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Siebentes Kapitel

Die Gedanken machen dem Mädi übel und das Elixier dem Jakobli

Bei Anne Bäbi wirkte das Wort lange nicht; es stak in der Seele wie oft einige Tage ein Splitter, ehe er fühlbar zu werden beginnt.

Bei Mädi aber war es anders. In der Seele brannte es lichterloh, und als einmal das erste Wort den Ausgang gefunden hatte gegen Anne Bäbi, da kickerte es im Hause herum, daß männiglich sehen mußte, Mädi wisse was Apartiges und möchte es gerne jedem sagen, der ihns darum frage. Aber Hansli tat ihm nicht den Gefallen, Sami auch nicht; da kickerte es und ripsete und ranggete es um Jakobli herum, bis der endlich frug: «Mädi, was lächert dich auch so?» Das Wort ging Mädi durch Leib und Seele; es biß ihns noch ärger, und lange konnte es vor lauter Lächern nicht antworten. Endlich sagte es: «Du mußt es nicht wissen; gerade dir sage ich es zletzt.» Da schwieg Jakobli und lockte seine Tauben, und die Hühner kamen auch daher, und sie stritten sich um den Platz zu seinen Füßen, und die Hühner pickten nach den Tauben, und die Tauben retteten sich auf die Bank und auf Jakoblis Achsel. Jakobli streichelte sie, und die Hühner sandten zornige Blicke hinauf, und ein gesprägelt Huhn sträubte die Federn und rüstete sich zum Sprunge auf die Bank. Da fuhr Mädi dazwischen mit geschwungenen Armen und zornigen Worten: «Tschu, tschu, ihr Kätzers Hühner, gheyet ech furt, ih ha nit dr Wyl, ech geng nachezputze, und wenn nume die verfluchte Tube nit wäre, die vrschyße mr erst alles!»

«Aber Mädi», sagte Jakobli, «was haben dir doch die armen Tierchen zuleid getan, daß du sie nicht ruhig lassen kannst?» «He, die Kätzere haben afange mehr Recht als unsereim; dann soll man ihnen noch nacheputze, dene vrflümerete Ufläte. Tschu, tschu, weyt er ech stryche, oder soll ich euch nachbengle, ihr Kaibe!» Da sagte Jakobli: «Laß mir doch die Tierchen sein, die haben dir ja nichts zuleid getan, und während du ihnen nachputzest, tust du nichts anders; und ich wüßte nicht, warum sie nicht das Recht hätten, zu mir zu kommen, wenn ich ihnen rufe.» «Tschu, tschu!» schrie Mädi noch lauter, «weyt er, oder weyt er nit? Es nimmt mich doch wunder, wer mehr Recht hätte, ob so ein Huhn oder ich! Wenn mehr öpper krank wird, so kann dann meinethalb auch ein Huhn abwarten oder e Tube. Ih wett e Narr sy, mehr e Finger z'rühre. Ich habe immer gedacht, es gehe mir so, und zletscht werde man mich noch verfolgen, und ich werde nirgends sein sollen, und das werde mein Dank sein.» Und damit schoß Mädi ins Haus, heulte, daß Staub und Spinnhuppelen in Bewegung kamen, dunkle, graue Wolken das ganze Haus erfüllten, und schoß das Kachelgeschirr in der Küche herum, daß niemand seines Lebens mehr sicher war.

Am folgenden Morgen machte Mädi ein Gesicht, gerade wie der Hund eins macht nach einem starken Gewitter, wo man nicht weiß, will es Regenwetter geben oder ein neu Gewitter, oder hat das Wetter im Sinne, so nach und nach sich aufzuheitern.

Mädi gab allen kurzen Bescheid und zankte sich mit Katze oder Knecht; beide waren ihm jeden Augenblick im Wege. Um Jakobli aber strich es herum wie ein Habicht um den Taubenschlag, wenn er den günstigen Augenblick abpaßt. Als aber Jakobli sich dessen nicht achtete, seine Wege ging, so kam Mädi, als er nachmittags auf der Bank saß, mit einem Blättli, und auf demselben war ein schöner Rest Erdäpfelrösti, und sagte: «Jakobli, sieh, da hast du etwas für deine Hühner und Tauben! Wenn du es ihnen geben willst, so gib nes meinetwegen!» «Dankeigist!» sagte Jakobli, «aber ich weiß nicht, ob sie kommen; sie sind heute den ganzen Tag vrschücht und wey si niene zuchela.» «Das wäre sich doch auch dr wert», sagte Mädi, «warum sind sie aber auch auf allem oben? Wenn sie auch ein bißchen reinlicher wären, ich möchte sie wohl leiden, ds Konträri, sie wären mir nur noch recht anständig. Wenn man etwas miteinander reden will, so kommen einem die Türks Hühner immer zwische yche, mi cha nüt säge vor ne.»

«He», sagte Jakobli, «wenn du etwas zu sagen hast, so kannst du es ja immer sagen; die Hühner sind ja nicht im Weg und können ja kein Wort zwischenein reden. Was hast du zu sagen?» «O aparti gar nichts», sagte Mädi und ripsete wieder und kickerte. «Was lächert dich?» fragte Jakobli. «O aparti gar nichts», sagte Mädi, «aber wenn du wüßtest, was ich weiß!» «Was weißt du denn?» fragte Jakobli. «O aparti nichts», sagte Mädi, «aber die Wirtin von Fischigen hat mir etwas gesagt.» «Was hat sie dir dann gesagt?» «O meinst du, ich sage es dir? Dir gerade zletsch; es lächerete dich viel zu fast, wenn du es wüßtest. Nein, dir sage ich nichts.» «Aber Mädi, warum nicht, warum mir nicht?» «O darum nicht!» sagte Mädi. «He nu so de», sagte Jakobli, «so brauchst du mir ja gar nichts zu sagen. Aber du weißt nichts, als mich zu plagen bald so, bald so; ich weiß gar nicht, was ich dir zuleid getan habe.»

«Bist höhn, Jakobli?» sagte Mädi. «Nei wäger, bis mir nicht höhn; ich wüßte ja nicht, was ich dir zwiderdienet hätte, und wenn dich die Leute schon aufreisen wollen, so gib ihnen nicht Gehör; es gibt je länger je bösere Leute in der Welt. Ih ha ja nume Spaß, und wenn du gerne willst, so sage ich es dir, was die Wirtin mir gesagt; aber du mußt es keinem Menschen sagen. Versprich es mir!» «He, nun ja», sagte Jakobli, «meinethalb». «Ich darf auf my armi Türi fast nit», kickerte Mädi, «du könntest meinen, was ich damit meinte.» «Nu, su sägs doch!» sagte Jakobli. «Die Wirtin hat gemeint, für deine Krankheit wär, hi hi hi, ih darf uf my Türi nit! Du sollest –»

«Guten Abend geb euch Gott!» erscholl eine Stimme, «bin ich wohl am rechten Orte?» Um die Ecke des Hauses war eine Gestalt gekommen, mittelgroß, aber verwittert, mit triefenden Augen, verschabten Kleidern, aber den breiten Hut keck auf dem Kopf und trotzig im Maul die kurze Tabakspfeife. Einen langen Stock hatte sie in der Hand und ungesalbete Schuhe an den Füßen. Das Gesicht gehörte einem Manne an, der über sechzig sein mochte und eine braune Halbleinkutte an hatte und überall starke Zeichen von sich gab, daß er heute nicht bloß von Kaffee und Rösti gelebt hätte. «Danke Gott!» sagte Jakobli, «und zu wem willst du?» «He», sagte er, «wohnt hier nicht es Mönsch, man sagt ihm nur Mädi, aber eigentlich heißt es Magdalene Wettgern?»

«Pack du dich fort!» schrie Mädi, welches schon von Anfang mit Bollaugen ihn angestarrt und die schreckliche Unterbrechung gerne mit allen zehn Nägeln gerächt hätte. «Sei ein solches hier oder nicht hier, so geht es dich nichts an, und mach, daß du fortkömmst, sonst könnte es dich gereuen!» «Bist dus öppe?» frug das Mannli unerschrocken. «Du wirst es wohl sein, wo mir gestern auf dem Weg nach Mirtligen hat Bescheid machen lassen, du möchtest gerne mannen, und wo dem Weiberhändler zwanzig Batzen daraufgegeben hat, er solle dir einen suchen?» «Das lügst du wie ein – Schelm, du Uflat! Wenn ich mannen will, so brauche ich keinen suchen zu lassen. Streich dich, wo du hergekommen bist, sonst sieh, wie du wegkömmst! Es bravs Mönsch so ga z'verkünde!» «He, es wird doch wohl di sy, oder sagt man dir nicht Mädi? Und heißest du nicht Magdalene Wettgern? Und wohnt hier nicht der Hansli Jowäger?» «Und heiße ich, wie ich wolle, und wohne hier, wer wolle, so geht es dich nichts an, und ih will nichts von dir und habe nichts mit dir, und streich dich! Hast es gehört?» «Das pressiert mir nicht halb so», sagte das Mannli, «und so vergebens sprengen lasse ich mich nicht. Du bist doch das Mönsch, wo gestern beim Xaveri Elixier geholt und mit dem Gaggelberger gegangen ist. Los ume, laugne nit! Und ich möchte jetzt wissen, ob wir des Handels könnten einig werden. Besser machst dus nicht mehr, los ume!»

Da begann Mädi zu heulen und zu schreien, welcher Unflat ihm doch wohl einen solchen Lärm mache; wenn es manne wolle, so brauche es den Gaggelberger nicht, aber vo dene Schnürflene hätte es sein Lebtag keinen mögen, und es leide das nicht. «Los ume, so gehe ich nicht da dänne; entweder wollen wir die Sache richtig machen, oder du mußt mich entschädnen; so mir nichts dir nichts will ich den Tag nicht verlaufen haben.»

Da fuhr Mädi wie eine Gluckhenne auf ihn ein und wollte mit ihren Zehn ihn überweisen. Das Mannli aber erschrak nicht, floh nicht, und einen Spektakel hätte es gegeben, an dem das ganze Dorf seine Freude gehabt, wenn nicht Hansli dazwischen getreten wäre. «Nit», sagte er, «ich wollte nicht so wüst tun, das trägt ja hell nichts ab, und die Leute könnten es hören. Komm da neben das Haus und sage, was du mit unserer Jumpfere willst!» Da sagte das Mannli, er sei der und der und hätte alles, was er nötig hätte, und mehr als genug, bis an eine Frau, welche ihm sehe zur Sache. «Gestern kömmt nun der Gaggelberger und bringt mir Bescheid, es sei hier eine, welcher das Dienen erleidet wäre und einen Mann möchte und ordlich Sachen hätte und Geld auch noch. Und weil sie ihm gleich zwanzig Batzen gegeben hat, so habe ich gedacht, es werde wohl etwas an der Sache sein, und ich habe wollen sehen, ob wir des Handels einig werden könnten.» «Du lügst!» schrie Mädi um die Ecke herum, «es ist alles erheyt und erloge, und ich will mein Lebtag mit keinem Mannenvolk zu tun haben, und ich will nüt und ha nüt mit dr, du Fötzel, du Hudelhund, du Gstabi! Gäb ih de e sellige Landstrycher wett, won en iedere Landjäger nimmt, wenn er ihm begegnet und öppis nutz ist, wett ih lieber de –»

«Eh», sagte Hansli, «wie redst! Du wirst wohl öppis brichtet ha; ungefähr lief dir der nicht nach.» «Was!» schrie Mädi, «soll das jetzt mein Dank sein und mein Lohn, daß du es mit so einem Strolch und Landstreicher hältscht! O Herr Jemer, o Herr Jemer, u u u – das der Dank, u u u!» Und somit nahm es das Fürtuch über den Kopf, sah Sami nicht, der ihns spöttisch fragte: «Seh, Mädi, jetzt wär endlich einer da; warum tust so wüst?» stolperte hinauf ins Gaden, legte sich aufs Bett, und laut und weit hörte man es droben heulen, schluchzen, stöhnen; es war, als ob es aufgeisten wollte. Und als Jakobli hinauf ging, um es zu trösten, war es, als ob ein neues Elend es ergriffen; es schrie so schrecklich auf und zappelte mit Händ und Füßen, daß Jakobli erschrak und die Mutter hinauf schickte, um Mädi zu helfen. Es tue, als ob es das Herz aus dem Leibe sprengen wolle, sagte er.

Drunten war Hansli auch erschrocken und sagte zu dem Mannli: «Du hörst, es wird nichts sein; du wirst es nicht recht verstanden haben, oder es hat dich jemand gesprengt.» «Ohä!» sagte das Mannli, «das Mönsch ist e Lugihung, wos dHut arührt, und was es gseit het, hets gseit, und für dKöste will ihs finde, wenn ih e sellige Brüllus scho nit möcht. Ich kriege Hunderte für eine. Wenn ich die Nase zur Tür aus strecke, so schmöckts, wie wenn dWelt e Spycher und der Spycher voll Wyber wär und dWyber drin Manne möchte. Adie wohl!» «He», sagte Hansli, «chumm u iß mit is!» «Bhäb ume dys Fresse!» sagte das Mannli, «ih überchume es bessers am e andere Ort, und es soll mich auch nichts kosten.» «Eh», sagte Hansli,«ih wett nit ds Wüstest alles mache, und der Weibel ist mir mein Lebtag noch nie zum Hause gekommen.» «Ds erstmal ist einist», sagte das Mannli und schritt immer trotziger fürbas, je ängstlicher Hansli ihm nachkam. Als endlich Hansli zurück blieb, weil er nicht gewohnt war, so geschwind zu gehen, so stund auch das Mannli still, ließ die Unterhaltung nicht ausgehen, machte endlich den Handel für einen Taler aus. Er begehrte natürlich nicht vor den Richter; er war nicht der Mann, für den er sich ausgab; er besaß weder Haus noch Geld, er war nichts als ein alter, verlumpter Zimmermann, der jede Frau genommen, wenn er mit ihr zehn Kronen für einen Schoppen erwybet hätte.

Hansli gab den Taler gerne und sprach nie wieder davon; aber wenn vom Weibervolk die Rede war, und ob diese oder jene noch heiraten werde, so schüttelte er den Kopf und sagte, me chönn nüt wüsse.

Sami hatte an der Sache seine Schindersfreude; er wollte wissen, daß das Güegi ds Mädi nicht erst jetzt angekommen. Doch so dumm hätte er es nicht geglaubt, daß es dem ersten besten Halunken davon erzähle; aber wessen das Herz voll sei, dessen laufe das Maul über. Und es sei kurios, sagte er, sie sagten manchmal den fremdesten Leuten Sachen, die sie den nächsten nie sagen würden; sie meinten nur, es käme ihnen nicht aus, und einmal möchten sie es doch sagen; sie meinten, es wohle ihnen, wenn sie es aus dem Herzen an die Luft lassen könnten. Die Weiber hätten es mit ihren Herzen gerade wie mit ihren Schäften. Wenigstens einmal im Jahr müßte gelüftet werden, was darin sei, sonst graue es ihnen und finge an zu nüchten. Es lächerte ihn eine ganze Woche lang, und in jedem Maulecken saß ein ganzer Kratten voll Spott, und wo er Mädi ansichtig wurde, stichelte er. Am Ende brauchte er nicht mehr zu sticheln; sobald Mädi nur seiner Maulecken ansichtig wurde, so fing es an zu plären oder aufzubegehren oder davonzulaufen.

Anne Bäbi mochte zum Teil dem Mädi die Sache gönnen; warum wollte es so oft witziger sein als Anne Bäbi; und wenn Mädi künftig sich übermütig machen wolle, so wäre da etwas, womit man es dämpfen könnte, meinte Anne Bäbi. Aber ungern hatte es die Sache doch. Es dürfe den alten Narr nicht mehr vom Hause lassen, sonst stelle es etwas an, das man ungern haben müsse von wegen den Leuten. Vom Taler wußte Anne Bäbi nichts, sonst hätte es noch mehr Feuer gegeben.

Jakobli war der einzige, der mit Mädi Mitleid hatte und mehr oder weniger an dessen Unschuld glaubte; denn es würde sich die Sache nicht so zu Herzen nehmen und nicht so leugnen, sagte er, wenn etwas daran wäre. Man sollte dem Mädi doch mehr glauben als so einem alten Hudel, von dem man nicht wisse, wer er sei und woher er komme. Dem Sami sagte er, er solle ihm Mädi ruhig lassen, es hintersinne sich sonst noch. Dieses war allerdings zu fürchten; denn je einförmiger sein Leben dahingeflossen, umso heftiger erschütterte die einfache Begebenheit sein Gemüt. Wie der Teufel kam ihm der Alte zwischen sein Bekenntnis, brachte ihm seine Herzensergießung aus und ihns in Verdacht, es hätte einen Mann suchen lassen; und wollte es doch eigentlich keinen als nur Jakobli, weil sie sich so gut zusammenschickten.

Allerdings hintersinnete es sich fast, daß seine frühern Worte seinen spätern Wünschen sich so grusam in den Weg gestellt. O wenn es nur das nicht gesagt hätte, nur das nicht, tönte es fort und fort in seiner Seele; e unglücklichere Hung sei doch keiner in der Welt, und so sei es nie einem Menschen gegangen. Mädi wußte nicht, daß so vieler Menschen Vergangenheit nichts anders ist als die Scheidewand zwischen ihnen und ihrem Glücke; daß, was sie tun und sagen, immer vorfürkömmt und sich zwischen sie und ihre Wünsche stellt; daß ihre Worte und ihre Taten die Gespenster sind, welche sie verfolgen, ihre ärgsten Feinde, der Hemmschuh bei all ihrem Beginnen. Es sagte wenig und plärete viel, so daß selbst Anne Bäbi es tröstete und ihm sagte, es solle doch nicht sövli dumm tun; man sage manchmal etwas, es sei einem nicht recht Ernst, und das Mannli könnte auch gelogen haben. Es solle nichts mehr wahrnehmen lassen, dann würden es die Andern auch vergessen.

Unterdessen gab Anne Bäbi dem Jakobli brav Elixier, gäb wie er sich dagegen wehrte und es ihn allemal schüttelte, wenn er es einnehmen sollte; und als der eine Schoppen aus war, ward ein anderer geholt und noch einer, aber nicht durch Mädi. Warum man umso mehr ansetzte, war, weil Hansli hier und da etwas davon nahm und sagte, es mache ihm bsunderbar wohl, es ziehe styf durch. Und was dem Einen wohltue, das müsse auch dem Andern wohl machen, meinte man in Gutmütigen, und der Xaveri brichtete die Leute nicht anders. Er kümmerte sich nur darum, sein Elixier zu verkaufen, und nicht darum, wer es trank, gerade wie es Apotheker gibt, welchen an nichts mehr gelegen ist, als soviel Purganzen und Laxierkräuter zu verkaufen als möglich, einzeln und dutzendweise; habe sie ein Doktor verschrieben, oder teile sie ein Krämer aus, oder werde es ihrem Gutdünken überlassen, das kümmert sie e Tüfel viel.

Lüschi ist die Hauptingredienz, und wenn sie nur deren brav kriegten, so mögen an andern Ingredienzen Menschen krepieren, was geht das sie an! Warum haben sie die Sachen gefordert, genommen usw.! Es könne ein jeder zu sich selbst sehen, sie müßten auch zu sich sehen, von wegen es sehe sonst niemand zu ihnen. Und wenn ein jeder machen könne, was er wolle, so wollten sie Narren sein und nicht auch profitieren; man müsse sich wehren, wie man könne; ein Dutzend Menschen auf oder nieder, darauf komme es nicht an. Wenn es kein Krieg sei, so möge es schon etwas erleiden, man würde ja sonst einander Plätzen abmachen. Und wenn gelehrte Chemiker so reden, welche Macht und Kraft der verschiedenen Ingredienzen in den verschiedenen Körpern und auf die verschiedenen Zustände der Menschen kennen sollten, so ist Viehärzten und Nachrichtern erlaubt zu glauben, auch sie hätten das Recht, um Lüschi die Menschen zu vieharztnen und zu nachrichtern. Aber wer sollte ob Nachrichtern und Chemikern sein und mehr Verstand haben – wer? Hä?

Aber dem Jakobli tat es nicht gut. Abends machte es ihm Fieber und schreckliche Träume, morgens einen sturmen Kopf, Kopfweh; es brannte ihn in den Augen, und es war ihm manchmal, als ob da ein Feuer angehen wollte, wo das Auge ihm fehlte. Es brannte ihn auch im Magen, und nie war er wöhler, als wenn die Mutter das Elixier vergaß oder er sich dessen erwehren konnte. Aber man glaubte ihm das lange nicht, weil es dem Hansli so wohl machte, und weil Anne Bäbi im Kopf hatte, Jakobli müsse gesund werden, und dazu kein Mittel wußte als eben das Elixier. Wäre Mädi nicht gelähmt gewesen und in eine stille Traurigkeit versunken fast wie ein Baum, der in Blüte aufgehen wollte, und über den in der Nacht der Reif kam, so hätte es Anne Bäbi vom Elixier abgesprengt und den Wasserdoktor oder das Wyben in Anregung gebracht. Jetzt tat es das aber nicht, sondern muckelte höchstens unverständliche Worte gegen das Elixier und brachte dem Jakobli alles Mögliche für seine Hühner und Tauben, und wenn er selbst nicht da war, fütterte es sie auf das treulichste, so daß sie ihns umflatterten und liebten dem Jakobli zTrotz.


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