Georg Forster
Entdeckungsreise nach Tahiti und in die Südsee 1772-1775
Georg Forster

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15. Kapitel

Reise von der Osterinsel nach den Marquesas – Aufenthalt im Hafen Madre de Dios auf der Insel Waitahu – Reise von da über die flachen Inseln nach Tahiti

Von der Osterinsel segelten wir mit so schwachem Winde, daß wir uns am folgenden Tag noch in Sicht der Insel befanden. So kurz auch unser Aufenthalt auf dem Lande gewesen war, so hatten sich unsere Kranken doch vom Skorbut erholt und klagten nur noch über Mattigkeit. Die wenigen frischen Nahrungsmittel auf der Osterinsel hatten aber unseren Appetit gereizt und uns auf die Inseln des Marquese de Mendoza, nach denen wir jetzt steuerten, desto begieriger gemacht. Zum Glück bekamen wir am nächsten Tage frischeren Wind, der uns mehr Heiterkeit und Mut gab, als wir seit Monaten empfunden hatten. Desto beunruhigender dünkte es uns aber, als ein paar Tage später einige unserer Leute über Verstopfung und Gallenfieber, diese tödlichen Krankheiten der heißen Himmelsstriche, zu klagen anfingen. Unter diesen Kranken war auch unser Wundarzt selber, ein Umstand, der uns die größte Besorgnis verursachte. Das Betrüblichste aber war, daß unsere Kranken die süßen Kartoffeln als eine für ihren schwachen Magen zu schwere Speise nicht genießen konnten. Selbst Kapitän Cook mußte von neuem das Bett hüten. Mein Vater ließ seinen tahitischen Hund, den einzigen, der noch an Bord war, schlachten und den Kapitän einige Tage damit beköstigen.

Ein großer Vorteil war es, daß die Sonnenhitze durch die schnelle Bewegung der Luft erträglich wurde, so daß man mit Vergnügen auf dem Deck umhergehen konnte. Dies stärkte unseren Mut und erquickte unsere Kranken, die jetzt von Wind und Hoffnung lebten, da sie sonst nichts hatten, woran sie sich hätten laben können. Der Vorrat an Kräuterwerk, den wir auf der Osterinsel angelegt hatten, war aufgezehrt, und also mußte man entweder von neuem mit dem elenden Pökelfleisch vorlieb nehmen, das Saft und Kraft verloren hatte, oder sich entschließen, bei schmalen Portionen von trockenem Brot Hunger und Kummer zu leiden. Wir wünschten daher recht sehnlich, von all den Unannehmlichkeiten recht bald befreit zu werden, und das Thermometer unserer Erwartungen stieg und fiel mit dem ab- oder zunehmenden Wind. Alle Nachrichten von Mendañas Reisen wurden sorgfältig zu Rate gezogen. Insofern die darin angegebene unbestimmte Entfernung der Marquesas von der peruanischen Küste einem jeden Freiheit ließ, seinen Hoffnungen und Vermutungen nachzugehen. Fünf Tage lang durchsegelten wir die verschiedenen Längen, die unsere Geographen dieser Insel zuwiesen. Einige unserer Reisegefährten schienen sich darüber lustig zu machen, daß von unseren Hoffnungen eine nach der anderen ins Wasser fiel.

Endlich erblickten wir am 6. April nachmittags eine kleine steile Insel, die aber zum Teil in Nebel gehüllt war. Man konnte also das Land noch nicht näher betrachten und nach dem Augenschein urteilen, ob sich Erfrischungen darauf finden ließen. Quiros, den man für den Verfasser der im Jahre 1595 unternommenen Reise des spanischen Generalkapitäns Don Alvaro Mendaña de Neyra ansieht, gibt von der damals entdeckten Inselgruppe eine vorteilhafte Beschreibung. Sie wurden die Inseln des Marquese de Mendoza genannt, zu Ehren des Vizekönigs von Peru, der die Expedition veranstaltet hatte. Wir studierten diese Reisebeschreibung sorgfältig, um von dem Land, das nun vor uns lag, einen möglichst deutlichen Begriff zu bekommen.

Am folgenden Morgen gingen wir eifrig daran, auf das Land loszusegeln. Die Luft war zwar voller Dünste, dennoch konnten wir bald die verschiedenen Inseln unterscheiden, die von den Spaniern Dominica, St. Pedro, und St. Christina genannt wurden. Wir bemerkten, daß die steile Insel, die wir zuerst gesichtet hatten, nicht gesehen worden war. Kapitän Cook nannte sie also Hoods-Eiland, dem jungen Seemann zu Ehren, der sie von unserem Schiffe aus zuerst wahrgenommen hatte. Dominica, eine hohe, bergige Insel, war uns am nächsten. Gleich nach Verschwinden des Nebels entdeckten wir viele turmartige, spitze Felsen, auch mitten auf der Insel einige hohe Bergspitzen, die zu beweisen schienen, daß feuerspeiende Berge und Erdbeben an der Gestalt und Beschaffenheit der Insel großen Anteil haben. Der ganze östliche Teil besteht aus einer fürchterlich steilen Felsenwand.

San Pedro ist eine kleine Insel von geringerer Höhe, sie kam uns aber weder sonderlich fruchtbar noch stark bewohnt vor. Santa Christina hingegen schien unter allen das meiste zu versprechen. Obgleich sie hoch und steil ist, findet man doch einige Täler, die sich gegen die See hin verbreitern, und die Wälder reichten bis an die Gipfel der Berge hinauf. Um drei Uhr kamen wir in die Straße zwischen Dominica und Santa Christina, die ungefähr zwei Meilen breit ist. Wir entdeckten auf beiden Inseln einige tiefe Täler, aber solche Ebenen, wie sie Tahiti verschönern, findet man hier nicht. Die Küste von Santa Christina sah aber doch so anmutig aus, daß sie uns ausgemergelte Seefahrer mit neuer Hoffnung belebte. Wir fuhren an verschiedenen kleinen Buchten vorüber, auf deren Strand die See eine hohe Brandung schlug. Die Landzungen dieser Buchten schlossen ein Tal ein, das uns seiner schönen Wälder und Pflanzungen wegen recht gut gefiel. Am Strand sahen wir einige Insulaner, die das Schiff neugierig angafften. Einige brachten ihre Kanus ins Wasser und versuchten uns nachzufolgen, der starke Wind aber trieb das Schiff so schnell fort, daß sie weit zurückblieben. An der Westseite der Insel fanden wir einen guten Hafen und wünschten sehnlich, darin Anker werfen zu können. Als wir aber drehten, um darin einzulaufen, sauste ein starker Windstoß von den hohen Bergen mit solcher Gewalt herab, daß das Schiff ganz auf die Seite zu liegen kam, die mittlere Bramstange verlorenging und wir selbst mit genauer Not der Gefahr entkamen, an der südlichen Spitze des Hafens zu stranden. Nachdem wir die Segel wieder gerichtet hatten, lavierten wir glücklich hinein. Bei dem Windstoß waren etwa fünfzehn Kanus vom Ufer abgegangen und ganz nah an unser Schiff getrieben worden. Einige waren Doppelkanus und mit fünfzehn Ruderern, die anderen mit drei bis sieben Mann besetzt. Sobald die Anker ausgeworfen waren, luden wir die Insulaner unter allerlei Freundschaftszeichen in tahitischer Sprache ein, zu uns an Bord zu kommen. Sie wagten es aber nicht eher, als bis sie uns einige Pfefferwurzeln als Friedenszeichen dargeboten hatten. Sobald wir diese ans Tauwerk gebunden hatten, verkauften sie uns für einige Nägel frische Fische und völlig reife Brotfrüchte, deren Anblick bei unserer Schiffsgesellschaft allgemeine Freude erweckte.

Die Eingeborenen waren wohlgebildete, schöne Menschen von hellbrauner Farbe, die aber der vielen Punkturen wegen ins Schwärzliche zu fallen schienen. Sie gingen völlig nackt und hatten nur ein kleines Stück Zeug von der Art des tahitischen um die Hüften. Bart und Haar waren glänzend und schwarz, und ihre Sprache war dem Tahitischen ähnlich, nur daß sie kein R aussprechen konnten. Ihre Boote waren sehr schmal und bestanden aus leicht zusammengenähten Brettern. Die Ruderschaufeln waren den tahitischen ähnlich und oben mit einem runden Knopf versehen. Wir fragten hauptsächlich nach Schweinen und baten, daß man uns einige bringen möchte. Gegen Abend hatten wir auch das Vergnügen, eins neben dem Schiff zu sehen, und man überließ es uns für ein Messer. Sobald es dunkel wurde, verließen uns die Kanus nach dem allgemeinen Brauch der Südseevölker, die sogar durch den Anblick eines europäischen Schiffes niemals in Versuchung geraten, eine Nacht schlaflos zu verbringen. Die Täler um unseren Hafen waren voller Bäume, und alles schien die Vermutung, die wir aus der spanischen Beschreibung geschöpft hatten, zu bestätigen, daß wir im Hafen Madre de Dios geankert hatten. Da wir durch die Bäume weit ins Land hinein wahrnahmen, daß viele Feuer die Gegend erleuchteten, schlossen wir daraus mit Recht, daß die Insel stark bewohnt sein müsse.

Am folgenden Morgen genossen wir den reizenden Anblick des Landes. An der Südseite sieht man einen schroffen, unzugänglichen Pik emporsteigen. Die ganze Nordseite ist ein schwarzer verbrannter Berg, dessen Fels aber bis zur Spitze mit Casuarinabüschen bedeckt ist. Im Hintergrund des Hafens liegt ein hoher Berg, der seines flachen Gipfels wegen dem Tafelberg am Kap der Guten Hoffnung ähnlich sieht. Auf dem Gipfel bemerkten wir eine Reihe von Stangen oder Palisaden, die wie Befestigungen aussahen. Innerhalb derselben beobachteten wir mit dem Fernglas etwas, das uns Wohnhütten zu sein schien. Sie waren den neuseeländischen Hippahs ungemein ähnlich, die ebenso auf hohen Felsen angelegt und mit Palisaden umgeben sind.

Kurz nach Sonnenaufgang zeigten sich verschiedene Kanus, die uns eine Menge Brotfrucht gegen kleine Nägel brachten. Die Leute boten auch Pisangs zum Verkauf und bewiesen anfangs bei ihrem Handel viel Ehrlichkeit, doch hatte keiner Mut genug, sich an Bord zu wagen. Bald darauf fanden wir, daß ihre Denkungsart völlig mit der tahitischen übereinstimmte. Einige fingen an, uns offenbar zu betrügen und Nägel, wofür sie Brotfrüchte angeboten hatten, an sich zu nehmen, ohne die Früchte abzuliefern. Der Kapitän hielt es daher für notwendig, sich und seine Leute bei diesem Volke in Ansehen, die Betrüger aber in Furcht zu setzen. Er ließ daher eine Muskete über ihre Köpfe hinweg abfeuern. Der unerwartete Knall hatte die erwünschte Wirkung, sie reichten uns nämlich ganz bestürzt die Brotfrüchte, um die sie uns hatten betrügen wollen. Einige kamen nach dem Verkauf ihrer Waren an Bord, um zu gaffen und begafft zu werden. Als der Kapitän Anstalten machte, mit meinem Vater ins Boot zu gehen, bemerkte einer der Insulaner, daß die eiserne Stange, woran das Tau zum Aus- und Einsteigen befestigt ist, los war. Auf einmal erhaschte er sie, sprang mit seiner Beute über Bord und schwamm, ihrer Schwere unerachtet, zu seinem Kanu, um sie dort in Sicherheit zu bringen. Sobald Kapitän Cook den Diebstahl erfuhr, befahl er, eine Muskete über den Kerl hinzufeuern, während er selbst mit dem Boot um das Schiff herumkommen und sich der Stange wieder bemächtigen wollte. Der Schuß geschah, der Wilde aber geriet dadurch nicht außer Fassung, sondern sah vielmehr ganz unbesorgt um sich her.

Der Kapitän ließ nun einen zweiten Schuß abgeben, allerdings mit ebensowenig Erfolg. Ein Offizier, der gerade an Deck gekommen war, wurde über die Verwegenheit des Eingeborenen so aufgebracht, daß er nach einem Gewehr griff und den Unglücklichen auf der Stelle totschoß. Sobald er fiel, warf sein erschrockener Gefährte die Eisenstange in die See, und der Kapitän, der gerade jetzt anlangte, kam zu spät. Er mußte betrübt sehen, wie der andere Wilde das Blut seines Kameraden aus dem Kanu in die See schöpfte und dann mit den übrigen Kanus dem Ufer zueilte. Die Wilden hatten uns nun alle verlassen und waren am Strande damit beschäftigt, das Kanu durch die Brandung und den toten Körper ins Gebüsch zu schleppen. Gleich darauf hörten wir trommeln und erblickten eine große Menge von Wilden mit Keulen und Speeren bewaffnet, welcher Anblick uns höchste Gefahr zu bedeuten schien. Es war allerdings sehr zu bedauern, daß der Jähzorn eines unserer Mitreisenden den Indianer unbilligerweise das Leben kostete. Die ersten Entdecker und Eroberer von Amerika haben oft und mit Recht den Vorwurf der Grausamkeit über sich ergehen lassen müssen, weil sie die unglücklichen Völker dieses Erdteils nicht als ihre Brüder, sondern als unvernünftige Tiere behandelten, die man niederzuschießen berechtigt zu sein glaubte. Aber wer hätte es von unseren erleuchteten Zeiten erwartet, daß Vorurteil und Übereilung den Völkern der Südsee fast ebenso nachteilig werden würden? Maheine konnte sich der Tränen nicht erwehren, als er sah, daß ein Mensch den anderen wegen einer so geringen Veranlassung ums Leben brachte.

Kapitän Cook ließ das Schiff tiefer in den Hafen legen und landete mit einer ausgesuchten Mannschaft von Seesoldaten und Matrosen unter einem gewölbten Felsen, von Dr. Sparman, Maheine, meinem Vater und mir begleitet. Ein Haufen von mehr als hundert Wilden empfing uns auf diesem Felsen mit Speeren und Keulen bewaffnet, ohne jedoch Gebrauch davon zu machen. Wir gingen ihnen mit vielen Freundschaftsbezeigungen entgegen, die sie auf ihre Art zu erwidern schienen. Wir verlangten, sie möchten sich niedersetzen, und sie waren folgsam. Wir gaben ihnen nun zu verstehen, daß wir nach einem ihrer Landsleute nur deswegen geschossen hätten, weil er sich an unserem Eigentum vergriffen hatte, wir seien aber gesonnen, als Freunde mit ihnen zu leben, und hauptsächlich gekommen, um Wasser, Holz und Lebensmittel einzunehmen, wofür wir Nägel, Beile und andere gute Waren zum Tausch anzubieten hätten. Unsere Gründe fielen in die Augen, und die Eingeborenen beruhigten sich. Sie schienen zu glauben, ihr Landsmann habe sein Schicksal verdient. Sie führten uns zu einem Bach, wo wir unsere Wasserholer einsetzen konnten und Gelegenheit fanden, einige Früchte einzukaufen. Der Sicherheit wegen mußten die Seesoldaten eine Linie bilden, um die Rückkehr zu sichern, aber diese Vorsicht hätten wir uns sparen können. Die Leute waren zu ehrlich, als daß sie den Frieden hätten brechen, und zu leutselig, als daß sie den Tod eines Mannes hätten rächen sollen, den sie von Schuld nicht ganz freisprechen konnten. In kurzer Zeit ging der Handel gut vonstatten, und die Einwohner kamen von den Bergen her mit ganzen Ladungen von Früchten.

Frauenspersonen hatten sich bisher noch gar nicht sehen lassen, sie mochten bei dem ersten Lärm in die Berge geflohen sein. Einige Mannsleute waren besser geputzt und bewaffnet als die übrigen, weshalb wir sie für Befehlshaber ansahen. Sie hatten alle nur ein kleines Stück Zeug um die Hüften geschlagen. Von Statur waren sie groß und wohlgebildet, keiner war so dick wie die vornehmen Tahitier, keiner auch so mager und abgezehrt wie die Osterinsulaner. Die Punktierungen, die fast den ganzen Körper bedeckten, machten es schwer, die Schönheiten ihrer Gestalt erkennen zu können. Unter den jungen Leuten aber, die noch nicht punktiert oder tätowiert waren, bemerkte man außerordentliche Schönheiten.

Die Befehlshaber trugen eine Art von Ringkragen, der vorn auf der Brust herabhing. Manche trugen nur eine Schnur um den Hals und daran ein Stück Muschelschale. Sie hielten auch sehr viel auf Büschel von Menschenhaaren, die um den Leib, um die Arme, Knie und Schenkel gebunden waren. Allen anderen Schmuck vertauschten sie gegen Kleinigkeiten, aber nicht so leicht diesen Haarschmuck, den sie ungemein hoch schätzten, so sehr er auch gewöhnlich von Ungeziefer bevölkert war. Wir gingen ins Gehölz nach dem Platz, den Kapitän Cook zu seinem Standort gewählt hatte. Wir sahen hier zwar keine Pflanzungen, dagegen war alles mir Holz und zum Teil mit gutem Zimmerholz bewachsen. Die Einwohner ließen uns ungestört gehen, wohin wir wollten. Wir fanden ein schönes, klares Springwasser an der Stelle, wo es nach der Beschreibung der Spanier hätte gesucht werden müssen. Es stürzt vom Felsen in ein kleines Becken und von diesem in die See. Nahe dabei ergießt sich ein Bach von den höheren Bergen und ein noch stärkerer in der Mitte der Bucht. Letzterer dünkte uns zum Füllen der Wasserfässer am vorteilhaftesten gelegen. Wir kehrten nun zum Handelsplatz zurück und ließen uns mit den Eingeborenen in eine Unterredung ein. Sie hatten ihr Mißtrauen so gänzlich beiseite gesetzt, daß sie sogar ihre Waffen gegen Eisengerät vertauschten. Sie waren alle aus Casuarinaholz verfertigt und bestanden aus hölzernen Wurfspeeren, acht bis zehn Fuß lang, oder aus Keulen, die an einem Ende mit einem dicken Kolben versehen waren. Kapitän Cook war in unserer Abwesenheit so glücklich gewesen, einige Schweine und eine Menge von Früchten einzukaufen, die wir gegen Mittag zum Schiff brachten.

Am folgenden Morgen sahen wir sieben Kanus von Dominica beim Schiff eintreffen, während verschiedene andere von St. Christina die Straße hinauf ruderten. Sie brachten uns Früchte zum Kauf. Nach dem Frühstück gingen wir an Land und fanden unsere guten Freunde bereits am Strand. Wir entdeckten einen Befehlshaber unter ihnen, der einen Mantel gleich dem tahitischen Zeug aus Maulbeerrinde trug und mit dem Diadem, dem Ringkragen, den hölzernen Ohrgehängen und Haarbüscheln geputzt war. Man berichtete uns, er sei König der ganzen Insel, doch wurden ihm, soviel wir sahen, keine sonderlichen Ehrenbezeugungen erwiesen. Er schenkte dem Kapitän einige Früchte und Schweine, blieb den ganzen Tag in unserer Nähe und sagte uns, er heiße Honu (Schildkröte), und er sei He-Ka-Ai, das ohne Zweifel soviel wie Eri zu Tahiti und Eriki auf den Freundschaftlichen Inseln bedeuten mochte.

Kapitän Cook fand auf dem Handelsplatz einen großen Vorrat von Kräutern und einige Hühner und Schweine, die er insgesamt einkaufte. Die roten Federn von Tongatabu hatten auch hier einen hohen Wert, und es wurde viel Kopfschmuck und anderer Zierat dagegen getauscht. Heute bekamen wir endlich eine Weibsperson zu sehen. Sie setzte sich in dem Kreis ihrer Landsleute nieder und war wie die Tahitierinnen in ein Stück Zeug von Baumrinde gekleidet.

Wir wanderten etwa anderthalb Meilen den Bach entlang, passierten einen offenen Platz, von wo wir die ganze Bucht überschauen konnten, und kamen in einen dichten Wald, der aus Nuß- und Brotfruchtbäumen bestand. Endlich erreichten wir ein Haus, das aber im Vergleich zu den hohen Häusern auf den Gesellschafts-Inseln nur eine Hütte genannt werden konnte. Die Bewohner brachten uns aus dem nahen Bach frisches Wasser zum Trinken. Wir belohnten sie für ihre Dienstfertigkeit und kehrten zum Schiff zurück. Beim Einsteigen wäre das Boot beinahe umgeschlagen, da sich die Brandung sehr heftig an den Felsen brach, doch kamen wir mit nasser Haut davon.

Am folgenden Morgen ging Dr. Sparman mit mir nach dem Wasserplatz, wo ein ziemlicher Handel getrieben wurde. Aber unsere Eisenwaren hatten, seit wir hier geankert, wenigstens zweihundert Prozent an ihrem vorigen Wert verloren. Unsere kleinen Nägel schienen keine Liebhaber mehr zu finden, nach den großen wurde kaum gefragt, und Glaskorallen wollte niemand mehr. Bänder aber, Zeug und andere Kleinigkeiten waren desto begehrter, und gegen Stücke von Maulbeerzeug mit roten Federn von Tongatabu ließen sie uns sogar einige große Schweine zukommen.

Die Marquesas sind, im ganzen genommen, mit den Sozietäts-Inseln von gleicher Beschaffenheit, nur daß ihnen die schönen Ebenen und die Korallenriffe fehlen. Auch die Bewohner gleichen einander in Gestalt, Sitte und Sprache. Der größte Unterschied, den wir zwischen beiden finden konnten, bestand darin, daß die Leute hier nicht so reinlich sind wie dort. Die Tahitier und ihre Nachbarn sind vielleicht das reinlichste Volk der Erde. Sie baden täglich zwei- bis dreimal und waschen Hände und Gesicht vor und nach jeder Mahlzeit. Die Eingeborenen auf den Marquesas wuschen und badeten sich nicht so oft und waren auch in der Bereitung ihrer Mahlzeiten weit nachlässiger. Hingegen taten sie es den Bewohnern der Sozietäts-Inseln in einem anderen Punkte an Reinlichkeit zuvor, denn statt daß man wie auf Tahiti die Fußwege überall mit Zeichen einer gesunden Verdauung besetzt fand, wurde hier der Unflat nach Katzenart sorgfältig verscharrt. Zwar verließ man sich auf Tahiti auf die guten Dienste der Ratten, doch schien man es außerdem weder für unanständig, noch für schmutzig zu halten, daß der Kot überall umherlag.

Als wir an das Schiff zurückkamen, fanden wir es von vielen Kanus umgeben, in denen Schweine und Pisangs zum Verkauf gebracht wurden. Der Schrecken über die von uns verübte Gewalttat war nun vergessen, und die Leute kamen in großer Menge an Bord, plauderten vertraut mit den unsrigen und staunten über alles, was sie auf dem Schiffe sahen. Einige fingen sogar wieder an zu mausen, wenn sie aber entdeckt wurden, säumten sie nicht, das Gestohlene wieder zurückzugeben. Oft tanzten sie den Matrosen zu Gefallen, und ihre Tänze stimmten mit den tahitischen überein. Ihre Kanus waren klein, sonst aber den tahitischen ähnlich. Auf dem Vorderteil sah man meist ein aufrechtstehendes Holz, mit einem grobgeschnitzten Menschengesicht verziert.

Abends kamen auch die übrigen Herren zurück. Sie hatten den Nachmittag mit der Untersuchung zweier Buchten zugebracht. Die Einwohner taten dort weniger zurückhaltend als in unserem Hafen, auch befanden sich unter ihnen einige Frauen, mit denen die Matrosen bald Bekanntschaft machten, weil sie sich ebenso gefällig erwiesen wie die auf den anderen Südseeinseln. Als unsere Leute sich wieder einschiffen wollten, war einer von den Matrosen so saumselig, daß er dafür vom Kapitän einige Schläge bekam. Diese Kleinigkeit würde nicht verdienen, hier vermerkt zu werden, wenn sie nicht die Eingeborenen veranlaßt hätte, sie aufmerksam zu verfolgen und dabei zu rufen: »Tape-a-hai te teina! – Er schlägt seinen Bruder!« Die Folgerung hieraus scheint zu sein, daß sie selber sich untereinander für Brüder, mithin ihr ganzes Volk für eine Familie und den König gleichsam nur für den Ältesten halten. Ihre politische Verfassung hat noch keine bestimmte monarchische Form erhalten. Damit stimmt sehr gut überein, daß dem König Honu keine besondere Ehrung erwiesen wurde. Sein ganzer Vorzug schien in seiner Kleidung zu bestehen, die vollständiger war als bei vielen anderen Leuten.

Am folgenden Morgen ging der Kapitän abermals nach der Bucht, war aber im Handel nicht glücklich. Die Insulaner kannten die Vortrefflichkeit unserer Eisenwaren noch nicht genügend, sie wollten sie nicht mehr nehmen und verlangten andere Dinge, die wir nicht entbehren konnten. Also lichteten wir nachmittags den Anker und verließen den Hafen Madre de Dios. Wir hatten eine ansehnliche Menge Wasser eingenommen und von diesem Volk einen heilsamen Vorrat von Nahrungsmitteln erhalten. In der Naturgeschichte hingegen hatten wir nicht viel Neues entdeckt. Aus Zeitmangel hatten wir auch mit den Eingeborenen nicht genauer bekannt werden können, sie hätten sonst wohl verdient, näher in Augenschein genommen zu werden. Besonders tat es uns leid, daß wir nicht imstande gewesen waren, die Verzäunungen auf den Bergen in Augenschein zu nehmen.

Nach einer Kreuzfahrt von fünfeinhalb Monaten, in denen wir den gefrorenen Erdstrich bis unter 71° und den heißen bis unter 9,5° südlicher Breite besucht hatten, waren die Marquesas der erste Ort, wo wir Fleisch und Früchte in ausreichender Menge erhielten. Der kleine Vorrat an süßen Kartoffeln, den wir auf der Osterinsel bekommen hatten, bewirkte zwar unter göttlichem Beistand so viel, daß die mancherlei Krankheiten, die uns damals drohten, nicht gleich zum Ausbruch kamen, allein dies währte nur so lange, bis wir das heiße Klima wieder erreichten. Alsdann geriet unser Blut in eine nachteilige Gärung, und bei dem blassen, ausgemergelten Aussehen der ganzen Schiffsgesellschaft war es gewiß die höchste Zeit, daß wir die Marquesas schreckliche Niederlage unter uns angerichtet haben. Bei dieser Gelegenheit müssen wir zur Ehre unseres Schiffsarztes Patton öffentlich rühmen, daß er die besten Mittel ergriffen hat, uns alle so gesund wie möglich zu erhalten, indem er nicht allein dem Kapitän die dienstlichen Anordnungen zu diesem Endzweck vorschlug, sondern selbst mit unablässigem Fleiß über uns wachte. Ich kann mit gutem Grund behaupten, daß England die Erhaltung vieler wichtiger und brauchbarer Männer, die auf diese Expedition ausgeschickt wurden, ihm allein schuldet. Auch verdient Kapitän Cook alles Lob, daß er keinen Vorschlag unversucht ließ, der nur einigen Erfolg zu versprechen schien.

Die Kürze unseres Aufenthalts auf den Marquesas gestattete unseren Kranken nicht, vollkommen geheilt zu werden, vielmehr verschlimmerte sich der Zustand derer, die an der Gallenkolik darniederlagen, weil sie es gewagt hatten, blähende Früchte zu genießen, die einem schwachen Magen sehr schädlich sind. Kapitän Cook war nichts weniger als wiederhergestellt. Er hatte sich während unseres ganzen Hierseins nicht geschont, sondern sich in der Sorge um das Seevolk unermüdlich erwiesen. Auch ich mußte gewahr werden, daß mir bei meiner Schwäche das beschwerliche Klettern nicht zuträglich gewesen war. Ich bekam eine heftige Gallenkrankheit davon, die mir um so unangenehmer war, als sie mich zu einer Zeit befiel, in der mir viele Aufgaben bevorstanden.

Wir steuerten von Santa Christina nach Südsüdwest, hernach aber nach Südwest und legten des Nachts bei, weil wir jetzt dem Archipel der flachen Inseln nahe waren, die von jeher als eine gefährliche Gegend der Südsee angesehen worden sind. Vornehmlich haben die Holländer ungünstige Nachrichten davon gegeben, denn Schouten hat diesen Teil des Südmeeres die böse See und Roggeveen ihn das Labyrinth genannt. Letzerer verlor eins seiner Schiffe an einer dieser flachen Inseln und legte ihr deswegen den Namen einer gefährlichen Insel bei. Am 17. entdeckten wir die erste dieser Inseln, erreichten sie gegen Mittag und wurden durch Byrons deutliche Beschreibung überzeugt, daß es die östlichste der König-Georg-Inseln sei. Davon hatten wir gegen Abend noch einen anderen Beweis, denn wir erblickten auch die zweite Insel dieses Namens. Die erstere war sehr niedrig und sandig. Sie besteht aus einem elliptischen Felsenriff, dessen längster Durchmesser über sechs Seemeilen ausmacht. Hin und wieder war sie mit vielen Kokospalmen besetzt. Die Stämme dieser Palmen waren oft bis zu einer großen Höhe durch Buschwerk und andere Bäume verdeckt, ihre schönen Kronen aber sah man allenthalben über die anderen emporsteigen. An den Stellen, wo keine Bäume standen, war das Erdreich oder waren vielmehr die Felsen so niedrig, daß die See über sie hinweg in den inneren Landsee hineinschlug. Wir segelten nachmittags dicht an der Westseite der Insel hin und bemerkten, daß die Felsen an vielen Stellen scharlachrot aussahen, wie auch Byron sie gefunden hatte. Auf dem Landsee fuhren einige Kanus mit Segeln umher, zwischen den Bäumen stieg hier und da Rauch auf, und am Strande sah man bewaffnete Schwarze umherlaufen. Auch bemerkten wir, daß einige Frauensleute mit Bündeln auf dem Rücken nach den entlegenen Gegenden des Riffs flüchteten, und das war kein Wunder. Sie hatten ehemals, als sie sich einer von Byrons Bootsbesatzungen widersetzten, einige von ihren Landsleuten verloren, und die englischen Matrosen hatten sie einen ganzen Tag über aus ihren Hütten verscheucht und von ihren Kokosnüssen gelebt.

Am südwestlichen Ende der Insel entdeckten wir eine Einfahrt in den Landsee und setzten ein Boot aus, um sie zu sondieren. Unsere Leute fanden, daß der Grund aus scharfen Korallen besteht und daß es unmöglich war, darauf zu ankern. Mitderweile hatten sich die Insulaner auf der Nordseite der Einfahrt versammelt und die Waffen ergriffen, sie zeigten sich aber trotz des kriegerischen Aufzugs als friedfertig und brachten uns einige Kokosnüsse, die man gegen Nägel eintauschte. Sobald wir hiervon Nachricht bekamen, wurde ein zweites Boot ausgesetzt und an Land geschickt. Mein Vater, Dr. Sparman und ich waren mit von dieser Partie. Wir landeten ohne Widerstand und mischten uns sogleich unter die Eingeborenen, deren hier fünfzig bis sechzig beisammen waren, lauter starke, große Männer von schwarzbrauner Farbe mit Punkturen auf der Brust, auf dem Bauch und auf den Händen, die meist Fische darstellten. Sie hatten nur ein kleines Stück Zeug um die Hüften gewickelt. Ihre Frauen wagten sich nicht zu uns heran, ihre Kleidung war etwas länger und reichte wie eine Schürze bis zu den Knien. Sobald wir landeten, umarmten sie uns und begrüßten uns durch Berührung der Nasen. Dann fingen sie sogleich an, Kokosnüsse und Hunde zum Verkauf an die Boote zu bringen. Wir versuchten, zu ihren Hütten zu gehen, was sie aber nicht gestatten wollten, so begnügten wir uns damit, längs der Landzungen allerlei Pflanzen zu sammeln, vornehmlich eine Kressenart, die ein gutes Blutreinigungsmittel zu sein schien. Der Boden bestand überall aus Korallenfelsen, die nur wenig über die Oberfläche des Wassers ragten. Darauf lag eine Schicht grober, weißer Sand, mit Korallen und Muscheln vermischt, und darüber eine dünne Lage guter Erde.

Als wir sahen, daß eine große Menge von Wilden von der anderen Seite des Landsees her das Wasser durchwatete und ihre Speere hinter sich herschleppte, traten wir den Rückzug an. Der Weg führte uns an den Hütten vorüber, die nur klein und niedrig waren und ein Dach aus Kokosblättern hatten. Die Wetterdächer der Kanus waren aus gleichem Material, aber etwas größer gebaut, die Kanus selbst aber nur kurz, jedoch stark, an beiden Enden zugespitzt und mit einem scharfen Kiel versehen. Wir gaben dem Leutnant, der unser Boot kommandierte, Nachricht von den feindlichen Bewegungen, worauf unsere Leute sofort Vorkehrungen trafen, wieder an Bord zu gehen. Nun sah man die Wilden in den Büschen herankommen. Sie hatten sich mit langen Keulen, runden Knüppeln und Speeren bewaffnet, die mit dem Schwanzstachel eines Rochen versehen waren. Wir traten also in unsere Boote, die Insulaner eilten aber in großen Haufen herbei, schienen aber unschlüssig, ob sie uns den Abzug wehren oder gestatten sollten. Einige halfen uns sogar, unsere Boote abzustoßen, andere aber warfen Steine neben uns ins Wasser und schienen sich einzubilden, uns verscheucht zu haben. Sobald wir an Bord waren, ließ der Kapitän einige Kanonen teils über ihre Köpfe hinweg, teils vor ihnen ins Wasser abfeuern, worauf der ganze Haufen mit größter Eile davonrannte. Wir hatten von ihnen nicht mehr als dreißig Kokosnüsse und fünf Hunde erhandelt.

Die großen Seen in diesen kreisförmigen Inseln sind allem Anschein nach sehr fischreich. Die sandigen Stellen der Korallenriffe sind gute Stellen für die Schildkröten, ihre Eier darauf zu legen, und aus den Stücken von Schildkrötenschalen erhellt deutlich, daß die Eingeborenen diese großen Tiere zu fangen wissen, deren Fleisch ein herrlicher Leckerbissen für sie sein muß. Einige Bäume sind so dick, daß die Stämme zu Kanus, die Äste hingegen zu Waffen und anderem Gerät gebraucht werden können. Die Kokospalme, die so manchen Völkern Unterhalt gibt, leistet auch hier unendlichen Nutzen, weil von ihr fast alles und jedes zu gebrauchen ist. Die Nuß enthält, solange sie grün ist, eine Pinte Wasser, das einen lieblichen Geschmack hat. Wenn die Nuß älter wird, bildet sich darin ein Kern, der anfänglich fettem Milchrahm gleicht, dann aber so fett und ölig wird wie Mandeln. Das Öl wird zuweilen herausgepreßt und zum Salben der Haare und des Körpers gebraucht. Aus der harten Schale machen sie Trinkgeschirr und allerlei andere Gerätschaften, und die faserige Rinde gibt ein starkes, elastisches und dauerhaftes Tauwerk. Mit den obersten langen Blättern decken sie ihre Hütten oder flechten Körbe daraus. Aus der inneren Schale wird eine Art von Zeug bereitet, das in diesen heißen Ländern zur Kleidung reicht, und der Stamm des Baumes, wenn er zu alt wird, Früchte zu tragen, taugt wenigstens noch zum Bau einer Hütte oder zum Mast eines Kanus. Außer Fischen und Früchten haben sie auch Hunde, die mit Fischen gefüttert und für die schmackhafteste Fleischspeise gehalten werden. So hat die Vorsehung nach ihrer Weisheit sogar diese unbedeutenden schmalen Felsenriffe für ein ganzes Geschlecht von Menschen hinreichend mit Nahrungsmitteln versehen.

Die Entstehung dieser Koralleninseln gibt uns ein nicht minder bewunderungswürdiges Beispiel von der Allmacht des Schöpfers, der so oft große, wichtige Endzwecke durch die geringsten Mittel zu erreichen weiß. Die Koralle ist bekanntlich das Gebäude eines kleinen Wurms, der sein Haus in dem Maße vergrößert, wie er wächst. Kaum bemerkt man in diesem kleinen Tierchen Empfindung genug, um es von den Pflanzen unterscheiden zu können. Gleichwohl baut es aus den Tiefen der See ein Felsenwerk bis an die Oberfläche des Meeres und verschafft unzähligen Menschen einen festen Wohnplatz.

Um acht Uhr des folgenden Morgens entdeckten wir wiederum eine Insel von der gleichen Art, die anscheinend noch keinem anderen Seefahrer zu Gesicht gekommen ist. Um Mittag zeigte sich noch eine andere gegen Westen. Sie erstreckte sich über acht Seemeilen. Am Strande liefen viele Insulaner mit langen Speeren herum, und auf dem inneren See sahen wir verschiedene Kanus segeln. Noch am gleichen Abend erblickten wir eine dritte Insel. Kapitän Cook nannte diesen Haufen von Inseln Pallisers-Eilande. Die nördlichste scheint Roggeveens Gefährliche Insel zu sein, an deren Küsten er die »Galley« verlor. Diese Vermutung wird dadurch bestätigt, daß Byron nicht weit von hier, nämlich zu Te-aukea, ein Bootsruder fand.

Wir steuerten nun südwestwärts. Schon waren auf beiden Seiten die Flachen Inseln hinter uns, und nun ging zu jedermanns Freude die Fahrt geradewegs nach Tahiti. Da wir mit dem guten Willen der dortigen Bewohner sicher rechnen und uns die beste Aufnahme von ihnen versprechen konnten, sahen wir diese Insel gleichsam als unsere zweite Heimat an. Unsere Kranken schöpften neue Hoffnung, die übrigen freuten sich nicht minder, dort neue Kräfte sammeln zu können. Der Kapitän versprach sich einen reichlichen Vorrat an frischen Lebensmitteln, der uns eine glückliche Beendigung der Seereise erhoffen ließ. Unser Astronom war äußerst begierig, eine Sternwarte zu errichten und zu berechnen, wie unsere Längenuhr gegangen sei, was seit der Abreise von Neuseeland nicht hatte untersucht werden können. Aber auch wir Naturforscher sehnten uns sehr nach dieser Insel, um unsere Pflanzensammlung etwas reichhaltiger zu machen.

Aber noch eifriger als wir wünschte unser Freund Maheine nach Tahiti zu kommen, weil viele seiner Verwandten sich dort niedergelassen hatten, er selber aber noch nie dort gewesen war. Er hatte so viel Schönes von dieser Insel gehört, daß er darauf brannte, sie mit eigenen Augen zu sehen. Er wußte, daß die Kuriositäten, die er auf der Reise gesammelt hatte, ihm bei den Insulanern ein großes Ansehen verschaffen und daß die vielen Kenntnisse, die er durch uns erworben hatte, auf Tahiti Aufmerksamkeit erregen würden. Er tat sich also schon im voraus etwas darauf zugute, daß ihm jedermann mit Achtung und Freundschaft begegnen, daß seine Bekanntschaft mit uns und unserer Lebensart ihm noch mehr Bewunderung eintragen und daß man besonders vor dem Schießgewehr, dessen Gebrauch man ihm erlaubt hatte, nicht wenig Respekt bezeigen würde.

Am folgenden Morgen sichteten wir Land und erkannten, daß es ein Teil von Tahiti war. Aber wir mußten doch noch die Nacht auf See verbringen. Solange es hell blieb, hatte jedermann die Augen auf diese Königin der tropischen Inseln gerichtet. Ich kroch, so schwach auch meine Kräfte waren, ebenfalls an Deck. Am Morgen war ich früh erwacht, und welch Entzücken gewährte mir da die herrliche Aussicht! Es war, als hätte ich die reizende Gegend, die vor mir lag, noch nie gesehen, und sie war auch jetzt weit schöner als vor acht Monaten. Die Wälder waren mit frischem Grün bekleidet, besonders aber prangten die Ebenen mit allem Schmuck der jungen Wiesen. Im Vorbeisegeln hatten wir überdies noch das Vergnügen, jede Gegend gleich wiederzuerkennen; endlich zeigte sich die Pracht der Matavai-Bai, und nun konnten wir es kaum erwarten, nach acht Monaten wieder hier zu landen.


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