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Viertes Kapitel.

Ein kurzes, aber an Stoff sehr reichhaltiges Kapitel. Ankunft des Herrn Borby und seiner Gemahlin.


Diese ganze Nacht und den folgenden Tag brachte Lady Borby in der äußersten Unruhe zu; ihr Gemüth wurde von vielen stürmischen widersprechenden Leidenschaften erregt. Sie liebte, haßte, bedauerte, verschmähte, bewunderte, verachtete abwechselnd dieselbe Person, und zwar in sehr kurzen Zwischenzeiten. Am Dienstag Morgen ging sie, da es ein Feiertag war, in die Kirche und hörte zu ihrem Erstaunen Herrn Adams mit eben so vernehmlicher Stimme als das Erstemal das Aufgebot abermals verkündigen. Es war ein Glück für sie, daß, da keine Predigt gehalten wurde, sie Gelegenheit fand, sofort nach Hause zurückzukehren, um ihre Wuth dort auszulassen, indem sie dieselbe vor der Gemeinde nicht fünf Minuten lang hätte verbergen können. Diese war freilich nicht sehr zahlreich, indem die Versammlung nur aus Adams, seinem Küster, seiner Frau, der Lady und einer ihrer Dienerinnen bestand. Bei ihrer Rückkehr lief ihr die Slipslop mit den Worten entgegen: »O, was sagen Euer Gnaden dazu; Advokat Scout hat Joseph und Fanny vor den Friedensrichter führen lassen. Alle Leute im Dorfe wehklagen, und sagen, die Beiden würden sicherlich gehängt werden; denn Niemand weiß, weßhalb sie vorgeladen wurden.« – »Wahrscheinlich sind sie nichts besseres werth,« sagte die Lady; »doch was sprichst Du noch von solchem Gesindel mit mir?« – »O gnädige Frau,« antwortete die Slipslop, »ist's nicht Jammer und Schade, daß ein so hübscher Bursche eines virulenten Todes sterben soll? Ich hoffe, der Richter wird mit seiner Jugend Komnemsuration haben. Wie es der Fanny ergehen mag, daran ist mir weiter nichts gelegen; hat der arme Junge mit ihr gesündigt, so wollte ich wetten, sie hat ihn dazu inklinirt; die meisten, die zu flagranter Strafe kommen, werden durch solche Kreaturen dazu insinuirt, die ein wahres Schandal für unser Geschlecht sind.« Die Lady bedurfte keiner langen Ueberlegung, um mit dieser Nachricht eben so unzufrieden zu sein als die Slipslop; denn so weit sie auch Fanny hinwegwünschte, so war ihr doch mit Josephs Entfernung, und zumal in ihrer Nebenbuhlerin Gesellschaft, wenig gedient. Verlegen und verwirrt stand sie noch da, ohne zu wissen, was sie thun oder auch nur, was sie sagen sollte, als eine Kutsche mit Sechsen in den Hof fuhr, und ein Bedienter ihr die Ankunft ihres Neffen Borby und seiner Gemahlin meldete. Sie befahl, die Gäste ins Besuchszimmer zu führen, wohin sie, nachdem sie sich zu fassen gesucht hatte, so gut sie vermochte, sich gleichfalls verfügte, ein wenig durch die Hoffnung aufgerichtet, die verhaßte Heirath nun wenigstens aufgeschoben zu sehen, und dadurch Gelegenheit zu erhalten, ihre ferneren Entschlüsse auszuführen, wozu sie sich mit einem trefflichen Werkzeug in der Person des sogenannten Advokaten Scout versehen wußte.

Sie glaubte, der Bediente habe sich geirrt, als er Herrn Borby's Gemahlin angemeldet; denn sie hatte von dessen Vermählung kein Wort gehört; aber wie groß war ihr Erstaunen, als bei ihrem Eintritt ins Zimmer ihr Neffe seine Gemahlin ihr mit den Worten vorstellte: »Dies ist jene reizende Pamele, von der Sie, wie ich überzeugt bin, schon so viel gehört haben müssen.« – Lady Borby empfing sie höflicher als er erwartet hatte, ja sogar mit der äußersten Höflichkeit, denn sie besaß die feinste Lebensart, und verstieß niemals gegen den guten Ton. Sie unterhielten sich einige Zeit über alltägliche Gegenstände, als ein Bedienter eintrat, und Herrn Borby etwas ins Ohr flüsterte, worauf dieser den Damen sagte, er müsse wegen eines Geschäfts von Wichtigkeit sie auf einige Augenblicke verlassen; und da das Gespräch der beiden Damen während seiner Abwesenheit dem Leser wenig Belehrung oder Unterhaltung gewähren dürfte, so wollen wir sie ebenfalls verlassen, um Herrn Borby zu begleiten.


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