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Wiedererwerbung Böhmens.

Der Abschluß des Breslauer Friedens machte es Marien Theresien möglich, ihr Hauptaugenmerk auf die Wiedererwerbung Böhmens zu richten. Prinz Karl von Lothringen, welcher in vier starken Märschen nach Sobieslau gezogen war, vereinigte sich mit dem Fürsten Lobkowitz, um den Marschall Broglio anzugreifen, bevor dieser Verstärkung erhielte. Rasch wurde nun der Marsch fortgesetzt, während die Franzosen unter Broglio eben so eilig vor ihren Verfolgern über die Moldau nach Prag zurückwichen. Krumau, Pisek, Pilsen ergaben sich den siegreichen Oesterreichern, welche am 27. Juni bei Königssaal, eine halbe Stunde von Prag, Rast machten; dort wurde auch, wegen einer Verbindung mit dem Corps von Festetics, welches aus Mähren über Czaslau und Kuttenberg kommen sollte, das Hauptquartier aufgeschlagen. Sofort wurde dann Prag, wohin sich die französische Heeresmacht, nach ihrem so stolzen, so leichten und so kurzen siegreichen Auftreten in Deutschland und Böhmen, zurückgezogen hatte, eingeschlossen. Nicht geringe Bestürzung herrschte damals am französischen Hofe über die für Frankreich so gefährliche plötzliche Wendung der Dinge. Der greise Kardinal Fleury, dieser unermüdliche Friedensfreund, machte dem unter Franz Stephan und Karl von Lothringen kommandirenden Grafen Königseck Friedensvorschläge, erreichte jedoch nichts Anderes als die Demüthigung, daß Maria Theresia seinen Brief, worin er alle Schuld auf Belleisle (der den Brief überbrachte) wälzte, und damit zugleich das Geheimniß von Frankreichs Schwäche veröffentlichen ließ. Vergeblich läugnete Fleury nachher in seiner Verlegenheit den Brief ab. Zugleich erklärte Maria Theresia den Höfen in einem Rescript: »Da Frankreich die Garantie der pragmatischen Sanktion durchaus nicht erfüllt; da es ferner dem Wiener Definitivtraktat, wodurch Lothringen abgetreten worden, in allen Stücken entgegengehandelt, so habe es sich aller Rechte auf Lothringen verlustig gemacht, und Franz Stephan halte sich zur Aufrechthaltung seiner Verzichtleistung nicht mehr verbunden; übrigens habe auch Prinz Karl von Lothringen in diese Abtretung nie gewilligt, sie nie unterzeichnet, vielmehr sich seine Ansprüche und deren Geltendmachung vorbehalten.«

Die in Prag eingeschlossene französische Armee befand sich in einer mißlichen Lage; die Aussicht auf den Feind vor den Mauern, auf einen schlimmeren, den Mangel, innerhalb derselben! Charakteristisch ist die Art, wie sich jede Nation bei der in Prag herrschenden Noth geberdete. Der Franzose pfiff, der Deutsche fluchte, der Böhme legte sich hin und schlief. Marschall Belleisle sah sich unter diesen Umständen am 1. Juli genöthigt, den Prinzen Karl um eine Zusammenkunft und Unterredung zu bitten, welche denn auch am folgenden Tage im Schlosse Komorzan zwischen ihm und dem Feldmarschall Grafen Königseck statt fand. Da erbot sich Belleisle: »Prag den Truppen der Königin zu übergeben, unter der Bedingung, daß die Franzosen freien Abzug mit Waffen und Gepäck und unter allen militärischen Ehrenzeichen erhielten, und mit der Armee den ihnen am dienlichsten scheinenden Weg antreten dürften.« Königseck erwiederte darauf, daß er, nach der ihm bekannten Absicht der Königin, das Anerbieten nur unter der Bedingung annehmen könne, »wenn sich die Besatzung zu Kriegsgefangenen ergebe.« Fruchtlos suchte Belleisle seinen Antrag als vortheilhaft darzustellen; Königseck wies auf die Ueberlegenheit der österreichischen Armee und deren noch zu erwartende Verstärkung hin, worauf Belleisle bemerkte: »er sehe wohl, daß die letzten Kräfte angewendet werden müßten,« und Königseck mit der Versicherung schied, daß er die Unterhandlung durch einen Kurier nach Wien berichten und die ferneren Befehle der Königin einholen werde.

Nun rüsteten die eingeschlossenen Franzosen zur äußersten Gegenwehr, während anderseits die Theurung in Prag rasch wuchs. Da nun auch kein Sukkurs zu hoffen war, nahm Belleisle am 20. Juli die Unterhandlungen mit Königseck wieder auf, und bot unter nochmaliger Bedingung freien Abzuges auch die völlige Räumung Böhmens, sowie die Uebergabe der Festungen Eger und Frauenberg. Auch darauf konnte sich Königseck ohne vorher eingeholten Befehl seiner Monarchin nicht einlassen, und schickte deshalb wieder einen Kurier nach Wien.

Die Ansicht Marien Theresiens wich hierin von jenen ihres Gemahls, des Prinzen Karl und Königsecks entschieden ab. Sie erklärte auf die Vorstellungen des französischen Gesandten Vincent, vor ihrem Hofe, »sie werde weder der Besatzung in Prag, noch der französischen Armee irgend eine Kapitulation bewilligen; eben so wenig wolle sie ferner irgend einen Vorschlag darüber oder über einen Vergleich, der von Seiten des Kardinals käme, hören, weil ihr alles, was von diesem komme, verdächtig sei. Er habe sich lediglich an ihre vertrauten und getreuen Bundesgenossen zu wenden; dieß sei das Einzige, was sie ihm einräumen wolle.« Graf Uhlefeld bemerkte hierauf, »der französische Minister habe ihm neue Vorschläge zugestellt, die er von dem Marschall Belleisle erhalten, um zu wissen, ob sie der Königin angenehm seien.« Da sprach Maria Theresia noch ernster als vorher: »Aufs Aeußerste befremdet mich das Benehmen des Marschalls Belleisle, daß er es zu wiederholten Malen und vor allen Andern über sich nehmen kann, von mir eine Kapitulation begehren zu lassen. Es müßte Jemand nach des Marschalls Art sein, um zu glauben, daß er mir etwas Angenehmes vorschlagen könne, der durch Geld und schöne Versprechungen die Religion fast aller Reichsfürsten verleitet hat, um das Vorhaben auszuführen, ganz Deutschland zu erregen, in der Absicht, mich unter die Füße zu treten. Ich will, daß er wisse sowohl als alle Welt: daß weder ich noch meine Nachkommen so willig und einfältig sein werden, seinen Vorschlägen Gehör zu geben, noch jemals vergessen, daß er zu Friedenszeiten verschiedene Spione zu Luxemburg unterhalten hat, die Garnison und die Stadt zu überkommen, welcher Anschlag aber glücklich entdeckt worden. Alle Welt weiß: ich habe nur allzuviel bei dem französischen Hofe gethan, und meine königliche Hoheit vergessen, als ich durch die dringenden Umstände der Zeit gemüßiget worden, auf so eine Art an den Kardinal zu schreiben, welche wohl fähig hätte sein sollen, die härtesten Felsen zu erweichen, und daß man, nachdem man meine Vorstellungen verworfen, mir geantwortet hat, ich käme zu spät, und seine Allerchristlichste Majestät habe Verbindungen eingegangen, die zu unterbrechen, nicht mehr in Dero Gewalt wäre.« – »Jetzt,« fügte sie hinzu, »haben sich die Sachen völlig verändert. Ich habe Originalbeweise in Händen, welche darauf abgezielt, das Feuer an allen vier Ecken Deutschlands anzuzünden, die Grundgesetze des Reichs zu Boden zu werfen und Unruhen anzurichten. Weil aber Gott zugelassen, daß diese Beweise mir in die Hände gekommen, so werde ich Sorge tragen, daß sie auf die Nachkommenschaft gebracht werden, damit die Glieder des Reiches sich in Zukunft möchten hüten können, in einen Fallstrick zu gerathen, der nur auf die Umstürzung des Reiches, und daß man von Frankreich Gesetze nehmen solle, abziele.« Diese Gesinnung und Entschließung zeigte, wie sie, im Bewußtsein ihres Rechts, ihr gegenwärtiges Glück als einen bestätigenden Ausspruch des Himmels für ihr Recht betrachten mochte, und ihre günstige Lage mit derselben Standhaftigkeit, die sie im Unglück erprobt, benutzen wollte.

Königseck eröffnete dem Marschall Belleisle die Entscheidung seiner Monarchin, fügte jedoch hinzu: »bei ihrer Großmuth würden sich auch Kriegsgefangene der besten Behandlung zu versehen haben.« Da erwiederten Broglio und Belleisle: »Wenn man glauben kann, daß sich französische Truppen so nachtheiligen Bedingungen wie die vorgeschlagenen unterwerfen würden, so muß man sie nicht kennen; sie würden lieber umkommen, als sich einer solchen Feigheit schuldig machen; es handele sich demnach um keine Unterhandlung mehr, der Erfolg der Sache müsse den Ausschlag geben.«

Nun beschloß das französische Kabinet, daß Maillebois sein Heer von 40,000 Mann aus Westphalen nach Böhmen führen sollte. Die Belagerung Prags hatte am 5. August begonnen und wurde mit großer Thätigkeit betrieben, als die Annäherung Maillebois' eine Veränderung des Kriegsplanes nöthig machte.

Wohl schien Franz Stephan zu neuen Unterhandlungen und Vorschlägen geneigt; Maria Theresia hingegen verbot energisch jede Conferenz. Wie zärtlich sie auch ihren Gemahl liebte, so vergaß sie über der Gattin nie die Herrscherin, sie war nicht gesonnen, »einen Staatsrath beim Heere und einen in Wien zu haben« (ihre eigenen Worte), »sie verläugnete jede ungesetzliche und dem Staatsvortheil zuwiderlaufende Verhandlung, auf wen auch immer der Schimpf fallen möchte;« jeder Antrag, der nichts von Abtretungen in Bayern enthielt, sollte verworfen werden. Andererseits wollte sie von den Vorschlägen Karls VII. in Betreff einer Friedensvermittlung durch das Reich nichts wissen, so lange das Kurhaus Bayern sich nicht von Frankreich trenne. Als nun Karl VII. sich bald darauf erbot, die französischen Truppen aus dem Reich zu entfernen und Böhmen wiederherzustellen, wenn der Wiener Hof Bayern räumen lassen, und ihm die vorderösterreichischen Lande abtreten würde, bemerkte Maria Theresia: »aus der begehrten Abtretung von Vorderösterreich ließe sich offenbar erkennen, wie man dadurch nur den jetzo im Reich vertieften französischen Völkern zur Sicherheit verhelfen und ihnen den Weg zur Unterdrückung der allgemeinen Freiheit erleichtern wolle;« sie wies das Anerbieten zurück. –

Verfolgen wir jetzt die Kriegsbewegungen in Böhmen.

Maillebois war am 14. September bereits in Amberg angekommen und vereinigte sich mit Seckendorf (welcher aus österreichischen Diensten in bayerische getreten), sowie mit den jetzt vom Grafen von Sachsen befehligten französischen Truppen. Königseck sah sich nun genöthigt, die Belagerung aufzuheben und mit der Hauptarmee Maillebois entgegen zu ziehen. Das Corps Festetics blieb jedoch zur Beobachtung der Stadt und verheerte die Umgebung, mußte indessen bald genug den größten Theil seiner Mannschaft zur Hauptarmee abgeben. Diese günstige Gelegenheit benutzte nun Broglio, um mit 12,000 Mann aus Prag hervorzuziehen und sich mit Maillebois zu vereinigen. Er kam nach Teplitz und wartete dort auf denselben; jedoch vergeblich, denn Prinz Karl und Khevenhüller, welcher aus Bayern nach Böhmen gerückt war, verhinderten Maillebois am Vordringen, und Broglio ließ nun das Schloß Tetschen und die Stadt Leitmeritz besetzen, schickte die übrigen Truppen nach Prag zurück und begab sich für seine Person zum französischen Heere, dessen Oberbefehl er später nach Maillebois' Abberufung übernahm. Maillebois aber sah sich genöthigt, sich in die Oberpfalz zurückzuziehen; 25,000 Mann Oesterreicher folgten ihm. Er wandte sich, Oberösterreich bedrohend, nach der Donau, und überschritt sie; doch der Plan gegen Oberösterreich mißlang, weil Prinz Karl Passau besetzt hatte, auch waren alle Wege und Pässe vertheidigt, und überdies hatte Maria Theresia das oberösterreichische Landvolk aufgeboten, welches alte ausgediente Offiziere im Waffendienste übten.

Die ganze Unternehmung hatte nur dem unglücklichen Bayern Vortheil gebracht, wenngleich bloß für kurze Zeit. Indem nämlich Khevenhüller aus Bayern nach Böhmen gezogen war, konnten sich die geringen österreichischen Truppenabtheilungen, welche in Bayern zurückgeblieben, nicht lange halten, als Seckendorf, den günstigen Zeitpunkt benutzend, über die Donau zurückging. Er nahm Abensberg und Landshut; Bärenklau verließ München, welches Seckendorf nun eilig besetzte. In kurzer Zeit war ganz Bayern von den Feinden befreit, und das Volk, welches durch dieselben namenlos gelitten, wartete nun der Heimkunft seines Fürsten, der diese Leiden verschuldet, und der jetzt selbst schwer für seine Schuld büßte.

Nach der Entfernung Maillebois' und Broglio's hoffte Maria Theresia nun um so zuversichtlicher, die französische Armee in Prag müsse sich in kurzer Zeit kriegsgefangen ergeben. Fürst Lobkowitz übernahm den Befehl über die verstärkte Truppenmacht, welche Prag in einer anderthalb Stunden im Umkreis weiten Linie sperrte. Alle Einwohner der nahe liegenden Dörfer mußten mit Heerden und Mundvorrath ihre Wohnungen verlassen. Leitmeritz, wo die Feinde ein ansehnliches Magazin angelegt hatten und wodurch sie sich die Verbindung mit Sachsen offen hielten, ergab sich den Oesterreichern unter Graf Wenzel Wallis; ein sehr empfindlicher Verlust für die eingeschlossene Armee, welche durch Mangel und Krankheiten immer härter bedrängt wurde, und sich außerdem auf die Gesinnung der Bevölkerung nicht völlig verlassen konnte, obwohl die Franzosen gute Mannszucht hielten! Unter diesen Umständen faßte Marschall Belleisle den Beschluß, mit dem größten Theil seiner Armee aus Prag auszuziehen und sich durch die Oesterreicher durchzuschlagen; es kam ihm zu Statten, daß Lobkowitz, auf die Verheerung der Umgegend vertrauend, sein Lager in größerer Entfernung von Prag, jenseits der Moldau, deren Brücken er fortgeschafft, aufgeschlagen und in der Nähe nur 5000 Husaren zur Beobachtung des Feindes zurückgelassen hatte. Mit großer Vorsicht wurde die Ausführung seines Planes vorbereitet; Belleisle ließ die Vertheidigungsarbeiten eifrig fortsetzen, und in den letzten Tagen vor der zum Abzug bestimmten Nacht Jedermann in die Stadt ein, aber Niemand heraus. Es hieß: die Franzosen wollten bei Königssaal Lebensmittel holen. In der Nacht vom 16. zum 17. Dezember standen 11,000 Mann Fußvolk und 3200 Reiter mit 30 Kanonen, sowie mit geringem Gepäck und mit Lebensmitteln für 12 Tage versehen, in den Straßen von Prag, wo an jedem Fenster ein Licht brennen mußte, aber kein Mensch sich blicken lassen durfte. Plötzlich wird das Signal gegeben und an allen Thoren das Spiel gerührt, nur am Reichs- und Karlsthore nicht, durch welche die Franzosen ausziehen; ein geringer Rest, meist Invaliden, Kranke und Verwundete, bleiben unter General Chevert in Prag zurück. Aber auch jene Vierzehntausend hatten arg gelitten; und nun ziehen sie, dem harten Frost, unsäglichen Mühsalen und der unwegsamen Gegend Trotz bietend, über gefrornes Sumpfland und durch dichte Wälder, in verschiedene Heerhausen getheilt, in Eilmärschen dahin; viele durch Abkunft, geistliche oder weltliche Würde, Stellen und Vermögen angesehene Männer müssen ihnen als Geißeln folgen. Belleisle selbst, der gichtkrank weder gehen noch reiten kann, und sich tragen lassen muß, erprobt diesmal nicht geringe Energie und Geistesgegenwart. Lobkowitz vermag seine weit auseinander gelegten Truppen nicht so geschwind zusammenzuziehen; und nur von streikenden Reitern unablässig beunruhigt, gewinnen die Franzosen 24 Stunden Vorsprung, und erreichen endlich am zehnten Tage Eger. Aber in welchem Zustande! Viele waren unterweges, wo sie nur trocken Brod und gefrornes Wasser zur Nahrung hatten, dem furchtbaren Froste erlegen, viele auf dem Glatteise gefallen und an Armen und Beinen verwundet, viele in Abgründe gestürzt, viele kamen nur mit Stöcken in den Händen zu Eger an, weil sie die Gewehre hatten wegwerfen müssen. Die Straße von Prag nach Eger wurde durch Franzosenleichen bezeichnet; da sah man noch treue Kameraden, die Arme fest ineinander geschlungen, wie sie der eisige Tod überrascht. Zwölfhundert Mann hatten auf dem Marsche ihr Leben eingebüßt. Nach kurzer Rast brach dieser beklagenswerte Rest des Heeres von Eger, wo Belleisle eine Besatzung gelassen, auf, und zog direkt an den Rhein; bei Speier über den Rhein. Belleisle verglich seinen Rückzug mit dem berühmten des Xenophon und der zehntausend Griechen Wie man in Frankreich über Belleisle und Maillebois dachte, läßt sich unter andern aus folgenden Spottversen entnehmen. Derb genug lautete das Liedchen von Maillebois:
Tous nos françois sont aux abois
Via ce que c'est que Maillebois,
On doit bien regretter ce choix
Voyez la besogne
Via ce gros yvrogne.
Il a manqué son coup trois fois
Via ce que c'est que Maillebois.
Voicy les dragons qui viennent,
Voicy les françois qui viennent
Hongrois sauvez vous!
Ne craignez rien, dit la Reine,
C'est Maillebois qui les mene,
Et je m'en f …

Nicht schmeichelhafter war folgende Vergleichung Belleisle's, Maillebois' und Broglio's für die beiden Ersteren:
L'un fougueux et l'autre imbecille,
Belleisle et Maillebois, couple tant celebrée
Forment un concert mal habile
Que Broglio ne peut accorder à son gré,
L'un est un fou sistematique,
Fier dans sa theorie, et sot dans sa pratique
Qu'on a declaré Pair sans avoir engendré.
L'autre chargé de vin et leger de cervelle
Croit, quand il a bien bu, que l'Autriche est à luj.
Et le troisiême enfin sans apui, isolé
Est un grand general, qui rempli d'un vrai zèle
Va payer de son sang les sottises d'autruj.
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Der in Prag zurückgebliebene Rest der französischen Besatzung vertheidigte sich noch zehn Tage lang gegen die Uebermacht der Belagerer. Aufgefordert sich zu ergeben, drohte der General Chevert: »Wird mir und den Meinigen nicht freier Abzug mit allen kriegerischen Ehren bewilligt, so zünde ich Prag an allen vier Ecken an und begrabe mich unter den Trümmern.« Da bewilligte Lobkowitz die Kapitulation, und am 2. Januar 1743 zog die Besatzung aus Prag, rückte die österreichische Armee ein; festliche Musik erscholl, wie die Regimenter einhertraten, und überall vernahm man den Ruf: »Vivat Maria Theresia!« Zwei Chronostichen bezeichnen den Geschmack jener Zeit. Ein burleskes deutsches lautete:
Prag VVVnDerbares HVhner HaVs,
DeIn HVhn fLIegt eIn, Der Hahn fLeVGt aVs:
Ein lateinisches, auf den Taufnamen (Christian) des Fürsten von
Lobkowitz und den allerchristlichsten König anspielend:
DUX ChrIstIanVs IVbet eXIre ChrIstIanIssIMos

So begann das neue Jahr glückverheißend für die standhafte Fürstin. Ganz Böhmen war nun – bis auf Eger (welches sich erst am 8. Septbr. 1743 nach harter Blokade ergab) – wieder in ihrem Besitze. Uebrigens stimmten die ersten Maßregeln, welche in Prag getroffen wurden, die Böhmen keineswegs zu frohen Hoffnungen; wenn gleich die Verständigen einsehen mochten, daß solche Maßregeln, unmittelbar nach der Beendigung eines Zwischenzustandes, welcher fast alle Verhältnisse verwirrt hatte, nothwendig seien, um die Herrschaft sicher zu stellen. Befestigen ließ sie sich allerdings nur durch Gnade, welche dem Spruch der Gerechtigkeit folgte, durch Vertrauen, welches mit dieser Hand in Hand ging. Im Anfang fanden viele Verhaftungen von Personen sowohl des geistlichen als des weltlichen Standes, sowohl höheren als geringeren Ranges statt, und eine besondere Untersuchungscommission, welche täglich bis spät in die Nacht zu thun hatte, versetzte genug Menschen in Schrecken. Viele Adelige waren nach Bayern geflüchtet und erhielten (durch offenes Ausschreiben) Befehl, sich binnen sechs Wochen in Prag oder auf ihren Gütern zu stellen. Der Erzbischof von Prag und Primas von Böhmen, Fürst von Manderscheid, fiel in Ungnade, und mußte nicht bloß den Hof, sondern auch seine Diöcese verlassen; man nahm ihm seine allzunahen Beziehungen zur Fremdherrschaft übel. Die Magistrate der drei Prager Städte wurden zum Theil mit neuen Mitgliedern besetzt. Uebrigens war Maria Theresia zu großherzig, zu scharfsichtig und zu gerecht, als daß sie in Bezug strenger Maßregeln nicht mehr auf den ersten Eindruck wie auf die volle Ausführung vertraut hätte; und so ließ sie überhaupt, sobald sie konnte, die Gnade walten, die alles Geschehene mit Vergeben und Vergessen bedeckte; die schönste Grundlage für den Bestand wahrer Verbesserungen, welche sie in Böhmen einzuführen gesonnen war.

Am Tage vor ihrem Geburtsfeste, am 13. Mai 1743 wurde sie, nachdem sie Tags zuvor die Erbhuldigung der vier Stände des Reichs entgegengenommen, in Prag als Königin von Böhmen gekrönt und zwar nicht durch den Erzbischof von Prag, sondern durch den Bischof von Olmütz, den Grafen Jakob Ernst von Lichtenstein. Sie bestätigte durch feierlichen Eid die Landesprivilegien nach den Urkunden Ferdinands II. v. 1627, Ferdinands III. v. 1642 und Karls VI. v. 1723 Der Eid lautete wörtlich: »Wir Maria Theresia schwören Gott dem Allmächtigen, der gebenedeyten, von der Erbsünde unbefleckten Mutter Gottes Maria, und allen Heiligen, auf dieses heilige Evangelium, daß Wir über der katholischen Religion festiglich halten, männiglich die Justiz administriren und die Stände bei denen von Ihro Majestät und Liebden, weyland Unsern Großherrn Ferdinando II. unterm dato 24. Mai des 1627. Jahres, und Unserm Urahnherrn Ferdinando III. unterm dato 21. Martii des 1642. Jahres, ingleichen letzthin A. 1723 unterm 5. Septbr. von weyland Ihro Majestät Karl dem Sechsten, Unserm hochgeehrtesten Herrn Vatern, christmildesten Andenkens, confirmirten und wohlhergebrachten Privilegien handhaben, auch von dem Königreiche nichts veralieniren, sondern vielmehr nach Unserm Vermögen dasselbe vermehren und erweitern, und alles das, was zu dessen Nutzen und Ehre gereicht, thun wollen, als uns Gott helfe, die gebenedeyte von der Erbsünde unbefleckte Mutter Gottes und alle Heiligen.«. Die Nachricht, von einem Siege ihrer Waffen bei Braunau verherrlichte die Feier, und die Protestation Karls VII., welcher sich seine Rechte auf die Krone Böhmens vorbehielt, trübte dieselbe nicht; der Kurier, welcher das kaiserliche Protestationsschreiben überbrachte, wurde mit einer zwanzig Dukaten schweren Krönungsmünze beschenkt; dies war ihre lakonische Antwort an den Kaiser; der Kourier konnte ihm erzählen, wie er Marien Theresien als Königin der Böhmen gesehen.

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