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Schlachten bei Sorr und Kesselsdorf. – Dresdner Friede.

Während jener Freuden und Feste der Kaiserwahl und Kaiserkrönung war Prinz Karl von Lothringen auf den dringenden Wunsch Marien Theresiens, welche die Kaiserkrönung zu Frankfurt ebenso wie früher die Königskrönung in Prag durch einen Sieg verherrlicht wissen wollte, dem König von Preußen zu einer Entscheidungsschlacht entgegengetreten; und sowohl die Ueberlegenheit, des österreichischen Heeres von 40,000 Mann vor dem preußischen von nur 18,000, als auch die unsichere Stellung des Letzteren im Lager bei Staudenz, wo es auf der einen Seite den Angriffen bloß lag, schien dem Unternehmen einen glücklichen Erfolg zu verschaffen. Es war am frühen Morgen des 30. Septembers 1745, als Friedrich II., wie er eben die Zelte seines Lagers abbrechen lassen wollte, Nachricht erhielt, daß die Feinde in Schlachtordnung heranrückten. Es war bei Sorr. Welche Gefahr! Aber Friedrichs II. Geistesgegenwart und der Heldenmuth der Preußen trotzten ihr. Rasch hatte der König seinen Schlachtplan gemacht; ungeschreckt durch das Feuer der österreichischen Batterien, welches ganze Reihen niederstreckte, stellten sich die Preußen auf, stürmten die Grenadiere eine besonders gefährliche Batterie, brachte die Cavallerie durch geschickte und rasche Wendungen die Feinde in Verwirrung. Nicht wenig trug Herzog Ferdinand von Braunschweig zum Erringen des Sieges bei; aber auch die Plünderungslust der Kroaten, welche inmitten der Schlacht im feindlichen Lager hausten und des Königs Gepäck und Kasse erbeuteten, wußte dieser Letztere zu seinem Vortheil zu benutzen, und nach fünf Stunden hatte er den Sieg, wenn gleich nicht ohne Verlust an Tapfern, gewonnen. Fünf Tage lang behauptete er das Schlachtfeld, dann zog er sich in der Mitte Oktobers unter nicht geringen Mühsalen in den von Feinden besetzten Engpässen nach Schlesien zurück, wo er seine Truppen zwischen Schweidnitz und Striegau in Quartiere legte. Er selbst begab sich nach Berlin, in der Absicht, die Friedensunterhandlungen mit jenem Nachdruck fortzusetzen, den er nach seinem neuen Siege behaupten konnte.

Inzwischen hatte Brühl, durch Friedrichs beißenden Spott aufs Furchtbarste erbittert, mit Rutowsky den Plan eines Angriffs auf die Mark Brandenburg entworfen, und der österreichische Hof denselben genehmigt. Die sächsische Armee sollte nämlich in Verbindung mit österreichischen Truppen unter dem General Grafen Grüne über Leipzig durch die Niederlausitz nach Brandenburg vordringen, während Prinz Karl durch die Oberlausitz nach Sagan und Crossen rücken sollte; so hoffte man den König dermaßen in die äußerste Bedrängniß zu bringen, daß er rasch einen Frieden unterzeichnen würde, in welchem die Abtretung Schlesiens an Oesterreich und die des Herzogthums Magdeburg nebst dem Gebiet von Cottbus und Peitz an Sachsen als erste Bedingung gestellt waren.

Sorgfältig suchte man diesen Plan geheim zu halten, doch Friedrich erhielt schon am 9. November durch den schwedischen Gesandten Grafen von Rudenscöld Nachricht davon und eilte am 14ten nach Schlesien, wo er alle Truppen zusammenzog und die Pässe nach Böhmen und der Lausitz besetzte, worauf er am 23. November bei Naumburg über die Unstrut ging und nach Görlitz zog. An demselben Tage traf General Ziethen bei Katholisch-Hennersdorf mit einer sächsischen Heeresabtheilung zusammen und gewann, wiewohl ihm der Feind an Zahl überlegen war, einen glänzenden Sieg, in dessen Folge sich General Grüne von dem Marsch nach der brandenburgischen Gränze umwandte, um sich mit Rutowsky zu vereinigen, welcher an der Spitze der sächsischen Hauptarmee stand. Prinz Karl sah sich nach Böhmen zurückgedrängt, und der König beauftragte von Görlitz aus den alten Fürsten von Dessau, in Kursachsen einzurücken. Rasch hintereinander ergaben sich Leipzig, Torgau und Meißen, wohin sich der König selbst begab; er erfuhr dort, daß der Kurfürst von Sachsen, welcher sich aus Dresden nach Prag geflüchtet hatte, nunmehr zur Annahme der ihm gestellten Friedensbedingungen bereit sei. Zu gleicher Zeit (15. Dezember) erfocht der Fürst von Dessau, mit welchem sich ein preußisches Corps unter General Lehwald vereinigt hatte, bei Kesselsdorf einen glänzenden Sieg über die mit den Truppen Grüne's vereinigten Sachsen. Prinz Karl, welcher zu Anfang Dezembers mit seiner Armee aus Böhmen nach Sachsen gerückt und am Tage vor der Schlacht in Plauen angekommen war, nahm keinen Antheil an derselben und mußte am darauffolgenden Tage nach Böhmen zurückziehen. Am 18ten ergab sich Dresden an die Preußen, und Friedrich eilte dahin, um den Ministern noch einmal seinen ursprünglichen Friedensplan vorzulegen, wie derselbe in den Punktationen des Vertrags von Hannover enthalten war, dessen Vollziehung der König verlangte; eine Mäßigung des Siegers, welche darin ihren Grund hatte, weil er wohl wußte, wie sehr seine Mittel erschöpft waren; immerhin trug sie rasch gute Frucht, um die Zuversicht des Wiener Hofes auf das Eintreten einer für Oesterreich ehrenvollen Wendung zu vernichten.

Schon am 25. December wurde nämlich zu Dresden, wo Graf Harrach mit Vollmachten des österreichischen Hofes angekommen war, der Friede zwischen Preußen, Oesterreich und Kursachsen abgeschlossen, durch welchen Maria Theresia dem König von Preußen abermals den Besitz Schlesiens mit Glatz bestätigte, dieser Letztere hingegen ihren Gemahl Franz I. als Kaiser anerkannte, und Beide sich den Besitz ihrer Staaten (nach dem damaligen Bestande) gewährleisteten. Kursachsen kam dabei am schlimmsten weg; es mußte, außer den Contributionen, an Preußen noch eine Million Thaler bezahlen, überdieß die einheimische Mannschaft, welche zum preußischen Dienste gezwungen worden, in demselben lassen und sich darein fügen, daß alle Zollstreitigkeiten zu Gunsten Preußens entschieden werden sollten; so büßte denn auch diesmal wieder Land und Volk für die Unfähigkeit des Beherrschers. Hannover, Pfalz und Hessen-Kassel wurden in den Dresdner Frieden eingeschlossen und der Letztere durch England 1746 und 1750 gewährleistet, aber von dem deutschen Reiche erst 1751 (14. Mai) bestätigt.

So war denn nun der Krieg auf deutschem Boden beigelegt, und wahrlich gerade noch zu rechter Zeit für die Betheiligten, welche gleichsehr durch denselben gelitten hatten; besaß doch Friedrich II. nur mehr 15,000 Thaler in seiner Kasse, nicht weniger als acht Millionen hatten ihn der Krieg gekostet; nicht minder hatte Maria Theresia eingebüßt.

»Ist die Kaiserkrone wohl verträglich mit dem Verluste Schlesiens?« hatte sie noch im August zu dem englischen Gesandten Robinson gesprochen. Sollte und konnte diese Gesinnung in dem Augenblicke erlöschen, als der Dresdner Friede unterzeichnet wurde? Unmöglich. – Bald nach demselben erschien zu Wien ein Buch, worin behauptet ward: »der Friede sei erzwungen und verpflichte nur so lange, als die verkürzte Parthei außer Stand bleibe ihn zu brechen.« Eine jesuitische Moral, die sich eben so wenig vertheidigen als sich in Abrede stellen läßt, daß sie den Ansichten des Wiener Hofes entsprach; wohl aber darf man behaupten, daß Maria Theresia, wenn sie dieselbe theilte, nur eines Irrthums, nickt einer Hinterlist geziehen werden kann. Friedrich II. verlangte, daß jenes Buch durch Henkershand verbrannt werden sollte, – gewiß weniger aus Besorgniß vor dem Eindruck, den es in der öffentlichen Meinung gegen ihn hervorbringen möchte, als um dem Wiener Hofe eine derbe Manifestation zu geben. Allmählich vernarbten die Empfindlichkeiten beiderseits und das Verhältniß der Beherrscher von Oesterreich und Preußen zu einander gewann sogar einen Anschein von Herzlichkeit.

Beachtenswerth blieb jedoch immerhin die Mühe, welche sich Oesterreich gab, um sich mit Rußland in ein vertrautes Verhältniß zu setzen. So bewirkte Maria Theresia die Anerkennung des russischen Kaisertitels durch das deutsche Reich; so kam der Vertrag von 1746 zwischen Oesterreich und Rußland zu Stande, worin ein geheimer Artikel Marien Theresien versprach, daß man ihr wieder zu den an Preußen verlorenen Provinzen helfen wolle.

Länger als der deutsche Krieg währte der europäische, der mit jenem zugleich entzündet worden war. Diesen letzteren haben wir nun im Ueberblicke zu betrachten.

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