Nataly von Eschstruth
Gänseliesel
Nataly von Eschstruth

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Zwanzigstes Kapitel.

Denn stets ist wandelbar das Glück!
Und zu den allzuraschen, hohen Flügen
Pflegt oftmals sich ein schneller Sturz zu fügen!
Tasso.        

Als die Hofmarschallin während des Frühstücks die Briefschaften überreicht bekam, hob sie ein schmales, längliches Couvert mit sehr dicken, energischen Schriftzügen empor und winkte Josephine damit zu.

»Von Tante Renate, an mich adressirt, liebes Herz!« sagte sie, öffnete den Briefumschlag und entfaltete den Bogen.

Es war ein für Tante Renatens Verhältnisse ungewöhnlich langer Brief.

Gräfin Lattdorf las ihn aufmerksam durch, lächelte am Schluß fast schelmisch und reichte ihn Fräulein von Wetter über den Tisch hinüber.

»Es stehen wichtige Dinge darin, liebe Josephine, lies aufmerksam und richte Dich danach! Aber halte reinen Mund über den ›,goldenen Inhalt‹, denn in einer Residenz fängt man die Goldfischchen mit Angel und Netzen!«

157 Ange machte ein überraschtes Gesicht, das Gänseliesel aber blickte die Gräfin mit großen Augen an und nickte eifrig. »Was geht's die fremden Leute an, wat min leiwet Tanting schreibt! Wenn Sie gestatten, gnädigste Gräfin, lese ich den Brief oben in meinem Zimmer, da kann ich ungenirter weinen, wenn das Heimweh kommt!«

Sie sagte es mit lachendem Mund, erhob sich schnell und stürmte die Treppe empor, um die wichtigen Mittheilungen aus Groß-Stauffen zu erfahren. Droben in dem kleinen Boudoir, behaglich in einen Schaukelstuhl geschmiegt und die Füße, mit roten Saffianpantöffelchen bekleidet, auf das dicke Fell eines sibirischen Wolfes gestreckt, entfaltete Josephine den Brief und las.

Wunderliches genug stand darin.

»Liebste Gräfin,« schrieb Tante Renate, »ich halte es für meine Pflicht, Sie über die Vermögensverhältnisse meiner Nichte aufzuklären. Es wäre möglich, daß sich ein armer Schlucker in sie verliebt und Phine diese Neigung erwidert. Erwünscht wäre es mir ja gerade nicht und geschieht auch hoffentlich nicht. Aber manchmal geht es Einem recht quer im Leben, und gegen die Liebe ist noch kein Kraut gewachsen, ebenso wenig, wie gegen den Tod. Sollte sich also die Phine, die ja noch ein so junges, dummes Ding ohne viele Ueberlegung ist und nur das Herz und nicht den Verstand fragt, in einen armen Lieutenant oder Referendar verlieben, und Sie bemerken das, liebe Gräfin, so lassen Sie die 158 Sache ruhig gewähren. Und wenn es ein solider Mann aus alter und vornehmer Familie ist, so geben Sie ihm, bitte, so hinten 'rum einen Wink, daß er die Phine haben kann.

»Ich weiß, daß man uns, resp. meine Nichte in der Residenz für ziemlich unbemittelt hält, und habe auch gar nichts dagegen. Denn um des Geldes willen soll meine Phine doch weiß Gott nicht genommen werden, das könnte mir gerade passen! So ein Luftibus womöglich, der den Buckel voll Schulden hat! Für den hätten mein Alter und ich gerade gespart und auf die hohe Kante gelegt! O, ich wollte ihn! Da können also die Leute ruhig in dem Glauben bleiben. Nur wenn's zum Klappen kommt, dann mag's der Betreffende erfahren, damit es kein Unglück gibt; denn nach dem Herzen wählen soll die Phine, sonst lieber bleiben, was sie ist. Also, beste Gräfin, das Kind ist nämlich ein ganz fettes Bröckchen. Die Leute, welche sich einbilden, Groß-Stauffen fiele als Lehen an einen entfernten Vetter, die irren sich. Mein guter, seliger Schwiegervater hat das Lehen schon bei seiner Verheiratung abgelöst, da es nur noch auf sechs Augen stand, die Seitenlinie geht uns gar nichts an. Erfahren hat das aber Niemand groß, denn gefragt hat man nicht, und erzählt haben wir's auch nicht. Außerdem hat Phine das Baarvermögen ihrer Eltern, welches von Seiten der Mutter durch eine nachträgliche Erbschaft der verwittweten Fürstin Groppen von Erffenstein recht beträchtlich geworden ist. 159 Dadurch, daß wir über fünfzehn Jahre lang immer Zins auf Zins schlugen, ist es zu einer hohen Summe angewachsen. Außerdem muß man hinzurechnen, daß meine Nichte auch meinen Mann und mich noch einmal beerbt, und wir haben das Unsere auch nicht verputzt, sondern nur von der Hälfte meines Vermögens die letzte Hypothek von Stauffen abgezahlt. Das Gerücht, mein Mann verstände nichts von der Landwirthschaft, habe Phinens und sein eigenes Vermögen zugesetzt und doch noch Schulden gemacht, das ist eine ganz gemeine Lüge. Weil wir nicht wie die Großmoguls gelebt haben, kein neues Schloß bauten und nichts für äußeren Schnick-Schnack anwendeten, darum heißt es, das Gut sei völlig verkommen. Mögen doch die Leute schwatzen, einmal werden ihnen die Augen aufgehen! Und außerdem, was liegt daran? Die können mir Alle den Buckel hinaufsteigen, wer zuletzt lacht, lacht am besten. Phine ist ja gerade keine Millionärin, aber viel fehlt auch nicht dazu.

»So, liebe Gräfin, nun wissen Sie Bescheid. Machen Sie von diesen Mittheilungen Gebrauch, wenn es notwendig scheint und zu Phinens Glück beitragen kann. Im Allgemeinen aber lassen Sie mein Landpommeränzchen in dem Gerede, ein armes Mädchen zu sein; wenn die Lieutenants Geld wittern, sind sie hinterher, wie der Teufel auf Kirschkuchen, und da könnte mein Kleines leicht an den Unrechten kommen!

»Eben fällt mir ein, daß meine Nichte sich ja 160 nach Allem, was Sie mir über das Mädel mitteilten, ganz gewaltig verändert hat; es ist merkwürdig, daß alle Wetters über Nacht zu Charakteren werden. Da wäre es vielleicht gut, wenn Sie ihr diesen Brief zu lesen gäben! Alt genug ist sie ja, und außerdem thut's nichts, wenn sie über sich und ihre Verhältnisse Bescheid weiß. Mein Mann empfiehlt sich Ihnen gehorsamst, er ist soeben auf der Jagd, hofft Ihnen dieser Tage ein Stück Wild zu Füßen legen zu können. Pastors sind Alle gesund und schlachten morgen ihr drittes Schwein, da habe ich Rat und That versprochen. Sonst lassen sie allseits unzählige Male grüßen. An mein Phinchen einen Gruß und Kuß; der kleine Affe soll mir doch auch einmal schreiben, wer ihr eigentlich die Cour macht, die Menus und Toiletten sind mir ja ganz egal. Daß sie mit der Prinzessin reitet, freut mich sehr, es scheint sich also wirklich Alles ganz gut gemacht zu haben. Das verdanken wir Ihnen, liebste Gräfin! Ich umarme Sie von Herzen als Ihre getreue und dankbare

Renate Wetter von Stauffenberg,
geb. Gräfin Malwitz.
       

»P. S. Wenn Phine noch etwas an Wäsche braucht, soll sie nicht kaufen, sondern schreiben, ich habe ganze Schränke voll guten, derben Leinens liegen.

»Bei dem Kutscher Kilian hat der Storch gestern einen vierten Jungen gebracht.

»Zwei junge Stuten, die ›Nora‹ und ›Goldfuß‹ sind an einen Remontepräses verkauft, privatim, für 161 den Berliner Marstall. – Sonst nichts Neues. – Tante Renate.«

Josephine hatte sehr aufmerksam gelesen, sie sah ein wenig gedankenvoll, aber durchaus nicht überrascht oder freudig erregt aus, sie begriff nicht recht, warum die Tante solch ein Wesen um das Geld machte, als ob das wirklich die Hauptsache beim Heiraten wäre!

Dazu gehört doch nur Liebe, sonst nichts.

Was das Geld anbelangte, war Josephine überhaupt noch unglaublich naiv, sie hatte sich noch niemals Gedanken darüber gemacht, ob sie arm oder reich sei; nun wurde sie erst aufmerksam und dachte darüber nach.

Ja, das Geld muß doch ein unglaublicher Tyrann sein. Sie fand es so thöricht, daß die armen Leute bei der strengen Kälte Schnee schaufelten oder mit halberfrorenen Gliedern durch die Straßen liefen und Schwefelhölzchen oder Zeitungen feilboten; da sagte man ihr: »Ja Du lieber Gott, die müssen's, die wollen Geld verdienen!«

Und als ein Infanterieoffizier über den vielen Dienst klagte, und Josephine lachend entgegnete: »Ei, so nehmen Sie doch den Abschied!« – da zuckte er die Achseln und sagte seufzend: »Sie glauben wohl, man könne aus dem »Deutschen Tageblatt« Papiergeld schneiden?«

Wieder das Geld!

Und als sie zu Ange sagte: »Wenn Du echte Perlen so schön findest, warum kaufst Du Dir denn 162 keine?« – da bekam sie zur Antwort: »Weil ich kein Geld dazu habe, Herzchen!«

Und als Prinzessin Sylvie neulich raisonnirt hatte: »Himmelwetter, was hatte Prinz H. bei dem letzten Rennen für einen kapitalen Gaul auf der Bahn! Wenn ich nur Geld hätte! Den müßte ich in dem Stall haben!« – da merkte Josephine, daß das Wörtlein Geld sein fatales Regiment selbst bis in die höchsten Sphären erstreckt.

Jeder will Geld; – durch das neunzehnte Jahrhundert zieht sich ein goldener Faden, und an diesen knüpft das Schicksal alle seine Attribute, Glück und Leid, Lachen und Thränen, – blutige Schuld und kühnes Wagen, – ein Ringen, Jagen und Verzweifeln, – Genießen und darben; das Diadem, welches die Weltgeschichte auf der Stirne trägt, ist die rollende Münze, die Devise auf dem Banner, welches sie schwingt – das einzige Donnerwort: Geld! –

Josephine dehnte die Arme.

Sie hatte nun Geld. Hatte sie es je vermißt? Nein! Jemals gewünscht? Nein! Sie war glücklich und traurig gewesen, und das Geld war an Beiden nicht schuld.

Vielleicht lernte sie es später noch einmal schätzen! Wie das kommen könnte, war ihr unklar! Günther liebte sie ja und hielt sie doch für arm. Das war mehr wert, als Millionen!

Sie faltete den Brief der Freifrau zusammen und brachte ihn der Gräfin zurück.

163 »Nun, Josephinchen, wirst Du jetzt übermütig werden?« lächelte diese.

Gänseliesel schüttelte mit hellem Lachen das Köpfchen. »Noch lange nicht! Solcher Reichtum ist unsicheres Glück! Mein Verlangen aber ist echtes Gold, und darum suche ich solches, von welchem es im Liede heißt: »Fort rollen Dukaten, Papiergeld verweht, ein treuliches Herz doch ist Gold, das besteht!«


Die Dinerstunde in Villa Carolina war längst vorüber, und noch immer wartete die Familie, bereits im Speisezimmer versammelt, auf den Hofmarschall, welchen irgend ein unerwartetes Ereigniß so außergewöhnlich lange aufhalten mußte.

Mau mutmaßte die unglaublichsten Dinge, um sich die Zeit zu vertreiben, meist sehr heiterer und amüsanter Natur, denn die Gräfin sowohl wie Ange waren derartige Unregelmäßigkeiten im Dienste Lattdorfs viel zu sehr gewohnt, um sich zu ängstigen oder Schlimmes vorauszusetzen.

Als der Graf aber endlich eintrat, genügte ein einziger Blick in sein tiefernstes, fast verstörtes Antlitz, um erkennen zu lassen, daß seine Verspätung diesmal nicht durch die Arrangements und Entwürfe neu projektirter Hoffestlichkeiten verursacht sei; eine sorgenschwere Wolke lagerte auf seiner Stirn.

»Ist Dir etwas Unangenehmes passirt, lieber Georg?« fragte die Gräfin in französischer Sprache, Heinrich servirte soeben die Suppe und musterte 164 ebenfalls voll besorgten Interesses das veränderte Aussehen seines Herrn.

Der Hofmarschall lächelte und schüttelte beruhigend das Haupt. »Mir glücklicher Weise nicht, chérie, aber einem Anderen. Sprechen wir später davon.«

Schweigend wurde das Diner eingenommen. Wie eine Centnerlast lag es auf Aller Herzen, die Ungewißheit war vielleicht quälender und aufregender als die Nachricht selber.

Den Kaffee trank man meist in dem angrenzenden Wohnzimmer des Grafen, auch heute zog man sich dahin zurück, um in den behaglichem hohen Sesseln mit den Ueberzügen von gepreßtem Leder und Fell eine»wachende« Siesta zu halten.

Ange und Josephine wollten bescheiden ihr Boudoir aufsuchen, der Hofmarschall aber winkte ihnen in seiner chevaleresken Art, zu folgen.

»Es wird die jungen Damen gewiß auch interessiren, was die ganze Stadt in Allarm versetzt hat«, sagte er, »und die Angelegenheit an und für sich bürgt mir schon dafür, daß man keinen indiskreten Gebrauch davon machen wird.«

Und der Graf berichtete, daß sich das gesammte Ministerium wegen einer Urkundenfälschung in höchster Aufregung befinde.

Das fatale Vorkommniß kompromittire hauptsächlich den Minister Grafen von Lehrbach, da seine Namensunterschrift in unglaublichster Weise gemißbraucht, resp. gefälscht sei. Es handele sich um eine sehr bedeutende Geldsumme, welche unterschlagen sei.

165 Die Sache sei auf dem Wege, zum öffentlichen Skandal zu werden, und rühre unendlich viel Staub auf.

Zur Erklärung der ganzen Angelegenheit erzählte Graf Lattdorf Folgendes:

»Dem hiesigen Herzogshause fiel anläßlich einer Erbschaft der Besitz einer ziemlich bedeutenden Enklave in H. H.'schem Gebiete zu. Dem eigenen Lande weit entlegen, schien diese Acquisition mehr eine Bürde und Unbequemlichkeit, als ein Vorteil, und der hochselige Herzog ging gern auf den Vorschlag des Königs von H. ein, die Enklave, inmitten seines Landes gelegen, käuflich an ihn zu überlassen.

»Die an das hiesige Herzogshaus auszuzahlende Summe belief sich in die Millionen, und ein Berliner Bankhaus wurde beauftragt, besagte Gelder in zu vereinbarenden Raten an den hochseligen Herzog auszuzahlen. Einzahlung und Quittung gingen durch die Hände des Ministers von Lehrbach.

»Der jähe Tod des Herzogs und der Regierungsantritt seines Sohnes Franz Eginhard ließen keinerlei Veränderung in dem Laufe der staatlichen und privaten Verhältnisse eintreten. Im Gegenteil, die ungewöhnliche Neigung des jungen Regenten, welcher in seinem Minister gleicherzeit einen treubewährten Staatsdiener und einen herzlich ergebenen Freund sah, erteilte ihm eine unbegrenzte Vollmacht in jeder Beziehung und überließ auch die Zahlungsangelegenheit vollständig Seiner Excellenz, welcher dieselbe mit größter Sorgfalt und Genauigkeit überwachte.

166 »Während Beginn des Winters war das Kabinet so außerordentlich mit Arbeiten überhäuft, daß Graf Lehrbach seine Kräfte hätte verdoppeln müssen, um sämmtliche Fäden der laufenden Geschäfte in seiner Hand zu vereinigen. Nur dem dringendsten und Wichtigsten konnte er sich ausschließlich widmen, während alles Andere, nur einigermaßen Aufschubfähige bis auf Weiteres in den Hintergrund treten mußte.

Man hatte bereits Baron d'Ouchy, den umsichtigen, geistvollen und außerordentlich befähigten jungen Attaché dem Kabinet des Ministers zuerteilt, bis ihn Seine Excellenz Graf Lehrbach vor drei Wochen mit den lobendsten Anerkennungen seinem vormaligen Wirkungskreise zurückgeben konnte.

»Nun, da die dringendsten Angelegenheiten erledigt und die Arbeiten des Ministeriums in ruhigere Geleise einlenkten, widmete sich Graf Lehrbach den seiner Zeit etwas vernachlässigten Geschäften und wünschte vor allen Dingen, die noch ausstehenden Berliner Geldsendungen zu regeln.

»Es handelte sich um den letzten Rest der ganzen Kaufsumme, eine Anweisung auf ungefähr zweimalhunderttausend Thaler.

»Der Minister ließ an das betreffende Bankhaus schreiben und bat um die Auszahlung und Abrechnung.

»Eine umgehende Rückantwort benachrichtigte ihn, daß besagte Summe im Laufe des Januars – Angabe des Datums – bereits an das Kabinet 167 abgesandt und auch von Seiner Excellenz quittirt sei, es beruhe die jetzige Anfrage wohl auf einem Irrtum.

»Die Bestürzung des Ministers war außerordentlich, um so mehr, da keinerlei Nachweis über die Empfangnahme der Gelder aufzufinden war.

»Depeschen jagten hin und her.

»Heute morgen endlich erschienen die beiden Prinzipale des betreffenden Bankhauses, um die Quittung zu präsentiren.

»Die Aufregung hatte ihren Höhepunkt erreicht. Graf Lehrbach starrte bleich und regungslos auf seine Namensunterschrift, welche so täuschend ähnlich, so grauenhaft klar und deutlich war und – – die dennoch gefälscht sein mußte.

»Er selber begab sich sofort zu dem Herzog, beantragte eine Untersuchung und bat unter obwaltenden Umständen um die sofortige Entbindung von seinem Posten.

»Franz Eginhard befand sich in qualvollster Aufregung. Er wünschte die ganze Angelegenheit niedergeschlagen. Graf Lehrbach jedoch bestand mit eiserner Konsequenz auf den gerichtlichen Recherchen.

»Man konnte es hier nur mit einem unglaublich frechen und verbrecherischen Bubenstück zu thun haben, das war allgemeine Ansicht. Dennoch hatte Graf Lehrbach Gelegenheit zu bemerken, wie auffallend kühl und reservirt ihm plötzlich die Herren gegenüberstanden, welche noch vor wenigen Tagen 168 mit krummen Rücken vor dem Zucken seiner Augenbrauen gezittert hatten.

»Die Akten waren versiegelt, die einzelnen Verhöre bereits vorgenommen.

»Man harrte der wissenschaftlichen Entscheidung über die Namensunterschrift und erwartete fest und sicher den Ausspruch auf Fälschung. Damit war wenigstens der entsetzliche Schein der Schuld, die so furchtbar kompromittirende Verwickelung des Ministers in diese Angelegenheit niedergeschlagen.

»Es herrscht eine unaussprechliche Bestürzung und Aufregung in sämmtlichen Kreisen der Residenz, man tuschelt sich in die Ohren und steckt die Köpfe zusammen, man zuckt mit giftigstem Lächeln die Achseln und bedauert den armen Minister! Er hatte so viel für Stadt und Land gethan, hatte sich so verdient um die Geselligkeit gemacht! Seine Feste suchten ja ihres Gleichen, waren gerade in diesem Winter so verschwenderisch großartig, fast fürstlich gewesen! Und Lieutenant Günther hatte dabei noch Unglück im Spiel gehabt und ein sehr kostbares Pferd bei den Herbstrennen verloren, aber dennoch in bekannter flotter Weise fortgelebt! Was mochte das Alles für Unsummen gekostet haben? Und nun noch diese Alteration mit der Namensfälschung und der Unterschlagung! Man war in hohem Grade auf die Entwickelung der Dinge gespannt.

»Herzog Franz Eginhard fuhr persönlich bei seinem Günstling vor und erkundigte sich, ob bereits ein Resultat erzielt worden sei. Verhöre bei dem 169 Sekretär und den Schreibern waren bis jetzt absolut erfolglos geblieben, weitere Untersuchungen bei den Postanstalten im Gange. Der Minister schreitet einher, wie eine wandelnde Leiche, er hat sich in sein Privatbureau zurückgezogen, Niemand außer seinen beiden höchsten Beamten hat Zutritt zu ihm, selbst sein Sohn Graf Günther nicht. Derselbe ist mit Hattenheim zweimal auf dem Ministerium gewesen, merkwürdig gefaßt und voll stolzer Zuversicht, die mißliche Angelegenheit baldigst aufgeklärt zu sehen.«

Das war Alles, was der Hofmarschall von dem unsäglichen Ereigniß wußte.

Leichenblaß hatte Josephine seinen Worten gelauscht; ihre Lippen zitterten, die kleinen Hände krampften sich um das feine Batisttuch auf ihrem Schooß.

»Wer kann solch eine schändliche That begangen haben?« rang es sich wie Schluchzen aus ihrer Brust, »der arme alte Mann, wie furchtbar mag er unter der Wucht einer solchen Verdächtigung leiden!«

Auch Gräfin Lattdorf war schmerzlich ergriffen von dem Schicksal, welches über die so glückliche Familie hereingebrochen war.

»Das überwindet Lehrbach nie!« seufzte sie, »das ist der Nagel zu seinem Sarg.«

Nur Ange saß regungslos, wie aus Stein gemeißelt. Unnatürlich groß und weit geöffnet starrte ihr Auge ins Leere.

170 Dann zuckte sie empor.

»Ist Baron d'Ouchy zurück?« fragte sie kurz.

»Man hat ihm telegraphirt,« nickte Graf Lattdorf, »und hofft viel von seinem guten Gedächtniß. Er arbeitete zu jener Zeit mit Lehrbach, kann also hoffentlich noch Auskunft geben, wer von den Unterbeamten in den betreffenden Tagen auf dem Bureau beschäftigt war, eventuell eine Unterschrift des Ministers in die Hände bekommen hat. Ein verdächtiger Umstand ist, daß ein Schreiber, allerdings aus einer anderen Abteilung, sehr plötzlich seine Entlassung erbeten hat, so viel ich weiß, ist er bereits verhaftet.«

Ein unbeschreiblicher Ausdruck lag auf dem fahlen Gesicht der Komtesse, sie erhob sich und füllte ihrem Vater eine zweite Tasse Kaffee, dann verließ sie unter dem Vorwand, ihre Stickerei holen zu wollen, das Zimmer.

Auch Josephine beurlaubte sich.

Die Thränen stürzten ihr verräterisch aus den Augen; sie eilte in ihr Zimmer und rang die Hände im Gebet, eine namenlose Angst überkam sie. Das Mitleid, die Sorge um den kranken, alten Mann preßten ihr das Herz zusammen.

Nach etlicher Zeit trat Ange ein. Es lag eine starre, fast freudige Ruhe auf dem zarten Antlitz, aber auch ihre Augen waren gerötet.

»Ich habe an Reimar geschrieben und ihn gebeten, uns umgehend Nachricht zu geben, falls sich etwas aufklären sollte!« sagte sie.

171 Josephine schlang die Arme um ihren Hals. »Wenn es nur bald ist!« schluchzte sie, »sonst tödtet die Aufregung den armen Grafen! Erst neulich klagte er, daß er sich so krank fühle!«

»Möge Gott uns Allen gnädig sein!«

Es lag mehr in der Stimme Anges, als bloße Sorge um das Schicksal der Lehrbachs. – – –

* * *

Ein dämmerig grauer Wintertag war es. Durch die hohen, wenig verhängten Fenster des herzoglichen Kabinets fiel das fahle Licht, wie nebelige Schatten zog es hie und da durch das Gemach, fast gespenstisch starrten die Marmorfiguren aus den dunklen Nischen und Ecken. Dennoch zeigte der goldene Zeiger der Pendule erst die Mittagsstunde.

In dem Antichambre flüsterte und raunte es, schlich es auf leisen Sohlen hin und her.

Der Flügeladjutant des Herzogs, zwei Kammerherren, der stellvertretende Minister und ein Wirklicher Geheimerat standen in der Fensternische, steckten geheimnißvoll die Köpfe zusammen und gestikulirten in lebhafter Weise.

Jetzt mußte es sich ja entscheiden! Die Uhr holte zum Schlage aus, ein jeder ihrer lang zitternden Töne warf eine Kugel in die Urne des Schicksals; schwarz oder weiß? Welche Farbe wird den Ausschlag geben?«

Das Ministerium erzitterte in den Grundfesten. Eine Krise war eingetreten, welche mit gewaltigem Ernst den Boden unter den Füßen 172 des allmächtigen Günstlings schwanken ließ. An einem Ruck und Stoße hing das Bestehen und das Untergehen einer Epoche, welche den Namen Lehrbach als leuchtenden Stern auf dem Banner getragen.

Wie werden die Würfel fallen? Wen werden sie im erbarmungslosen Rollen zu Boden stürzen, wem werden sie die schwarze, und wem die heitere Seite zuwenden? Wo das Schicksal den Becher schüttelt und sein grausames Hazard um das Loos von Menschen und Völkern spielt, da fallen wuchtige Trümpfe, da wälzt sich das Rad der Zeit oft in einer einzigen Nacht über die Wipfel der Bäume, welche drohen in den Himmel zu wachsen. – –

Sobald in dem Zimmer des Herzogs ein lautes Wort erscholl, verstummte das eifrige Gezischel im Antichambre zu atemlosem Lauschen, dann neigten sich die Köpfe so weit wie möglich vor, ein eigenartiges Mienenspiel zuckte auf den glatten Gesichtern, ähnlich dem Wetterleuchten, welches Donner und Blitz ankündigt.

Der Wirkliche Geheimerat mit dem feisten Antlitz, dem Doppelkinn und blanken Schädel fieberte vor Aufregung; dunkle Glut lag auf Wangen, Stirn und Glatze, die scharfen Aeuglein funkelten unter weißbuschigen Brauen, und das stark parfümirte Tuch in seiner Hand war in fortdauernd wehender Thätigkeit. Graf Lehrbach war nie sein Freund gewesen.

Seit Jahren schon lechzte er danach, dem stolz 173 rollenden Siegeswagen dieses despotischen Mannes einen Stein in die Räder zu wälzen, niemals aber hatte er es wagen dürfen, mit einem konträren Atemzug auch nur ein Härchen auf der Stirnlocke Seiner Excellenz zu sträuben, niemals hatte sich die lindeste Handhabe gefunden, an seiner Machtstellung zu rütteln. Und jetzt! Jetzt endlich bequemte sich das Schicksal, den seufzenden Kreaturen des Ministeriums auf eklatanteste Weise Genugthuung zu verschaffen!

Zitternd vor Spannung lauschte der Wirkliche Geheimerat nach dem herzoglichen Gemach; die Kammerherren glitten auf lautlosen Sohlen über die Teppiche, in dem Thürrahmen tauchte die schlanke Gestalt eines Legationsrates auf und flüsterte eifrig mit dem Adjutanten. Dieser zuckte die Achseln, lächelte ein Gemisch von vorsichtiger Teilnahme und Schadenfreude, ließ sich von den hämischen Gesichtern der Kammerherren sekundiren und trat in die Fensternische zurück.

Wie lange dauerte die Audienz!

Man freute sich so aufrichtig über etwas Skandal und prickelnde Neuigkeiten, es wäre wirklich recht deprimirend, wollte sich hinter jener Thüre die mysteriöse Affaire Lehrbach, wie gewohnt, günstig und glatt abwickeln!

Je länger das Warten dauerte, desto enttäuschter und länger wurden auch die Gesichter der lieben Freunde Seiner Excellenz.

Währenddessen streute die Sanduhr, welche das 174 Glück des Hauses Lehrbach verkündete, ihre letzten Körnlein.

Die Hand auf einen Fauteuil gestützt, so hoch und stattlich emporgerichtet, wie es die gebrochene Gestalt des alten Mannes noch gestattete, stand Seine Excellenz der Minister Graf von Lehrbach vor seinem Fürsten.

Bleich, wie aus Wachs gebildet, starrte das Antlitz aus dem grauen Dämmerlicht des Salons, fast beängstigend tiefe Schatten senkten sich um die Augen und gruben ihre scharfen Falten in Wangen und Stirn, mattglänzend, ungekünstelt schmiegte sich das silberweiße Haar um die eingesunkenen Schläfen. Graf Lehrbach war in wenigen Tagen zum Greis gealtert.

Dennoch lag eine energische Ruhe, eine stolze, trotzige Ueberzeugung und Festigkeit, auf den gefurchten Zügen, voll und frei begegnete der fieberisch brennende Blick dem Auge des Herzogs, fest und zuversichtlich klang die Stimme.

Franz Eginhard hatte die Arme gekreuzt und hielt momentan in dem erregten Auf- und Abschreiten durch die Länge des Zimmers inne. Er stand dicht vor dem Minister, mit welchem er soeben noch einmal die Details der ganzen Angelegenheit sowie die Resultate der bisherigen Recherchen durchsprochen hatte. Zwei rote Flecken brannten auf seinen Wangen, ein unheimlich drohendes Feuer sprühte aus dem grauen Auge.

»So beharren Sie bei Ihrer Aussage, in keiner 175 Weise irgend welche Kenntniß von der ausgestellten Quittung zu haben, Herr Graf?« fragte er durch die Zähne.

Lehrbachs Lippen zuckten. »Wenn es einer Wiederholung meiner Versicherung bedarf, Königliche Hoheit, bin ich bereit, dieselbe eidlich zu erhärten.«

»Sie bestreiten noch immer die Echtheit der Namensunterschrift?« Wie keuchend rang es sich aus der Brust des Herzogs.

Die Brauen des Ministers zogen sich zusammen.

»Ich thue es, Königliche Hoheit, und erwarte mit Bestimmtheit die Bestätigung von Seiten der Prüfungskommission.«

Wie Wetterleuchten zuckte es über das Antlitz Franz Eginhards; er trat einen Schritt näher und legte die Hand auf die Schulter des langjährigen Beamten.

»Lehrbach!« sagte er weich und herzlich, »wir sind hier allein, nur Gott im Himmel ist Zeuge Ihrer Worte . . . . Sie wissen, wie nahe Sie mir und meinem Herzen getreten, lange Jahre haben es Ihnen bewiesen, daß Sie nicht mein Staatsdiener, sondern mein väterlicher Freund sind, vor welchem ich niemals eine Angelegenheit, möchte sie noch so wichtiger und diskreter Art gewesen sein, verbarg, vor welchem ich mich niemals scheute, selbst meine Sorgen und Verlegenheiten rückhaltlos zu enthüllen. So, wie Sie mir stets ein verschwiegener und ergebener Freund gewesen sind, so will auch ich jetzt 176 nicht Ihr Fürst, sondern nur Ihr Vertrauter und Ihr Freund sein! Ein jedes Wort, welches hier zwischen uns gewechselt wird, soll in meiner Brust versargt und, ich versichere es Ihnen, Lehrbach, auch vergessen sein! Vertrauen Sie sich mir an, beweisen Sie mir, daß Sie wenigstens mir gegenüber kein falsches Spiel spielen wollen!«

Ein Beben ging durch die Gestalt des Ministers, er neigte sich und küßte die Hand des Herzogs.

»Mein gnädiger Herr,« sagte er leise und tief erregt, »möge Gott dieses milde und gütige Wort mit tausendfachem Segen lohnen. Anzuvertrauen, Königliche Hoheit, habe ich Ihnen jedoch nichts. Daß ich von ganzem Herzen und von ganzer Seele Ihnen zugethan bin, dessen bedarf es wohl keiner Versicherung mehr, denn dafür sprechen zu viele Beweise. Daß ich aber jemals im Leben eine That begangen hätte, welche ich vor Eurer Königlichen Hoheit verheimlichen müßte, das scheine ich leider Gottes wieder und immer wieder versichern zu müssen! Der Anlaß zu diesem Mißtrauen ist mir fremd, und nur mein reines, freudiges Gewissen und das Bewußtsein, in diesem Augenblick ebenso redlich und ehrlich vor Ihnen zu stehen, wie all die langen Jahre meiner Dienstzeit, lassen mich den Gedanken ertragen, daß mein gnädigster Herzog überhaupt einen Verdacht gegen mich in seinem Herzen hegen konnte!«

Wie eine schwere, unheilschwangere Wolke zog es über Franz Eginhards Stirn; dennoch besänftigte 177 der Blick dieser müden, wehmütigen Augen seine aufquellende Heftigkeit.

»Wir Alle sind Menschen, Lehrbach, wir Alle sind als schwaches Fleisch gar vielen Versuchungen ausgesetzt. Ihr Sohn bedarf einer bedeutenden Zulage und verbraucht außerordentliche Summen, wie ich gehört habe, da ist es ja begreiflich, daß es hie und da nicht reichen will, daß es unsagbar schwer ist, einem Liebling etwas abzuschlagen, kurz gesagt, daß man einmal über seine Verhältnisse lebt –«

Der Herzog unterbrach sich und schaute mit forschendem Blick, wie fragend, zu Lehrbach hinüber. Wie ein Schüttelfrost ging es durch dessen Glieder. Wiederholt schon hatte er die Hand, wie in jähem Schmerz, gegen das Herz gepreßt, fahle Blässe und dunkle Glut wechselten auf dem Antlitz, gleichwie im Schwindel faßte er krampfhaft die Sessellehne, aber sein Haupt zuckte stolz, trotzig kühn in den Nacken.

»Ich kenne die Rechnungen meines Sohnes, Königliche Hoheit, und habe sie meist eigenhändig bezahlt, Schulden hat Günther Gott sei Dank nicht, und bei der Bilanz, welche ich gezogen, stellte sich keinerlei Deficit heraus; die Abrechnungen und meine Privatpapiere stehen jederzeit einer Einsicht zur Verfügung.«

Es lag ein kalter, harter Klang in der Stimme des Ministers.

Franz Eginhard schien zu wachsen, seine Zähne gruben sich in die Unterlippe.

178 »Sie sehen also dem Urtheil Sachverständiger, der Entscheidung über die Unterschrift getrost entgegen und erkennen dieselbe gleich mir als kompetent an?«

»Ich habe eine so hohe Meinung von dem Scharfblick unserer Wissenschaft, daß ich mit Ungeduld ihres Ausspruches harre, welcher mich meiner jetzigen, so unwürdigen Lage entreißen und meine angetastete Ehre vor der Welt rechtfertigen muß!«

Franz Eginhard trat mit düsterer Stirne näher.

»Und wenn er es nicht thut?«

Mit sprühendem Blick hob Lehrbach das Haupt.

»Dann, Königliche Hoheit, bedauere ich jeden Tag und jede Stunde, in welcher ich in dem Dienst eines Landes ergraut bin, welches die Wahrheit und Gerechtigkeit unter die Füße tritt!«

Alles Blut wich aus den Wangen des Herzogs; als wollte es mit seinem Blick die elende, kranke Gestalt des alten Mannes zerschmettern, richtete sich das graue Auge groß und furchtbar auf den Sprecher, dann stieß er mit einem Ausdruck unendlicher Verachtung den Sessel, dessen Lehne seine Hand umspannt hatte, von sich. »Komödiant!« klang es scharf und verletzend zwischen seinen Zähnen, mit hastigem Griff riß er ein zusammengefaltetes Papier von seinem Schreibbureau und warf es vor Lehrbach auf die Marmorplatte des Tisches nieder.

»Lesen Sie das Urteil von vier Autoritäten und wagen Sie es, mir noch in das Auge zu blicken!« donnerte er.

179 Mechanisch neigte sich der Graf. Das Papier knitterte und schwankte in seiner Hand, wie geistesabwesend starrte er auf die Buchstaben nieder, schwer stützte sich seine Linke auf die Broncekante des Tisches.

Ein gurgelnder Laut rang sich von seinen Lippen, seine Züge verzerrten sich, wie unter physischem Schmerz. »Nicht gefälscht – erkennen auf Echtheit der Namensunterschrift – –« Seine Lippen bewegten sich, krampfhaft schlossen sich die Finger um das Papier.

»Leugnen Sie auch jetzt noch, Angesichts dieses Urteilsspruches, Ihre absolute Unkenntniß von der Quittung?«

»Was vier Autoritäten sagen . . . . muß wohl wahr sein . . . . es ist mein Namenszug . . . . ich glaube es jetzt selber . . . . aber . . . . wie er hier auf dieses Papier kommt . . . . das weiß nur Gott im Himmel!«

Der Blick des Herzogs maß die wankende Gestalt mit tiefster Verachtung. »Oder Ihr Geldbeutel, mein Herr Graf!« sagte er höhnisch, »nur um den Skandal zu vermeiden, um mein Ministerium nicht durch seinen jahrelangen Chef zu brandmarken, werde ich –«

Ein dumpfer Aufschrei unterbrach ihn – mit beiden Händen in die Luft tastend, taumelte ihm der Minister entgegen, dann brach er wie vom Blitz getroffen zusammen, in schwerem Fall schlug das weiße Haupt zu den Füßen des Regenten nieder.

180 Frauz Eginhard riß die Thüre auf.

»Seine Excellenz den Minister hat eine Ohnmacht betroffen,« rief er mit heiserer Stimme den Herren im Antichambre entgegen, »sorgen Sie dafür, daß der Kranke mit aller Vorsicht und Sorgfalt in seine Wohnung transportirt werde!«


Noch an demselben Vormittag befahl der Herzog, die Recherchen und Verhöre einzustellen und die ganze Angelegenheit niederzuschlagen.

Der verdächtigte Schreiber war bereits als schwerkranker Mann auf ein mehr als genügendes Alibi hin an demselben Morgen aus seiner Hast entlassen.

Wie ein Sturmwind ging es durch die Residenz.

Es gab nur noch eine Lösung der Affaire, und diese kostete dem Namen Lehrbach seinen guten Klang.

Droben hinter den dichtverhängten Fenstern, einsam, verlassen von Gott und der Welt lag Seine Excellenz, welchen ein Schlaganfall völlig gelähmt und auf das Krankenlager gestreckt hatte. An seiner Seite kniete sein verzweifelnder Sohn, welcher bereits einen sofortigen Urlaub erbeten und sein Entlassungsgesuch bei dem Regiment eingereicht hatte. Da war die stolze Herrschaft der Lehrbachs für ewige Zeiten gebrochen. – – – 181


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