Franz Gräffer
Franciscéische Curiosa
Franz Gräffer

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Die erste Vermählung; Costum, Ceremonien etc.

»Vollständige Beschreibung der Vermählungsfeyer des Erzherzogs Franz von Toscana mit der Prinzessinn Elisabeth von Würtemberg. Von einem Augenzeugen aufgesetzt.«

Sonntags den 6. Januar 1788 Abends um 7 Uhr ging die Vermählung des Erzherzogs Franz in der k. k. Hofcapelle vor sich. Diese Capelle war bey dieser Gelegenheit mit rothem Damast durchaus tapezirt, und für Se. Majestät den Kaiser auf der Seite ein Baldachin errichtet. Ich war ein Zuschauer bey diesem herrlichen Feste, und hatte ein blaßgrün tuchenes, reich mit Gold gesticktes Kleid an, welches meine Gemahlinn eigenhändig gestickt hat.

Der Zug ging aus dem Spiegelzimmer, über die große Botschafter-Stiege, durch die beyden Vorzimmer der Capelle, in die Hofcapelle selbst, wo ersteres sowohl als die beyden letzteren mit einer Menge von Kron- und Spiegelleuchtern auf das glänzendste illuminirt waren. Die Cavaliers versammelten sich vorhero in der Rathsstube, die Damen aber, deren 114 an der Zahl waren, in dem Oratorio der Capelle, bis auf die Dames de Palais, mit der Obersthofmeisterinn an der Zahl 13, welche auch im Spiegelzimmer sich versammelten. Die Braut führte der Herr Graf von Colloredo, Oberhofmeister des Erzherzogs, den Bräutigam aber der Herzog Albert von Sachsen-Teschen. Die Trauung verrichtete Se. königl. Hoheit der Churfürst Maximilian von Cölln, dem der Bischof von St. Polten und der Weihbischof von Wien assistirten, worauf sodann das Te Deum gesungen wurde.

Die Prinzessinn Braut erschien dabey en grande parure in einem Kleide über einen mäßigen Reifrock, mit rückwärts herabrollenden Falten, durchaus von Silberstoff, mit Spiegelsteinen oder pierres de straas gestickt und mit silbernen Spitzen und Schleifen ringsherum garnirt. Die Brust sammt dem Bruststücke war ganz mit Brillanten überdeckt, so wie auch ihr Kopfschmuck, der aus lauter brillantenen Federn und Rosen bestand, und dessen Gewicht allein, nach der Angabe des Herrn Juweliers Mack, sechs und ein halbes Pfund wog. Der erlauchte Bräutigam erschien dabey in seiner Obristen-Uniform, weiß mit kirschfarbenen Aufschlägen und brillantenen Knöpfen und dem Toison-Orden. Se. Majestät der Kaiser war in Feldmarschalls-Uniform, gleichfalls mit brillantenen Knöpfen, welche sammt den Rock- und Weste-Knöpflöchern eine Million und 305000 Gulden kosteten, und mit allen Ordens Insignien umhangen, davon das große Theresienband allein in 4 Reihen mit 920 Brillanten besetzt waren, ohne das Kreuz. Überhaupt wird der ganze Schmuck auf 4 Millionen und 580000 Gulden geschätzt.

Die Hofdamen hatten außer dem kostbaren Kopfschmuck große Bouquets von Brillanten, und ebenfalls gold- oder silberstoffene Kleider, mit Gold und Silber reich gestickt, an, so wie auch die Hofcavaliers, welche noch überdieß mit allen ihren Ordenszeichen dabey erschienen. Unter denen zeichnete sich besonders aus, der Fürst Carl Liechtenstein, der Fürst Esterhazy und Kaunitz.

Die deutsche, ungarische und polnische Edelgarde paradirten dabey in ihrer Galla-Uniform, von der ungarischen aber in sehr geringer Anzahl, weil die meisten zu ihren Regimentern abgingen. Von paradirenden Leiblaquais war eine ziemliche Anzahl, wie auch 12 Edelknaben in rothscharlachenen Uniformen, sehr reich mit Gold besetzt und Hüte mit weißen Federn.

Nach der Trauung verfügte man sich sogleich wieder in die vorigen Hofzimmer zurück, um daselbst die allseitigen Glückswünsche zu empfangen. Sodann ging es zu dem öffentlichen Soupée, welches unter einem sehr kostbaren mit Gold gestickten Baldachin (welcher 30,000 Gulden kostete), mit dem goldenen Service und einer Tafelmusik gehalten ward. Es bestand nur aus 6 Couverts, nähmlich zwey für das hohe Brautpaar, zwey für des Kaisers Majestät und dessen Herrn Bruder, den Churfürst Maximilian, und zwey für den Herzog Albert und dessen Frau Gemahlinn, die Erzherzoginn Christina. Die kaiserl. königl. Truchsesse und Kammerherrn servirten dabey, und der übrige hohe Adel sammt den auswärtigen Herrn Gesandten waren mit zugegen. Auf der Mitte der Tafel stand ein massivgoldener Surtout, welcher sammt dem Korbe 160 Mark schwer ist, und zwey goldene Girandolleuchter, jeder mit drey Armen. Der Spiegelsaal war mit 600 Wachskerzen erleuchtet; an deren Seiten waren erhabene Bänke mit rothem Tuche überzogen, für die Damen zum Zusehen, die übrigen vom Adel standen unten. Um die Tafel herum paradirte sowohl die deutsche als ungarische und polnische Garde mit bloßem Gewehr.

Während des Soupées sangen Herr Adamberger und Demoiselle Cavalliery einige italienische Arien, wofür Sänger und Sängerinn, jedes insbesondere mit 100 Ducaten beschenkt wurde. Nach 10 Uhr war das Soupée geendigt, und alles ging auseinander.

Der Churfürst Maximilian erhielt von der Braut zum Trauungsgeschenke ein mit rosenfarbnen Brillanten besetztes Kreutz, der Churfürst dagegen gab derselben sehr kostbare brillantene Armbänder. Die Erzherzoginn Christina gab derselben ein brillantenes Bouquet.

Am folgenden Tage, als den 7. Januar, um 8 Uhr Abends, fing der Freyball in den beyden Redoutensälen an, die der Kaiser schon einige Zeit vorhero zu diesem Feste zubereiten ließ. Alle Wände waren weiß lackirt und stark vergoldet. In beyden Sälen waren Fenster und Thüren mit Vorhängen von Silbertock, wovon besonders die im großen Saale rothe, im kleinen aber grüne Streifen hatten, decorirt.

Der große Redoutensaal ist 57 Schritte lang, und 26 breit, hat 20 Korinthische gerieselte Säulen, weiß mit Gold, 6 vergoldete Karyathiden und 20 krystallene Kronleuchter. Der kleine Redoutensaal ist 35 Schritte lang, und 26 breit, und hat 13 Kronleuchter. Alle Kronleuchter hingen an Blumenketten, welche der Farbe des Blumentocks in jedem Saale entsprachen. Außer diesen waren eine Menge Wandleuchter rings herum im Saale und in den Ecken angebracht, welche Bäume mit Blättern und Blüthen von lackirtem Bleche vorstellten, und auf den weißen Wänden des Saales, die reich mit goldenen Leisten und Rosetten verziert waren, einen ungemein reitzenden Anblick gewährten.

Im großen Saale war ringsherum eine große Gallerie erbauet, auf welcher Personen, die nicht tanzen wollten, bequem sitzen und zusehen konnten. Das Orchester war oben auf einer von diesen Gallerien angebracht. Herr Isasselbeck componirte die Musik zu dem Tanz im ersten und Herr Hilmar zu dem im letztern Saale. In den Nebenzimmern waren die Büffets, wo man unentgeldlich Caffee, Thee, Punsch, Schocolade, Limonade, Mandelmilch, Gefrornes &c., alle Gattungen inländischer Weine, so wie auch alle Arten von Gebratenem und Gebackenem auf das niedlichste und zum Überfluß zubereitet erhalten konnte.

Alle durch Billets dazu geladenen Freygäste waren im größten Putze. Die Frauenzimmer entweder in ihren eigenen Gallakleidern, oder in einer sich selbst erwählten idealischen Tracht, die Männer in weißen Domino, oder in schwarzen Venetianer Mänteln; jedoch alles auf Befehl des Hofes ohne Larven, und die Elegants während derer Durchlauchtigsten Gegenwart, ganz Chapeaubas. Die meisten Damen trugen Kleider von weißem oder färbigem Crep, mit weißen, rothen oder schwarzen Leibchen. Die Kleider waren größtenteils mit Blumen-Dessins, oder Muschen von Folie geziert. Manche hatten diese Dessins von farbigem Taft, oder wirklichen Kunstblumen. Auf dem Kopfe trugen sie Poufs von Atlas, Flor oder Silber-Tock, weißen oder bunten Crep, Federn, Blumen, oder silberreiche Bänder, die nebst großen Reiherfedern von dünnem schmalen Silberlahn die neueste Mode sind, und vornehmlich auf einem Balle bey vollem Lichterglanz ungemein brilliren. Wer Schmuck hatte, trug ihn meistens auf ein schwarzes breites Sammtband gesetzt, wie ein Diadem, unterhalb der Pufte von Flor, in den Haaren. Einige Damen hatten eine Art von Turban, der reich mit Perlen und Edelsteinen umschlungen war, aufgesetzt, Robes à la Turque oder Turquoisen von verschiedenen Farben dazu an.

Gegen 9 Uhr erschien das hohe Brautpaar mit seinem Gefolge. Das Kleid der Durchl. Braut war von seinem weißen Linon mit Lilas-Muschen, und seitwärts mit breiten Bändern garnirt. Fünf Spangen von schmalen Lilas-Bändern mit breiten Blonden angereiht, gingen schief über das Kleid, und verloren sich am Ende in eine Halbschleife, aus welcher überall eine Rose fiel. Die Ärmel waren von oben bis unten mit schmalem Lilas-Bande umwunden, und zwischen jedem Bande wand sich eine Schnur von großen Brillanten um den Arm herum. Der Rock war von weißem Atlas mit einer Falbel von weißem Flor mit Silberstreifen durchzogen, und von oben und unten mit breiten Bändern garnirt, mitten durchlief eine Guirlande von Rosen. Über diesen war ein Rock von gleichem Silberflor, auf der linken Seite mit einer blaß Lilas-Bandschleife aufgeschürzt, aus dem ein Rosenbouquet hervorragte. Um den Hals trug sie ein Fuchu à la Reine (eine Art Halstücher, welche die Königinn in Frankreich trägt) von prächtigen Spitzen. Über das Kleid fiel eine Art Umschlag von der Brust, der blaß Lila im Grunde und auf beyden Seiten mit Schmuck besetzt war, und ebenso war auch die Binde um den Leib. Vorwärts hingen noch fünf Schnüre große Brillanten ovalförmig gegen die Spitze des Corsets. In der Mitte des Busens hing das Porträt des Erzherzogs Franz in einem großen Medaillon von Brillanten eingefaßt, an einer Schleife von unendlichem Werthe, aus welcher sich ein brillantener Lilienstrauß, statt der gewöhnlichen Bouquets hervorbog. Der Kopfputz war etwas mehr als bisher gewöhnlich groß, die Frisur aus dem Gesichte, jede Seite in 4 gestürzte Locken geformt, die aber eine breite Wand ausmachten. Von der rechten zur linken Seite, war eine Reihe großer beweglicher Brillantrosen, dann 2 Bogen von Lilasbande mit prächtigen Spitzen, rechts ein Rosenbouquet, links drey weiße Schwungfedern mit lilafarbnen Spitzen; rückwärts ein langer Schleyer von Silberflor, die hintern Haare in einen nicht gar langen Chignon aufwärts geschlagen.

Der Durchl. Bräutigam war in Uniform und in einem weißen Domino.

Die Erzherzoginn Christina hatte ein Lilaskleid und einen weißen Rock an, und einen durchaus brillantenen Gürtel um.

Der Churfürst Maximilian erschien im Abbé-Kleide mit brillantenem Pectoral und den Insignien des Deutschmeister-Ordens, und endlich der Kaiser selbst in Uniform und einem schwarzen Domino.

Braut und Bräutigam eröffneten den Tanz durch eine Menuet, nach welcher man sogleich in den an den Saal stoßenden Nebenzimmern zu kredenzen anfing. Ebenso wurde auch bald nachher mittelst einer vierseitigen transparenten Papierlaterne mit der Inschrift: Die Speisen sind aufgetragen, die ein Mann an einer langen Stange in den beyden Redouten-Sälen auf und ab trug, das Losungszeichen zu den 24 Soupée-Tafeln gegeben, wovon eine dem Hofe selbst, 10 den Damen des hohen Adels und 13 den Damen des niedern Adels sowohl, als den übrigen aus den k. k. Hofstellen und denselben untergeordneten Dicasterien bestimmt waren, und wo bey jeder Tafel eine eigene aus ihrer Classe, vom Hofe selbst bestimmte Dame, die Honneurs machte, die auch ihre vom Hofe gewählten Gäste durch besonders dazu erhaltene Billets einzuladen die Vollmacht hatte. Diese Tafel wurde aber nicht in dem Redoutensaale selbst, sondern in denen demselben zunächst liegenden Zimmern der Burg gegeben. Kaiserliche Grenadiere trugen bey den Büffets in den Redoutensälen sowohl als auch bey den besondern Damen-Tafeln die Speisen zu.

Der Hof blieb nur ohngefähr bis gegen Mitternacht und alles ging in der größten Ordnung, Eintracht und Freude vorüber, und der Ball endigte sich nach 7 Uhr des andern Morgens. Es waren bey diesem Balle gegen 4600 Menschen.

Am Trauungstage wurden 6000 Ducaten an die Armen ausgetheilt. Den Tag nach dem Freyballe war freyer Einlaß in die beyden Stadt-Theater. Im k. k. National-Schauspielhause nächst der Burg, wurde eine neue italienische Oper, welche betitelt war: Axur, Ré d'Ormus gespielt, welcher der ganze Hof sammt dem hohen Adel en parure beywohnte. Den 10. war der eigentliche Hofball im Spiegelsaale sammt Soupée, und hiermit wurden alle Feyerlichkeiten geschlossen.


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