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Sechzehntes Kapitel.
In der Falle

Der Februar war herangekommen. Saubert und Mühlberg hatten ihre Trapparbeit längst wieder aufgenommen, und ihre Erfolge waren andauernd zufriedenstellend. Es war ein gutes Jahr für den Fang von Pelztieren, und das bewies ihnen den Vorteil, wenn ein Farmer nicht allein auf die Ernte angewiesen ist. Diese war schlecht gewesen, obwohl weder sie beide, noch Burkharts darunter gelitten hatten. Dafür lieferte aber das Trappen gute Erträge. Nächstes Jahr würde die Ernte vielleicht gut sein, aber das Trappen schlechte Ergebnisse bringen, wer konnte es wissen? Andere Farmer fanden ihren Ausgleich in anderen Nebenzweigen. Mr. Nielsen am Shining Bank See zum Beispiel sandte ganze Ladungen von Fischen nach Edmonton. Den Nachteil hatten nur die Präriefarmer, die alle ihre Hoffnungen auf die Ernte gesetzt hatten und nun ihre Wechsel fällig werden sahen, ohne Mittel zu ihrer Deckung zu besitzen. Und die Viehherdenbesitzer, denn die Weiden waren von der Sonne ausgedörrt, Heu kaum zu erlangen, und wo es erlangt wurde, kaum zu bezahlen. Bei den herrschenden Preisen hätte das Vieh dem Besitzer viel mehr gekostet, als es ihm beim Verkauf je wieder einbringen konnte. Es brüllte zum Erbarmen vor Hunger und magerte zu Skeletten ab. In Edmonton und anderen Marktplätzen sanken die Viehpreise für die jammervollen Exemplare, die dort eintrafen, immer mehr, denn dieselben Verhältnisse herrschten nicht nur in ganz Canada, sondern auch in Amerika. Schafzüchter, die in normalen Jahren fünfzehn Dollar für ein Schaf bekamen, waren gezwungen, es für zweiundeinenhalben Dollar zu verkaufen, also für viel weniger, als was es ihnen selbst kostete, nur weil sie kein Futter für die Tiere hatten und sie ihnen sonst verhungert wären.

Mit dem Rindvieh war es nicht anders. Wo die Weideplätze von den Märkten weit ablagen, kostete der Transport des Viehes dahin mehr, als die Eigentümer dafür bekamen, und so erschossen viele es lieber, als es ohne Aussicht auf Abhilfe noch länger leiden zu lassen. Die Verwertung der Häute war in diesen Fällen das einzige, was ihnen noch blieb, denn alles sonstige Material, aus dem die Industrie noch Werte zu erzeugen versteht, hätte die Transportkosten nicht eingebracht.

Es war ein großes Jahr für die Wölfe, Luchse, Berglöwen und andere Räuber, die dick und fett wurden, ohne sich damit abplagen zu müssen, den kleinen und oft viel wertvolleren Pelztieren nachzujagen. Sie hatten das alles viel bequemer auf den Weideplätzen, wo das Vieh oftmals nicht mehr die Kraft hatte, auf den Beinen zu stehen und hilflos auf die ausgedörrte Erde sank.

Ja, es war ein großes Jahr für sie. Für sie und die Trapper, die jetzt das verschont gebliebene kleinere Raubzeug in ihre Fallen brachten. Des einen Unglück ist eben des andern Glück.

Selbst in Europa hatte der heiße Sommer großen Schaden angerichtet, nur daß er sich dort nicht ganz so auswirkte wie in Amerika.

*

Es war an einem Tage in der Mitte des Monats. Die Trappzeit würde nun bald zu Ende gehen, aber einstweilen herrschte noch Hochbetrieb. Saubert und Mühlberg waren auf des letzteren Heimstätte beschäftigt, Felle zu reinigen, indem sie mit einem stumpfen Messer alle Fleischreste davon abschabten, um sie dann auf Bretter und Drahtgestelle zu spannen, als sie Besuch erhielten.

Es war ihr Nachbar Carter, der mit seinem Schlitten angefahren kam.

Er warf den Pferden Decken über, nahm ihnen die Gebisse ab und hängte ihnen ein Bündel Heu an die Spitze der Deichsel. Dann trat er in die Hütte, wärmte sich am Ofen die Hände und tauschte mit den beiden Partnern ein paar Bemerkungen aus. Sie wußten indessen recht gut, daß sein Besuch einen besonderen Grund haben mußte, drängten ihn aber nicht, damit herauszukommen.

»Sie kommen zu guter Zeit,« sagte Mühlberg, »der Kaffee ist fertig. Wir haben aber schon getrunken. Sie werden eine Tasse oder auch zwei vertragen bei dieser Kälte. Frisches Brot ist auch da und Butter. Setzen Sie sich an den Tisch hier, wenn Sie sich gewärmt haben.«

» Well, fellows,« sagte Carter, nachdem er an dem Tische Platz genommen, ein paar Schlucke des heißen Kaffees mit offenbarem Behagen getrunken und ihnen eine Weile bei ihrer Arbeit zugeschaut hatte, »ihr werdet euch denken können, daß ich nicht nur zu einem nachbarlichen Besuch gekommen bin, obwohl ihr so gute Nachbarn seid, wie man sie sich nur wünschen kann.«

»Das war zu vermuten,« erwiderte Mühlberg. »Hoffentlich ist es nichts Unangenehmes, was Sie herführt.«

»Leider doch.«

»Dann heraus damit! Unangenehme Sachen redet man sich am besten schnell von der Seele.«

» Well, fellows, ihr wißt, daß ich einen Wolwerin auf meinem Trappgebiet hatte, der mir alle Fänge stahl.«

»Ja, aber den sind Sie ja jetzt glücklich los.«

»Er hat einen Nachfolger,« bemerkte Carter finster.

»Was Sie nicht sagen! Sie haben doch ein verfluchtes Pech! Wahrscheinlich sein Weibchen?«

»Nein, es ist ein menschlicher Wolwerin.«

»Ein Fallendieb?«

»Nichts anderes. Und ein ganz durchtriebener dazu.«

Mühlberg und Saubert sahen sich an.

»Leech,« sagten beide gleichzeitig.

»Schon möglich,« stimmte Carter bei. »Ich habe auch an ihn gedacht. Aber wer es auch immer sein mag, ich werde ihn kriegen. Und ihr sollt mir dabei helfen, deshalb bin ich hier.«

»Wenn es sich wirklich um einen Dieb handelt, so ist es sicher Leech, verlassen Sie sich darauf. Ich hatte ja gedacht, daß er sich nach dem Vorfall mit dem jungen Burkhart, von dem Sie wohl gehört haben, etwas zurückhalten würde; jeder andere hätte es getan. Aber seine Rücksichtslosigkeit geht so weit, daß sie zur Dummheit wird und ihn die nötige Vorsicht vergessen läßt. Unser Gebiet hat er bisher freilich verschont. Es lag ihm wahrscheinlich zu nahe, und er wußte, daß da der Verdacht in erster Linie auf ihn fallen würde. Auf Ihrem Gebiete war er sicherer, besonders da immerhin die Möglichkeit bestand, daß der Wolwerin ein Weibchen zurückgelassen hatte, das seine Raubzüge fortsetzte.«

»Das glaubte ich zuerst auch,« sagte Carter, »und wenn er eine oder die andere Falle zerstört hätte, wie das ein Wolwerin unbedingt tut, hätte ich das auch sicher angenommen. So weit dachte er aber nicht.«

»Vielleicht gerade,« widersprach Mühlberg, »denn wenn er Ihnen die Überzeugung beigebracht hätte, daß ein Wolwerin aufs neue Ihr Trappgebiet heimsucht, hätten Sie vielleicht Ihre Arbeiten überhaupt eingestellt, und er wäre auf seine eigenen Fänge angewiesen gewesen.«

Carter dachte eine Weile nach. »Sie mögen recht haben,« sagte er schließlich.

»Und wie haben Sie nun entdeckt, daß ein Dieb Ihre Fallen begeht?«

»Sicher bin ich erst seit heute. Ich habe aber schon immer das Gefühl gehabt, daß sich jemand an meinen Fallen zu schaffen macht, fand immer Dinge, die mir anders vorkamen, als ich sie angeordnet hatte. Kleinigkeiten, wissen Sie, über die man sich auch täuschen kann. Auf deutliche Zeichen stieß ich niemals. Zuletzt fiel es mir auf, daß das immer nur der Fall war, wenn es in der Nacht gestürmt und der umhergewehte Schnee alle Spuren verwischt hatte, oder auch wenn Schnee gefallen war. Das machte meinen Verdacht fast zur Gewißheit, bewies mir aber auch, daß ich es mit einem Spitzbuben zu tun hatte, der die Sache nicht zum ersten Male machte. Fänge, ich meine solche, die etwas wert waren, hatte ich an diesen Tagen niemals, wenigstens nicht auf dieser Seite meines Trappgebietes. Auf der entgegengesetzten fand ich manchmal etwas. Das war das Auffallende dabei. Es zeigte, daß der Dieb von dieser Seite kam und der Weg darüber hinaus ihm zu weit war. Gestern hatte ich nun eine Fuchsfalle aufgestellt. Ich mache meine Runde täglich, da mein Gebiet nicht so groß ist wie eures. Eine Fuchsfalle mit einem Fischköder. Als ich sie heute morgen untersuchte, war sie ganz in Ordnung, nichts hatte sich gefangen, und auch keine Tierspuren rundherum waren zu sehen, denn es hat in der vergangenen Nacht ja wieder geschneit. Aber ich sah etwas anderes. Eine merkwürdige Veränderung war mit ihr vorgegangen. An Stelle des Fischköders hing nämlich ein Stück Kaninchenfleisch daran. Jetzt war mir die Sache mit einem Male klar. Der Fuchs hatte sich in der Falle gefangen, als er den Köder verschlang. Der Dieb stahl ihn und setzte die Falle wieder, um allen Verdacht zu beseitigen. Nur konnte er nicht wissen, daß ich einen Fischköder benutzt hatte. Was sagen Sie dazu?«

»Das sieht dem Kerl ähnlich,« versetzte Mühlberg. »Was wollen Sie nun tun?«

»Ihn auf frischer Tat abfangen. Anders ist es nicht zu machen, er lügt sich sonst heraus. Hören Sie zu. Ich habe ein paar Otterfallen gesetzt an einem Bache mit hohen Ufern. Dort haben sich die Otter eine Rutschbahn geschaffen und kommen des Nachts und auch manchmal am Tage zusammen, um da wie Schulkinder hinabzurutschen. Die Otter scheinen viel Vergnügen an diesem Spiele zu finden. Well, am Fuße dieser Rutschbahn habe ich ein paar Fallen aufgestellt und bin fast sicher, daß der eine oder andere der Otter da hineingerät. Otterfelle sind aber wertvoll, und es ist daher ebenso sicher, daß der Dieb sich die Fänge holen wird. In dieser Nacht oder in der nächsten. Es kommt ganz darauf an, ob es diese Nacht windig sein oder schneien wird.«

»Und dabei wollen Sie ihn ablauern?« fragte Saubert.

»Nein, aber ich werde zur Hand sein. Und ihr auch, denn ich brauche euch als Zeugen. Fangen werden wir den Dieb aber nicht, das wird er selbst tun. Ich habe nämlich auf dem Zugang zu den Otterfallen zwei Bärenfallen aufgestellt, in die er unbedingt hineintreten muß, wenn er sich den Otterfallen nähert. Dann haben wir ihn.«

»Das wird er aber nur tun, wenn er sieht, daß sich ein Otter gefangen hat.«

»Gewiß, und es ist leicht möglich, daß die Sache in der ersten Nacht mißlingt. Dann müssen wir sie eben in der zweiten wiederholen und wenn nötig, in der dritten. Das ist aber noch nicht alles. Ich habe die Sache genau überdacht. Bei einem Manne, wie diesem Leech, muß man sichergehen und darf nicht den geringsten schwachen Punkt in der Beweiskette lassen.«

»Das wollte ich eben sagen,« versetzte Saubert. »Er wird einfach behaupten, daß er nur zufällig dort gegangen sei. Es ist zwar Ihr Trappgebiet, aber Sie können es niemand verwehren, darüber zu gehen. Solange er die Otter nicht aus den Fallen genommen hat, haben Sie keine Beweise für einen Diebstahl. Und wenn Sie die Bärenfallen hinter den Otterfallen aufstellen, um ihm erst Zeit zu lassen, den Diebstahl auszuführen, ist es wieder zweifelhaft, daß er hineingerät.«

»Ganz recht, das habe ich alles bedacht. Die Bärenfallen müssen unbedingt vor den Otterfallen aufgestellt werden, es darf nichts dem Zufall überlassen bleiben. Ich habe aber schon vorher Fallen aufgestellt, und es ist sicher, daß er auch die bestiehlt. Mit diesen Fellen finden wir ihn dann.«

»Der Plan kann kaum mißlingen,« meinte Saubert, und Mühlberg stimmte ihm bei. »Aber eine Bärenfalle ist schmerzhaft und kann ihm den ganzen Fuß verkrüppeln.«

»Das hat der Kerl reichlich verdient im Zusatz zu den sieben Jahren in Fort Saskatchewan, die er wenigstens dafür bekommt. Er kommt damit noch viel zu gut weg, denn ich könnte ihn über den Haufen schießen,« entgegnete Carter, und nach einer Pause setzte er hinzu: »Ich habe bereits an die Mounted Police in Edson telephoniert. Es werden zwei Mann herauskommen. Sie werden wohl heute abend auf meiner Farm eintreffen und dort so lange bleiben, bis wir den Kerl haben. Von den Bärenfallen habe ich ihnen nichts erzählt. Sie brauchen nicht alles zu wissen. – Also kann ich auf euch rechnen?«

»Nehmen Sie Mister Saubert mit,« sagte Mühlberg. »Für mich als Nachbar von Leech würde es nicht gut aussehen, wenn ich dabei beteiligt wäre. Wollen Sie mitgehen, Saubert?«

»Ganz gewiß.«

*

Durch die Gebüschgruppen, durch die der Wind Wolken von feinem Schneestaub blies, bewegte sich lautlos ein Schatten. In dem nächtlichen Dunkel waren seine Umrisse nicht deutlich zu erkennen, und das Schneetreiben verzerrte sie noch mehr.

Carter, der mit Saubert am andern Ufer des Baches hinter einem dicken Baume stand, erriet daher auch mehr, daß es sich um eine menschliche Gestalt handelte, als daß er es sah. Schweigend legte er seine Hand auf Sauberts Arm und deutete auf den Schatten.

Beide brachten ihre Gewehre in Anschlag. Eine kurze Strecke weiter bachauf befand sich die Stelle, wo Carter die Otterfallen gesetzt hatte. Auch in dem unsicheren Licht hatten sie einen freien Ausblick dahin, wenn der aufgewirbelte und von dem Winde umhergetragene Schnee ihn nicht verhüllte. Ein dunkler Körper, wie eine große Katze, und manchmal ein kreischender Ton, der an ihr Ohr klang, verrieten ihnen, daß ein Otter in die Falle gegangen war. Das Spiel der scheuen Tiere an der Rutschbahn war nach diesem schreckhaften Vorkommnis wahrscheinlich sofort abgebrochen worden, und sie mochten vor der unbekannten Gefahr kopflos die Flucht ergriffen haben, denn kein anderes lebendes Wesen war in Sicht.

Die schattenhafte Gestalt, die, wie in einem Augenblick, als die Windstöße ruhten und der Mond für eine kurze Zeit zum Vorschein kam, erkennbar war, einen Korb auf dem Rücken trug, mußte den guten Fang bemerkt haben, denn sie beschleunigte ihre Schritte.

Im nächsten Augenblick zerriß aber ein heiserer Schrei des Schreckens und Schmerzes die nächtliche Stille, und die Gestalt sank zu Boden.

Jetzt kam Leben in die beiden Männer hinter dem Baume.

»Folgen Sie mir mit ein paar Schritten seitlichem Abstand und halten Sie Ihr Gewehr schußbereit. Ich traue dem Kerl nicht. Er ist zu allem fähig, besonders jetzt, wo er weiß, daß er das Spiel verloren hat.«

Damit schritt er, seine eigene Flinte schußfertig haltend, über den Bach auf die Gestalt im Schnee zu.

»Hallo,« rief er, »hat sich der Dieb endlich selbst gefangen?«

»Was zum Teufel reden Sie da!« schrie Leech. »Wie können Sie hier Bärenfallen aufstellen, ohne die Leute darauf aufmerksam zu machen?«

»Das ist keine Bärenfalle, sondern eine Diebsfalle,« berichtigte Carter. »Übrigens möchte ich Sie warnen, eine Unbesonnenheit zu begehen, denn dort steht Mister Saubert und hat Sie mit seiner Rifle gedeckt.«

»Dafür sollen Sie mir bezahlen,« knirschte Leech. »Mich einen Dieb zu nennen!«

»Ich soll Sie wohl für einen ehrlichen Mann halten? Das werden wir gleich sehen. Zuerst werde ich Ihre Rifle an mich nehmen. Sie könnten Unheil damit anrichten.«

Leech hatte sie an ihrem Riemen über der Schulter getragen, sie war aber bei seinem Sturze abgeglitten und ein paar Schritte weit in den Schnee geflogen.

Carter hob sie auf.

Auch der Inhalt des Korbes war umhergestreut, und neben einigen Werkzeugen und mehreren Stücken Köder lag ein Mink und ein Marder mit eingeschlagenen Köpfen im Schnee, die Leech sich noch nicht Zeit genommen hatte, abzustreifen.

»Sie sind also kein Dieb?« fragte Carter.

In diesem Augenblicke wurden noch weiter bachaufwärts Stimmen laut.

»Hallo!«

Zwei Gestalten kamen heran. Schon von weitem erkannte man sie an ihrer Uniform als Mounted Policeleute.

»Sie kommen zur rechten Zeit,« rief ihnen Carter entgegen. »Hat Ihnen meine Frau den Weg beschrieben?«

»Um Gottes willen, befreien Sie mich aus der Falle!« stöhnte Leech. »Dann machen Sie mit mir, was Sie wollen.«

*

Vierzehn Tage später fuhr Mühlberg in einem Schlitten, den er sich von Frau Leech geliehen, der Heimstätte Sauberts zu. Er hatte seinen Partner drei Tage lang nicht gesehen. Die Trappzeit war zu Ende, und er nahm an, daß dieser im Augenblicke Wichtigeres zu tun hatte.

Die Verhaftung Leechs war für die ganze Gegend ein aufregendes Ereignis gewesen. Seine Frau wußte, daß sie ihren Mann für eine ganze Anzahl Jahre nicht wiedersehen würde, und trug sich mit der Absicht, ihre Farm, die sie mit ihrem Jungen nicht allein bewirtschaften konnte, zu verkaufen. Sie hatte das Mühlberg selbst mitgeteilt, und dieser hatte erraten, daß ihr wohl auch daran lag, so schnell als möglich aus der Gegend fortzukommen. Er hatte den Vorschlag erwogen und sich entschlossen, jedem anderen zuvorzukommen und die Farm mit fünfhundert Dollar Anzahlung und gegen Restzahlungen von einem Drittel der Ernteerträgnisse zu übernehmen. Das Geld konnte er aufbringen, weil er auf diese Weise die Ausgaben für den Bau eines Hauses und Stalles sowie die Anschaffung von Pferden und Ackergerätschaften ersparte. Auch hob ihn die Verwirklichung dieses Planes aus dem Stande eines armen Heimstätters heraus und gab ihm eine Zukunft, die ihn den Ansprüchen der Frau Burkhart in bezug auf einen Schwiegersohn beträchtlich näherrückte.

Als er das Haus Sauberts in Sicht bekam, fiel ihm etwas auf. Von dem Dache wehte die deutsche Flagge lustig im Winde.

Er lächelte, knallte mehrere Male kräftig mit der Peitsche, und mit einem lauten Hurra, wie ein Indianerhäuptling, der seine Bande zum Angriff führt, ließ er die Pferde den Rest des Weges in schnellstem Trabe zurücklegen.

Das brachte Saubert aus dem Hause.

»Gratuliere!« rief ihm Mühlberg entgegen, indem er die Pferde zum Halten brachte und auf die Flagge deutete. »Ein Sohn?«

»Ein Sohn,« bestätigte Saubert freudig. »Merken Sie sich, Mühlberg, es ist ein historischer Moment, in dem Sie erscheinen, denn von jetzt ab tritt das Geschlecht der Sauberts seinen Weg durch die Geschichte Canadas an. Hatten wir zu Weihnachten bedauert, daß dieses Land keine Märchen hat? Well, wir nehmen es zurück, denn ich sage Ihnen, da drinnen liegt das schönste Märchen, das ich mir denken kann.«

 


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