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Karls VII. Tod. Friede zu Füssen.

In Bayern war, als es Bathiany beim Einfall Friedrichs in Schlesien verlassen hatte, nur eine geringe Truppenmacht unter Bärenklau zurückgeblieben, welcher die Oberpfalz besetzt hielt. Seckendorf verdrängte jedoch die Oesterreicher bald von der Donau und dem Lech, und die österreichische Verwaltung flüchtete am 12. October 1744 aus München, wohin nun Karl VII., welcher damals von einer lebensgefährlichen Krankheit kaum genesen war, eilig zurückkehrte (23. Oktober). Nach so vielen Leiden zur Sühne der Schuld, schien nun endlich die Morgenröthe einer besseren Zeit aufzugehen. Doch es war nur ein freundliches Abendroth für den vielgeprüften Kaiser, dessen Kraft bis zur Neige erschöpft war. Zwar sah er sein Bayern, mit Ausnahme der Plätze Ingolstadt, Braunau und Schärding, vom Feinde befreit, und die Waffen ruhten; doch drohend standen die Oesterreicher in fester Stellung bei Braunau und Passau, und daß ein neues Vordringen derselben nach Bayern in Aussicht stand, ergab sich aus der, durch Englands Fürsprache bewirkten Zusage Marien Theresiens, daß in diesem Falle weder der Kaiser noch sein Hof in München gefährdet werden sollte.

Und wirklich erfolgte der erneuerte Einbruch der Oesterreicher alsogleich, wie sie ihre Verstärkungen an sich gezogen hatten, und zwar zunächst in die Oberpfalz; Seckendorf, welcher bei den Bayern eben so wenig beliebt war, und noch dazu im Verdacht stand, daß er nicht ganz ohne Seitenblick auf Oesterreich und nicht ohne die Absicht handle, sich im geeigneten Falle mit dem Wiener Hofe auszusöhnen, hatte sich genöthigt gesehen, den Oberbefehl niederzulegen, wiewohl er des Kaisers Vertrauen fortwährend genoß.

Mitten unter den Anzeichen neuer Gefahr sah Karl VII. plötzlich sein Ende herannahen und die Ahnung in Erfüllung gehen, welche er öfters in den Worten ausgedrückt hatte: »Mich wird das Unglück nicht verlassen, bis ich es verlasse.« Er starb, erst 48 Jahr alt, an den Folgen zurückgetretener Fußgicht, am Abend des 20. Januars 1745, nachdem er seinen Sohn Maximilian Joseph, welchem noch 9½ Wochen zur Erreichung des achtzehnten Jahres fehlten, für volljährig erklärt und ihm auf das Dringendste empfohlen hatte, nichts Wichtiges ohne den Rath seiner Mutter zu thun, schnelle Gerechtigkeit zu üben, Schwache gegen Mächtige schützen, und in Sachen des peinlichen Rechts so viel als möglich Gnade für Recht ergehen zu lassen. Wie wenig Macht dieser Kaiser in seinem Leben gehabt, – der Prunk des Leichenzuges bezeichnete ihn, durch die Weltkugel, welche vor dem Sarge getragen wurde, in bitterer Ironie als Herrn der Welt, der Hofstyl nannte in der Todesankündigung den armen Mann »den Unüberwindlichsten!« Ein gleichzeitiger Dichter faßte die Schlußpointe dieses Kaiserschicksals in folgenden Zeilen auf:

»Hier ruht der siebente Karl in Moder, Staub und Sand,
Ein König ohne Reich, ein Kaiser ohne Land.
Er war zwar groß genug, wollt' aber größer werden,
Drum liegt er jetzt entseelt als Bettler in der Erden;
Hier faßt ein enger Raum die arme Majestät,
Die nicht mehr, als zuvor, aus ihren Gränzen geht.
Ihr Fürsten, wollet ihr nicht gleichen Nachruhm hören,
So lernet euch bei Zeit an mein Exempel kehren.«

Der junge Kurfürst Maximilian Joseph befand sich bei seiner Thronbesteigung in einer kritischen Lage. Wiewohl er von Franz Stephan ein Kondolenzschreiben erhielt, worin die Worte vorkamen: »Nichts hat mich so sehr gerührt, als der Verlust, den Ew. kurfürstliche Durchlaucht erlitten; die Königin fühlt sich darüber ebenso betroffen, als ob Dero Haus allezeit in größter Freundschaft mit Oesterreich gelebt,« so rückten doch die österreichischen Truppen, das Uebergewicht ihrer Waffen benutzend, in Bayern vor; die Oberpfalz war schon im Januar ganz in ihrem Besitz; im März drang Bathiany von Schärding und Braunau her siegreich heran, eroberte Vilzhofen, Straubing, Kehlheim, Landshut, siegte (am 15. April) bei Pfaffenhofen über Segür und drängte ihn bis Donauwörth, während Coigny, auf dessen Heranzug man versprochenermaßen gerechnet hatte, sich an den Neckar zurückzog. Maximilian Joseph sah nun, wie wenig er sich auf Frankreichs Versprechungen verlassen konnte, welches ihn nach dem Tode seines Vaters, auch unter Anerbieten einer bedeutenden Geldunterstützung und unter Hinweisung auf Coigny's und Segür's Hülfe, bewogen hatte, dem Bunde gegen Oesterreich treu zu bleiben, so zwar, daß er den Höfen erklärt hatte, er werde auf seine wohlerworbenen Rechte nicht verzichten, und daß er sogar den Titel eines Erzherzogs von Oesterreich beibehielt. Als nun das Mißgeschick zunahm, die Hoffnungen schwanden, der junge Kurfürst sich von München nach Augsburg flüchtete, sah er sich von zwei einander widerstrebenden Partheien am Hofe immer dringender zur Entscheidung aufgefordert. Die eine mit Feldmarschall Törring an der Spitze rieth zur ehrenvollen Fortsetzung des Krieges, zur Erhaltung des Bundes mit Frankreich und Preußen, und schon wollte der junge Kurfürst, diesem Rathe folgend, Bayern verlassen, um sich nach Mannheim zu begeben. Die andere Parthei, insbesondere Seckendorf, arbeitete unablässig daran, ihn für einen Frieden mit Oesterreich zu gewinnen, und stellte ihm zu diesem Ende die gänzliche Erschöpfung Bayerns, die Pflicht: Land und Volk vom Untergänge zu bewahren, vor, wies ihn auf die Unzuverlässigkeit Frankreichs, auf Friedrich's II. selbstischen Zweck, sowie darauf hin, daß mit dem Tode Karl's VII. die Verbindlichkeiten der Frankfurter Union erloschen seien. Mittlerweile wichen die bayerischen und hessen-kasselschen Truppen von München über Friedberg hinter den Lech zurück, und die Oesterreicher hatten nun ganz Bayern besetzt, während man vernahm, daß Segür nach Frankreich heimziehen wolle. Da gelang es endlich dem unermüdlichen Seckendorf, welchen die verwittwete Kaiserin durch mütterliche Vorstellungen bei Max Joseph kräftig unterstützte, gegen alle Machinationen der kriegslustigen Parthei mit seinen Vorschlägen zu einem Friedensabschlusse durchzudringen, und des Kurfürsten Gewissensscrupel wegen der französischen Subsidiengelder, durch die er sich an Frankreich gebunden hielt, durch das Versprechen bedeutender Zahlungen, welche England und Holland liefern wollten, zu beschwichtigen. »Nun denn,« sprach Max Joseph, als im letzten Kriegsrathe außer Seckendorf nur eine einzige Stimme für den Frieden sich erhob, »wenn ihn Niemand haben will, so will ich ihn haben.«

Der Friede kam um so eher zu Stande, da von Seiten Oesterreichs hinlängliche Bereitwilligkeit vorhanden war. Mußte nämlich der Friede mit Bayern überhaupt Marien Theresien willkommen sein, weil sie dadurch die Möglichkeit erhielt, dem König von Preußen mit größerem Nachdruck zu begegnen, so waren noch außerdem die Bedingungen, deren Annahme sich voraussehen ließ, nachdem Max Joseph sich einmal für den Frieden entschieden hatte, für Marien Theresien vortheilhaft genug. Sie setzten fest, daß Maximilian Joseph allen Ansprüchen auf das österreichische Erbe entsagen, die pragmatische Sanction und das Recht der böhmischen Kurstimme für Franz Stephan anerkennen, demselben bei der Kaiserwahl seine Stimme geben, und bis zur vollendeten Wahl Ingolstadt, Schärding, Braunau und Straubing den Oesterreichern lassen, die Truppen seiner bisherigen Bundesgenossen aus seinen Ländern entfernen, und überhaupt jederzeit für Oesterreich stehen, dagegen aber seine durch die Feinde besetzten Länder von Marien Theresien wiedererhalten, und daß diese Letztere den verstorbenen Karl VII. als Kaiser anerkennen sollte. Unter diesen Bedingungen wurde der Friedensvertrag am 22. April 1745 zu Füssen zwischen dem Grafen Colleredo von österreichischer, und dem Fürsten von Fürstenberg von bayerischer Seite abgeschlossen und sofort ratificirt. Bon den übrigen Mitgliedern der Frankfurter Union hatten sich Hessen-Kassel und Kurpfalz wenige Tage vorher neutral erklärt. – Eine Nemesis ließe sich, nach glücklicher Beilegung des unseligen Zwistes zwischen Habsburg und Wittelsbach, erkennen. Der Repräsentant aller brutaler Dränger, Senger und Brenner, der Schrecken ganz Bayerns, der Pandurenhäuptling Franz Freiherr von der Trenk wurde 1746 wegen arger Pflichtwidrigkeiten zu lebenslänglicher Gefangenschaft verurtheilt! Er stark im Kerker 1749.

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