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Titelblatt

VIII. Heft.
Die Schnapsläden

Mit einem Titelkupfer.

Leipzig, 1835.

Verlag von Vetter und Rostosky.

Berliner Schnapsladen

Berliner Schnapsladen

 

Die Schnapsläden.

Nachdem ich meiner Muse ein Glas Kümmel präsentirt, beginne ich meine Zeichnung. Wie Menzel von den Deutschen sagt: »was sie auch in der einen Hand haben mögen, in der andern haben sie gewiß ein Buch,« könnte man von den Berlinern sagen: was sie auch immer mit dem einen Auge sehen mögen, mit dem andern sehen sie gewiß einen Schnapsladen. An allen Orten und Enden Berlins sind Bachus II. Tempel errichtet, und täglich wallfahrten Tausende hinein, dem neuen Gotte ein Opfer zu bringen; es ist so viel Branntwein in der Residenzstadt Preußens, daß man ein ganzes russisches Regiment betrunken machen könnte. – Wann der Berliner über die schlechten Zeiten geklagt hat, so trinkt er Branntwein, und wenn er Branntwein getrunken, so kritisirt er über die schlechten Zeiten; der Berliner bleibt immer zwischen klagen, trinken und kritisiren.

Die Rohheit und Gemeinheit des Berliner Pöbels hat der Branntwein hervorgebracht; er erschlafft den Geist, stumpft ihn für alles Edle und Schöne ab, macht träge und gleichgültig, und frißt alle Blüthe aus dem Menschen. Berlin wäre Athen, wenn der Branntwein nicht existirte. Die Kinder der untern Volksklasse werden schon vergiftet, bevor sie denken lernen; sie halten Jeden für ihren Vater, dem sie Schnaps holen müssen, und die Jünglinge treten nicht eher in die menschliche Gesellschaft, als bis sie sich im Rinnstein gewälzt haben. So wächst das Laster auf, reißt allen geistigen Schmuck vom Menschen herunter, zieht andere Laster nach sich, macht unglückliche Ehen, Sittenverderbniß im höchsten Grade!

Die Regierung sollte – und wird vielleicht – alle Mittel ergreifen, diesem Uebel zu steuern, statt dessen öffnen sich täglich neue Lasterfabriken, eine brillanter und lockender als die andere; der Genuß des Branntweins vermehrt sich immer mehr, je größer die Armuth wird, und die Armuth wird immer größer in Berlin. So sieht man Rohheit, Gemeinheit, Nichtswürdigkeit und geistige Erschlaffung von Tag zu Tag zunehmen, Verbrechen häuft sich auf Verbrechen, und zuletzt kann ein Volk nur durch Ketten geheilt werden, das auf einer hohen geistigen Stufe stehen könnte. Doch – was geschieht nicht Alles nicht, was für das Volk ist? Wer darüber schreiben wollte, müßte Folianten füllen; ich aber bin nur auf ein paar Bogen angewiesen, handle daher nach dem Wahlspruch eines gekrönten Hauptes, lasse Alles beim Alten, und schildere da mit heiteren Farben, wo man die Feder in Thränen tauchen müßte.

Ich führe Dich also in einen Schnapsladen, lieber Leser, und zwar auf eine Weise, die Dich nicht zum Trinken zwingt. Schon das zierliche Vorfenster ladet die Vorübergehenden ein. Hier erblickst Du bunte Flaschen, bunt durch ihren Inhalt, auf jeder ein Etiquett: Korn, Kümmel, doppelter und einfacher, Anies, Spanisch-Bitter, Kirsch, Nelken, Citronenliqueur, Wachholder, u. s. w., u. s. w. Dieselben Ankündigungen liest Du, wenn wir hinein treten, auf größeren Flaschen, auf riesigen Tonnen, die hinter dem Ladentische aufgepflanzt sind, und den Verzagten, der mit Kummer auf den Rest einer Flasche blickt, mit neuer Hoffnung erfüllen. Im Hintergründe sitzt ein ehrsamer Schuhmacher neben einem Schneider für Civil und Militair, und raisonnirt bei einem halben Quart doppelten Kümmel über die Gewerbefreiheit; nicht weit von ihnen sitzt der Korbmachermeister und erklärt dem Mauerpolier mit träger Zunge die neuesten Verhandlungen der Pariser Deputirtenkammer; links von ihnen liegt ein Eckensteher und lallt nach frischem Korn, ein Anderer wälzt sich schon auf der Erde, und noch drei Andere reißen Zoten und prügeln sich. Ein Handlanger läßt sechs verschiedene kleine Flaschen füllen, damit der Bau des Hauses schrägüber nicht unterbrochen wird; ein Schusterbursche holt Anies für seine Gesellen und kostet so eben, ob die Waare auch preiswürdig; ein Dienstmädchen nimmt den täglichen Bedarf für die Herrschaft; ein altes, gemeines Weib sitzt in einem Winkel und schlürft mit Wollust, um nach einer halben Stunde auf der Straße aufgegriffen und in die Wache geführt zu werden. Um den Ladentisch herum drängen sich Handwerker, die im Vorübergehen die trockene Zunge benetzen; ein Sandfuhrmann hat frischen Sand in die Küche gebracht und »jießt davor Eenen hinter de Halsbinde;« ein Droschkenkutscher hat seinen Cäsar draußen stehen lassen und »netzt sich de Jurjel,« damit er später ruhiger schlafen kann, – und zwischen diesen Allen wandert ein »heruntergekommenes Genie« umher, reißt Witze, schäkert mit dem Ladenmädchen, erzählt Anecdoten und grauenhafte Geschichten, lügt wie eine politische Zeitung, trinkt bald an diesem, bald an jenem Tische, denn überall reicht man dem »Schwerenothskerl« und »Dausendzappermenter« ein Gläschen oder ein Restchen der brennenden Tropfen. Diese heruntergekommenen Genies sind früher Schriftsteller, Schauspieler, Musiker oder Maler gewesen; haben von jeher die Schnapsboutiquen allen besseren Situationen vorgezogen, sind endlich aus der menschlichen Gesellschaft verstoßen, und ergreifen nun jedes Mittel, ihr Danaidenfaß zu füllen. Sie erbetteln sich von einem Studenten alte, abgetragene Schnürröcke, von früheren Collegen Beinkleider, Wäsche und Hüte, und wie sie nun äußerlich mit erborgten und erbettelten Fetzen prangen, so thun sie's auch geistig in diesen Gesellschaften, die letzten, in welchen sie geduldet werden. Ihre Seele ist ein Chaos aller Gemeinheit, aller Scheußlichkeit, aber so übertüncht von falscher Gemüthlichkeit und Galanterie, daß sie den gewöhnlichen, geistlosen Menschen einnehmend, interessant erscheinen; oft hoffnungsvolle junge Leute in ihren Schlamm hineinziehen und so lange physisch und geistig plündern, bis sie ihres Gleichen geworden. Auf diese moralische Mörderbrut sollte unsere Polizei ein wachsames Auge haben, aber die wachsamen Augen werden jetzt zu sehr angestrengt, – man anatomirt die größten Kleinigkeiten mit scharfen Brillen, und überschaut Riesen und Berge.

 

Gespräche.

I.

Der Schneider Schnipel. Der Posamentier Feseler. Der Schuster Pelzer. Das Genie Schulze.

Schnipel. Nu sagen Se mir, Herr Jevatter Feseler, was is des vor 'ne Jeschichte mit die Höllenmaschine in Paris?

Feseler. Dieses ist janz einfach, Herr Jevatter. Die Höllenmaschine ist ein Instrument zum Tödten. Die Republieker wollten Ludwig Philippen damit um de Ecke schaffen, damit des monarch'sche Princip in Etwas jeschwächt wird. Ich war Anno Vierzehn vier Wochen in Paris, denn ich habe die Kampanje mitjemacht. Hier sehen Sie mein Band!

Pelzer. So'nne Bänder haben 'ne Menge jekricht, die 't jar nich verdient haben.

Feseler. Dieses Band is mein Stolz, denn es beweist, daß ich ein Retter des Vaterlandes war.

Pelzer. Du mußt freilich für die Ordens sind, denn erschtens hast Du Eenen, un zweitens bist Du Posementier.

Schulze (lacht). Der Pelzer reißt jöttliche Witze! Laß mich 'mal drinken, lieber Pelzer. (Er stürzt ein Glas Kümmel hinunter.) Ich glaube auch, Feseler, daß es mit Deiner Courage nicht weit her ist. Tant de bruit pour une omelette!

Schnipel. Ick bitte Dir, Schulze, laß uns mit Dein Lateinisch zufrieden!

Feseler. Ja, un dabei jlaubt er, man verstände ihm nicht. Ich war vier Wochen in Paris, und konnte schon vorher Einiges von der Sprache der Franzosen. Des, was er da sagte, heißt auf Germanisch: So viel Brühe über einen Eierkuchen!

Pelzer. Mit Speck?

Feseler. Comme tu veux, wie Du willst (Er räuspert sich und ruft:) Mademoiselle, für einen Sechser einen Bittern Spaniens!

Schulze. Es ist doch ein ganzer Kerl der Feseler; er hat viel Lebenserfahrung und versteht Etwas. Wenn ich das sage, so könnt Ihr's glauben. Consuetudo est altera natura. Was trinkst Du denn cher ami Feseler? Bittern? Wie ist denn der?

Feseler. Prenez! Nimm Dir!

Schulze (trinkt). Der Bittere ist auf Ehre gut. Der Feseler hat Geschmack. Er kann mit Horaz sagen: empora mutantur et nos mutamur in illis!

Feseler. Ja wohl, ich habe immer viel uf Horazen jehalten.

Schnipel. Na, wenn Ihr aber nu nich mit Eure dumme ausländ'sche Sprachen ufhört, so schmeiß' ick Euch meine Pulle mit Schnaps an den Kopp!

Schulze. Davor sind wir sicher.

Schnipel. Wie is det mit de Höllenmaschine, will ich wissen? Wird det keene Folgen uf Deutschland haben, wie Anno Dreißig?

Feseler. Na ob es Folgen uf Jermanien haben wird! Haben Sie dieses nicht schon durch unsere Revolution im August wahrjenommen?

Schnipel. Ach jehen Se mir mit unsere Revolutionen, Herr Gevatter, die sind lausig! Des is ja jar keen Verjnüjen nich! Wenn wir Preußen unruhig werden, so sorjen wir blos vor de Jlaser. Wir schmeißen blos Fenster entzwee, un prügeln uns selbst.

Feseler. Es macht doch immer einen Eindruck.

Pelzer. Mein Bursche sitzt noch. Denkt Euch, dieser Junge wollte mit Jewalt Constitution!

Schnipel. Is es die Meechlichkeit! Hat er es denn durchjesetzt?

Pelzer. Ne.

Schnipel. Warum nich?

Pelzer. Sie haben ihm jefaßt.

Schnipel. Des is immer so, wenn Eener Constitution will.

Pelzer. Ja, da haste Recht. (Er sieht nach der Uhr.) Na, Kinder, ick muß jehen; ick muß noch bis morgen zwee Paar Stiebeln fertig machen, die nach Kalisch jehen.

Feseler. Die Stiefeln jehen nach Kalisch? Haben se auch einen unverdächtigen Paß, sonst kommen sie nich hinein?

Pelzer. Sie sind von Kalbsleber.

Feseler. Ach so! Vornehme Stiefeln. Na, ich jeh mit Dir, Pelzer.

(Sie trennen sich.)

II.

Zwei Sandfuhrleute: Scherbel und Meck.</h>

Scherbel. Na wat is denn det, Meck? Wo hasten deinen Wagen?

Meck. Der is mir abhanden jekommen.

Scherbel Wer hat'en sich denn jelangt?

Meck. De Pollezei.

Scherbel. Na die langt ooch Allens! Wie ist'en det jekommen?

Meck. I seh mal, det is mir verflucht jejangen. Wie ick immer Mallör habe, so ooch diesmal. Ick fuhr dir immer raus nach de Jungfernhaide un brach mir da en paar Aestekens ab, damit ick mir keen Holz zu koofen brauchte.

Scherbel. Na natürlich!

Meck. Na also siehste, so fuhr ick denn schonst seit vier Jahren so raus, un holte mir wat ick brauchte, un keen Mensch erwischte mir dabei. Un neulich hol ick mir ooch Holz, so erwischt mir Eener dabei, der Förschter. Ick konnte doch nu also nischt davor, det er mir jrade den Dach erwischte, denn ick hatte mir schon seit vier Jahren jeholt, un et hat mir nie Eener erwischt. Woran lach et aber? Seh' mal: mein Pferd hatte natürlicherweise schonst einige mürbe Knochen; denn früher drabte es immer, jetzt drabt es aber nich mehr, un wenn ick mir uf'n Kopp stelle. Der Kerl aber, der Förschter, muß mir det nich jlooben, un zeicht mir an, un se nehmen mir richtig meinen Wagen. Als wenn ick davor könnte, det mein Pferd nich mehr draben kann, un det der Förschter jrade den Dach mit seine lange Nase da rumschnuppert, wo ick meine Jeschäfte habe!

Scherbel. Ja, et is scheußlich! Seitdem die Pollezei det eene Epulett verloren hat, is se janz wie besessen. Is et mir denn etwa anders jejangen? Ick habe müssen neulich über zwee Monat sitzen, blos, weil ick en Loch in de Tasche hatte!

Meck. Ach et is nich möglich! det wär doch zu doll!

Scherbel. Wie ick dir sage, uf Ehre! Ick komme dir in'ne Küche, verkoof ne Molle Sand an de Köchin, un so jeht se rin zu de Herrschaft, un will mir Jeld holen. Se hatte jrade Silberzeich reene geputzt, wischte sich de Hände ab un jetzt nu rin. Darauf seh' ick mir en bisken um in de Küche; sie kommt wieder; ick nehme mein Jeld un will jehen. So fällt mir ein silberner Eßlöffel aus de Tasche. Wat hat die Köchin zu dhun? Sie schreit, schließt die Dhüre vor mir zu, det ick nich mal wegloofen kann, läßt mir von eenen Mann halten, der mir noch dazu janz unbekannt war, holt den Zerschanten, un so muß ick brummen. Nu frag' ick Dir, is des eine Behandlung? Kann ick davor, daß ich'n Loch in de Tasche hatte? Jiebt mir der Staat Jeld, bet ick mir kann neue Röcke machen lassen?

Meck. Ne!

Scherkel. Na also!

Meck. Drinken wir noch Eenen?

Scherkel. Meintwejen! Ick bin ärgerlich!

(Sie gehen nach dem Ladentische.)

III.

Die Eckensteher Kolk, Lutscher, Brisich und Hecksel.

Kolk (kommt herein und schlägt die Arme übereinander). Dunderwetter, det is heute en kühler Dach! Zehn Jrad Kälte un noch keenen Droppen in'n Leib. Mamsellken, man vor eenen Sechser, aber er kann aussehen wie vor'n Jroschen.

Brisich. Setz dir hierher, Kolk; laß uns en bisken klug sprechen.

Kolk. Det jeht mit Dir nich. (Er setzt sich.)

Lutscher. Schraubt Euch man nich wieder; det nimmt immer keen jutet Ende.

Kolk. Ick kann mir schrauben, davor bin ick Mutter.

Hecksel (mit schwerer Zunge). Du, mach keene Witze, Kolk; mir is schon en bisken schlimm.

Kolk. Du hast woll schonst wieder höllisch ufjejoffen?

Hecksel. Ick habe mir heute en paar Kümmel mehr angesehen, wie jewöhnich, weil heute vor'n Jahr meine verstorbene Frau gestorben is.

Brisich. Woran is'den die jestorben?

Hecksel. An den Soff.

Brisich. Ihr scheint ne glückliche Ehe jeführt zu haben?

Hecksel (einschlafend). Ja, sehr jlücklich, sehr jlücklich, bis uf etwas Keile. Ich habe ihr – sie hat mir – geprüjelt, hat sie mir. (Er schnarcht).

Lutscher. Laßt ihn sind; er scheint en bisken schlummern zu wollen. Sacht mal, wat sacht Ihr'n zu de Zollverbindung, wovon alle Dage in de Zeitung steht. Ick bin nich davor. Ick kenne zwee Weber in de Willemstraße, die jehen jetzt betteln.

Kolk. Davor hat de Obrigkeit jesorcht. Det Betteln is verboten.

Brisich. Ja, det is jrade so, als wenn ick Eenen alle seine Kleidungsstücke stehle, ihm bis uf't Hemde ausziehe, un ihn denn frage: wat ziehen Sie'n heute vor'n Rock an?

Lutscher. Ick sage Euch, früher hatten die Weber jeder drei Stühle zu jehen, jetzt jeht nich en eenziger mehr.

Kolk. Det is schlimm vor den Staat, wenn der Stuhljang bei'n Bürjer ufhört. Da fällt nischt mehr vor ihm ab, und Abjaben müssen doch sind.

Brisich. Ja, det seh' ick eben noch nich in! Wozu müssen denn Abjaben sind?

Kolk. Na det is ne dumme Frage! Wovon soll'n der Staat existiren, wenn ihm de Bürger keen Kies jeben?

Brisich. Det jeht mir nischt an. Mein'twejen braucht der Staat jar nich zu existiren. Ick brauche keenen Staat, un der Staat braucht mir nich!

Kolk. Ne, da haste Recht, sonne Theekessels hat er jenuch! Staat muß sind, sonst wäre keene Polezei un keene Jand'armerie, un denn könnte Jeder dhun, wat er wollte.

Brisich. So muß et ooch sind! Et muß Jeder dhun können, wat er will, denn en vernünftiger Mensch will nur Des, wat er dhun kann.

Kolk. Ja, aber et jibt noch viele Leute, die eben so dumm sind wie Du!

Leisich. Du, werde nich reizend. Du kennst mir, ick bin eeklich, wenn ick anfange.

Lutscher. Ja, un wenn De ufhörst, ooch.

Brisich. Bist de ooch da? Halt's Maul! Ick will also nu annehmen, et muß en Staat sind. Wenn aber de Bürger ihn erhalten müssen, so muß doch ooch der Staat de Bürjer alles mögliche Jute dhun! Denn det is jrade so, als wenn ick Dir immer Kümmel jede, um dir zu ernähren, un du wolltest mir davor schimpfen un schlagen.

Kolk. Der Staat thut, wat er kann. Er sorcht vor de Bürjer, den» er läßt uf de Münze Jeld schlagen. Wenn also der Staat nich wäre, denn hätten wir keen Jeld, un denn müßten wir jradezu verdurschten.

Brisich. Det läßt sich hören.

Hecksel. (im Traume). Kümmel!

Lutscher. Der scheint'en schweren Droom zu haben.

Brisich (schnell) Siehste Kolk, jetzt fällt et mir doch in, det Du 'n Ochse bist. Der Staat profetirt ja bei't Jeldschlagen.

Kolk. Wer is'n Ochse? (Er giebt ihm eine Ohrfeige). Wenn De det noch mal sagst, denn wer' ick Dir eene stechen, verstehste?

Brisich. (schlägt ihn mit der Faust auf die Nase, daß diese blutet). Wenn de keen Schnuppduch bei Dir hast, will ick Dir mein's borjen.

Kolk (steht auf und wirft ihn zur Erde). Mach Dir's bequem!

Lutscher (mit Ruhe). Aber, Kinder, so zankt Euch doch nich über solche polit'sche Jejenstände!

Brisich (ist wieder aufgestanden, fällt über Kolk her und Beide prügeln sich mit der äußersten Erbitterung).

Lutscher (will sie auseinanderbringen, verfällt aber auch in die Prügelei).

Hecksel (erwacht). Herjees, Kinder, wat soll'der Wortwechsel hier? (Er schlägt mit).

(Nachdem Alle braun und blau sind, vertragen sie sich
und trinken wieder.)

VI.

Herr Buffey

Zum Vortrage merke man sich Folgendes: Dieser Berliner, der Typus, des untern Bürgerstandes, legt in seinen Erzählungen allen Nebendingen eine große Wichtigkeit bei, besonders aber Dem, was er selbst gesprochen hat. Er übergeht nie die Mittheilung der gewöhnlichsten Höflichkeiten, die man ihm erwiesen, prahlt gern ein wenig und sucht allen Leuten zu imponiren. Die gesperrten Worte müssen stark betont werden. Bei den Gedankenstrichen mache man eine kurze Pause.Anm. d. V.

(sitzt unter mehreren ihm unbekannten Handwerkern. Das Gespräch dreht sich um Borgen, schlechte Schuldner ect. und er erzählt folgenden, ihm begegneten Vorfall.)

Herr Buffey (lispelnd). Sehn Se, so is mir ooch jejangen; ich habe mir aber, was man so nennt, zu helfen jewußt. Ich bin nämlich Herr Buffey. Ich wohne in de neue Kommandantenstraße neben de Kuhställe, und habe eine kleine Tebajie mit ein nobel Jö de Billjardt, das heißt eens worauf man spielt, nennt man das. Ich sitze also eenes Morjens janz alleene in meine Tebajie un stoppe mir eene, nämlich eine Pfeife, heißt das. So kommen zwei junge Menschen zu mir rin un spielen auf mein Billjardt, un spielen bis Nachmittag um vier Uhr, so daß der eine junge Mensch hundert un fufzig Parthieen verloren hat, un mir davor fünf Dhaler Courant schuldig is. Das is jut. So kommt der junge Mensch uf mir zu un sagt zu mir: » Hören Se mal, Herr Buffey!« Ich sage: »Ja!« » Hören Se mal,« sagt er, »ich bin Ihnen fünf Dhaler schuldig.« »Des sind Sie,« sag' ich. So sagt er: »Hören Se mal, Herr Buffey,« sagt er, »ich habe kein Jeld bei mir.« »Das is schlimm!« sag' ich. Ich sage: »ich habe die Ehre Ihnen nich zu kennen!« »Nu, nu!« sagt er, »des hat nischt zu sagen, Herr Buffey; ich bin ein Mensch, der was zu sagen hat; ich wohne in de neue Friedrichstraße, des is ne Jejend!« »Ach!« sag' ich, »des is was anders, des is ne schöne Jejend, besonders so an de Königstraße. Hören Se mal,« sag' ich, »da müssen Sie ja ooch den Viktualienhändler Breese kennen, der wohnt da, des is mein Jevatter.« »So?« sagt er, »ach des is der Mann, der sich immer so anzieht un so aussieht?« »Richtig,« sag' ich, »des is der; des freut mir, deß sie ihn kennen.« »Na, sagt er, »Herr Buffey, ich sehe woll, Sie sind ein Mensch, mit den sich umjehen läßt. Sie sind jewiß ein Bürjer?« »Na,« sag' ich, »des will ich wissen, des versteht sich!« So nimmt er seinen Hut, behält ihn vor mir in de Hand, un sagt zu mir: »Herr Buffey,« sagt er, »in acht Dagen haben Sie Ihr Jeld. Leben Se wohl!« »Ich empfehle mich Ihnen janz jehorsamst!« sag' ich. Un darauf verschwindt er.

Nu hab ich so 'ne kleene, rotznäsige Jeere von Schwester, die is fünf un fufzig Jahr alt un fiehrt mir meine Wirthschaft, das heißt: sie kocht mir, fegt mir aus, und arranjirt mir Alles, weil ich nich verheirathet bin, sondern ledig, nennt man das. Also die erzähl' ich nu die Jeschichte. So sagt sie » Na, na!« sagt sie. –

Ich sage: » Wie so?« –

»Na, na!« sagt se, »des nimm mir nich übel!« –

»Ne,« sag' ich, »wie so meinst Du das? Ich versteh' Dir nich.«

»Na,« sagt se, » die Jeschichten kennt man, das is immer so!«

»Ne,« sag' ich, »das seh' ich nich ein!«

»Na,« sagt se, »Du wirst es erleben, Buffey!«

»Na,« sag' ich, »das wird sich finden. Du wirst es sehen, daß ich in acht Dagen mein Jeld habe!«

Des is gut. Ich warte acht Dage, ich warte virzehn Dage, ich warte vier Wochen, wer nich kommt, is mein junger Mensch! Also die Jeschichte fängt mir an, in'n Kopprtum zu jehen, das heeßt, es wurmte mir, daß der Mensch vielleicht keine redlichen Absichten mit mir hatte. Ich jeh' also zu zu meine Schwester. » Hör' mal!« sag' ich, »sage mir mal, was sagst du'n dazu: ich wer' den Menschen verklagen!« »Nu natürlich!« sagt se, »was wird'n Dir anders übrich bleiben?« »Ja,« sag ich, »des is meine Ansicht ooch!« Un so zieh' ich meinen blauen Ueberrock mit den Sammtkragen an, jeh' nach de Könichstraße und laß' mir zeigen, wo des Stadtgericht is. Ich jeh also in den Dhorweg ritt, un kloppe da an de Dhüre, so schreien se »Herein!« – Ich sage: »Sie entschuldigen!« – »Ja!« sagen se. – Ich sage: »Ich bin wohl hier janz recht?« – »Ja, Sie sind janz recht.« – » Ich wollte jern Jemanden verklagen,« sag'ich. » Nein!« sagen se, » de« is hier eine Frühstücksstube, da müssen Se jefälligst um de Ecke jehen!«

Ich jeh' also um de Ecke, ich kloppe da an, so schreien die Leute »Herein!« schreien se. Ich sage: »Sie entschuldigen!« »Herjees!« sagte die eine Frau, »Ihr Jesicht kommt mir so bekannt vor; ich muß Ihnen schon irgendwo jesehen haben!« – »Ja,« sag' ich, »des is woll möglich, da komm' ich zuweilen hin. Ich bin Herr Buffey, Bürjer natürlich, un habe eine Tebajie, wo hinten en Jartenverjnügen dran is.« – »Ach ne, Sie sind es nich,« sagt die Frau, »nehmen Se's nicht übel!« – »I, wie so?« sag' ich, Jott bewahre. Sagen Se mal« sag' ich, »besorjen Sie hier die Prozesse? – »Ach,« sagt se, »Herr Buffey, Sie wollen gewiß auf's Stadtjericht; da müssen Se jehorsamst hier links in die Dhüre da jehen, wo der Mann vorne steht. Ich jebe mir nich damit ab, sagte se, »ich bin blos eine Möbelhandlung.« »Ach so?« sag' ich, » na nehmen Se's nich übel»Nein!« sagt se, – un so jeh' ich denn dahin.

Also nu wurde ich natürlich sehr unangenehm, das können Se sich woll denken, weil man mir so oft verirte, un von Pontius zu Pilatus schickte, – so wie ich also eben in de Dhüre trete, wo alle die Refrendarjen sitzen, so jeh' ich auf den Einen zu, un sage: » Hören Se mal,« sag' ich, »des is ja eine verfluchte Jeschichte, werd' ich denn nu endlich mit Ihnen en Prozeß anfangen können?«

»Mit mir?« sagt er, »wie so?«

»Na!« sag' ich, »ich wollte jern Jemanden verklagen.« »Ach so?« sagt er, »warten Sie nur ein wenig!« Darauf nimmt er einen neuen Bogen Papier un sagt zu einen andern, der noch jünger war: Herr College, wollen Sie wohl gefälligst die Jeneralfragen übernehmen?«

» Wie so?« frag' ich, – »behandeln Sie mir nich mehr als Militeer! Ich habe schonst jedient, wie Sie noch in de Windeln lagen; – ich bin jetzt Bürjer

»Schon jut!« sagte er, »das is auch nich so jemeint.« Darauf schrieb er da was un frächt mir denn, wie ich heiße. Ich sage: ich bin Herr Buffey, ich wohne in de neue Kommandantenstraße un habe vorne eine kleine Tebajie un hinten hab' ich ein Jartenvergnügen.« – »Wie alt?« – »Sechs un virzich!« sag ich, »ich sehr in 's sieben un virzichste, den dreizehnten October werd' ich sieben un vierzich, zwee Dage vor den Kronprinzen sein Jeburtstach.« – »Schon jut!« sagt er, »welche Reljon?« – Ich sage » lutherisch,« un so frächt er mir aus, als wenn ich ein Verbrecher wäre; un so wie er fertich is, so kommt der andere wieder un frägt mir »sagen Se mir mal, Herr Buffey,« sagt er, »wie heißt'n der Mensch, den Sie verklagen wollen?« – »Ja,« sag' ich, »das weiß ich nich!«

»Hören Se,« sagt er, » das is schlimm! Wissen Se vielleicht, wo der Mensch wohnt

»Nu!« sag' ich, »das will ich wissen, er wohnt in der neuen Friedrichsstraße!«

»Welche Nummer?« – »Ja,« sag' ich, »das weiß ich nich, da fragen Se mir zu viel

»Hören Se,« sagt er, »Herr Buffey, das is sehr schlimm! Nu wissen Se was? Nu bezahlen Se fufzehn Silbergroschen Jnstructionsjebühren, un denn wird der Prozeß schweben.« –

Ich bezahle also das Jeld un jeh' zu Hause, un erzähle des meine Schwester. So sagt sie: » Schweben</?« sagt fit, » na, na, Buffey!« – Ich sage: »laß des jut sind, Du wirst es sehen, daß ich die Sache durchsetze

Sehen Se, nu wart' ich Ihnen vier Wochen uf de Absolution, es kommt keine. Ich warte noch vierzehn Dage – es kommt richtig keine Absolution. Also nu werd' ich sehr eeklich, denn ich bin Bürjer un man hält mir hin, das heißt: man verzöjert die Sache. Ich geh' also wieder nach des Stadtjericht; ich treffe richtig eben den Refendarjus, setze mir in Position un sage zu ihm: » Sagen Se mal,« sag' ich, »wie is des mit meinen Prozeß! Des is ja eine Schwerenoths-Jeschichte! Sie haben mir doch versprochen, daß der Prozeß schweben wird!«

»Ach,« sagt er, »Sie sind Herr Buffey? »Ja,« sagt er, »hören Se mal, der Prozeß schwebt noch!«– » So,« sag' ich, »na, wissen Se was, wenn er noch schwebt, denn können Sie mir im Martini'schen Kaffeehause Lectüre vorlesen!« sag' ich, un so wie ich des jesagt habe, so faß' ich mir' en Herz un kratze aus! Also der Refendarjus un alle die andern hinter mir her; ich de Könichstraße runter, sie mir Alle nach, un vie wir an de Poststraße kommen, so kommt der Stadtjerichtsminister, der hält den ersten Refendarjus uf un sagt zu ihm: »Um Jotteswillen,« sagt er, »was wollen Se denn von den Menschen?« »Ja,« sagt er, » der hat jesagt, ich un wir Alle könnten ihm« – »Nu!« sagt er, »meine Herren, des hat ja nich solche Eile; laßen Se doch den Menschen Zeit!« –

Uf diese Weise hatte ich also meinen Prozeß jeendigt; nu will ich Ihnen noch erzählen, wie ich zu mein Jeld jekommen bin. Sehen Se, am 24sten Aujust is immer Srralower Fischzuch, da jeh' ich jedesmal mit meine Schwester un en paar jute Freunde raus. Wir nehmen uns ein paar Pullen Branntwein mit, un Brod, un Schinken, das heißt mit einem Wort: wir versorgten uns. – Also ich sitze am verjanjenen Fischzug ooch da; wir hatten uns en paar Jläser Weisbier jeben lassen un waren sehr verjnügt, wir erheiterten uns nämlich. So seh' ich mit einem Male den jungen Menschen unter die Menge Leute; – ich bleibe ruhig sitzen un denke; du wirst mir schon kommen, denk' ich, un richtig! der junge Mensch jeht zufällig dicht an unsern Disch vorbei, un so wie er mir jewahr wird, so sagt er: » I Jeses!« sagt er, »Herr Buffey! Wie kommen Sie denn hierher? des is mir lieb, deß ich Ihnen endlich mal finde; ich muß Ihnen was sagen!« So zieht er mir bei Seite un sagt zu mir: » Herr Buffey, Sie wissen doch noch, deß ich Ihnen fünf Dhaler schuldig bin?« – » Na ob!« sag ich. »Wissen Se was?« sagt er, »wir treffen uns hier heute, wir wollen heute fidel sind; wir wollen – eine Bowle Punsch zusammen drinken!«

»Das können wir!« sag' ich, un so ruft er den Markör; wir setzen uns, un so wie die Bowle Punsch kommt, so sagt er: »Herr Buffey wird Se Ihnen bezahlen, das is der Bürger Herr Buffey, der kann das!« – » Ja!« sag ich, »das kann ich!« denn ich konnte mir doch nichts verjeben, man hatte meinen Namen jehört, un man kennt mir in de Stadt. Also ich sage: »was kost't die Bowle?« sag' ich un greife in de Tasche. – »Fünf Dhaler!« sagt der Markör. – »Hier sind se!« sag' ich un so schmeiß' ich ihm das Jeld hin, des heißt einen Tresorschein, nennt man das. Wir drinken; wir werden sehr munter, der junge Mensch macht Witze, wir lachen über ihn, wir finden ihn sehr putzig, er sagt een Mal über's andere: »Herr Buffey!« sagt er, »des läßt sich jar nich bezahlen, deß ich Ihnen heute hier jefunden habe; Sie sind ein Mann, mit dem sich umjehen läßt!« Jenuch, wir sind ochsig vergnügt, un wie wir so mitten drin sind, so ruft mir der junge Mensch wieder bei Seite un sagt zu mir: »Hören Se mal, Herr Buffey,« sagt er, »wir müssen uns auch noch berechnen

»I,« sag' ich, »das hat jute Wege!«

»Ne, ne!« sagt er, »so was muß man nich ufschieben; es is mir lieb, daß wir uns heute ausjleichen können. Ich bin Ihnen fünf Dhaler schuldig; Sie haben fünf Dhaler vor de Bowle Punsch bezahlt; fünfe un fünfe hebt sich, folchlich sind wir quitt!« – Sehen Se, auf diese Weise bin ich mit den jungen Menschen auseinander jekommen.«

V.

Der Nagelschmid Klopper. Der Drechsler Rumpel. Der Korbmacher Henker. Der Tabagiewirth Buffey. Das Ladenmädchen. Das Genie Ridich.

Klopper. Dhu mir den Jefallen, Ridich, un zieh mal de Mamsell wieder en bisken uf! Ick sage Dir, Buffey, det mußt Du hören. Der Kerl macht Dir Witze, det man sich wälzen möchte.

Buffey (lispelnd). Das is jar keen Wunder. Er war früher Komödiant, Schauspieler nennt man das, un da lernt man Witze. Früher, das heißt vor Zeiten, war ich auch sehr witzig. – Ich habe mal als Junge von zehn Jahren zu meinen Schullehrer jesagt: »Hören Se mal, Herr Rietzel, sagt'ich, »Französch kann ich nich lernen, des is mir zu schwer.« (Er lacht.)

Rumpel. Jetzt biste aber nich mehr so witzig?

Buffey. Ne. Dann un wann hab' ich woll noch Einfälle, aber im Janzen hat man doch zu viel Sorjen; das heißt, die Zeiten drücken einen nieder. (Er trinkt.) Ick weeß nich, der Moewes'sche is besser.

Ridich. Ja, der Kümmel hier jeht an, der Moewes'sche jeht runter.

Klopper (lacht). Jöttlich! Na, nu komm' nach'n Ladendisch, un laß Dein Jenie los.

Ridich. Jut. Damit aber die Unterhaltung nicht zu trocken wird, so jebt mir was zum Anfeuchten.

Klopper. Jöttlich! Da haste en Jroschen, laß Dir einschenken. Kommt alle mit, Kinder. (Sie treten an den Ladentisch.)

Ridich. Mamsell, geben Sie mir mal vor'n Jroschen einen Offizier, davor soll'n Sie ooch mal einen Offizier vor'n Jroschen haben. (Gelächter.)

Das Ladenm. Sparen Sie Ihre Witze. Sie werden mir keinen Offizier verkaufen können, denn man hört's, daß Sie ein Jemeiner sind.

Henker. (zu Klopper). Du, die hat's aber ooch raus.

Ridich. Ach, ich merke schon. Sie wollen blos, daß ich mein Jewehr vor Ihnen präsentiren soll. (Gelächter.)

Das Ladenm. (schweigt und setzt sich nieder, ohne ihn anzusehn).

Ridich. Na, werden Sie nich böse, Mamsell; sonst tritt Ihnen de Jalle in's Blut, un das schad't Ihren Teint.

Das Ladenm. Mein Teint wird Ihnen nich incommodiren!

Ridich. Rein, im Jejentheil. Ich möchte nur Deine Fingerspitze berühren! Wär' ich der Handschuh nur auf dieser Hand, und küßte diese Wange! Der Schatten nur von Deines Kleides Saum, und in das Leben tritt der hohle Raum!

Alle (lachen.)

Klopper. Na, wat hab' ick Euch jesagt? Er is en Mordskerl!

Buffey. Ja, er hat en merkwürdiges Gedächtniß. Des jeht Alles wie jeschmiert.

Ridich. Na, Mamsell, fällt kein Liebesblick, auf den Flehenden zurück. Ab von mir bleibst Du gewendet; nun, wohlan! so sei's vollendet! Ach, geendet ist's ja doch! (er trinkt das Glas leer). (Gelächter.)

Das Ladenm. (etwas höhnisch). Das ist recht hübsch, so den Narren zu spielen. Das kleit Ihnen recht hübsch, wie so'n Affen uf't Kameel.

Ridich. Bitte, wollen Sie das Kameel, will ich der Affe sein.

Das Ladenm. Wenn ich's Kameel wäre, Sie kaut ich nie wieder; Ihnen hätt' ich immer im Magen.

Ridich. Gäben Sie nicht der heil'gen Erde die Atome wieder? Und nicht einmal in Deinem Herzen, holde Seele, hast Du mich! O laß Du Göttliche Dir sagen, daß alle meine Pulse für Dich schlagen!

Das Ladenm. Wenn Se nu nich bald jehen, denn werden die Fäuste vom Hausknecht für Sie schlagen.

Ridich. Da würde ich mich getroffen fühlen. Aber ich will es erwarten; ich lasse mein Blut für Dich. Ob mein Blut die Erde röthet; hast doch Du mich schon getödtet: (er faßt den Korbmacher.) Henker, sprich, was kannst Du noch?

Henker. Ich kann eenen drinken. (Er trinkt.)

Das Ladenm. (lächelnd). Sie sind ein wahrer Hanswurscht.

Ridich. Ach, die Sonne scheint wieder; mir wird leicht. Sie lächelt! Wohl, der Blitzstrahl hat geschlagen, der die Wolke lang getragen, und ich athme wieder frei. (Er trinkt.)

Henker. Der hat'n starken Athem.

Ridich. Mamsell, ich bitte fein, schenken Sie mir noch einen ein, der Branntewein vertreibt die Qualen, Herr Buffey wird'n bezahle».

Buffey. Wie so?

Ridich. Nun Sie lassen mir einen jeden, un ich lasse Sie dafür leben!

Buffey. Das kommt mir uf einen Sechser nich an; ich habe heute meine Spendirhosen an. Des war auch'n Versch.

Ridich. Ick wollte, Herr Buffey, Sie wären mein Hut, denn wär' et en wasserdichter.

Buffey. Das versteh' ich nich.

Ridich. Das passirt Ihnen wohl oft?

Buffey. Wie so? Wie meinen Se das?

Ridich. (erschrickt plötzlich) Jeses, Kinder, da kommt der Wieseke, den bin ick noch acht Jroschen schuldich, un der is ochsich jrob. Sagt nischt, deß ich wechjeloofen bin! (Er läuft durch die Hinterthür ab.)

Henker. Det is der erste Schauspieler, der sich bei'n Abjang vor't Klatschen fürcht't.

 

Anecdoten.


Eine Frage.

»Det weeß der Deibel!« sagte ein Schuhmacher im August d. J., »in Frankreich sind se böse drüber jeworden, det se den Könich umbringen wollten, un wo anders sind se böse jeworden, det se'n Könich wollten leben lassen. Nu möcht' ick wissen, wat man mit die Leute machen soll?«


Wassersucht.

A. Herr Jevatter, das kennen Sie doch schon, was Eifersucht is? Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.

B. Ja, das kenn' ich.

A. Aber was is denn nu » Wassersucht«?

B. Wassersucht? (er besinnt sich.) Nein, das krieg ich nich raus.

A. Na besinnen Se sich man noch. Was ist Wassersucht?

B. (nach langem Besinnen.) Ne, ich krieg' es nich raus!

A. Na, denn will ich's Ihnen sagen: Wassersucht is eine Krankheit.


Nulla regula sine exceptione.

»Na, Lude!« sagte ein Handlanger zum andern, »Du bist ja heute schonst halb besoffen, un zu mir sagst'e immer, Du drinkst in der Rejel nie Schnaps!«

»Ja, det will ick Dir sajen,« antwortete der Andere, »ick drinke in der Regel nie Schnaps, aber ick mache alle Daje 'ne Ausnahme. – Keene Rejel ohne Ausnahme!«


Kanzeleifer.

A. Du warscht ja woll jestern in de Kirche?

B. Ja. Na det war Dir'n Predijer! Herjees, hat Dir der jeeifert! Ick habe mir janz bekehrt, (er trinkt) ick leje von heute an alle meine Sünden ab. Ne, hat Dir der jeschimpft! Det war Dir jrade so, als wenn er sagte: »Ihr Package, Ihr müßt mir alle in den Himmel, un wenn der Deibel drin wäre!«


Berlin's größtes Glück.

Zwei Handwerksburschen, welche die Nacht in der Stadtvoigtei zugebracht hatten, verschluckten ihren Aerger in dem nächsten Schnapsladen. »Du,« fragte der Eine den Andern, »weeßt Du, wat det jrößte Jlück in Berlin is?« – »Ne!« – »Det jrößte Jlück is, det de Gensd'armen nich fliejen können, denn sonst erwischten se Allens!« – »Ne,« erwiederte der Andere, »det seh' ick nich in! Det wär' mir jrade lieb! Wenn de Gensd'armen fliegen könnten, denn machte ick mir 'ne Leimruth' vor meine Dhüre, un stellte mir hinter un roochte


Der Liberale.

Während der Unruhen im August trat ein Eckensteher ganz erhitzt in einen Branntweinsladen, und sagte zu einem seiner Collegen: »Du, Scheebeke, heute bin ich ochsich liberal jewesen! Ick habe sieben Jaslaternen entzwee jeschmissen!«

»So?« antwortete Scheebeke, »ick nich! Ick verhielt mir hielt neutral.«


Der Prophet im Schnapsladen.

»Wißt Ihr denn,« sagte neulich ein phantasiereicher Schumacher inmitten eines politischen Gesprächs zu mehrern Mittrinkern, »wißt Ihr denn, wohin des noch Alles kommen wird? Seht mal, wenn Rothschild erst allens Jeld haben wird, wat jar nich mehr lange dauern kann, so is die Erde sein un der liebe Jott muß sie ihm abkoofen, um wieder neue Könije einzusetzen. Denn die Könije sind alle von Jottes Jnaden, un nich von Rothschilds Jnaden, det werd't Ihr oft jelesen haben. Also muß er ihm die Welt abkoofen. Wahrscheinlich hat aber nu der liebe Jott bei die schlechten Zeiten nich so viel baares Jeld disponibel, un muß daher uf Zinsen schuldig bleiben. Det jeht nu wieder so fort, un läppert sich wieder so ran wie bei uns in Europa, un ehe tausend Jahre verjehen, is das Haus Rothschild Mitbesitzer des Himmels un sämmtlicher Welten. Ob denn Beide des Jeschäft unter de Firma Jott und Rothschild oder Rothschild und Comp. fortsetzen werden, weeß ich nich, nur so viel weeß ich, det der Mond un de Sonne nich mehr umsonst scheinen werden, un bet denn Keener mehr ohne viele Jroschens selig werden kann!«


Warnung.

»Du!« sagte eine Schildkröte zur andern, »ick habe Dir schon den dritten Abend in den Rennsteen an de Kronenstraßen-Ecke liejen jefunden. Nimm Dir'n Acht, det Dir keen Beamter bemerkt, sonst mußt'e doppelte Mietsabjabe jeben!«


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