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Elftes Kapitel

Wie das Weibervolk es erfahren muß, daß das Mannevolk es nicht fassen tut

Anne Bäbi dagegen war hellauf und mochte nicht warten, bis es den Hansli hinter dem Umhang hatte und ihm erzählen konnte, wie sie afe gfellig seien, ein so hübsches und kuraschiertes Söhniswyb zu bekommen; die werde Mädi angers rangieren und den Jakobli aufklepfen, daß es fry keine Art hätte; im ganzen Dorf sei keine, welche ihr die Schuhriemen auflöse; und grusam vornehm sei sie, sie hätte einen Vetter, der sei schier dr Öberst zBern, und daher sei das Mönsch gekommen, es hätt eim duecht, es hange ein ganzer Krämerladen an ihm, so heyg es glitzeret und gschine. Jetzt müsse man aber auf der Stelle i dHäng speue. Morgen müsse man den Zimmermann holen lassen, um von wegen der Bhusig auf dem Ofenhaus mit ihm zu reden, und die Näherin; es müßten Hemder gemacht sein für Jakobli und Bettzeug, und am Donnstag müßte Hansli auf Burgdorf, um zu fragen, wo öppe e Schryber sei, der dSach mache könne, daß es es heyg, und doch notti nit e Bschyßne; es syg hützutag neue niemere mehr recht z'traue, bsungerbar de Schrybere. Es wolle mit ihm gehen und gleich noch allerlei einkaufen, was es öppe mangle; sie müß de öppe gseh, daß sie in ein Haus komme, wo nit öppe nüt sei.

«Aber pressiert das sövli?» fragte endlich Hansli. «Du Göhl, warum wollte das nicht pressieren? Weißt nit, wie es an ein Aufweisen geht, wenn Zwei zusammenwollen? Und wenn man ein anständiges Mönsch an der Hand hat, so muß man es den Teufel nicht wissen lassen, sondern abfahren mit ihm, sonst hats gefehlt.» «Aber seid ihr denn sövli richtig?» «Sövli richtig! Meinst, wenn wir nicht richtig wären, ih und dZyberlibüri, es wär mir so daran gelegen?» «Was sagt der Bub dazu, ists ihm anständig?» fragte Hansli. «E dummi Red, was sagt der Bub dazu! Was wollte der dazu sagen, und was sollte ihm nicht anständig sein? Der kann beim Schieß froh sein, daß man so zu ihm luegt und sövli für ihn tut. Nit en iederi Mutter würde einem Söhniswyb Platz machen und dSach us de Fingere gä. Und de ga z'frage: ‹Was seyt dr Bub, ists ihm anständig!› Es selligs bravs Mönsch noch dazu; lueg, man könnte es am schwersten Güterwagen an der Deichsel brauchen.»

«Gfallts ihm?» fragte Hansli. «Gfallts ihm, gfallts ihm! Ih ha jetzt de afe bald gnue, du willst mich nur bös machen und ausspielen; wie sollte ihm Eine nicht gefallen, wo ist wie ein angestrichenes Landfaß mit eme Gring zoberist oder fast wie es gmalets Fürsprützehüsli?» «Was het er gsit?» fragte Hansli. «Was het er gsit! Was het er gsit! Los, jetz, schwyg mir, jetzt han ih gnue, und wenn d e Narr ha witt, su häb de mynethalb e ysige! Was het er gsit? Nüt het er gsit, was hätt er welle säge? Aber aglueget het ers, als wenn es e warme Misthufe wär und er e Nebelkrähye.» «Sie werde o gredt ha mitenangere?» fragte Hansli ganz leise. «O gredt ha mitenangere! Was hätte si mitenangere sölle rede? Gredt ha mitenangere! Jetzt wey mr schwyge, jetz han ih gnue für hinecht, gnue han ih! Los ume, wenn d no einist so gege mir bist, su chast de für es angers Anne Bäbi aus, mich siehst du nicht wieder!»

Nachdem Anne Bäbi diese Kriegserklärung abgegeben hatte, drehte es sich gegen die Wand und ließ keinen Gux mehr aus, und Hansli ebenfalls nicht; so ward es stille im Stübchen, es schlich der Schlaf herbei und deckte das Ehepaar mit seinen weiten Flügeln.

Am folgenden Morgen bschütteten Hansli und Jakobli miteinander; der erstere stieß das Bücki, der letztere trug den Gohn nach. Als sie draußen im Baumgarten waren, wo der frischgemähte Fleck erlabet werden sollte, stellte Hansli sein Bücki ab, nahm das Pfeifchen hervor, und während er darin grübelte, fragte er Jakobli: «Was seist drzu?» «Was meinst, Ätti?» fragte Jakobli. «He, was du zu dem Mönsch sägest, wo gestern mit euch getrunken hat in Kriegstetten?» «Aparti nüt, Ätti», antwortete Jakobli. «Hets dr gfalle?» fragte Hansli. «Es ist es tolls», antwortete Jakobli. «He nu so de!» sagte Hansli, nahm den Gohn und begann zu bschütten, so schön er konnte, langgestreckt einen Gohnwurf dicht am andern. Es duechte Jakobli, er möchte den Vater fragen, warum er nach dem Mönsch gefragt hätte, was das bedeuten solle. Aber ob dem Denken daran kamen ihm die gelben Züpfen wieder vor Augen; er mußte nur wieder denken: «Keys Wörtli gseit, keys Zeiche ta», und vergaß ob diesem des Vaters Fragen.

Anne Bäbi aber, das fuhr ganz herrisch im Hause herum wie der Kaiser Napoleon zu seiner Zeit in Deutschland, ließ bedeutsame Worte fallen besonders gegen Mädi, zum Beispiel, es sei gut, daß bald öpper anger hier befehle, es könne afe nichts mehr befehlen, das recht sei; aber man werde noch manchmal an ihns denken; es sei gut, daß dSach allbeeinisch schangschiere, es gebe Leute, die es sonst nie erführen, wie gut sie es einmal gehabt hätten, und solchen geschehe volles Recht, wenn es ihnen einmal ungsinnet Matthäi am letzten läute.

Mädi war nicht der Art, sich lange stillschweigend mit verblümten Redensarten traktieren zu lassen; es sagte, Anne Bäbi solle es doch geradeheraus sagen, wenn es nicht mehr recht sei hier; es gehe noch heute; es sei nicht, daß es es hätte zwängen wollen, so lange hier zu bleiben; heißen bleiben hätte man es manchmal, aber heißen gehen brauche man nur einmal. O Jere, es wüßte noch, wo sein; es seien hundert Plätzg für eine, wo man schon lange an ihns gesetzt habe; und wenn es nit e Göhl wär, so wüßt ke Hung, was es jetzt für e Herreköchi wär oder no öppis meh. Es hätte afe e Ton ghöre lüte; wenn es den no einisch hörti, su wüß niemere, was es es no chönnti acho.

«He nu so de», sagte Anne Bäbi, «so chömm di a was well; ih vrwungere mit nüt meh, mira chömm e alti Kuh ds Gumpe a oder e alte Narr ds Tanze.» «He ja», sagte Mädi, «es ist si hützutag gar nüt meh z'verwungere; wo ke Dank meh ist, ist o ke Sege meh, und wo die alte Wyber alle Märite nachfahre und so in alle Lumpebädlene umehocke, da cha me denke, wies e Ustrag näh muß, und was die für e Religion hey. Da chunnts eim wohl, wenn man selbst etwas z'beißen und z'brechen hat.»

«Beiß und brich du meinethalb, was und wo du willst!» sagte Anne Bäbi, «aber wenn ich zMärit will oder ins Bad, so geht es dich nichts an; ja, wenn ich dich mitnehmen wollte, so wäre schon alles recht, und wenn es alle Tage zMärit ginge. Aber wenn du schon nicht an allen Orten deine Nase hast, so ist es gleich.»

«Ja, das sehe ich», sagte Mädi. «Wenns ums Lebe geyht u ke Mönsch meh Vrstang het, de wohl, de isch my Nase gut gnue. Aber wenn de ds Böste für isch u es n ieders Laschi dr Reste mache cha, de wohl, de ist Mädi nüt meh, de müsse Angeri zuche. Oh, ih merke wohl, was Trumpf sy sött, aber dSau isch no nit gstoche.» So sagte Mädi und schlug die Türe hinter sich zu, daß die Fenster das Fieber kriegten und schnaderten wie die Schulkinder zu Kümligen, wo dSchulmeisterin viel auf Holzsparen hat und allweg dWärmi ihren Kindern besser gönnt als den Schulkindern.

«Was Tüfel soll das sein?» sagte Anne Bäbi, «was hat das Mönsch? Weil es dem Bub ein paar Nächte abgewartet hat, meint das jetzt, es müsse sein Kingemeitschi sy sys Lebe lang, und wenn er ausreite, so müsse es mit. Es ist afe nimme drbyzsi, wie uverschant en iedere Tätsch wird.» So redete Anne Bäbi, dachte nicht weiter, dachte überhaupt der Sache gar nicht nach; denn es hatte Wichtigeres im Rispi. Am Donnstag sollte es nach Burgdorf sein, Hansli und Jakobli sollten mit; wenn man e rechte Schryber fing, und wenn dZyberlibüri ungfähr auch da wäre, so könnte man die Sache gleich abweg machen, sie wäre dann fertig, und mi chönnt wieder a die angeri Sach hi, meinte Anne Bäbi. Jakobli wollte nicht gehen; der Weg ging nicht durch Raxigen, und dem Ausreiten mit der Mutter frug er nicht viel nach. Er sagte viel von Kopfweh, und er glaub, er möge ds Ryten nicht erleiden, und als die Mutter mit ihm laufen wollte, so glaubte er, auch das Laufen nicht erleiden zu mögen; seit den Blattern hätte er plötzlich Blätzen ab.

Er sei der leidischt Hung, sagte die Mutter, das erleid ihr afe; es sei gut, wenn es bald angers chömm. Das dünkte Jakobli grusam, er meinte, er sei der Mutter erleidet, und sie wünschte, daß es eine Änderung geben möchte mit ihm; und vermochte er sich dessen etwas, daß er kränklich war?

Hansli wollte auch nicht mit. Er begehre nicht all Wuche zMärit; des Gläufs mög er nüt. Anne Bäbi chönns ja mache, dafür brauch es nicht ihrer zwei; es wüß, wie es es wolle, und was es mache, sei ihm recht. Gwerchet müß dSach sy, wenn man wolle z'essen haben; der Winter komme und frage nicht, ob man gwerchet heyg oder dZyt vrlüffe. So mußte Anne Bäbi alleine gehen, und es ging. Wer es gesehen hätte wandeln das Feld hinab, hätte ihm ansehen müssen, wie das gewaltige Bewußtsein in ihm throne, das Heil des Hauses in seiner Hand zu tragen samt der Macht, der Familie Geschick zu bestimmen auf Kind und Kindeskinder hinaus. Es ist kurios, wie oft man den Leuten es am Rücken ansieht, was sie im Herzen tragen; und je mehr man ihnen am Rücken ansieht, desto weniger sinnen sie, was hinter ihrem Rücken vorgeht.

Mädis Nase war nicht verstopft, schon lange hatte es Lunte gerochen, es merkte, daß etwas im Spiel war, aber was, das hatte es nicht erkunden können. Um Jakobli strich es immer wie eine Katze um die Beine des Melkers, von dem sie Milchschaum möchte, und wollte auf seine Weise ihm erstlich die Würmer aus der Nase ziehen und zweitens ihm Verstand machen. Aber wegen dem ersten richtete es nichts aus, denn da Jakobli nichts erraten hatte, so konnte er nichts verraten, und wegen dem zweiten noch weniger; denn deutsch durfte Mädi nicht reden wegen der verfluxten Heiratsgeschichte, und auf das Verblümte verstund Jakobli sich nicht. Und wenn man ein liebes Meitschi im Kopf hat, so kann so ein Mädi eim mit dem Holzschlägel winken, man merkt es nicht.

Meine Feder ist zu schwach, die Freude auszudrücken, mit welcher Mädi Anne Bäbis Rücken sah und dasselbe so selbstbewußt das Feld nieder wandelte; sie brodelte und rumpelte in seinem Herzen noch viel ärger, als bas nide eine Laxierung zu brodeln und zu rumpeln pflegt. Nun hatte es einen ganzen lieben langen Tag freies Feld bei Jakobli und konnte ihn so recht von Herzenslust ausfrägeln über den Solothurner Märit und den vergangenen Sonntag; und was es da vernahm, konnte es zusammenstellen mit einzelnen Worten, welche es hier und dort aufgeschnappt; denn Mädi hatte nicht nur keine verstopfte Nase, sondern auch seine Ohren waren im guten Stande und hielten sich nicht ungerne in der Nähe von Türen auf. Hansli und Sami fuhren zAcker, während Mädi daheim die Hausfrau vorstellte und tun konnte, was ihm anständig war.

Jakobli saß vor dem Hause und reytete alten Hanf. Anne Bäbi hatte gesagt, es wäre anständig, wenn sie noch ein Waschseil hätten oder zwei; wenn das Zeug mehren sollte, so brächte man es nicht mehr auf die alten Seile. Bald setzte sich Mädi auf ein kleines Stühlchen neben ihn und schälte Äpfel zu einem Brei, setzte sich so recht zweg und hatte einen großen Korb voll halbfaule Äpfel, daß man wohl sah, es hatte im Sinn, nicht so bald aufzustehen, sondern den Morgen da zu verbringen.

Mit diplomatischer Gewandtheit leitete alsobald Mädi die Rede auf den Solothurner Märit. Da es hier von dem unbefangenen Jakobli nichts herausquetschen konnte, so sprang es auf den vergangenen Sonntag über. Hier kriegte es eine Fischeten.

Jakobli erzählte ohne Arg, daß sie in Kriegstetten die Zyberlibäurin angetroffen hätten samt ihrer Tochter, daß sie zusammen in einem Stübchen gegessen und getrunken und die Mutter die Üerti bezahlt hätte. «So, so», sagte Mädi, «also die sollst du heiraten?» «Heiraten?» sagte Jakobli, «warum nicht gar, öppis Dumms eso; von Heiraten hat kein Mensch etwas gesagt.» «Du bist es guts Tröpfli», sagte Mädi, «und es ist in dEwigkeit nicht recht, wie die Mutter mit dir umgeht; gerade die, es selligs Ofehus, sollst du heiraten, und gerade deretwegen ist die Alte heute wieder auf Burgdorf.» «Das müßte ich doch auch wissen», sagte Jakobli. «Glaub mir, von Heiraten hat kein Mensch mit mir gesprochen. Die Junge hat mich geheißen, sie einmal zu besuchen; aber selb kann ich machen oder nit machen, habe ich gedacht. Und weiters hat kein Mensch etwas gesagt, und allweg möchte ich die nicht; sie hat da geredet und getan ganz ungschämt u fast, wie wenn sie sturm wär.» «Du magst sagen, was du willst», antwortete Mädi, «dSach ist richtig, und desto schlechter ists vo dr Alte, daß sie es dir so macht, wenn du nichts davon weißt; aber bricht mi nit, du willst es nur nicht sagen.» «Wäger nit», antwortete Jakobli. «Vom Heiraten hat dMutter scho lang öppe gstürmt, aber z'grechtem nie drvo gredt, und von wegen Einer aparti hat mir niemere kes Wort gseit; und die mag ich wäger nit, lieber wollte ich sterben», sagte Jakobli und hatte die Augen voll Wasser.

«Du hast recht», sagte Mädi, «e selligi!» «Hest vo re ghört? Chennst se?» fragte Jakobli. «Jo wäger», sagte Mädi, «wer wett die nit chenne; vo Zyberlihogers Tochter redt me öppe, mi ma cho, wo me will, ds Lang uf, ds Lang ab.» «Was seyt me?» fragte Jakobli. «Was seyt me! Was wett me säge! Daß das dr wüstisch Uflat syg, wo uf ene Tanzbode chömm und zBern über dBrügg gang. Was wett me vo ere sellige säge, wo afe drü Unehliche hätt sölle ha, wenn es z'grechtem gange wär; dem ke Schryber z'nütgrechts isch und ke Schwarzwälder z'ungrate!» Nun begann Mädi, welches von Zyberlibauren Tochter kaum je mehr als den Namen gehört hatte, eine Lebensgeschichte derselben zu erzählen, vor welcher jedem ehrlichen Menschen die Haare zu Berge gestanden, und jeglicher, dem die Wahl gelassen worden, zehnmal lieber Schinderhannes gewesen wäre als Zyberlibure Tochter. Kurz, Mädi bewährte sich als eine eigentliche Künstlerin und machte eine Geschichte, daß es ihns selbst und Jakobli zu schlottern begann am heiterhellen Tage und im warmen Sonnenschein.

«Hör doch!» sagte endlich Jakobli, «es wird hützutag gar viel gloge; we me ds Halbe glaubt, es ist geng no zviel.» Er könne es machen, wie er wolle, sagte Mädi, aber es lüge nicht, und was es gesagt habe, habe es mengs hundertmal ghört. Wenn aber dLüt so schlecht seien und solche Sachen ersinneten, so vermöge es sich dessen nicht. Es solle ihm niemand nachreden, daß es sein Lebtag ein einzig Wörtlein gelogen; es wollte sich schämen; es hätte an der Wahrheit immer mehr als genug gehabt. «Und wenn d es selligs Mönsch mast, su nimms mira, ih will kes Wort gseit ha. Aber lue de, wies dr geyht!» Bhütis, sagte Jakobli, er wisse wohl, daß es kein Lugimönsch sei und d Lüt lay sy, wie sie syge. Es solle nur nicht Kummer haben, e selligi möcht er nicht, und wenn nur der zehnte Teil wahr wäre, und wenn sie noch so schön wär und Geld hätte wie Heu. Es grus ihm fry ab ere, und er wett lieber sys Lebe lang ledig blybe als eini nehme, die dere nur vo wytem glychti. «Su sinnest doch de dra, z'wybe?» fragte Mädi und mißhandelte seine halbfaulen Äpfel, daß es eine schreckliche Sache war.

Jakobli wurde rot im Gesicht, und Meyeli tanzte so lustig in seinem alten Hanf herum, daß er lange nicht antworten konnte. «Oh, ich merke schon» sagte Mädi, «was Trumpf isch; du hältst mich nur zum Narren, du wirst ein Göhl sein wie die andern und die vrfluchti Buregränne welle i ds Hus bringe! Aber ke Stung blybe ih mit ere sellige unger eim Dach, zell druf; du chast de luege, wies dr geyht, du arme Hung, was de bisch!» «Eh aber Mädi, tue doch nit so wüst!» sagte Jakobli, «das isch ke Red drvo, daß ih das Zyberlimeitschi hürate well, selb nit. Aber wegem Hürate han ih nit grad gwüßt, was ih dr säge will; das isch son e Sach, wie si isch, mi cha glücklich sy drby und diese Weg, es chunnt geng druf a, ob me gfellig ist, und ih säge nit, daß ih ds Wüstist alles mache wett, wenn dSach öppe drgege gsächt. Aber pressiere tuts nüt, das ist no allweg früh gnue.»

«Du hast recht, Jakobli», sagte Mädi, «du bist geng gar e Witzige gsi, gäb was dLüt gseit hey. Ja, wenn d son es bravs, werchbars Mönsch fingst, das Sorg zu dr het, wenns de scho nit es Rychs isch oder son e junge Gäuggel, su nimms mit beede Hänge u lieber hüt als morn! Das ist ds Best, wo d mache chast, aber nit e sellige Surchrutkübel, son es Buretrüch, wo nume Hochmut het und ke Tuget.» «Ih weiß aparti kes», sagte Jakobli, «und, wie gseit, es pressiert mr nüt.» «Was, du weißt kes Meitschi, das dr gfiel, es werchbars Mönsch? Jakobli, Jakobli, du Schalk, häb nit Flause! Du bruchst di ja nüt z'schüche, mir si ja eleyni, es ghörts niemere», sagte Mädi.

Jakobli ward wieder blutrot; in solchen Anmutungen war er noch nicht erhärtet. «He, wen wett ih wüsse?» sagte er endlich. «Du tusigs Bub», sagte Mädi, «jawolle, niemere wüsse; du wottschs ume nit säge! Aber du hast dich ja nüt z'schüche; besinn di recht, so recht es freins, werchbars Mönsch und no nit wyt dadänne, chunnt dr kes zSinn?» So fragte Mädi schalkhaft und guggete mit süßen Äugelein an ihm herauf. «Nein, wäger nit», sagte Jakobli, «ih weiß vo kem sellige.» «He nu so de», sagte Mädi, «meinetwegen, wenn d nit witt, so la's hocke!» stand auf, nahm seine Körbchen unter den Arm, schoß in die Küche und brummte halblaut: «Ih has doch däycht, es gang mr so; aber es isch si nüt z'vrwungere, e Halbbling gseht ume ebe halb und isch im Ganze ume son e halbe Mönsch.»

Taub war Mädi erstlich, daß Jakobli nicht an ihns dachte; aber hauptsächlich deswegen, daß Jakobli ihm die Sache verleugnen wollte mit der Zyberlitochter, und daß es Anne Bäbi nach seinem Gring gehen sollte. Es nähms doch beim Schinder wunder, ob es denn dem alles gehen sollte, wie es wollte, und ob man da nicht auf einen Weg zwischenein kommen könnte. Wenn es noch zwanzig Jahre jünger wäre, dachte es, so machte es ihm keinen Kummer; aber jetzt, und noch dazu bei einem Halbbling, hätt dSach e Nase. Und wenn es ihn zuletzt schon nicht bekomme, wenn nur dä alt Sturm es auch nicht zwängen könnte, so sei es ihm zuletzt gleich. Wüst mache man es ihm allweg, das sei wahr, aber das mache nichts; wenn ein gerechter Gott im Himmel sei, so werde der es ihnen schon eintreiben, sie sollen nur Geduld haben.

So lief das Gedankenräderwerk in Mädis engem Kopf, und daß dabei der Apfelbrei und die Erdäpfelschnitze nicht am besten fuhren, kann man sich denken. An die Erdäpfelbitzli tat es nichts als Wasser. Den Brei bränntete es, und in der Suppe war auch kein Brösmeli Salz. Sami stellte seinen Brei der Katze dar; die grännete darob gar jämmerlich und fing an zu rauen, als ob ihr jemand auf den Schwanz getreten wäre. Hansli räusperte sich und sagte, es mache ihm so arig im Hals; wenn er Wasser hätt, er trunk. Jakobli sagte, er möge neue nit recht, er sei aparti nicht hungrig. Mädi machte dazu immer zornigere Augen und sagte endlich, wenn sie es nicht wollten, wie es sich gewohnet hätte, so könnten sie seinethalb ein andermal selbst kochen oder auch zMärit gheye. Es sehe wohl, es könne es afe niemand breyche. «Mach ume, daß es dKatz es angermal ma, mir möge dann auch», sagte Sami. Da wäre es lustig gegangen, wenn Hansli nicht gesagt hätte, er hülfe schweigen, wüstsagen trage nichts ab, und ds Esse werd drmit nit angers.

Selb Nachmittag war es nicht gut, in Mädis Nähe zu sein. Jakobli begehrte daher nicht, Hanf zu reyten, sondern ging mit dem Vater auf das Feld. Das machte nun Mädi noch böser; es fuhr ums Haus wie ein Wespi, und da es an keinen Hausgenossen sein Gift absetzen konnte, so mußten es Bettler, Tauben und Hühner entgelten, die ihm in Wurf kamen. Gegen Abend kam Anne Bäbi das Feld auf ganz stolz wie ein Feldherr nach gewonnener Schlacht; es trat so gsatzlich ab und wiegelte den Rücken so majestätisch wie eine Frau, die in guter Hoffnung geht, Frau Ratsherrin zu werden.

Mädi sah seine Frau Meisterin von weitem. «Potz Schieß», dachte es, «die hat den Gring hoch obe; aber es müßt dr Tüfel tue, su mache ih ne dere ache, wart die ume!»

Anne Bäbi kam herein, wünschte trocken guten Abend; aber Mädi antwortete nicht trocken, sondern mit Schimpfen und Aufbegehren, daß es des Gläufs bald genug hätte, und wenn Anne Bäbi immer auf der Straße sein wolle, so könne es jemand anders anstellen, um zu kochen; es könne es niemand mehr breyche. Jetzt könne es seinethalben selbsten feuren; es wüßte nicht, was machen, daß es recht wäre, und wenn es nicht heimgekommen, so hätten sie seinethalben ungeessen ins Bett gekonnt.

Anne Bäbi war nicht das, welches nicht alles glaubte, wenn man über das Mannevolk schimpfte; es sagte oft, es seien alles wüst Hüng; Hansli wär von den bessern, aber öppe e große Unterscheid sei nicht. Darum half es Mädi noch und sagte, es sei afe nit meh drbyzsy, und we me ume dr Rügge chehr, su syg dr Tüfel los, und Sami wüß afe nit meh, wie er tue well; aber dä söll ume warte, es werde ihm bald e angere pfyffe.» Selb ist no dFrag», dachte Mädi, tat aber nichts drglyche, sondern feuerte auf Anne Bäbis Befehl, welches das Kuttli abzog, ein ander Fürtuch umlegte und ein Kaffee zwegmachte, über das sich niemand klagte.

Nun erwartete Anne Bäbi, Hansli werde gwunderig sein über den Erfolg seiner Verrichtung, werde ihm nachtrappen und in einer sichern Ecke zu fragen anfangen – aber ohä! Hansli frug nach dem Nachtessen, ob nichts zu rüsten sei, stopfte nach dem Rüsten sein Pfeifchen, trappete draußen dem Sami nach, werweisete mit ihm allerlei auf dem Bänklein vor dem Stall, achtete sich Anne Bäbis durchaus nicht, wenn es vorüber schoß wie ein gejagter Hirsch oder ein brünstiger Schnepf und seine Trümpfe fallen ließ wie ein Schnepf sonst etwas. So werweiseten die Beiden ganz behaglich, bis es zehne schlug, über Kleb und Blösch, über rot und blaues Korn, über Mist und Knochenmehl, dachten von ferne nicht an Anne Bäbis und Mädis Seelen, und was in denselben vorging, wie es da wogte und stürmte; kurz, sie waren wüst Hüng und hatten kein Gefühl für die Regungen weiblicher Seelen.

Aber Hansli, der arme, erfuhr es, als er endlich hineinkam, das Pfeifchen auf das Buffert legte und sachte ans Schlafen gehen wollte. Anne Bäbi war schon im Bette, gab sich alle Mühe, sich schlafend zu stellen, selbst zu schnarchen, im Glauben, Hansli werde doch wissen wollen, was es ausgerichtet, werde fragen, werde es vielleicht mit dem Ellbogen stüpfen. Potz Kreuz, wie wollte es im letztern Fall (im erstern wollte es nämlich gar nicht erwachen) auffahren, ihm alle Schande, aber kein Wort von der ganze Sache sagen bis am Morgen. «Dä muß es einist wüsse!» dachte es. Aber Hansli tat ganz sachte, legte sich mit einem sanften Berz zum Schlafen zweg und fragte auch nicht ein einzig Wörtchen. Und jetzt sollte Anne Bäbi seinen Zorn in der Stille verwerchen, sollte warten mit demselben im Leibe bis am Morgen oder gar riskieren, ihn zu verschlafen? O nein, dazu war Anne Bäbi nicht auf der Welt.

Es wußte nicht recht, wollte es zu heulen anfangen über die Ungerechtigkeit der Welt, und wie es alles machen müßte und keinen Dank davon habe, oder wollte es sich drehen, im Drehen mit dem Ellbogen Hansli e Ketzer versetzen, darob erwachen und dann anfangen: «Bist endlich da, du ewige Stopfi, du Sürfli? Aber wart du ume, gäb ih meh e Tritt für di tue, will ich lieber hingertsi zChilche wie allbets dHexe.» Anne Bäbi entschied sich für die letztere Manier und fuhr, gedacht getan, herum wie auf dem Reibebett der Reibistein und traf Hansli so gut, daß der zusammenfuhr und frug: «Sacker, was hest?» «Herr Jemer, was geyhst mi ga wecke!» antwortete Anne Bäbi, «chast mi nit rühyig la, won ih doch dr ganz Tag für alli ha müsse laufe, u ke Mönsch seyt mr Dankeygist.» «Wohl fryli», sagte Hansli, «ih ha mi ja still.»

«Ja, still hest du di u last mr die ganzi Sache uf em Buckel, und won ih heychume, bietet mir nit e Mönsch es Chacheli Kaffee a; ja, wenn ih sterbe wett, es längte mr niemere es Tröpfli Wasser», sagte Anne Bäbi. «Ih bi ja uf em Feld gsy, u won ih heycho bi, bist drhinger ghocket, wie han ih welle abiete?» antwortete Hansli. «Ebe das ist ds Wüstist a dr; hest di nit chönne heymache, wo d glaubst, ih chömm hey? Und de nit emal drglyche z'tue, dSach gang di öppis a, o nit mit eme Wörtli?» «He», sagte Hansli, «dara han ih nüt gsinnet; du seyst mr dSach allbets ungfragt.» «So, ungfragt säge ih dr dSach, ungfragt? So, es angers Mal chast frage u de luege, ob de se de vrnähmist. U so begegnet me mir, wo für alles sorge muß u hüt dr ganz Tag si fast dBey het müsse ablaufe und key Mönsch mr ds Ryte anerbote het und zletzt nit emal es Tröpfli Kaffee! Und won ih nit gsi wär, su hätts zletscht us dr ganze Sache nüt gä.» «So» sagte Hansli. «Ja, so, säg ume so, so mängist de witt, nüt gä hätts us dr Sach, wo du u Jakobli so dra hange, wenn Anne Bäbi nit gsi wär! Ih ha dSach i ds Reine bracht und zwängt, daß me dSchrift macht; es wirds jetzt wohl ha.» «So hest e Gschrift?» fragte Hansli. «Ja, ne Gschrift han ih, und e wettigi! Si hey si lang gwehrt; aber es het alles nüt ghulfe, si hey müsse. Won ih», begann Anne Bäbi zu erzählen, «won ih zum Rößli gekommen bin, da sind sie schon da gewesen, dBüri und dTochter, und aßen da und tranken, wie wenn es schon Mittag wäre, und haben sich meiner fast gar nicht geachtet. Endlich fragen sie mich, ob ich alleine wäre. ‹Ja›, sagte ich. Da sahen sie einander an und sagten, es werde nichts sein mit der Sache, sie wollten gehen, ihre Sache zu verrichten. Das wäre gspässig, sagte ich; grade jetzt wollten wir zu einem Schreiber, der Wirt werde wohl einen wissen. Was wir bei einem Schreiber wollten, alleine ume dWyber; das gebe nichts Hebliches, sagte die Bäurin. ‹Das wär gspässig›, sagte ich. Ein rechter Schreiber werde es schon machen, daß es hätte.

Sie ließen sich überreden; der Wirtsbub zeigte uns den besten zBurdlef, und den hats gelächeret, als er uns sah und hörte, was wir wollten. Schreiben wolle ers schon, sagte er, aber wer es unterschreiben solle. He, sagte ich, das werde er wohl auch könne. Aber es muß doch nicht einer von den Rechten gewesen sein; denn das hat er nicht können. Ich habe ihm doch gesagt, auf zehn Kreuzer oder fünf Batzen mehr oder minder komme es nicht an. Aber er ist e Baschi gsi, hat zuletzt gesagt, es sei nicht, daß es heute unterschrieben sein müsse, er könne heute dSach aufsetzen, und über acht Tage könnten wir sie unterschreiben und den Aufsatz heimnehmen. Ich habe wohl gemerkt, es ist ihm nur um den doppelten Lohn gewesen, ich habe ihm deinen Namen gesagt, und wenn er ds Andere alles hat schreiben können, warum dann die paar Buchstaben nicht auch? Da dachte ich, auf ein paar Batzen komme es nicht an, und so ein Schryber werde auch machen, was er könne. ‹He nu so de›, han ih du gseit.

Da hat er zu schreiben angefangen wie ghexet, hat dann um alle Namen gefragt, und wo er die gehabt hat, sagt er zletzt: ‹Und jetzt?› Da hättest du sollen dabei sein; da hat das Meitschi angefangen aufsagen alles, was er schreiben solle, wie wenn es es im Fragenbuch gelernt hätte, styf eins nach dem andern; nichts hat es vergessen. Es hat den Schreiber selber verwundert; fry manchs Mal hat er sagen müssen: ‹ume hübschli!› und zuletzt hats ihn immer gelächert; er wird gedacht haben, son es bsinnts Möntsch möchte er auch. Es hat auch nichts vergessen. Als ich meinte, jetzt werde es nichts mehr wissen, sagte es noch, und das hätte mich fast welle gmühen, aber ih ha du denkt: ‹I Gottsnamen› – Hühner sollten wir keine haben im Stock; Eier wollte es uns schon geben, soviel wir nötig hätten. Wegen den Hühnern habe ich nichts gesagt; aber wegen den Eiern habe ich gemeint, es sollte ein Gnamts sein; aber da hat es gesagt, das brauche sich öppe nicht, und da han ihs mr la gfalle. Etwas hat es gesagt, der Schreiber hat mich zweimal gefragt, ob er es schreiben solle; aber ich habe herzhaft gesagt, er solle nur; ich habe gedacht, das mache einmal nüt, denn wenn Jakobli heirate, so sei ja von Sterben keine Rede mehr, und dann gelte alles zusammen nichts. Wenn er sterbe und wir lebten noch, so wolle es doch den Hof erben, und wenn wir auch stürben, alles, was wir noch hätten. Das hat den Schreiber strengs dünken wollen, aber das von wegen den Hühnern hat mich viel strenger duecht; aber ich habe gedacht, von wegen dem Sterben wolle ich nicht Kummer haben; wenn in einem Hause jemand sterben sollte, so nehme es doch weit eher e Kindbettere als es Mannevolk. Als alles fertig war, ist es schon spät gewesen, und doch sind wir noch zusammen gegangen und haben etwas zu Mittag gegessen und abgredt, du sollest die Gschrift lesen, und Jakobli solle sie dann zu ihnen tragen; er muß sich dort auch einmal zeigen, sie tun es nicht anders, und in vierzehn Tagen sollen wir dann alle auf Burgdorf, die Sach richtig machen und ds Hochzyt abrede, und drby sölls sys Vrblybe ha.»

«He nu so de», sagte Hansli, «wie d meinst!» «Wie d meinst! Ich meine gar nichts; aber es dünkt mich, es sollte euch allen daran gelegen sein so gut als mir; es ist dein Kind so gut als meins.» «He jo», sagte Hansli, «öppe wegen dem ist nüt z'säge.» «Du kommst aber über vierzehn Tage?» fragte Anne Bäbi. «Ho, wes nüt angers git», sagte Hansli. «Nüt angers git! Nüt angers! Hejo!» sagte Anne Bäbi – sagte es noch einmal immer langsamer, gähnte auf einmal fürchterlich, drehte sich, und bald kam ein Getön aus seiner Ecke, daß man nicht wußte, kam eine Spinnmaschine in Gang oder sonst etwas. Hansli aber hörte man noch lange halblaute Worte brummen, und manchmal war es fast, als hätte er geseufzt. Doch kam endlich auch ihm der Schlaf über alles, deckte den weltlichen Grümpel ihm zu.

Aber wenn halt der weltliche Grümpel eine Pflanze ist und das Herz der Acker ist, auf dem sie wächst, so ist der Schlaf kein See, in den man versenken kann des Tages Kummer und Ängsten, daß heiter, frei und hell der folgende Tag heraufzieht über das froh gewordene Herz. Es ist der Schlaf nur die Nacht, welche kürzer oder länger der Herzen Not verhüllt, und wenn der junge Tag kömmt, so streckt die alte Not ihr trostloses Haupt wieder auf und ist über Nacht vielleicht noch gewachsen. Es ist der Schlaf nur die Decke, welche des Herzens Zustände decket, der Schieber, welchen man stoßet vor der Seele Jammer. Aber wie manche Decke zu kurz ist, daß an allen Enden das Bedeckte hoch empor seine Spitzen streckt, wie mancher Schieber die Töne nicht zu verschließen vermag, dumpf und grausig sie hinter ihm hervor tönen, wie oft der Sturm kömmt, die Decke hoch emporreißt und immer weiter weht, solch ein unzuverlässiger Mantel ist der Schlaf für den irdischen Grümpel. Je schwerer er auf der Seele lastet, um so kürzer wird der Mantel; wie Berge ragen die Sorgen in die Träume herein, wie Stöhnen aus dunkelm Bergesschoß hallen die Seufzer der Angst durch die Nacht, ja, wie der Sturm die Decke, stäubt die Sorge vom Lager weg den Schlaf, und je sehnlicher der Geplagte ihn wünschet, um so weiter stäubt ihn die Sorge, entblößt immer mehr und immer schmerzlicher nicht nur Gipfel und Stamm, sondern die Wurzel der giftigen Pflanze bis tief in die Erde hinunter.

So kam wohl auch dem aufgeregten Anne Bäbi der Schlaf über den ermatteten Leib; aber die Wellen der Seele zu legen vermochte er nicht; wie das wütende Meer in vorübergehenden Mondesblicken oder in des Blitzes zuckendem Scheine fürchterlicher, phantastischer wird, so gestaltet sich auch die Aufregung der Seele auf des Traumes dunkelm Grunde.

Anne Bäbi sah den Jakobli von einer großen Schlange fressen, sah ihn mit Zyberlibure Tochter zHochzeit fahren, sah, wie sie keine Kirche finden konnten, und als sie endlich eine Kirche fanden, war kein Pfarrer da, und als der Pfarrer kam, hatte er kein Buch, und als er endlich ein Buch hatte, so nahm das Roß Reißaus und sprengte mit ihnen der Aare zu, und Anne Bäbi wollte nachlaufen; es hatte ihm aber jemand die Füße mit Stricken zusammengebunden, es konnte keinen Schritt machen; und als ihm endlich jemand die Beine löste, sah es längst weder Roß noch Wagen mehr, sah aber Rauch und Feuer, sah, wie ihr Haus brannte, aber weit weg, und hatte wieder Stricke an den Beinen, konnte nicht springen; und wenn es sprang, so fiel es um und konnte nicht mehr aufstehen.

Dann kam Zyberlibure Tochter als Jakoblis Frau mit der Mistgabel und sagte, endlich sei die Alte tot, und sie wolle sie auf den Mist werfen. Da wollte Anne Bäbi um Hülfe rufen, aber es hatte keine Stimme, und jetzt kam noch Mädi und hatte auch eine Mistgabel und wollte der andern helfen. Gar jämmerlich stachen die an ihm herum, und es konnte nicht schreien. Da sah es Jakobli vorübergehen; aber es war ein ganz anderer Jakobli, und der kannte ihns nicht und half ihm nicht, und eine andere Frau war bei ihm, und die spazierten weiter und weiter. Es sah ihnen nach, bis es Mädi und Zyberlibauren Tochter vergaß; aber auch die andern verlor es aus den Augen. Da wollte es sich erheben, wollte bäumelen, arbeitete und werchete daran grusam, bis ihm endlich die Augen aufgingen.

Da lag es im Bette, und es war Tag. Hansli war auf, und draußen in der Küche hantierte Mädi. Anne Bäbi war ganz schachmatt, die Glieder ihm wie zerschlagen und unheimlich ihm zumute. Es nähmte es wunder, was das zu bedeuten hätte, sagte es; so hätte es doch noch nie geträumt. Was hülfs eim, wenn man schon dr Tag hätte, daß man sein könnte, wenn es einem zNacht so ginge, daß man fast ringer gerade an einem andern Ort wäre. Gott bhüt einem drvor! Es wisse nicht, womit es sich versündigt hätte, aber es dueche ihns, wenn man dr Tag öppe seine Sache gemacht hätte, wie me chönne und möge, so könnte der Herr einen zNacht rühyig lassen. Anne Bäbi wußte auch noch nicht, was der Herr macht, und was so ein Anne Bäbi selbst macht.


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