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II.
Ein junges und ein altes Herz.


Erstes Kapitel.


Das fürstlich Waldheim'sche Schloß liegt in einem schönen und tiefen Gebirgsthale; es ist ganz von Wasser umgeben und nur über herabgelassene Zugbrücken kann man hinein gelangen. Grau und verwittert hat es ein düsteres, aber ehrfurchtgebietendes Aussehn. Es ist achteckig und ganz regelmäßig gebaut, an jeder Ecke erhebt sich ein kleines Thürmchen. Jenseits des Wassers, welches das Schloß mit seinem nicht sehr großen Garten umgiebt, liegt auf der einen Seite ein schöner dunkler Buchenwald, der sich an einen kleinen Hügel lehnt; von der andern Seite sind es grüne Wiesen, die den schönsten Vordergrund zu dem eigenthümlichen Gebäude bilden.

Daß das Schloß sich in dieser Umgebung so prächtig ausnahm, darüber freute sich im Augenblick, wo dieser Abschnitt unserer Erzählung beginnt, der künftige Erbe dieses stolzen Fürstensitzes, der Prinz Albert von Waldheim, und diese Freude verscheuchte für einen Augenblick die trüben Wolken von seiner Stirn. Es überflog sogar ein Lächeln sein Antlitz, während eben sein Wagen über die morsche, krachende Zugbrücke fuhr; denn es kam ihm die Vorstellung, wie pittoresk es sich ausnehmen würde, wenn er seine Ankunft mit einem Bade im grünen Schlamme da unten feierte, wozu bei der Baufälligkeit der Brücke für jeden Ankommenden immer die höchste Gefahr vorhanden war.

Diesmal ging sie aber, wie so oft, glücklich vorüber und der Prinz gelangte ins Schloß seiner Väter. Im innern Hofe kam ein alter Diener eilfertig herbei und riß den Wagenschlag auf.

»Wie geht es dem Fürsten und meiner Mutter?« rief ihm Albert entgegen.

»Die beiden Durchlauchten geruhen sich wohl zu befinden,« sagte der Alte mit einer so tiefen Verbeugung, daß der Prinz, der vor ihm stand, seinen Rücken bis an die Taillenknöpfe zu sehen bekam.

Als Albert die breite Schloßtreppe hinan eilen wollte, traf er auf einen jungen Mann in Jagdkleidung, der herab stieg.

»Grüße Sie Gott, Wilhelm,« rief er ihm freundlich entgegen.

Der Jäger lüftete leicht sein grünes Mützchen und sagte mit einer etwas förmlichen Freundlichkeit: »Ich danke, Prinz. Bleiben Sie jetzt bei uns?«

Albert zuckte die Achseln, und indem er den Jäger leicht auf die Schulter klopfte, über welche Vertraulichkeit dieser erröthete, sagte er in neckendem Tone: »Soll ich Ihr Wild heute sein, Wilhelm? Ich glaube, das ist gefahrloser, als Ihr Patient zu sein, wozu ich doch letzthin den Muth hatte.«

»Sie haben gut scherzen, Prinz, aus Ihnen spricht schon wieder der Uebermuth der Gesundheit.«

»Wer Sie reden hörte, sollte wahrhaftig meinen, Sie seien auszehrend.«

Der Jäger schloß einen Moment die Augen, was offenbar eine Gewohnheit bei ihm war, und sagte dann schmerzlich lächelnd: »Auszehrend hoffentlich nicht, aber doch wahrhaftig nicht von Ihrer Gesundheit.«

Und darin mochte er wohl Recht haben; denn der Prinz mit seiner großen kriegerischen Gestalt und seinem vollen, blühend gerötheten Antlitz gehörte offenbar einem stärkeren Geschlechte an, als der schlank und zierlich gebaute Jäger, den er um einen Kopf überragte. Das feine Gesicht mit der schmalen Nase, dem kleinen Munde und der weißen durchaderten Stirne hatte nichts Männliches, als den Blick der großen blauen Augen, die reiherartig alle Gegenstände erfaßten und überschauten. Daß er diese Augen oft secundenlang schloß, geschah beinahe im Bewußtsein, daß seine Umgebung ihren scharfen Blitz nicht lange anhaltend ertragen könne.

»Geben Sie doch heute Ihre Jagd auf,« sagte der Prinz freundlich bittend, »meiner Rückkehr zu Ehren!«

Aber der Jäger entgegnete ablehnend: »Ich werde früher nach Hause kommen – früher, als Sie noch vermuthen werden.«

»Immer derselbe,« lachte Albert gutmüthig, indem er dem Fortgehenden nachblickte, »eigensinnig im Kleinen, aufopfernd im Großen. Doch jetzt zur Mutter.«

Die Fürstin saß in ihrem Cabinet, noch nicht gewärtig der Ankunft ihres ältesten Sohnes, ihres Lieblings. Ihr schönes, aber bleiches Gesicht hatte offenbar einige Aehnlichkeit mit dem seinigen, auch die hohe Gestalt schien er von seiner Mutter geerbt zu haben.

Als er eintrat, flog sie ihm in jugendlicher Freude entgegen und schlang beide Arme um seinen Hals, wozu sie sich trotz ihrer Frauengröße auf die Fußspitzen stellen mußte. Dann nahm sie sein Gesicht zwischen beide Hände, bog es zu sich nieder und blickte ihm tief in die Augen.

»Ja«, rief sie freudig, »Das sind noch unversehrt meine beiden Glückslichter.«

»Deine Glückslichter, wie Du meine beiden Augen zu nennen beliebst, brennen aber doch etwas trübe, liebste Mutter!«

»Trübe? Wie käme Trübheit in Deine Seele, mein Erstgeborner?«

Eben wollte Albert antworten, vielleicht sein ganzes Herz der Mutter ausschütten, als sein Vater eintrat, der ihn zwar weniger zärtlich, als die Mutter, aber doch sehr freundlich empfing.

Nach den ersten Begrüßungen fragte Albert: »Wie geht es der Tante?«

»Rosalie ist immer noch die Alte. Du findest sie nur in ihrem Thurmzimmer mitten unter ihren Mineralien und Pflanzen, ihren ausgestopften Vögeln und ihren Münzen.«

Diese Tante Rosalie war entschieden die originellste Person der ganzen fürstlichen Familie.

In ihrer Jugend hatten sich Mehrere, obgleich sie immer unschön gewesen, um ihre Hand beworben. Sie hatte aber ihren Eltern mit der größten Entschiedenheit erklärt, diese Freier stünden in geistiger Beziehung so tief unter ihr, daß sie am Altar bei den Worten des Geistlichen: »und er soll Dein Herr sein,« vor Scham in die Erde sinken würde. Ihre Mutter, eine gute sanfte Frau, wußte darauf nichts zu erwiedern, ihrem Vater war es gleichgültig, und da Niemand erschien, dem die junge Fürstin an Geist den Preis über sich selbst zuerkannt hätte, blieb sie unvermählt.

Sie war aber deshalb durchaus nicht unglücklich, denn ihr ganzes Dichten und Trachten war von frühester Jugend an dasjenige eines Mannes gewesen. Um die alten Classiker zu studiren, hatte sie die griechische und lateinische Sprache sich angeeignet, und ihr Hauptvergnügen bestand in ihren Kunstsammlungen, deren Erwerb sie sich möglich machte, indem sie sich alles Andre versagte.

Sie war jetzt fünf und dreißig Jahre alt und lebte seit dem Tode ihrer Eltern unter dem Schutze ihres einzigen Bruders, des regierenden Fürsten. Aber nie erschien sie bei der gemeinschaftlichen Tafel. Sie speiste unter dem Vorwande von Unwohlsein regelmäßig allein in ihrem Zimmer. Nur Abends zuweilen schickte sie ihre Kammerfrau herüber, um nachzufragen, ob keine Gäste da seien, und ob ihre Schwägerin ihr dann gestatte, ohne Gesellschaftstoilette auf ein Stündchen herüber zu kommen, was diese natürlich immer auf das Herzlichste aufnahm.

Diese »Toilette« war auch der Hauptgrund ihres einsamen Mittagsessens, denn die Etiquette im fürstlichen Schlosse war so streng, daß bei Tafel die Damen immer in »Toilette« mit kurzen Aermeln erschienen, und dazu konnte Rosalie sich nicht entschließen, denn sie trug nie etwas Anderes, als ein hoch am Halse schließendes dunkelgraues Gewand.

Albert ließ sich bei ihr melden, und nachdem sie ihn im Vorzimmer ein wenig hatte warten lassen, empfing sie ihn in ihrem wunderlichen Laboratorium auf das Freundlichste. Als sie sich umarmten, würde für jeden Dritten der Contrast dieser beiden Gestalten etwas höchst Auffallendes gehabt haben.

Rosaliens Gestalt war von beängstigender, ganz außerordentlicher Magerkeit. Ihr dunkles Haar, das sie kurz abgeschnitten, wie ein Mann, trug, begann erst oben auf dem Schädel; die hierdurch ungewöhnlich hohe eckige Stirne war glatt und weiß wie Elfenbein, auch die Wangen waren glatt und durchsichtig, nur um die dunklen, schmal geschlitzten Augen zogen sich kleine Fältchen; die Nase war grad und spitz, aber so groß, wie bei einem Manne. Der hübscheste Theil ihres Gesichtes war offenbar ihr Mund. Obgleich er nicht klein war, war er roth und frisch, mit regelmäßigen, gesunden, wenn auch etwas großen Zähnen, und überhaupt von nicht unangenehmer Form.

Ihre Gestalt hatte eine auffallend gerade und strenge Haltung, wodurch sie den Eindruck einer großen Frau machte, obgleich sie nur etwas über mittlere Größe maß.

»Willkommen, willkommen, Albert!« waren ihre ersten Worte. »Ich habe mich recht nach Dir gesehnt.«

»Weshalb, gnädigste Tante, sollte ich Dir irgend ein Ungeheuer ausstopfen, oder eine unleserliche Handschrift herausbuchstabiren?«

»Unartiger Mensch! Du solltest nichts thun, als uns Gesellschaft leisten.«

»Ah, jetzt verstehe ich! Gesellschaft leisten! Dem Herrn Wilhelm natürlich, denn leugne es nicht, Du ziehst ihn mir bei Weitem vor, obgleich ich nähere Rechte auf Dein Herz hätte!«

Die Tante antwortete nicht, sie war ans Fenster getreten, und Albert fürchtete schon, sie durch seine etwas plumpe Neckerei beleidigt zu haben.

»Tantchen, bist Du mir böse?«

»Nein,« sagte sie, indem sie sich umwandte und ihn groß ansah, »nein, ich bin Dir nicht böse, aber es thut mir leid, daß Du die unpassenden Neckereien, den spaß haft sein sollenden Ton Deines Vaters mir gegenüber geerbt zu haben scheinst. Mein Bruder ist gegen jeden gebildeten Menschen achtungsvoll und höflich – mir gegenüber nicht. Von ihm bin ich aber daran gewöhnt und finde mich auch darin, weil ich den Grund kenne.«

»Und der ist?«

»Er versteht mich nicht. Und da macht er es denn wie die meisten Menschen, wenn sie etwas nicht verstehn –«

»Nun?«

»Sie machen sich darüber lustig. Diese Manier ist wohlfeil und bequem zugleich. Du aber, Albert sollltest es Dir Deiner alten Tante gegenüber nicht so bequem machen –«

»Alten Tante! Ich bitte Dich –«

»Dir gegenüber bin ich alt, also warum es nicht so nennen?«

»Du bist nur zehn Jahre älter als ich –«

»Freilich, aber ich bin eine alte Jungfer. Wäre ich vermählt und schön, so gäbe es genug Leute, die selbst in meinem jetzigen Alter die Gefälligkeit haben würden, mich eine junge Frau zu nennen – so aber! assez, und kommen wir auf Dich zurück. Also ich bitte Dich ernstlich, ein anderes Benehmen gegen mich zu haben, wie bisher. Du kommst jetzt auf längere Zeit, vielleicht auf immer zu uns! Während der Ferien Deiner Universitätszeit oder der kurzen Pausen Deiner Reisen habe ich Dir gerne das Vergnügen gegönnt, mich zu necken und aufzuziehen und Deinen noch etwas schmächtigen Witz an mir zu üben –«

»Liebste Tante!«

»Ich bin nicht böse, aber ich will wahr und ehrlich sein. Ich bin ohne zuviel Eitelkeit sicher überzeugt, daß es unendlich viele des Spottes würdigere Gegenstände giebt, als ich –«

»Liebe Tante, wenn mein Vater ahnen würde, daß seine unschuldigen Neckereien Dich so tief verletzen, würde er sie gewiß schon längst aufgeben haben – – so wie es mir auch im tiefsten Herzen leid thut!«

»Dir glaube ich, und deshalb bat ich Dich, es zu unterlassen. Was Deinen Vater betrifft, so ist er unverbesserlich, und ich habe auch natürlich kein Recht, eine Aenderung von ihm zu verlangen, weil ich von ihm abhängig bin!«

»Sprich nicht so Tante, das thut mir weh!«

»Du hast das Herz Deiner Mutter! O sie ist ein Engel, und wenn es von ihr abhinge, würde Vieles anders sein. Wie leidet ihr sanftes Gemüth mir gegenüber bei den unzarten Späßen Deines Vaters – Du hast Dich noch mehr über ihn zu beklagen als ich – deshalb brauche ich mich nicht bei Dir zu geniren!«

Albert hatte bei den letzten Worten seiner Tante seine Mißbilligung gezeigt, es war also klar, daß dieses Thema schon öfter berührt worden und wie wäre das anders möglich gewesen? Da sein Vater das ganze sehr bedeutende Allodial-Vermögen Privatbesitz fürstlicher Familien. – Anm.d.Hrsg. verschwendet und vergeudet hatte, wie konnte da sein ältester Sohn, der später am meisten durch ein solches Verfahren zu leiden hatte, anders als unangenehm berührt und besorgt geworden sein?

Jetzt war freilich dem Fürsten jede Möglichkeit zu verschwenden abgeschnitten, denn die Gläubiger hatten sich zu einem Arrangement unter der Bedingung entschlossen, daß er unter eine Art Vormundschaft seines Regierungsdirectors gestellt werde. Dieser empfing die Einkünfte, bezahlte davon die Zinsen der Schulden, und der Fürst erhielt gerade nur, was unentbehrlich war, um seine einfache Haushaltung zu bestreiten, die freilich immer noch den stolzen Titel »Hofhaltung« beibehielt.

Die Fürstin selbst litt durch diese Einschränkungen nur in der Seele ihrer Angehörigen; eigene Entbehrungen fühlte ihre Selbstlosigkeit nicht. Ihre einfache Kleidung, ihre einfache Einrichtung waren ihr vollkommen genügend, wenn ihre Lieben nur um sie versammelt waren. Die Fürstin war in jeder Hinsicht viel bedeutender als ihr Gemahl, obgleich sie nicht geradezu zu den durch ihren Geist hervorragenden Frauen gehörte. Sie war eine durchaus gescheidte und gebildete Frau mit einem Herzen wie Gold – ihr Gemahl hingegen nur ein liebenswürdiger Mann, wenn er es sein wollte – aber jeder tieferen Regung, sowohl im Geiste wie im Herzen, rein unfähig, obgleich er vortrefflich verstand, eine tiefe Empfindung zu fingiren. Die Fürstin sah ihn nur in dem Licht, in welchem er von ihr gesehen sein wollte, denn – sie liebte ihn nach sechs und zwanzigjähriger Ehe noch leidenschaftlich! Er war für sie das Ideal alles Liebenswerthen, und seine Fehler, die ihr nicht verborgen bleiben konnten, erschienen ihr nur als übertriebene gute Eigenschaften. Seine Verschwendung, so sehr sie sie um ihrer Kinder willen beklagte, war in ihren Augen nur großartiger Seelenadel, der das Gemeine nicht achtet, seine Unwahrheiten und Doppelzüngigkeit poetische Spielereien, ja selbst seine Untreue, über welche sie natürlich nur wenig erfuhr, leidenschaftliche Bewunderung des Schönen.

Der Fürst war gewissenlos genug, diese hingebende Liebe nicht nur nicht zu verdienen, sondern er liebte es auch noch, durch unwürdige Spielereien mit ihrem treuen Herzen sie zu prüfen und zu ängstigen. Wie oft machte er einer Dame zum Schein den Hof; sah er dann die Thränen in den Augen seiner Gemahlin, so war das ein Triumph für seine kleinliche Eitelkeit. Er gehörte zu den Männern, die der liebe Gott nur auf die Welt gesetzt zu haben scheint, damit sie die Ursache sein sollen, daß ein Frauenherz vollständig zum Märtyrer wird und den Beweis liefert, wie viel es tragen und dennoch sanfmüthig bleiben kann.

Wenn wir nicht fürchten müßten, mißverstanden zu werden, so möchten wir behaupten, daß Christus im Großen war, was solche Frauen im Kleinen sind – er trug sein Leid um eine Welt und starb, und segnete und liebte; eine solche Frau trägt ihr Leid um einen Einzelnen und stirbt, und liebt und segnet dennoch mit dem letzten Athemzuge!

Rosalie, obgleich sie durch die Bande des Blutes ihrem Bruder näher stand, haßte diesen förmlich um ihrer Schwägerin willen, der sie vollkommene Gerechtigkeit widerfahren ließ; und dennoch standen sich die beiden Frauen fremd gegenüber; sie sahen sich beinahe nie als zuweilen Abends im Familienkreise, und daran war ein seltsamer Irrthum schuld. Rosalie glaubte, ihre Schwägerin sei unwillkührlich durch den gering schätzenden Ton ihres Gemahls zu einer unvortheilhaften Meinung über sie gelangt und fühle sich von ihr abgestoßen, aber ihr gutes himmlisches Herz lasse sie das verbergen. Die Fürstin hingegen glaubte, Rosalie sei ein viel zu »hoher Geist«, eine zu gelehrte Dame, um sich von einem so unbedeutenden Wesen wie sie angezogen zu fühlen. Dann glaubte sie auch wirklich, Rosalie habe nur Verstand und Genie, aber kein Gefühl, ohne ihr jedoch hieraus einen Vorwurf zu machen. Nichts ist trauriger, als so ein Mißverständniß, das zwei ganze Menschenleben hindurch währt!

Albert bat seine Tante von ganzer Seele um Verzeihung, wie ihm überhaupt die glückliche Gabe verliehen war, ein inniges Gefühl überzeugend äußern zu können – so daß Rosalie förmlich gerührt wurde.

»Du bist so gut,« sagte sie, als er schon an der Thüre war, mit etwas gepreßter Stimme, »daß ich Dir gerne noch eine Bitte ans Herz legen möchte.«

»Du hast nur über mich zu befehlen«, sagte Albert, indem er zurückkehrte.

»Es betrifft Wilhelm. Sei gut und freundschaftlich mit ihm.«

»Wie kann ich anders gegen Deinen Liebling sein?«

»Er ist es nicht mehr, als Du es bist, Albert. Aber – – er ist so empfindlich, er fürchtet immer Deinen Eltern zur Last zu sein – –«

»Wir sind ihm ja Alle Dank schuldig für seine ärztlichen Bemühungen.«

»Du weißt, wie sehr Dein Vater seine Geschicklichkeit bezweifelt –«

»Das meint Papa nicht so ernsthaft, sonst hätte er ihm wahrhaftig nicht seine eigene kostbare Gesundheit anvertraut und sich wiederholt von ihm behandeln lassen; übrigens was mich betrifft, liebe Tante, so sollst Du gewiß mit meinem Benehmen gegen Wilhelm zufrieden sein.«

Sie drückte ihm dankbar die Hand, er küßte sie herzlich und dann ging er auf seine Zimmer.



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