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Beginn des zweiten schlesischen Krieges.

(Friedrichs Einfall in Böhmen.)

Bald tönten, statt der Worte, die Kanonen. Mit seiner gewohnten Schnelligkeit brach Friedrich II. am 24. August 1744 mit 80,000 Mann (sie hießen auch jetzt noch bloß »kaiserliche Hülfsvölker!«) in Böhmen ein, und am 2. September stand er vor Prag, während der Fürst von Anhalt Sachsen, der Generallieutenant Marwitz Mähren bedrohte. Zu gleicher Zeit sollten die Franzosen und Bayern, nach Friedrichs Berechnung, den Oesterreichern zu schaffen machen; doch er mußte sich bald überzeugen, daß er sich auf jene auch jetzt wieder nicht verlassen konnte, daß auch jetzt noch Uneinigkeit zwischen beiden und Eifersucht Frankreichs gegen ein von ihm zu erringendes Uebergewicht vorhanden waren. Bald zeigte es sich, daß sein Einfall in Böhmen eigentlich nur seinen Verbündeten Nutzen brachte.

Er machte schnelle Fortschritte. Schon am 16. September ergab sich Prag, nach einem heftigen Bombardement, den Preußen auf Capitulation und mußte nun Karl VII. aufs Neue huldigen. Nun ergoß sich das feindliche Heer über Böhmen, (noch im September fielen Tabor, Budweis, Frauenberg) und strömten den Gränzen Oesterreichs zu.

Inzwischen traf auch Maria Theresia alle Gegenanstalten mit großer Energie und Umsicht. In Böhmen war die Landmiliz aufgeboten worden. Aber größeres Vertrauen setzte sie auf die erprobte Treue der Ungarn. Sie reifte selbst (zu Ende Septembers) nach Preßburg und brachte es dahin, daß das Reich ihr ein tüchtiges, ausreichendes Heer stellte. Da ließ der greise Palatin Palfy die Blutfahne des heiligen Stephan aufpflanzen, und alsobald schaarten sich um das heilige Zeichen 44,000 Mann, – 30,000 zum Nachhalt. Von Wien aus sandte sie dem Palatinus ein kostbar geschirrtes edles Roß, einen Degen mit goldnem demantenbesetztem Griff und einen Ring. »Vater Palfy,« schrieb sie dem alten Helden dazu, »ich sende Euch dieß Pferd, welches nur von dem treuesten und eifrigsten meiner Unterthanen bestiegen zu werden verdient. Zugleich nehmt auch diesen Degen, mich gegen meine Feinde zu schützen und tragt diesen Ring, als Zeichen meines Wohlgefallens.« Jeder Ungar verstand diese an den Palatinus gerichteten Worte, als wären sie eben an jeden Einzelnen ergangen; und so zog dann rasch ein ansehnliches ungarisches Heer gen Böhmen.

Prinz Karl von Lothringen, der sich bereits in der Nähe von Straßburg befand, erhielt, bei der Nachricht von der Gefahr der Erblande durch die Preußen, Befehl, sogleich zurückzueilen. Nicht ohne eigene Gefahr bei der Uebermacht des Feindes, vollbrachte er den Rheinübergang und begann seinen Rückzug; es kam ihm sehr zu statten, daß die Krankheit Ludwigs XV. die Unternehmungen der Franzosen lähmte. Ungehindert zog er durch Schwaben nach Donauwörth, wo er dem trefflichen Traun den Oberbefehl übergab, um nach Wien zu eilen, von wo er sich, nach getroffener Verabredung über den Plan des Feldzuges, zu dem Heere nach Böhmen begab, wohin auch General Bathiany mit der Mehrzahl der Truppen aus Bayern zog. Jenem Plane zufolge sollte jede Hauptschlacht mit den Preußen vermieden, sollte Diesen durch geschickte Wendungen das Terrain abgewonnen, der Unterhalt abgeschnitten werden; Letzteres erleichterte der Haß des Landvolkes gegen die Feinde. Meisterhaft führte Traun (dem allein die Ehre gebührt, wenngleich Karl von Lothringen den Schein des Oberbefehles hatte) diesen Plan aus. Vergeblich suchte ihn Friedrich II. bei Marschowitz (am 24. Oktober) zur Entscheidungsschlacht zu locken; vor Traun's unangreifbarer Stellung mußte er sich nach Beneschau zurückziehen; worauf ihm Traun sogleich folgte, und ihn endlich durch Streifzüge und Verhinderung aller Zufuhr zum Aufgeben seiner vortheilhaften Stellung zwang. Es war eine großartige Schachparthie, wobei der umsichtige Traun den genialen König durch Rösselsprünge aus dem Felde trieb; auch die Bauern (im eigentlichen Sinne des Wortes) thaten das ihrige dabei. In Friedrichs Heer stellten sich Mangel und Krankheiten ein, und so mußte er sich endlich (im November) über die Elbe zurückziehen und seine Truppen in Kantonnirungsquartiere nach Schlesien legen. Prag und Böhmen waren nunmehr vom Feinde frei. Friedrich II. gestand selber zu, daß er in Traun seinen Lehrer der Strategie gefunden. Nun besetzten Prinz Karl und Graf Esterhazy die Grafschaft Glaz und Oberschlesien, wo ihnen nur die Festungen Glaz und Kosel widerstanden.

Die nächste Folge dieses Umschwunges der Dinge war ein Bündniß gegen Preußen, welches Oesterreich, England, Kursachsen und die Generalstaaten der vereinigten Provinzen zu Warschau am 8. Januar 1745 abschlossen, welches im März ratificirt wurde.

Die schlimmsten Nachwehen des raschen Herrenwechsels empfanden die Juden in Böhmen, wenn sie auch nachgerade mit der bloßen Angst davon kamen. Am 10. December erhielten sie Befehl, das Land bis zum letzten Januar des künftigen Jahres zu räumen; aus Gnade wurde dieser Termin, für die Juden in Prag (wo deren 20,650 wohnten) bis zum letzten Februar, für die übrigen im Lande (30,000) bis zum letzten Juni 1745 verlängert. In dieser äußersten Verlegenheit erbaten sie sich und erhielten die Verwendung Englands und Hollands. Doch Maria Theresia bestand hartnäckig auf ihrem Beschlusse und erwiederte: sie müsse annehmen, jene Verwendung geschehe aus Eigennutz. Der englische Gesandte meinte, man könne sich dieses sonderbare Verfahren kaum anders als aus einem übereilten Gelübde erklären, oder wenigstens aus einem unbezwinglichen, von frühester Erziehung herrührenden Vorurtheil. Selbst ihr Gemahl und Prinz Karl, sowie katholische Fürsten (Kurmainz und der Papst) verwendeten sich eine Zeitlang vergebens für die Juden, bis endlich der bessere Geist siegte und der Königin die Schmach ersparte, ein spanisches Beispiel von Unduldsamkeit zum eigenen Schaden nachgeahmt zu haben. Der Widerruf des harten Befehls erfolgte am 14. Mai jenes Jahres, wiewohl der Zustand der Juden auch nach der neuen Vergünstigung von 1748 noch immer ein provisorischer blieb.

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