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Viertes Kapitel

Ein trauriger Anblick.

Im langen Zug gingen die polnischen Arbeiter durch die Felder des Strandigerhofs, standen auf den Äckern und hackten, und vor ihnen stand der Vogt. Zuweilen drangen die fremden Laute seiner heisern Stimme bis gegen die Wände des Eschenwinkels und bis zum Aukrug, wo Heim Heiderieter hinter dem Pflug herging, der die Brache zum zweitenmal aufriß. Dann schüttelten die Frauen im Eschenwinkel die Köpfe und redeten von der wunderlichen und harten Zeit und von dem fremden Land, dahin sie ziehen wollten, und Heim Heiderieter, bei all seinem sonstigen Glück, sah schwermütig darein.

Abends saßen die Eschenwinkler am Abhang der Düne, im Heidekraut, Männer und Frauen; ihre Kinder spielten am Wehl. Dann kam das fremde Volk, wohl dreißig, vierzig hintereinander, wie eine Schar schnatternder Gänse des Wegs entlang, sahen weder rechts, noch links, hatten die Augen hinter den roten Kopftüchern verborgen und warfen nur scheue Blicke nach dem Volk des Landes, das sie aus Brot und Heimat trieben. Dann war es sonderbar zu beachten, wie die kleinen Eschenwinkler, die am Wehl saßen, spotteten, und wie Heinrich Schütt, der einzige, der einmal eine Indianergeschichte gelesen hatte, behauptete, solche Leute wolle er in Amerika mit dem Lasso fangen und auf seinem Feld arbeiten lassen. Die Frauen aber am Heideabhang ließen den Strickstrumpf sinken, die Männer bissen gedankenvoll auf ihre Pfeifen: so ließen sie den Zug still, ohne Bemerkung, mit beobachtenden Augen vorübergehen. Nachher redeten sie wohl eine Zeit lang über das Allgemeine, daß sie mehr Ansprüche ans Leben machten als jene, die hinter den Ulmen des Strandigerhofs verschwanden; daß sie, die sie Deutsche wären, nicht in Herden vor dem Vogt arbeiten könnten, und daß die Not da läge, da: daß sie kein Land hätten, gar kein Land, daß die Landleute rund umher selbst sagten: der Arbeiter, der etwas Land hat, ist der treuste und beste, und daß der alte Arbeiterstand im Land mehr und mehr verschwände und geringere Leute in ihre verlassenen Häuser zögen, und daß sie von der Fremde bekommen würden, was die Heimat ihnen verweigere: Land!

Über diese Dinge wurde in Rede und Widerrede, in einfacher, ruhiger Weise verhandelt, ohne Bitterkeit, ohne Zorn.

Hei, Probislav! du Springer vom Wodansberg! dich ließen sie nicht ruhig in den Hütten wohnen, die dir nicht gehörten und in dem Land, das nicht dein war. Über dich kamen germanische Fäuste, sächsische Äxte! Das war eine andere Zeit, Probislav!

Nur wenn Schütt zugegen war, der die Branntweinflasche in der Rocktasche trug, dann gab es bittere, harte Worte; das heilige Wort »Heimat« wurde mit Verachtung genannt, und des Vaterlandes wurde gespottet und der Kaisername in den Staub gezogen. Aber kein anderer sagte solche Worte, nur dieser Peter Schütt, der Enkel von Thoms Schütt, dem Säufer. Zuweilen kam Heim Heiderieter von der Düne herunter, und Eva setzte sich zu den Frauen. Sie wurde gern aufgenommen; denn sie gab sich einfach und natürlich und erzählte treu von guten und bösen Tagen, die sie erlebt hatte, und von dem fernen, schönen Land, wo sie geboren war, und von jener ersten Fahrt ins Holstenland. Heim aber hatte eine gewaltige Karte von den Vereinigten Staaten auf den Knieen, und es gab einen Knäuel von Menschen und Rauch um ihn und über ihm; denn er galt dafür, daß er jeden Katzensteg drüben kannte; und es wurden Anforderungen an ihn gestellt, die ihn der Ehrenmitgliedschaft der geographischen Gesellschaft würdig gemacht hätten, wenn er sie hätte befriedigen können.

Bei den Frauen entwickelte die alte Thielsche, in ledernen Pantoffeln auf einem Heidebult sitzend, zum zwanzigstenmal, warum sie nicht mit nach Amerika wolle. »Erstmal das Wasser, Kinder! Mich gruselt, wenn ich daran denke! Und dann ist da das Monatliche von Heinrich. Soll ich aus dem Land laufen, für das er gestorben ist? Und dann ist da das Grab von Thiel und den Kindern. Fünf Kinder, Eva! Hast du das schon gesehen? Jedes hat sein kleines Holzkreuz. Telsche Spieker sagt, sie will alles rein halten; und sie thut es auch, wenn sie es versprochen hat; aber wenn ich mir das nun ausdenke: sie sehen doch lieber, wenn ich es selbst thue.«

So sagte sie. Dann fingen die andern an, ihr zuzureden: »Du wirst viel Spaß davon haben, Thielsche, wenn du deine Enkel sehen wirst.«

Dann redete sie von den Enkeln: »Es sind wohl schon sechzehn, Eva! Es kommen durchweg jedes Jahr zwei zu. Ich habe da ja vier Töchter, Eva.«

Und plötzlich wurde sie lebhaft und erhob ihre Stimme: »Wenn ich nicht auf den Pellwormer passe, wird der noch unklug und geht in seinen alten Tagen mit nach Amerika. Er sitzt den ganzen Abend vorm Gesangbuch und singt Nummer 438, der alte Mensch!«

Telsche Spieker, die neben Eva saß, wandte sich zu der Alten: »Das mußt du nicht sagen, Thielsche. Der Pellwormer denkt wohl nicht an Auswandern; aber er denkt an die, welche fortgehen.«

»Laßt den Pellwormer in Ruhe, das ist einer von Maria Landts Sorte!«

»Maria Landt!«

»Daß die auf dem Kirchhof liegt!«

»Franz Strandiger ist doch ernster geworden.«

»Junge, hol' mal das Gesangbuch; es liegt in der Lade. Kneife dir die Finger nicht!«

»438!« ... Heim las mit lauter Stimme das alte Reiselied.

»Siehst du, der Pellwormer denkt an uns.«

Dann war es eine Weile still.

Danach kam wieder einer zu Heim, und der Sprachgewaltige mußte die Freikarte übersetzen, die sorglich in Papier eingewickelt, aus der Brusttasche gezogen wurde. Staunend und voll Befriedigung vernahmen sie den Sinn der Worte.

Die andern aber redeten durcheinander: von Hausgerät, das wert wäre, mitgenommen zu werden, von dem Schinken, der im Rauchfang hing und mitfahren sollte, von den Verhältnissen der Verwandten und von ihren Hoffnungen. Und hierbei blieben sie, bis die Sonne unterging.

Und wenn einer genau aufgemerkt hätte, mit einem feinen Ohr, dann hätte er immer wieder das eine Wort gehört: »Land! Land!« Ja, das Wort ist viel genannt worden in jenen stillen Maitagen am Abhang der Heide, gleich zu Süden vom Heidehof.

Dann ging überm Deich die Sonne unter. Sie vergoldete Wasser und Land und legte in die Augen der Menschen, die im Heidekraut saßen, warmen Schein. Sie sahen alle nach ihr hin; dann gingen sie auseinander. Nach vier Wochen steht der eine hier, der andere dort an der Thür einer Farm, und über den welligen Hügeln Iowas geht die Sonne unter, dieselbe Sonne und doch eine fremde.

Zwei aber waren nie auf der Heide: Hinnerk Elsen und Anna Witt ... Anna Witt saß in der niedrigen Stube und stichelte den ganzen Tag an den Kleidungsstücken, die sie mitnehmen wollte; denn sie wollte mit nach Amerika, sie allein von den Witts, ein vergrämtes Mädchen, eine traurige Reisende. Hinnerk Elsen kümmerte sich nicht um sie; er hatte kurz gesagt, sie wäre ihm nicht ordentlich genug. Er hatte ebenso wie sie den Strandigerhof verlassen und arbeitete zwei Stunden weit an einem Straßenbau und ging selten an ihrem Fenster vorüber zu der alten Thiel, die seit Jahren schon seine Wäsche besorgte. Wenn sie ihn sah, wie er stolz und steif, den Blick geradeaus gerichtet, vorüberging, sank ihr Kopf tiefer, bis er auf der Tischplatte lag und der Körper unter Leid und Thränen aufzuckte.

Am Sonntagmorgen, dem Tag der Abreise, war die kleine Kirche voll besetzt; denn man wußte, daß die Auswanderer zum Abendmahl gehen würden. Auch wußten alle, daß Pastor Frisius eine besondere Predigt halten würde. Er hatte die Gewohnheit, Ereignisse, welche die Gemeinde erregten, in das Licht von Gottes Wort zu stellen.

Nun hörte man aber seit einigen Tagen, daß er krank sei. Gleich nach der Rede, welche er an Marias Sarg gehalten hatte, konnte er nicht ohne Hilfe vom Kirchhof nach Haus gehen und fiel gegen Abend in hohes Fieber. Seitdem kränkelte er und konnte das Zimmer nicht verlassen, sah trübe aus den sonst so blanken Augen, ging wie ein alter Mann und war immer in tiefen und, wie es schien, traurigen Gedanken. An jedem Abend kam das Fieber und quälte ihn bis nach Mitternacht.

Der Pellwormer, der zuweilen den Klingbeutel trug, kam vom Pastorat und ging durch den Steig und sagte nach links und rechts, der Pastor sei krank, werde aber doch gleich kommen und vom Altar aus zu den Auswandernden sprechen; dann werde das Abendmahl gefeiert werden.

Gleich darauf trat er müde und blaß herein, und nach einer kurzen Altarhandlung, und nachdem das Reiselied gesungen war, sprach er vom Altar aus zu den Auswanderern, die mit Frauen und Kindern in den ersten drei Mittelstühlen saßen, im ganzen nun vierunddreißig Köpfe; denn es hatten sich vier aus dem Dorf dazu gefunden. Sie waren alle gekommen, auch Schütts Familie. Die Frau saß gedrückt und verweint da, die Kinder eingeschüchtert; er selbst fehlte. Er hatte heute morgen gespottet und geflucht: »Ich ziehe den alten Gott und die alte Heimat aus wie einen schlechten Rock und kaufe mir was Neues; es ist drüben billig zu haben.« Dwengers wären gerne mit ausgewandert; aber es war keine Freikarte für sie angekommen; nun hatten sie im Dorf, nicht weit vom Kirchhof, eine Wohnung gemietet, in jenem Haus, das jetzt ihr eigen ist, in welchem sich auch die Loge der Guttempler befindet, deren Vorsteher nun schon seit Jahr und Tag Christoff Dwenger ist. Reimer Witt war heute in der Frühe von Flackelholm gekommen, war gleich mit einem Brief zu Heim gegangen und saß nun in der Kirche, um zum letztenmal mit seiner Tochter am Altar zu stehen. Sie saß neben Telsche Spieker im Frauengestühl, verweint und fast verzweifelt.

Die alte Thiel saß unter dem dicken, schwarzwollenen Umschlagetuch, pustend und schwer atmend, während ihr die Thränen über die vollen Backen liefen. Sie hatte sich in letzter Stunde entschlossen, mitzufahren. Nun kämpfte in ihr Heimweh und Sehnsucht nach den amerikanischen Enkelkindern und der Gedanke an das Grab bei Metz; und sie wäre zerrissen worden, da so viele und mannigfache Gedanken in ihr arbeiteten, wenn sie nicht so stark an Körper und Geist gewesen wäre. Sie hatte übrigens, nachdem sie sich bei Heim Heiderieter Rat und Auskunft geholt, ob es wohl anginge, beschlossen, die Reise in ledernen Pantoffeln zu machen, welche Schuster Ketels gemacht hatte. Sie hatte ferner durch einen Brief aus Iowa erfahren, daß ihre Tochter Therese, nachdem sie sechs Jahre in Kalifornien gewohnt, im vorigen Sommer nach Australien ausgewandert sei. Diese Nachricht machte ihre Beunruhigung vollständig, denn sie hatte das Wort Australien noch nie gehört, und Heim bemühte sich vergeblich, ihr mittels eines Torfkorbes, den er als Globus in der erhobenen Hand hielt, klar zu machen, wo das sonderbare Land läge.

Hinter den Auswandernden saßen die Verwandten und Nachbarn aus dem Dorf, unter ihnen der Pellwormer im langen Rock mit engen, am Handgelenk ein wenig geschlitzten Ärmeln, wie es vor vierzig Jahren Mode war, und im schwarzseidenen Halstuch. Ganz hinten, unter der Orgel, saß Hinnerk Elsen, in schwarzem Rock und weißem Kragen, sehr gerade und ordentlich. Nur zuweilen bog er sich ein wenig seitwärts und sah mit gerecktem Hals nach Anna Witt hinüber und zog die Augenbrauen hoch und machte ein mächtig ehrenwertes Gesicht.

Im Heiderieterschen Stuhl aber, hinter der Eichenthür mit den gotischen Türmchen, unter dem Epitaph der Heiderieter, saß Heim und neben ihm Eva Walt im schwarzwollenen Kleid und einen Myrtenkranz im dunkeln Haar. Die Auswanderer hatten gesagt: »Mache Hochzeit, Heim, ehe wir reisen.«

Da hatte Heim zu Eva gesagt: »Du ... wir müssen an dem Reisesonntag Hochzeit machen. Was sagst du dazu?«

Sie hatte die Thür schon in der Hand und sich nicht umgekehrt und in ihrer raschen Weise gesagt: »Wie du willst, Herr!«

Er sprang ihr nach: »Ich habe darüber nachgedacht. Wo sollen die Auswanderer am Sonntag essen?«

»Bei uns auf der großen Diele! Bunten Mehlbeutel und Speck! Ist schon alles überlegt und angeordnet.«

Da hatte er sie erst mit großen Augen bewundernd angesehen; dann war er, froh wie ein Junge, mit seinen langen Beinen die Düne hinabgestolpert und hatte alle zu Sonntagmittag eingeladen.

Pastor Frisius stand am Altar und redete von Haus, Herd, von Taufen und Hochzeiten und Gräbern, von Idstedt und Gravelotte, von Spaten und Kleigräben, von brauner Heide und grünem Deich und dem dunkeln Mehl dazwischen, von Schweiß und Schwielen. Er sagte zu den Großen, sie könnten die Heimat nicht vergessen, und zu den Kleinen, sie sollten sie nicht vergessen. Er sprach von dem, der Herr ist auch über das Meer, auch jenseits des Meeres, dem auch Iowa gehört; dem alle Menschen gehören; der auf seine wandernden Kinder sieht.

Er redete vom Wandern. Wie alle Menschen Perlen suchten. Erst als Kinder im Sand, dann in jungen Tagen in der Luft, dann im Mannesalter auf der Erde; dann zuletzt unter der Erde. Wir seien aber auf die Reise geschickt, vor allem nach einer köstlichen Perle zu suchen, nach einer einzigen, viel Ehre werten Perle, nach einer Perle, rein wie Gottesauge, hell wie Sonnenauge, süß wie Mutterauge. Diese Perle ist das Himmelreich. ›Hunger nach Land treibt euch aus der Heimat, vergeßt nicht das ewige Land.‹

Dann redete er noch in kurzen Sätzen von dem Inhalt, der Schönheit und der Kraft des christlichen Glaubens. Er sprach einfach und schlicht, mit den starken Ausdrücken und den Begriffen, welche seine Hörer kannten. Wäre ein Fremder in der Kirche gewesen, er hätte genau sagen können: So haben diese Leute gelebt! Das ist ihre Arbeit gewesen! Das ist ihre Liebe und das ihre Hoffnung!

Nachher traten sie an den Altar, zuletzt Heim und Eva. Als Pastor Frisius ihre Hände vereinigt hatte, hielt er sich nur mit Mühe aufrecht. Am Arm des Pellwormers ging er schräg über den Kirchhof in sein stilles Haus.


In der birkengeschmückten Dreschtenne stand Heim und rief die Männer beiseite und sagte zu ihnen: »Ich soll euch einen Gruß von Andrees Strandiger sagen; und damit ihr seht, daß ihm leid ist, was hier auf Strandigerhof geschehen ist, giebt er jedem von euch Verheirateten fünfhundert Mark und jedem Ledigen zweihundert. Auch dir, Anna. Hier, Kind, nun wein' nicht! Stecke es gut weg! Er bittet euch, daß ihr nicht so hart von ihm denkt.«

Sie nickten alle, redeten gute Worte und ließen ihn grüßen, sagten auch, daß sie an ihn schreiben wollten.

Danach saßen sie um den langen Tisch, der von dem einen Ende der Dreschdiele bis zum andern reichte, oben Heim und Eva, rechts Reimer Witt, links Haller, dann der Pellwormer, dann die andern: Kinder und Eltern durcheinander. Telsche Spieler lief hin und her, trug Speisen auf und schenkte aus der Tonne das Braunbier. Wenn sie einige Bissen genommen hatten, setzten sie die gabelbewaffnete Rechte aufs Knie und griffen nach dem Bierglas.

Der Rest der Eschenwinkler und die nahen Bekannten aus dem Dorf, die in der Heimat blieben, standen auf dem Weg oder in dem weitgeöffneten Thor oder kamen zu den Essenden herein, stellten sich hinter sie und sprachen noch dies und jenes. Die alte Gruhlsche vom Sandweg machte an diesem Tag ihren letzten Gang durchs Dorf; sie kam, auf den Stock gestützt, und brachte Brief und Gruß an ihren Sohn in Davenport. Brief und Gruß sind richtig bestellt worden, aber als der Sohn den Brief las, lag die Mutter schon in der Erde.

Die Sonne warf warme, leuchtende Strahlen in die Diele. Sie schauten oft hinaus. Dort in der Ferne blinkte das weite Meer. »Morgen abend sind wir auf deinen Wellen.«

Es wurde kein Lachen laut, kein lautes Wort wurde gesprochen, keine Rede gehalten. Nur Heim stand auf und hob sein Glas und sagte mit blassem Gesicht: »Gott mit euch!« und winkte und setzte sich. Und Lehrer Haller stand nach ihm auf, wollte wohl noch mehr sagen, sagte aber nur: »Ihr seid fast alle bei mir in der Schule gewesen und habt meinen Stock gefühlt.« Weiter kam er nicht; aber er hob mit drohender Gebärde die Hand, daß sie ihn verstanden. Es zuckte gewaltig um seinen Mund, und seine Augen waren mit einem Male voll von Thränen.

Wer sonst ein Wort zu seinem Nachbar sagte, der räusperte sich und hustete. Es war ihnen allen, als wenn sie eine fremde Sprache und einen fremden Ton im Munde hatten; sie sahen sich mit blassem Gesicht an und jeder wußte, was dem andern durch die Seele fuhr.

Vom Heideberg aus, zu Süden von Heims Haus, sahen sie zum letztenmal über Land und Sand und Meer. Die Heimat warf sich noch einmal an ihre Brust, herzte und küßte sie, und es ward ihnen schwer, sie wegzustoßen und zu sagen: »Wir gehen und kommen nicht wieder.«

Dann gingen sie alle den Dorfweg entlang nach dem Bahnhof.

Der alte Pellwormer ging zwischen den Kindern, der junge Rohde neben seinem Vater. Die Mutter war zu Haus geblieben.

»Grüß' deine Brüder und Schwestern!« sagte der Alte.

»Vater, nun bleibt ihr allein.«

»Ja, das ist so der Welt Lauf.«

»Vater ... sag' mal, was wollt ihr abends thun? Die Zeitung kommt nur zweimal in der Woche. Du rauchst deine Pfeife und Mutter strickt; aber wovon wollt ihr sprechen? Und für wen soll Mutter stricken?«

»Es wird wohl etwas stiller bei uns werden. Mutter ist jedesmal stiller geworden, wenn einer von euch fortging. Die ersten beiden Kleinen verloren wir; dann ging Heinrich mit sechzehn Jahren fort, dann die beiden Mädchen, dann Jürgen, nun du.«

»Wollt ihr nicht vielleicht nachkommen?«

Der Alte schüttelte den Kopf: »Mutter verläßt die Gräber und das Dorf nicht. Sie ist ja hier gebürtig.«

Es schnürte dem Jungen die Kehle zu: »Hast du gesehen, daß Mutters Haar ganz grau ist?«

»Ja, du nicht? Mutter ist nicht stark. Sie litt zu viel bei deiner Geburt.«

»Erst heute sah ich das graue Haar ... Wenn ich nur wüßte, was ihr des abends thun wollt?«

»Da sorg' man nicht!«

»Wenn ihr so still sitzt, und Mutter sieht vor sich hin auf den Fußboden ... denn zu stricken hat sie wahrhaftig nichts!«

Sie gingen eine Weile nebeneinander. Nun kam die Biegung, wo sie zum letztenmal das Haus sahen.

»Vater ... ich spring' noch rasch zurück und will nachsehen, was Mutter treibt.«

Und er sprang zurück und trat in die offene Thür und sah in die Stube und fand sie nicht. Da saß sie in der Küche auf dem Herd von Rotsteinen, die Hände gefaltet im Schoß, gebeugt, den stillen Blick ins Leere vor sich hingerichtet, und ihr Haar war grau.

»Mutter! Ich will ... hier bei dir bleiben, und wenn ich auch nie Land und Pferde bekomme. Ich kann dich nicht allein lassen.«

Und als der Junge nicht wiederkam, ging der Vater zurück und fand die beiden noch auf dem Herdrand sitzend, und zum erstenmal, seit er kein Kind mehr war, hatte der große Junge seine Arme um seine Mutter gelegt.

So blieb Wilhelm Rohde in der Heimat, deshalb, weil er meinte, daß seine Mutter nichts zu thun hätte, wenn er fortginge. Er wohnt jetzt zu Süden des Waldes auf anderthalb Hektar Geestland, die ihm Andrees Strandiger billig überlassen hat, in einem neuen Haus und geht jeden Morgen, wenn der Tag graut, über die Heide und tagelöhnert auf Strandigerhof. Sein Vater hat die Sechzig nicht erreicht – die Ruhr von Metz hatte seine Lebenskraft geknickt –, seine Mutter aber, jetzt eine alte Frau mit weißem Haar, wohnt bei ihm und hat genug zu thun; denn Bertha Witt, die er sehr jung gefreit hat, hat ihm schon zwei Kinder geboren.

Auf dem Bahnhof spielte Schütt auf der Harmonika, die er mitgenommen hatte, irgend eine heitere Weise und fing auch an, danach zu singen. Aber das fand keinen Gefallen, und Heim nahm ihm das Ding weg und sagte zu einem andern, der nicht mitreiste: »Spiele ›Schleswig-Holstein, meerumschlungen›!«

Das wurde gern gehört. Der vierte Vers wurde von einigen, die in der Heimat blieben, gesungen:

Gott ist stark auch in den Schwachen,
Wenn sie gläubig ihm vertrau'n.
Zage nimmer, und dein Nachen
Wird trotz Sturm den Hafen schau'n.

Die Auswanderer hörten mit gesenktem Blick zu und bezogen alles auf sich.

Dann kam der Zug.

Am traurigsten war Anna Witts Abschied; sie konnte sich nicht von ihrem Vater reißen. Am Ende faßte Schütt, der angetrunken war und laut lachte und sagte, man solle die sogenannte »Heimat« grüßen, das weinende Mädchen hart an und zog sie in den Wagen. In diesem Augenblick betrat Hinnerk Elsen in ziemlicher Aufregung den Bahnsteig und sah die Scene. Der Zug fuhr ab. Die Fenster waren voll von winkenden, thränenvollen Augen. Von Anna Witt war nichts mehr zu sehen.


An diesem Abend war es im Eschenwinkel und auf der Heide still. Sie saßen nun alle in ihren Häusern und beredeten die Größe des Tages.

Über die Heide gingen Heim und Eva, mit ernsten Gesichtern, aber doch froh bewegt. Ihr Hochzeitstag war ernster, als sie sich ihn gedacht hatten. Der stumme Jammer, den sie in so vielen, sonst so gleichgültigen Gesichtern gesehen hatten, hatte ihnen ans Herz gegriffen. Erst der Friede, der über der stillen Heide lag, führte sie zu der schönen Gegenwart und zu ihren eigenen Sachen zurück.

»Im Sommer mußt du draußen arbeiten, Heim, den ganzen Tag, sehr fleißig! Nur abends darfst du wohl diesen oder jenen Gedanken flink niederschreiben.«

»Soo ...!«

»Wenn dann aber der Winter kommt, verwalte ich mit dem Knecht das ganze Haus. Dann kannst du am Schreibtisch sitzen.«

»So lange es währt.«

Sie schüttelte seinen Arm: »Unterbrich mich nicht! Also ... du mußt was Ordentliches schreiben! Nicht so einen windigen Sang! Etwas Ernstes! Das man mit Händen anfassen kann, ohne daß es zerbricht. Von Sünde und Sorge, Heimat und Vaterland, treuer Liebe und ehrlicher Arbeit. So recht Deutsches und Einfaches, wie Reuter und Freytag geschrieben haben, so etwas für das ganze große Volk, was der Gebildete gern liest und auch der einfache Mann.«

Er wollte sie wieder unterbrechen; aber als sein Arm wieder geschüttelt ward, begnügte er sich damit, sich selbst zu sagen, was er ihr sagen wollte: »Die faßt kräftig in die Zügel der Regierung des Heidehofs.«

»Siehst du ...« fuhr sie fort, »was wir heute erlebt haben, diesen Abschied von der Heimat, das ist ein rechtes deutsches Bild. So sind Millionen Deutsche aus der Heimat gezogen.«

»Du vergißt ganz und gar, daß heute unser Hochzeitstag ist.«

»Höre doch, Heim!! Vielleicht könntest du ja zuerst einen Stoff aus der Vergangenheit deiner Heimat nehmen.«

»Einen historischen Roman?«

»Na ja.«

»Mag ich nicht mal lesen, viel weniger schreiben.«

»Du liest doch Freytag gern und Ekkehardt?«

»Am liebsten les ich in deinen Augen! Komm her! Wie fein du bist!... Leg' doch ein einzig Mal den Arm um mich!!«

»Hier nicht, Heim.«

»Du hast es überhaupt noch nicht gethan.«

»Nachher im Haus, Heim.«

»Komm! Wir gehen nach Haus. Die Sonne geht unter.«

Sie ging sehr langsam und hielt ihn am Arm zurück.

»Die Luft ist so rein und schön und der Himmel so blau ... Die Kartoffeln kommen gut auf; wir müssen nächste Woche hacken. Sage mir, wieviel können wir auf dem Hektar bauen, wenn das Jahr leidlich gut wird?«

»Es ist leichter, guter Boden: hundertfünfzig Tonnen.«

»Und die Tonne?«

»Wollen sagen: drei Mark fünfzig Pfennige.«

»Sind so und so viele Mark.«

»Der Landmann, mein Deern, muß dreimal rechnen!«

»Ei ... das wäre!«

»Ja, siehst du! Erstmal, wenn er säet, ob's aufkommt!«

»Sie kommen auf!«

»Dann: wenn's aufkommt, ob's geerntet wird!«

»Ja ... so!«

»Endlich: wenn er geerntet hat, ob er was dafür kriegt!... Siehst du, Kind Eva! So ein Rentner! Der rechnet nur einmal! Schere her! Ab! Das Geld klirrt zugleich mit der Schere auf den Tisch. Du hättest dir einen Rentner nehmen müssen!«

»Einen jungen Rentner? Langweiliges Gesicht ... Schlafrock ... schaut zu, wenn das Mädchen die Stube feudelt ... thut es zur Not selbst ... gräßlich.«

»Ei Wetter! Wo hast du das her?... Dann hätt'st du dir einen Beamten nehmen müssen! Da bekommt die Frau monatlich am Ersten, mittag halb zwölf, ihr Geld: Da, Lieselotte! Und der Herr nimmt sich sein Biergeld, teilt's ein: es stimmt!«

»Nein! Ich mag keinen Beamten. Viele trinken täglich Bier, und das ist ein Greuel; man wird auch dümmer davon, Heim! Andere lesen immer Zeitung. Was haben die Beamtenfrauen von ihren Männern? Sie denken noch nachts im Traum an ihre Akten, Schulen, Gänge, Reden und an ihren Stammtisch. Viele werden auch seltsam, wenn sie alt werden, und meist gerade die Treuesten.

Der Landmann ... geh' nicht so rasch, Heim ... der Landmann ist der vollkommenste Mann! Das heißt: er kann es sein. Er kann es am ehesten sein. Freilich: er muß etwas gelernt haben und muß doch einfach bleiben. Er muß selbst den Spaten anfassen, und es muß seine Ehre sein, mit dem Pflug und dem Saatsack über sein Land zu gehen. Seine Frau hat Ansehen bei ihm, darum, weil sie das ganze Hauswesen in Kopf und Händen hat und alles am besten versteht. Der Mann führt die Zügel draußen, sie drinnen.«

»Wir sind Mann und Frau! Wie fein du aussiehst!! Komm! Laß uns nach Hause gehen!«

»Die Frau des Landmanns... Laß dir doch Zeit, Heim... es ist noch ganz hell... die Frau des Landmanns hat den Mann fast immer in der Nähe, doch so, daß er seine Arbeit hat und nicht lästig fällt, wie du jetzt, Heim, mit deinem Arm. Komm, nimm die Hand weg! Er steht nicht im Weg und hat keine Zeit, lange Reden zu halten. Und abends sitzen sie bei einander vor der Thür, beide müde, und denken nicht an Gesellschaften und derlei hohe Dinge. Sie sehen in die Abendsonne und freuen sich.«

»Und dann gehen sie schlafen! Komm', Eva!«

»Wir gehen noch ein wenig über die Heide, Heim.«

»Nein, Eva! Kehr' dich um, Eva Heiderieter! Dort liegt dein Haus!«

»Müssen mir nach Haus?« Sie sah seitwärts über die Heide, in ihrem Gesicht lag ein Ausdruck von Sorge. Aber plötzlich kehrte sie sich zu ihm, legte die Arme um seinen Hals und küßte ihn.

Dann ging sie langsam und schweigend an seinem Arm dem Hause zu.

Als sie über den Wall gingen, kam Hinnerk Elsen mit starken Schritten, die kalte Pfeife in der Hand, ohne Mütze, durch den Garten auf die beiden zu.

»Du, Heim!« sagte er erregt, »ich bin eben bei Telsche Spieker gewesen; Reimer ist schon wieder nach Fackelholm. Nun hat mir Telsche Spieker den Kopf dermaßen gewaschen, daß mir die Haare zu Berge stehen! Sie sagt, ich habe nicht um Anna gesorgt. Ich, sagte sie, bin unordentlich und schlotterig gewesen. Ich!« Er schlug mit der Faust gegen seine Brust. »Du weißt, sie kann grob und fein sein zu gleicher Zeit! Du kennst sie ja auch! Aber diesmal war sie bloß grob; sie hat vor mir auf den Tisch geschlagen! Sie sagt, ich hätte den Bräutigam spielen wollen und mich wie ein Großvater benommen. Nachher kam der rappelige Pellwormer und machte es noch schlimmer: sie donnerte, er sang. Sprechen konnte er keinen Ton; taubstumm war er; aber singen konnte er! Immer nach der Melodie: ›Weißt du, wie viel Sterne stehen?› Mich wundert, daß mein Rock heil geblieben ist; meine Reputation haben sie mir kurz und klein geschlagen. Was sagst du dazu?«

»Sag' mal, Hinnerk, warum gingst du zu Telsche? Es ist lange her, seit du Reimers Haus betreten hast.«

»Ich? Na, ich wollte wissen, was das eigentlich mit ihr war ... wie ihr zu Mut gewesen ist ...«

»Ah so! Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie andere Leute! Der ordentliche Hinnerk erkundigt sich nach der unordentlichen Anna!«

»Nein, Heim! Weißt du ... es ist eine dumme Geschichte! Sie thut mir leid!«

Er sah mit den Augen des schlechten Gewissens auf Eva. Die sah ihn ernst genug an: »Ich will nicht vor Ihnen auf den Tisch schlagen, Hinnerk; aber ich will Sie bitten: denken Sie nach, ob Sie etwas versehen haben. Wenn das der Fall ist, dann machen Sie es wieder gut, so weit es möglich ist.«

»Ja ... ja ... das ist doch mal ein verständig Wort! Ich glaube auch: das muß alles wieder in Ordnung gebracht werden.«

»Hinnerk, das würde uns mächtig freuen!« sagte Heim und legte den Arm um Eva. »Die Kleine ist unser Nachbarskind! Vergiß, Junge, was geschehen ist.«

»Na! denn guten Abend! Es war man gut, daß ich zu euch kam. Guten Abend nochmal!«

Er schwenkte zum Gruß die Pfeife.

»Willst du Feuer haben, Hinnerk?«

»Ich habe Feuer genug!«

 

Eine Stunde später klopfte es auf einem Bauernhof im Dorf an das Fenster der Knechtskammer. Wilhelm Rohde, der noch wach im Bett lag, sprang auf und öffnete das Fenster.

Da stand Hinnerk Elsen draußen im Dunkeln.

»Du, Wilhelm ... ich gehe hier gerade vorbei und komme erst Sonnabend wieder, vielleicht auch nicht. Ich wollte gern mal wissen, was auf deiner Fahrkarte steht. Auch hast du wohl so eine Art Paß? Vielleicht gehe ich später auch nach Amerika.«

»Ja, das ist sehr einfach, du bist ja nicht Soldat gewesen. Dann macht das keine Schwierigkeiten. Warte!«

Gleich darauf stand er wieder am Fenster und hatte einige Papiere in der Hand. »Du kannst sie nicht lesen,« sagte er. »Nimm sie mit, ich brauche sie nicht.«

»Hast du was darauf bezahlt?«

»Nein.«

Hinnerk Elsen verschwand in der Nacht.

 

Über dem Hamburger Hafen lag am anderen Morgen noch dichter Nebel, so dicht, daß man die Takelungen der Schiffe nicht sah: unten das graue Wasser, oben der graue Nebel, dazwischen undeutliche, dunkle Schiffsrümpfe. Das erste Leben der Morgenfrühe rührte sich: vom fernen Kai her, auf dem andern Ufer, kam das Rollen eines schweren Wagens stoßweise herüber; ein Segelbalken schlug auf; ein ruhiges Wort kam gleich nachher aus Nebel und Wasser; ein schlürfender Schritt ging an der Hausreihe entlang.

Da stand das alte Auswandererhaus, gebeugt und alt, mit trüben Augen, wie von Kummer gedrückt ... oder wie eine alte Kupplerin, die am Weg steht und mit Menschen handelt. Mit verschlafenen Augen blickte der junge Tag in die blinden Scheiben und konnte Anna Witt nicht erkennen, die allein, als die Erste, die Treppe hinuntergestiegen war und, auf dem Fußboden kauernd, in ihren Sachen kramte. Sie suchte und kramte und suchte doch nur die Einsamkeit.

Oben im Schlafraum rührten sich die andern; in einer Stunde ging es an Bord.

Sie setzte sich neben ihr Bündel auf den Holzstuhl, sah in dem trübseligen Raum um sich, stützte den Kopf in die Hand und weinte.

Da kam von draußen ein schwerer Tritt, die Thür wurde geöffnet, ein Mann stand da und versuchte, sich in dem Raum zurecht zu finden. Als er die Gestalt neben dem Bündel sah und das Schluchzen hörte, ging er dahin.

Sie meinte, es wäre der Wirt, und sah auf. Da erkannte sie Elsen. Mit angstvollen Augen sah sie ihn an.

»Na ... laß man!« sagte er mit gepreßter Stimme. »Es kommt wohl alles in Ordnung. Drüben machen wir Hochzeit.«

Sie schüttelte trostlos den Kopf, ihn immer noch anstarrend. »Was willst du noch?« sagte er.

»Du ... du mußt es mir sagen.«

»Was? ... daß ich schuld habe?«

»Hinnerk!« schrie sie auf ... »Nein! Nein! Du sollst mir sagen, daß du mich doch noch lieb hast.«

»Na, ja! Sonst hätte ich nicht den weiten Weg gemacht. Nun komm' man her ... so ... Nun sei man still!«

Nach einer Weile, als sie ein wenig ruhiger geworden war, sagte er: »Ich habe ein erbärmlich schlechtes Gewissen.«

»Warum denn, Hinnerk?«

»Weil ich gegen Telsche Spieker grob geworden bin und dem Pellwormer mit seinen Sternen heimgeleuchtet habe, und weil ich Wilhelm Rohdes Fahrkarte habe.«

Sie senkte den Kopf.

Er zog die Pfeife heraus, trat an den Tisch heran und sagte: »Nicht mal Feuer in dieser Spelunke.«

Dann fand er es und setzte sich neben sie, und im Aufflammen des Streichholzes sah er ihr blasses, ängstliches Gesicht.

»Na!« sagte er noch einmal. »Es kommt alles wieder in Ordnung. Heims Eva hat gesprochen wie ein Pastor. Man muß es wieder gut machen, sagt sie. Aber das ist eine verzwickte Geschichte: wenn man dafür sorgt, daß man an der einen Stelle das Gewissen rein macht, fegt man an der andern so viel Staub zusammen, daß er einem übern Kopf fliegt. Ich will ein Fenster öffnen.«

Er stand auf und sah mit zufriedenem Gesicht in den anbrechenden Morgen. Nach einer Weile wandte er sich um: »Es kann mich bloß ärgern, daß die zweitausend Mark nun doch nicht voll geworden sind.«

Anna Witt kniete wieder neben ihrem Bündel und sagte: »Ich habe ja die zweihundert, Hinnerk, die Heim mir von Andrees gegeben hat.«

 


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