Georg Forster
Entdeckungsreise nach Tahiti und in die Südsee 1772-1775
Georg Forster

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13. Kapitel

Zweite Fahrt in die südlichen Breiten – Von Neuseeland zur Osterinsel

Am Morgen nach unserer Abreise von Neuseeland hatten wir einen Nordnordwestwind, bei dem das Thermometer auf 17,5 Grad stieg. An den beiden folgenden Tagen sank es bis auf 7 Grad. Am 28. November erblickten wir eine Menge Seelöwen, die ihren Weg nach der Küste zu nehmen schienen. Bis zum 6. Dezember sahen wir große Schwärme von Sturmvögeln und Albatrossen, grauen Möwen und vielen Pinguinen und Haufen von Seegras. An diesem Tage befanden wir uns auf 51° 33' südlicher Breite und 180° Länge, folglich gerade auf dem Punkt der Antipoden von London. Wir waren die ersten Europäer und auch wohl die ersten menschlichen Kreaturen, die auf diesen Punkt gekommen sind.

Je weiter wir nach Süden kamen, desto tiefer fiel das Thermometer. Am 10. Dezember sank es auf 2,5°. Mittags hatten wir den 59. Grad südlicher Breite erreicht und noch kein Eis gesehen. Am 11. nachts stand das Thermometer auf l°, und am anderen Morgen um vier Uhr zeigte sich eine große Insel von Treibeis. Am folgenden Morgen war das Thermometer wieder ein wenig gestiegen, und wir liefen mit einem frischen Wind gegen Osten, ohne uns an dem dichten Schneegestöber zu stören, bei dem man oft keine zehn Schritte weit sehen konnte. Am 11. morgens erblickten wir Eisfelder um uns her und waren so davon umringt, daß wir keine Möglichkeit mehr sahen, weiter nach Süden zu segeln, sondern nach Nordosten steuern mußten. Der Nebel wurde so dick, daß wir von der Menge der Eisfelsen, die auf allen Seiten um uns schwammen, die größte Gefahr befürchten mußten. Um ein Uhr, als die Leute gerade Mittag hielten, wurden wir plötzlich durch den Anblick einer großen Eisinsel, die dicht vor uns lag, in großen Schrecken versetzt. Es war ganz unmöglich, das Schiff herumzudrehen, das einzige, was uns zu tun übrigblieb, war so dicht am Wind wie möglich zu versuchen, der Gefahr auszuweichen. Man kann sich denken, in welcher fürchterlichen Ungewißheit wir die wenigen Minuten zubrachten, ehe sich unser Schicksal entschied, und es war ein bewundernswürdiges Glück, daß wir ohne Schaden davonkamen, denn die Eismasse blieb im Vorbeifahren kaum eine Schiffslänge von uns entfernt. Dergleichen Gefahren sahen wir uns auf diesem unbefahrenen Ozean alle Augenblicke ausgesetzt, doch waren die Leute bei weitem nicht so niedergeschlagen darüber, wie man hätte vermuten können. Wie im Treffen der Tod seine Schrecken verliert, so segelten auch wir unbekümmert oft nur eine Handbreit neben immer neuen Gefahren dahin.

Am 20. nachmittags liefen wir zum zweitenmal durch den antarktischen Polarkreis. Eine Menge Sturmvögel und ein Wal, der unweit vom Schiff das Wasser aufspritzte, schienen uns gleichsam willkommen zu heißen. Am 23. nachmittags war die See über und über mit Eisschollen bedeckt. Wir drehten also bei und ließen die Boote aussetzen und Eisschollen an Bord bringen. Dann segelten wir die Nacht über und am folgenden Tage nordwärts, so weit es der widrige Wind gestatten wollte. Am 25. Dezember war das Wetter hell und schön, der Wind verlor sich in einer Windstille, und mittags sahen wir um uns her mehr als neunzig Eisinseln. Da es Christtag war, bat der Kapitän dem Herkommen gemäß alle Offiziere zum Mittagessen, und einer von den Leutnants bewirtete die Unteroffiziere. Die Matrosen bekamen eine doppelte Portion Pudding und taten sich an ihrem Branntwein gütlich, den sie aus großer Vorsorge, heute recht voll zu werden, schon monatelang zusammengespart hatten. Das ist auch in der Tat das einzige, wofür sie sorgen, alles übrige kümmert sie wenig oder gar nicht. Sie versicherten, solange der Branntwein noch währte, den Christtag auch als Christen feiern zu wollen, wenn sich auch alle Elemente gegen sie verschworen hätten.

Am Mittag des folgenden Tages befanden wir uns noch in der gleichen Lage, nur daß unsere Leute toll und voll waren und daß wir oben vom Mast aus hundertachtundsechzig Eisinseln sehen konnten. Es schien, als ob wir die Trümmer einer zerstörten Welt oder, nach den Beschreibungen der Dichter, gewisse Gegenden der Hölle vor uns sähen, eine Ähnlichkeit, die uns um so mehr auffiel, weil von allen Seiten ein unablässiges Fluchen und Schwören um uns her tönte. Am folgenden Morgen wurden die Boote ausgesetzt, um frisches Eis einzunehmen. Kaum waren sie damit fertig, so änderte sich der Wind und brachte Schnee und Hagel mit. Mein Vater und zwölf andere Personen klagten wieder über rheumatische Schmerzen und mußten das Bett hüten. Vom Skorbut äußenen sich zwar noch keine gefährlichen Anzeichen, doch mußten ich und alle, die im geringsten damit behaftet zu sein schienen, zweimal täglich Bierwürze trinken und sich der eingesalzenen Speisen enthalten. Wenn aber auch keine förmlichen Krankheiten unter uns herrschten, so hatten doch alle ohne Unterschied ein sieches, ausgemergeltes Aussehen, das schlimme Folgen anzukündigen schien. Kapitän Cook selbst war blaß und mager, verlor den Appetit und litt an einer hartnäckigen Verstopfung.

Wir steuerten nunmehr nach Norden, so weit und so geschwind die Winde es zulassen wollten, und am 1. Januar 1774 unter 59° 7' südlicher Breite verloren wir das Eis gänzlich außer Sicht. Am 4. blies ein stürmischer Wind von Westen und nötigte uns, alle Segel doppelt aufzureffen. Die Wellen gingen sehr hoch und warfen das Schiff von einer Seite zur anderen. Dies unangenehme Wetter dauerte bis zum 6. mittags, wo wir den 51. Grad südlicher Breite erreichten und mit dem günstigen Winde nach Nord-Nord-Ost liefen. Wir waren jetzt nur wenige Grade von dem Strich, den wir im verwichenen Juni und Juli auf der Fahrt von Neuseeland nach Tahiti gehalten hatten. So weit wir bis jetzt gekommen waren, hatten wir nirgends Land und nicht einmal Anzeichen davon gesehen. Auf unserem ersten Zuge hatten wir die Südsee in den milderen Breiten durchkreuzt. Auf der diesmaligen Fahrt hatten wir bis Weihnachten den größten Teil zwischen 60° und dem antarktischen Zirkel untersucht und von Weihnachten bis jetzt den Zwischenraum der beiden vorigen Züge durchsegelt. Haben wir also Land verfehlt, so muß es ein Eiland sein, das seiner Entfernung von Europa und seines rauhen Klimas wegen für England von keiner Wichtigkeit sein kann. Für uns ist es genug, erwiesen zu haben, daß unter dem gemäßigten Himmelsstrich in der Südsee kein großes, festes Land anzutreffen sei, und wenn dergleichen überhaupt vorhanden sein sollte, daß es innerhalb des antarktischen Zirkels liegen müsse.

Unser langer Aufenthalt in diesem kalten Himmelsstrich fing nun an, den Leuten hart zu fallen, denn die Hoffnung, in diesem Jahr noch nach Haus zu kommen, war nun ganz dahin. Auf jedem Gesicht sah man deshalb stumme Verzweiflung ausgedrückt. Nach und nach aber fanden sich die Leute in ihr Schicksal und ertrugen es mit finsterer Gleichgültigkeit. Es war aber auch in der Tat sehr niederschlagend, daß wir über unsere künftige Bestimmung in ständiger Unwissenheit gehalten wurden, indem ohne ersichtlichen Grund gegen jeden von uns ein Geheimnis daraus gemacht wurde.

Am 15. wurde der Wind stärker und verwandelte sich bald darauf in einen heftigen Sturm. Abends um neun Uhr schlug eine berghohe Welle mitten auf das Schiff und füllte die Decks mit einer Sintflut von Wasser. Es stürzte durch alle Öffnungen über uns herein, löschte die Lichter aus und ließ uns einige Augenblicke im Ungewissen, ob wir nicht schon zugrunde gingen. In meines Vaters Kajüte floß alles, sogar sein Bett war völlig durchnäßt, und unter solchen Umständen mußte der Rheumatismus freilich heftiger werden, durch den er seit vierzehn Tagen die größten Schmerzen ausstand, so daß er kein Glied am Leibe rühren konnte. Unsere Lage war nun in der Tat höchst elend, selbst für diejenigen, die noch gesund waren, und den Kranken war sie im eigentlichen unerträglich. Der Ozean um uns her war wütend und schien über die Keckheit einer Handvoll Menschen, die es mit ihm aufnahmen, ganz erbost zu sein. Finstere Melancholie zeigte sich auf der Stirn unserer Reisegefährten, und im ganzen Schiff herrschte eine furchtbare Stille. Die Stunde des Essens war uns verhaßt, denn der Geruch der Speisen kam uns nicht sobald unter die Nasen, als wir es auch schon unmöglich fanden, mit einigem Appetit davon zu genießen. Dies alles beweist wohl genügend, daß diese Reise mit keiner der vorhergehenden zu vergleichen ist. Wir hatten mit einer Menge von Gefahren und Mühseligkeiten zu kämpfen, die unseren Vorgängern in der Südsee unbekannt geblieben waren, weil sie sich meistens nur innerhalb des Wendekreises oder doch in den besten Gegenden des gemäßigten Himmelstrichs aufgehalten haben. Dort fanden sie immer gelindes Wetter, blieben meist m Landnähe, und diese Inseln waren selten so armselig und unfruchtbar, daß sie ihnen nicht einige Erfrischungen geboten hätten. Solch eine Reise wäre für uns eine Lustreise gewesen, aber von alledem war die unsrige das gerade Gegenteil.

Am 20. dieses Monats trafen wir die ersten Eisinseln, doch nahm ihre Zahl nicht zu, als wir weiter nach Süden fuhren. Wir drangen also immer weiter vor und gelangten am 26. abermals innerhalb des Polarkreises, wo wir nur noch wenige Eisschollen sahen. An diesem Tage glaubten wir in der Ferne Berge zu entdecken, nach Verlauf einiger Stunden aber fanden wir, daß es Wolken waren, die nach und nach verschwanden. Am folgenden Tage waren wir unter 67° 52' südlicher Breite, folglich dem Pol näher, als wir je gewesen, und trafen gleichwohl kein Eis, das uns weiter vorzudringen gehindert hätte. Die Sturmvögel begleiteten uns noch immer, die Albatrosse aber hatten uns seit einiger Zeit verlassen. Wir waren nun abermals ohne Nacht und hatten Sonnenschein um Mitternacht.

Wir machten uns jetzt Hoffnung, ebensoweit gegen Süden zu kommen wie andere Seefahrer gegen den Nordpol, am 30. aber entdeckten wir ein festes Eisfeld von unabsehbarer Größe, das von Ost zu West vor uns lag. Auf der Fläche desselben lag, so weit das Auge nur reichen wollte, eine Menge hoher Eismassen aufgetürmt, und davor trieb eine Bank von Brucheis in der See. Wir waren nicht mehr ganze 19° vom Pol entfernt, da es aber unmöglich war, weiter vorzudringen, kehrten wir um, zufrieden mit unserer gefährlichen Expedition und völlig überzeugt, daß sich kein Seemann die Mühe geben werde, weiterzugehen. Eine Menge Pinguine ließen sich mit ihrem krächzenden Geschrei hören, obwohl wir ihrer wegen des einfallenden Nebels nicht ansichtig wurden.

Von diesem Eisfelde liefen wir bis zum 5. Februar mit gelindem Winde nordwärts, bekamen dann aber frischen Wind. Am 6. schlug er um und wurde des Nachts so heftig, daß etliche Segel in Stücke gingen. Da er uns aber, um nach Norden zu gelangen, sehr erwünscht war, kümmerten wir uns nicht um seine Heftigkeit. Er führte uns auch so schnell fort, daß wir in den nächsten vierundzwanzig Stunden volle drei Breitengrade zurücklegten. Dieser günstige Wind hielt bis zum 12. an und brachte uns bis 50° 15' südlicher Breite. Nunmehr eröffnete man uns endlich, daß wir den herannahenden Winter wie den vorigen auf den tropischen Inseln des Stillen Meeres zubringen sollten. Die Aussicht auf neue Entdeckungen und Forschungen belebte unseren Mut von neuem, und wir waren sogar damit zufrieden, daß wir noch länger an der Westseite von Kap Hoorn bleiben sollten.

Trotz des wärmeren Klimas litten viele von unseren Leuten noch immer an rheumatischen Schmerzen und waren zum Teil nicht imstande, sich zu rühren. Das Sauerkraut hatte zwar den Ausbruch des Skorbuts im kalten Wetter gehindert, doch allein für sich ist es nur eine vegetabilische Speise und nicht nahrhaft genug, um ohne Pökelfleisch und Zwieback leben zu können. Ersteres war aber vom Salz fast verzehrt und letzterer verfault. Bei solcher Nahrung konnten sich die Kranken nur sehr langsam erholen, denn sie hatten nichts zu ihrer Stärkung. Mein Vater hatte nun Zahnschmerzen, und Backen und Hals waren geschwollen. Einem Schatten ähnlich, fing er nun wieder an, auf dem Deck umherzuschleichen. Aber in eben dem Maße, als das warme Wetter ihm heilsam war, wurde es der Gesundheit des Kapitäns nachteilig. Seine Gallenkrankheit war während des Zuges nach Süden verschwunden, aber er hatte nicht wieder Appetit bekommen. Jetzt bekam er eine gefährliche Verstopfung, die er anfangs weder beachtete noch irgend jemand wissen ließ, sondern der er allein durch Fasten abzuhelfen suchte. Hierdurch aber verschlimmerte sich nur das Übel, denn sein Magen war ohnehin schwach genug. Es stellten sich also bald gewaltige Schmerzen ein, die ihn bettlägerig machten und ihn nötigten, Hilfe beim Arzt zu suchen. Man gab ihm ein Abführmittel, allein statt des gewöhnlichen Effekts verursachte es ein heftiges Erbrechen, das der Arzt durch Brechmittel noch mehr förderte. Aber alle Versuche, auf eine andere Art Öffnung zu verschaffen, waren umsonst. Speisen und Arzneien gingen durch Erbrechen wieder fort, und nach ein paar Tagen zeigte sich ein furchtbares Aufstoßen, das ganze vierundzwanzig Stunden so stark anhielt, daß man an seinem Leben verzweifelte. Endlich taten warme Bäder und Magenpflaster von Theriak, was Opiate und Klistiere nicht vermocht hatten. Unser Bedienter litt an der gleichen Krankheit und kam zwar mit genauer Not davon, blieb aber schwach und die ganze Zeit zwischen den Wendekreisen dienstunfähig.

Mittlerweile liefen wir schnell nordwärts, so daß wir am 22. Februar 36° 10' südlicher Breite erreichten. Hier verließen uns die Albatrosse. Wir lenkten unseren Lauf nunmehr nach Südwesten, um eine vermeintliche Entdeckung des Juan Fernandez aufzusuchen, die unter 40° südlicher Breite liegen soll. Bis zum 13. steuerten wir westwärts, dann wendeten wir etwas mehr nach Norden, erblickten aber nirgends Land. Wäre der Kapitän um diese Zeit nicht so gefährlich krank gewesen, so wären wir ohne Zweifel noch weiter nach Südwesten gegangen und hätten die Sache außer Zweifel gesetzt. Jetzt aber war es äußerst notwendig, frische Nahrungsmittel zu bekommen.

Am 26. ging es Kapitän Cook etwas besser, und während der drei folgenden Tage erholte er sich soweit, daß er bisweilen aufsitzen und etwas Suppe zu sich nehmen konnte. Nächst der Vorsehung war er seine Genesung hauptsächlich der Geschicklichkeit unseres Wundarztes Pattow schuldig, und diesem hat man es zu verdanken, daß der Rest unserer Reise mit ebensoviel Genauigkeit und Eifer wie bisher fortgesetzt werden konnte. Denn alle Hoffnungen auf künftige Entdeckungen und fortdauernde Einigkeit im Schiff beruhte darauf, daß uns der Kapitän erhalten blieb. Die Sorgfalt des Schiffsarztes kann nicht genug gepriesen werden, hätte ihn selbst aber beinahe das Leben gekostet. Er bekam eine Gallenkrankheit, die wegen der Schwäche seines Magens Gefahr befürchten ließ, und es ist wahrscheinlich, daß er ein Opfer seiner Beharrlichkeit und Pünktlichkeit geworden wäre, wenn wir nicht bald Land erreicht hätten.

Am 8. März hatten wir um Mittag 27° südlicher Breite erreicht und steuerten von nun an gerade nach Westen, um die von Jakob Roggeveen im Jahre 1722 entdeckte Osterinsel aufzusuchen. Am 10. morgens schwärmten die grauen Seeschwalben in ungezählter Menge um uns her. Wir machten sieben Meilen in der Stunde, des Nachts aber legten wir bei, um nicht in der Finsternis aufs Land zu stoßen. Am nächsten Morgen entdeckten wir es auch in der Tat. Die Freude, die sich darüber auf jedem Gesicht ausbreitete, ist nicht zu beschreiben. Seit einhundertdrei Tagen hatten wir kein Land gesehen, und die strenge Witterung, die Beschwernisse in den Stürmen und zwischen den Eismassen, die mehrfache Veränderung des Klimas und die elende Kost hatten uns alle ohne Ausnahme kraftlos und siech gemacht. Bei dem Anblick des Landes erwartete nun jeder das Ende des Ungemachs und freute sich im voraus auf die Menge von Hühnern und Früchten, die nach dem Bericht des holländischen Entdeckers auf dieser Insel vorhanden sein sollten.

Wir näherten uns jedoch nur langsam der Küste, zum großen Verdruß der ganzen Schiffsgesellschaft. Die Insel schien mäßig hoch und in verschiedene Anhöhen geteilt zu sein, die sanft gegen das Meer abfielen. Am folgenden Morgen herrschte Windstille. Wir waren noch fünf Seemeilen vom Lande entfernt und fingen zum Zeitvertreib Haie, wovon einige um das Schiff schwammen und die mit gepökeltem Schweinefleisch versehenen Angeln begierig anbissen. Nachmittags erhob sich der Wind, worauf wir der Küste zusteuerten und hofften, noch ehe es Nacht würde, vor Anker zu kommen. Wiewohl wir jetzt dem Lande näher waren als heute früh, so hatte es doch noch immer kein günstiges Aussehen. Neben zwei Hügeln entdeckten wir eine große Anzahl schwärzlicher Säulen, die in verschiedenen Gruppen aufrecht nebeneinander standen und der Gegend nach dieselben zu sein schienen, die Roggeveens Leute für Götzenbilder hielten. Wir waren aber jetzt schon ohne genauere Untersuchung anderer Meinung und vermuteten, daß es solche Totenmäler sind, wie sie die Tahitier und andere Bewohner der Südsee bei den Begräbnisplätzen errichten und E-Ti nennen.

Die Nacht über lavierten wir ab und zu, um vor dem Winde nahe an der Insel zu bleiben, weil wir am Morgen fortfahren wollten, Ankergrund zu suchen. Wir konnten bei dieser Gelegenheit nicht umhin, die vortrefflichen Mittel zu bewundern, womit wir zur Bestimmung der Meereslänge versehen waren. Mit ihrer Hilfe waren wir ohne langes Umherkreuzen gerade auf diese Insel zugetroffen, wohingegen andere Seefahrer, wie Byron, Carteret und Bougainville sie nicht hatten finden können. Desto mehr hatten wir Ursache, die vortreffliche Einrichtung der beiden Uhren zu bewundern, die wir bei uns führten, die eine war von Herrn Kendal genau nach dem Muster der Harrisonschen, die andere von Herrn Arnold nach seinem eigenen Plan verfertigt. Sie gingen beide ungemein regelmäßig. Die letzte geriet unglücklicherweise gleich nach unserer Abreise von Neuseeland im Juni 1773 in Stillstand, erstere aber blieb bis zu unserer Rückkehr nach England in Gang und verdiente allgemeinen Beifall. Doch sind bei langen Reisen richtige Beobachtungen des Mondes wohl wichtiger als die Angaben der Längenuhren, weil deren Lauf vielen Veränderungen unterworfen ist. Die Methode, die Meereslängen aus den Entfernungen der Sonne und des Mondes zu bestimmen, ist eine der wichtigsten Entdeckungen für die Seefahrt. Tobias Mayer, der ein Deutscher und Professor zu Göttingen war, unternahm zuerst die mühselige Berechnung der dazu erforderlichen Mondtafeln, wofür seine Erben eine vom Parlament ausgesetzte Belohnung erhalten haben. Nachdem er die Bahn gebrochen, ist diese Methode durch hinzugefügte anderweitige Berechnungen so sehr erleichtert worden, daß die Meereslänge wohl niemals genauer als auf diese Art bestimmt werden kann.

Die Breite der Osterinsel trifft auf eine oder zwei Minuten mit derjenigen überein, die in Admiral Roggeveens Journal angegeben ist, und ihre Länge ist dort nur um einen Grad irrig angezeigt. Nach unseren Berechnungen liegt diese Insel 109° 46' westlich von Greenwich. Die spanischen Angaben von der Breite sind auch richtig, in der Länge aber fehlen sie um dreißig Seemeilen.


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