umschrift: Felicitas Daciae. Profectio Aug. 1773. – Das zweyte, auf die Organisierung Galiziens (eine männliche Figur im antiken Costume hält die Urkunde in einer Hand, und reicht die andere über einem Kornscheffel) hat die Aufschrift: Conventu Ordin. Perpetuo in Galicia et Lod. constituto. 1782. – Die dritte Münze, zum Denkmahle der in Lemberg errichteten Universität; eine mit Lorbern umwundene Lyra (neben derselben eine Eule und das galizische Wappen) vorstellend, hat die Inschrift: Optimar. art. ludis in Galicia constitut. Academia Leopol. 1784. – Auf der vierten schweben zwey Gesetztafeln in Wolken; die Umschriften: Dilige Deum super omn. prox. ut te ipsum; und Pauperum Institutio Vindob. 1784, deuten auf die Errichtung des Armen-Institutes in Wien. – Die erste auf dem hinteren Pilaster rechts (zwey aus den Wolken ragende Arme sich die Hand reichend) wurde auf die Toleranz geprägt. Aufschrift: Concordia Religionum. – Die zweyte, die Hauptseite des Gebäudes der medicinisch-chirurgischen Josephs-Academie vorstellend, deutet auf die Errichtung derselben, und hat die Inschrift: Curandis militum morbis et vulneribus. Academia medico-chirurgica instituta Viennae 1785. – Die dritte (der Genius der Kunst die Jugend zum Tempel der Minerva führend) wurde auf die Erweiterung der Academie der bildenden Künste geprägt, wie dieses die Worte: Ingenio et Industriae – Academia Vien. novis institutis aucta 1786 1786 beweisen. – Das vierte Medaillon stellt den Lehrer des Taubstummen-Institutes mit zwey Zöglingen vor. Die Umschrift heißt: Surdi mutique sollicitudine et munificentia Principis societati sibique utiles redditi. – Diese 16 Haut-Reliefs sind mit matt gearbeiteten Lorbeerkränzen umgeben. Zwischen diesen vier Denkmählern tragen kleinere Granitpfeiler die Ketten.

»Die Ketten!« Nun denn endlich auch die des Geistes gesprengt, ein frischfreudiges lebendiges Wort. »Kaiser Joseph und die deutsche Fahne.« Von R. A. vom Jahre 1848 in Frankls Sonntagsblättern, July, S. 513 und folg. – »Wien both in dieser Woche einen freudigen Anblick dar: Fackelzüge, Musik, schallende Glocken, flatternde Fahnen, deutsche Bänder, Reden und begeisterte Worte. Es war nach längerer Pause, nach dem grauen Wahlhimmel ein sonniger Lichtblick. Man gab sich dem freudigen Stolze hin, daß Deutschland einen Österreicher sich zum Reichsverweser gewählt hat. Wir ließen uns, die wir das Volk lieben, nicht die Freude trüben, daß er ein unverantwortlicher seyn solle, und werden diesem Gegenstande einen eigenen Artikel widmen; jetzt ergreifen wir die Feder um ein Fest zu schildern, das eines der erhebendsten seit den Märztagen war. Ein Jurist, wir bedauern seinen Nahmen nicht zu wissen, widmete eine reiche deutsche Fahne, um mit ihr das Standbild Josephs II. zu schmücken. Die academische Legion zog man am 7. d. M 10 Uhr mit klingendem Spiele auf den Josephsplatz und umschloß in weitem Viereck das Standbild. Die Musik ließ das deutsche Lied hören, darauf trat Hr. Fried. Kaiser, Officier der acad. Legion, auf die Stufen des Standbildes und sprach folgendes mit vielem Beifall aufgenommene Gedicht:

Im Morgenstrahle seiner Freyheit blickt
Das Volk empor zu eines Herrschers Bild,
Den es, obgleich der Tod ihn selbst entrückte
Lebendig doch im tiefsten Herz behielt.
Seht, wie dies Bild so einfach sich erhebt,
s' ist kein Symbol der Tugend um ihn her,
Wer so wie er gewirket und gestrebt,
Bedarf nicht eherner Symbole mehr.
Setzt Andern hin die Tugenden aus Erz
Lebendig offenbarte sie sein Herz.

Nennt ihn den Zweiten in der Nahmenreih',
Er war der Erste seinem Volke doch,
Der Erste, der den Geist erklärte frey,
Der Erste, der gelöst das Sclavenjoch.
Ihr preist den, der genügte seiner Zeit,
Und wähnt, es wär genug für alle Zeiten,
Er hat den Zeitstrom überflügelt weit,
Er wollte das, um das wir mußten streiten.
Drum, da wir nun gesiegt und da der Kampf zu Ende.
Gebt ihm das Siegeszeichen froh in seine Hände.

Die Fahne wurde hierauf an der Hand des Standbildes befestigt, das Haupt desselben mit einem Lorbeerkranze, der schon in den nächsten Tagen mit einem aus Bronce vertauscht werden wird, geschmückt und die österreichische Volkshymne von der Musik gespielt. Mitlerweile wurden die Deputaten aus Frankfurt feyerlich eingehohlt und vom Obercommandanten Pannasch mit einigen herzlichen Worten begrüßt, die der Deputirte Raveaux erwiederte. Er sagte beyläufig:

»Ich bedaure sehr, daß nicht ganz Deutschland Zeuge ist von der herzlichen und ehrenvollen Aufnahme, die seine Abgeordneten in Wien gefunden. Ich werde es aber erzählen und die Sympathien, die mächtig für Österreich schlagen, werden noch inniger werden. Ich bedauere nach so kurzem Aufenthalte die alte ehrwürdige, deutsche, freyheitsbegeisterte Stadt verlassen zu müssen; die Erinnerung an sie und besonders an dieses Fest wird nie aus meinem Gedächtnisse schwinden.«

Hierauf sprach Hr. J. N. Vogl, Officier der academischen Legion folgendes von vielem Beyfalle begleitetes Gedicht:

In deinen Händen soll das Banner wallen,
    Das Zeichen für des Volkes Treu' und Recht,
Obgleich dein Bild, da du in Staub gefallen,
    Nunmehr umwogt ein jüngeres Geschlecht.

In deinen Händen soll das Banner wallen,
    Da du nur nach der Völker Wohl gestrebt,
Und kühn vorausgeschritten ihnen allen,
    Als Bannerführer, die mit dir gelebt.

Die Zeit, von der in einsam stillen Nächten,
    Du oft geträumt, sie ist nunmehr erwacht,
D'rum laßt uns mit Vergangenem nicht rechten,
    Da uns der junge Freyheitsmorgen lacht.

In Habsburg's Enkel wird zur Wahrheit werden,
    Für was der Ahnherrn edles Herz nur schlug,
Und Völkerglück wird heimisch sein auf Erden,
    Trotz allem Bösen, Hinterlist und Trug.

D'rum mögst du auf die Deinen niedersehen,
    Die noch Dein Angedenken hochentzückt; –
In deiner Hand soll Deutschlands Banner wehen,
    Du Edelster, den eine Kron' geschmückt.

Nun bestieg Ludw. Aug. Frankl, Officier der academischen Legion, die Stufen und hielt folgende Rede:

»Ein edler, österreichischer Dichter sang von Joseph dem Zweyten: »Ein Despot ist er gewesen, ein Despot, wie es der Frühling ist, der zum eisbedeckten Strome sagt: Fluthe! der zu den Bäumen sagt: Grünt!« Joseph sagte zu dem rothen, lange niedergehaltenen Strome im Herzen seiner Völker: Fluthe frey, werde stolz du Herz meines Volkes; Er sprach zum Geiste: Sprenge die Knospen, und grüne und blühe, werde frey du Geist meines Volkes. Joseph der Zweyte liebte sein Volk und mit tiefer Rührung lese ich die Worte, die hier dem Sokel seines Standbildes eingegraben sind: »Non diu, sed totus« Nicht lange, aber ganz. Ganz gehörte sein Herz dem Volke, alle seine Gefühle, alle seine Gedanken waren ihm geweiht, und was er besaß, er schenkte es mit offenen Händen, darum ist auch seine Hand, die zu segnen scheint, offen; er ließ seine Liebe aus ihr als Segen herabregnen, er vermachte seine Liebe seinen Völkern nicht, er gab sie ihnen so lange er lebte in Thaten. Das Wunder ist bekannt, das der h. Januarius in Neapel zu wirken pflegt. In krystallenen Geschirren wird sein eingetrocknetes Blut gezeigt, wenn aber das Volk feyerlich erscheint, andächtig bethet, und sein Fest begeht, beginnt das Blut flüßig zu werden und siedet und wallt empor. Ich habe das Wunder in Neapel mit angesehen. Meine Freunde! Nur zwanzig Schritte von uns entfernt, in der Augustinerkirche wird das Herz Joseph des Zweyten in silberner Urne verwahrt. Ich glaube daran in diesem Momente, wo wir feyerlich ein Fest begehen für ihn, wallt sein Blut empor in der Urne und jubelt uns den Gruß zurück, den wir ihm bringen. Und dieses feurige, edle, herrliche Herz, mit welchem Kummer, mit welchem unsagbarem Schmerze ist es zur Grube gefahren! Die Grabschrift ist bekannt, die Joseph auf seinem Sarge eingegraben wünschte: »Hier liegt ein Fürst, der stets das Gute wollte, und dem es nie gelungen ist.« Er mußte Alles zurücknehmen, was er Großes, Herrliches für sein Volk gewollt, wie tragisch ist dieser Gedanke, mit dem er starb. Aber Eines nahm er nicht zurück, wie er auch Alles Andere verzweifelnd an der dennoch geliebten Menschheit aufgab auf seinem Todtenbette: die Liebe, die er für alle Religionsgenossen ausgesprochen hat, die Toleranz für jede gläubige Gesinnung, die Gleichheit der Menschheit auf Erden, wie vor Gott im Himmel. An diesem Gedanken hielt er fest, er war der Abschiedsgruß an seine Völker. Worte von Sterbenden erfüllt man doch sonst gerne, und haben wir das gethan? Und doch sind es Worte eines großen, geliebten Todten. Laßt uns in diesem heiligen Momente, in dieser weihevollen Feyer es schwören, die treuen Executoren seines Testamentes zu seyn! Dieses sein Standbild aber stund lange in einer Gedankenwüste, die sie künstlich um uns her aufgesandet haben, es war die Memnonssäule Österreichs, die da zitternd erklang, wenn ein Lichtgedanke heimlich hervorbrach, und ich höre jetzt es tönen durch das gewaltige Erz, weil es endlich Tag geworden ist. Was aber soll der Todte mit dem Ruhme? Was nützt ihm unsere Feyer, die Todten bleiben ungerührt vom Haß wie von der Liebe! Ich führe hier einen anderswo bereits ausgesprochenen Vers an:

Jedem Kämpfer soll die Feyer sagen:
Es geht im Daseyn keine That verloren,
Wenn edle Geister sie in's Leben riefen,
Wenn sie die Selbstsucht eitel nicht geboren.
Wie Götterbilder, die im Schutte lagen
Durch ein Jahrtausend in Pompejis Tiefen,
Wo sie vergessen schliefen;
Wird großer Thaten Riesengeist erstehen,
Und wird verwandter Geister sich bemeistern,
In Flammen setzen und mit Glut begeistern,
Ein Sturmwind Gottes durch die Nachwelt wehen,
Der klingend zieht ein schöpferisches Werde:
Josephs Gedächtniß stirbt nicht auf der Erde.

Der Abgeordnete Heckscher nahm hierauf das Wort: »Es ist der bedeutungsvollste Moment, den ich in Wien erlebe, und ich freue mich mit innigster Rührung, und danke Ihnen, daß Sie mich ihn miterleben ließen. An dem Standbilde des großen Monarchen müssen wir aber daran denken, daß wir mit Ruhe an einen neuen Bau gehen müssen, daß wir nichts überstürzen, nicht zu früh Früchte pflücken dürfen. Diese große Lehre gibt uns das Leben des Monarchen, den wir eben feiern. Ich scheide aus Ihrer Mitte mit dem erlangten Bewußtseyn, wie sehr sich Österreicher und Deutsche als Brüder fühlen, und dies ist der erhebendste Gedanke, den ich mitnehme.« Die kleine unansehnliche weiße Fahne mit der Devise: Preßfreyheit, die Josephs Statue seit dem 14. März in der Hand hielt, wurde hierauf von einem Officier der Nationalgarde, die sich sehr zahlreich bey der Feyer eingefunden hatte, getragen und im feyerlichen Zuge in das bürgerliche Zeughaus gebracht, wo Hr. Friedrich Kaiser mit einigen treffenden Worten, die er aus dem Fenster des ersten Stockwerkes sprach, sie zum ewigen Andenken übergab. Es verdient bemerkt zu werden, daß bey diesem Feste zufällig nur Schriftsteller sprachen, Männer, denen schon Joseph das ihnen gewiß Wünschenswerteste gegeben hat. Preßfreyheit.«

Wir können hier noch einer andern ehernen Reiterstatue erwähnen, die des Vaters Josephs, welche gegenwärtig nicht weit von jener des Sohnes, nähmlich im Burggärtchen aufgestellt ist.

Eine vorzügliche Zierde des Hofgartens ist auch die Statue Franz des I., römischen Kaisers, welche vormahls auf der Burg-Bastey in dem sogenannten Paradies- oder Kaisergarten stand. Der Kaiser ist in Lebensgröße und in spanischer Mantelkleidung zu Pferde aus weichem Metalle von B. Moll, einem Wiener Künstler, verfertiget. Der Nahme des Künstlers ist auf der Pferdedecke eingegraben. Seine Majestät der Kaiser haben diese Statue von der Familie des Künstlers, gegen eine derselben gnädigst bewilligte jährliche Leibrente, an sich gebracht, und bey Übersiedlung der Statue aus dem vormahligen Paradies-Gärtchen von der Bastey hieher, dieselbe auf ein schönes Piedestal mit folgender Inschrift: Divi Francisci I. Rom. Imp. Statuae Franciscus I. Aust. Imp. Avi opti. Maximi memoriam veneratis hunc locum optavit, ut in suorum conspectu semper esset. MDCCCXIX. (Böckh Wiens Schriftsteller, S. 444.)


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