Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Viertes Kapitel.
In Edson

Der Nachmittagszug lief eben in Edson ein. Ihm entstiegen eine Anzahl Reisende, darunter Sauberts und das Ehepaar Burkhart mit ihrer Tochter Mathilde.

Ein schlanker, intelligent aussehender Mann von etwa vierzig Jahren, der die Ankommenden aufmerksam gemustert hatte, schritt rasch auf sie zu und sagte in deutscher Sprache:

»Das ist gewiß Herr Burkhart!«

»Ja. Und Sie sind Herr Bellack?«

»Ja.«

»Das ist meine Frau und hier ist meine Tochter Mathilde.«

Auch Saubert stellte sich und seine Frau vor.

»Sie haben meinen Brief von Edmonton bekommen?« erkundigte sich Burkhart weiter.

»Ja, und es war recht gut, daß Sie schrieben. Ich konnte mich für den Nachmittag dienstfrei machen. Übrigens habe ich auch schon durch Herrn Mühlberg von Ihnen gehört. Er schrieb mir von Winnipeg, daß Sie hierherkommen würden, vorausgesetzt, daß Sie sich nicht etwa unterwegs noch zu etwas anderem überreden ließen.«

»An Versuchen dazu hat's nicht gefehlt. Aber gerade weil mir jeder einen andern Vorschlag zu machen hatte, ohne daß er gegen das Land hier viel zu sagen wußte, bin ich bei meinem Entschluß geblieben.«

»Und Sie hätten leicht etwas Verkehrteres tun können,« entgegnete Bellack. »Das Land ist gut hier, und wer arbeitet und sparsam ist, braucht um seine Existenz nicht besorgt zu sein. Aber, verzeihen Sie, hatten Sie nicht noch mehr Kinder?«

»Ja, drei kommen im Auto nach. Ich habe mir eins in Edmonton gekauft. Gebraucht natürlich. Kostet mir zweihundert Dollar. Ein Deutscher, der englisch sprach, ist mit mir gegangen. Ich sagte mir, als Farmer brauche ich unbedingt ein Auto, ganz gleich, wo ich mich niederlasse, und rechnete, daß ich es in Edmonton billiger bekommen würde als zum Beispiel hier in Edson, und auf jeden Fall hatte ich dort eine größere Auswahl. Wir vereinbarten dabei, daß die Ablieferung in Edson erfolgen solle, denn ich hätte mich unterwegs schlecht zurechtfragen können, da ich noch nicht englisch spreche. Alle hätten wir sowieso darin nicht Platz gehabt, so sind nur die drei jüngeren Kinder mitgefahren, für die ich auf diese Weise das Fahrgeld gespart habe. Ich habe auch einen zweirädrigen Anhängewagen – Trailer nennen Sie das wohl – mit gekauft. Dreißig Dollar. Denn ein Farmer hat immer etwas nach der Stadt zu bringen, oder aus ihr zu holen. In einer Stunde werden sie wohl hier sein. Der Führer fährt dann mit der Eisenbahn zurück.«

»Das war sehr richtig. Ich denke, Sie werden wohl zunächst nach dem Hotel gehen wollen. Dort können wir weiterreden.«

*

Burkharts und Saubert mit seiner Frau waren noch am Tage ihrer Ankunft in Winnipeg mit dem Abendzuge nach Edmonton weitergefahren. Sie hatten dort eine Menge Erkundigungen eingezogen. Diese lauteten zwar alle verschieden und widersprachen sich auch oft, stimmten aber doch darin überein, daß Canada für denjenigen, der einige Tausend Dollar besitzt und Farmarbeit versteht, ein sehr aussichtsreiches Land ist.

In Edmonton hatten sie ihre Erkundigungen an den verschiedenen Auskunftsstellen mit deutschen Inhabern oder Angestellten fortgesetzt, und das Ergebnis war das gleiche. Sie waren übrigens schon längst nicht mehr im Zweifel, was sie tun sollten, und besaßen so viel selbständiges Urteil, daß bei ihnen nicht immer der letzte recht behielt. Indessen waren ihnen die Aufklärungen von so verschiedenen Seiten doch wertvoll, und sie betrachteten die Zeit, die sie damit zubrachten, keineswegs als verloren.

Am zweiten Tage ihres Aufenthalts in Edmonton stießen sie in der Office eines deutschen Landagenten, der sich auch mit Stellenvermittlung befaßte, auf Werner und Weckerle, die auf den Rat ihres Bekannten in Winnipeg ebenfalls dem »Zuge nach dem Westen«, der aber mehr ist als eine Suggestion und eine sehr sachliche Grundlage hat, gefolgt waren. Der Agent hatte ihnen eben Arbeit als Buschhacker angeboten. Als solche hätten sie das Land zu roden und von Busch zu befreien gehabt, eine herzbrechende Arbeit, die stets zu haben ist, aber nur von starken und an härteste Arbeit gewöhnten Leuten verrichtet werden kann. Der canadische Lumberjack oder Holzfäller, der alle Tricks seiner Arbeit kennt und die Axt mit einer bewundernswerten Geschicklichkeit handhabt, würde sie als Spielerei ansehen, der Neuling indessen, der mit dem zehnfachen Kraftaufwand nur den zehnten Teil der Arbeit eines geübten Holzfällers leistet, wird sie bei allem guten Willen bald wieder aufgeben.

Burkhart musterte die schlanken, biegsamen Gestalten der beiden jungen Männer mit einigen Zweifeln. Er hatte etwas Kenntnis vom Buschhacken und stellte sie sich vor, wie sie sich des Nachts todmüde und doch schlaflos auf ihrem Lager wälzen würden, weil jeder Muskel und Knochen zum Aufschreien schmerzte. Schwere Arbeit ist ganz gut und schadet keinem gesunden Menschen, aber es ist nicht immer weise, gleich mit der härtesten anzufangen.

Er sagte indessen nichts, um sie nicht von vornherein zu entmutigen. Es war auch nicht nötig, denn es waren noch andere da, die es für ihn taten. Die meisten hatten Erfahrung darin, denn zu der einen oder andern Zeit hatten sie es alle getan. Aber obwohl mehrere unter ihnen schon wochenlang ohne Arbeit waren und vermutlich kaum noch einen Dollar ihr eigen nannten, waren sie doch nicht zu bewegen, es noch einmal zu versuchen.

Ein Telegraphenbote brachte ein Telegramm für den Inhaber der Office.

»Sechs Mann für Erntearbeit in den Beavorhills,« sagte er, als er es gelesen hatte. »Sechs Dollar den Tag und freie Verpflegung.«

»Das wäre etwas für uns,« bemerkte Werner, »wir suchen Erntearbeit.«

»Kann ich mir denken,« versetzte der Inhaber. »Ich muß aber zuerst die berücksichtigen, die schon länger gemeldet sind. Wer will die Arbeit haben?«

Es meldeten sich mehrere.

»Sie haben ja wohl noch etwas Geld,« sagte einer zu den beiden Pforzheimern. »Ich rate Ihnen, warten Sie ab, bis sich etwas anderes findet. Die Ernte beginnt jetzt bald, und da geht man nicht für zweiundeinenhalben oder drei Dollar Buschhacken.«

Der Rat war verständig, und so beschlossen die beiden, sich die Sache erst noch etwas anzusehen und vor allem auch noch bei anderen Stellenvermittlern nachzufragen.

»Schwerla ist auch in Edmonton,« wandte sich Weckerle an Burkhart und Saubert. »Hier ist das ›Edmonton-Journal‹. Es bringt einen großen Bericht über ihn, wie er in seinem Faltboot den Saskatchewan-River hinabfährt.«

Er holte eine Zeitung aus der Tasche und wies auf ein großes Bild auf der ersten Seite, das Schwerla in seinem Paddelboote auf dem Strome vor einer Anzahl von Zuschauern zeigte.

Als sie am folgenden Tage nach Edson weiterreisten, trafen sie ihn übrigens selbst im Zuge, den er benutzte, um seine Reise nach Britisch-Kolumbien fortzusetzen.

*

Eine Stunde nach ihrer Ankunft, nachdem inzwischen auch das Auto mit den jüngeren Kindern und den in Edmonton gemachten Einkäufen eingetroffen war, saßen Burkhart und Saubert mit ihren Frauen und Bellack auf der Veranda des Viktoria-Hotels. Es befanden sich zwei Hotels im Orte, und beide lagen nur ein paar hundert Schritte vom Bahnhof entfernt. Die Kinder Burkharts hatten sich auf den Weg gemacht, um sich die Stadt anzusehen, die recht hübsch angelegt war und anderthalbtausend Einwohner zählte. Die Firmenschilder über den Läden und die Aufschriften an den Fenstern gaben ihnen unaufhörlich Gelegenheit, ihre Kenntnis des Englischen zu erproben.

»Well, Herr Burkhart, ich denke, wir bleiben erst einmal bei Ihrem Falle,« nahm Bellack das Wort. »Der des Herrn Saubert liegt ja ganz anders – und schwieriger, wie ich leider sagen muß, denn Heimstätten in der Nähe sind nicht mehr zu haben. – Es trifft sich, daß ich hier eine Farm weiß, die der Eigentümer verkaufen will. Es ist ein Deutscher, der vor zehn Jahren aus den Staaten hier einwanderte und seine deutsche Sprache schon mehr als zur Hälfte vergessen hat. Sie können sich aber immerhin mit ihm verständigen. Es handelt sich um eine halbe Sektion, also dreihundertzwanzig Acker. Zweiundeinhalber Acker sind ein Hektar. Er hat sie vor ein paar Jahren billig gekauft. Vor dem Kriege waren nämlich die Weizenpreise sehr niedrig, fünfundfünfzig bis siebzig Cents der Bushel, und viele Farmer, die sich unüberlegt in Schulden gestürzt hatten – das ist nämlich eine Torheit, die die meisten Farmer begehen –, fanden es schwierig, zurechtzukommen. Dann kam der Krieg, und die Sache änderte sich mit einem Schlage. Der Weizenpreis stieg bis auf zweiundeinenhalben Dollar der Bushel. Wer bisher vor Schulden nicht hatte schlafen können, war jetzt fein heraus. Da aber nur die wenigsten von ihnen wußten und verstanden, mit Geld umzugehen, begannen sie, die überflüssigsten Sachen zu kaufen. Zunächst natürlich ein Auto, dann einen kostbaren Pelz für die Frau Gemahlin, und wenn Töchter vorhanden waren, auch für diese. Für sich selbst begnügte man sich meist mit einem weniger kostbaren, der aber dafür den Vorteil hatte, Wind und Wetter – und davon können Sie in einem canadischen Winter etwas erleben – und allen Abnützungen standzuhalten. Ein Grammophon durfte natürlich auch nicht fehlen, später kamen dann Käufe von Maschinen, Materialien für den Bau eines besseren Hauses und mehr Land hinzu.«

»Es gibt eben so viele, die noch nicht wissen, daß eine Sache, die man nicht braucht, teuer ist, auch wenn man sie ganz billig kauft,« bemerkte Saubert, indem er sich eine Zigarette ansteckte und Bellack und Burkhart welche anbot, die sich bedienten.

»Das war hier noch nicht einmal der Fall,« fuhr Bellack fort. »Ganz im Gegenteil. Wie der Weizen, so waren auch alle andern Produkte sehr im Preise gestiegen. Nach dem Kriege kam dann der große Rückschlag. Der Weizenpreis sank, denn die Siegerstaaten hatten große Vorräte und kauften nichts mehr. Die Getreidespeicher in Amerika und Canada waren voll, und es kam vor, daß die Farmer ihren Weizen, den sie in normalen Zeiten jeden Augenblick in bares Geld umsetzen können, neben den Speichern einfach aus die Erde schütteten, weil sie ihn nicht wieder mit nach Hause nehmen wollten. Natürlich fehlte es jetzt überall an Geld, die Schulden zu bezahlen, und viele Farmer mußten ihr Land wieder verlassen. Das ging auch dem Manne so, dem die Schönbernersche Farm vorher gehörte. Schönberner konnte sie billig erwerben, denn er hatte beträchtliche Forderungen an den Inhaber. Während der letzten fünf oder sechs Jahre sind die Weizenpreise aber wieder sehr gut gewesen. Über einen Dollar der Bushel. Wer da fünf- oder zehntausend Bushel dreschen konnte, hat ein Vermögen erworben.«

»Warum will der Mann dann das Land wieder verkaufen?« fragte Burkhart.

»Er hat zu viel, und es liegt auch zu weit ab von dem seinigen. Großbetrieb ist ganz gut, aber auch nur bis zu einer gewissen Grenze. Wenn Sie mehr Land haben, als Sie selbst bearbeiten können, und das, was darüber hinausgeht, mit bezahlten Arbeitskräften bewirtschaften sollen, die entweder faul sind oder nichts davon verstehen, falls sie nicht, was meistens der Fall ist, beides in einer Person vereinigen, so lohnt sich die Sache nicht mehr. Sie können Arbeiter massenhaft haben, aber selten einen, mit dem Sie zufrieden sind. Sie sind ja in einer glücklichen Lage, Sie haben erwachsene Kinder, die Ihnen viel helfen können. Solche Leute kommen immer vorwärts.«

»Wieviel Acker sind unter Kultur auf der halben Sektion?«

»Hundertundsechzig. Herr Schönberner hat sie mit seinem Traktor gepflügt und mit Weizen eingesät. Sie werden freilich mit Pferden arbeiten müssen, denn für eine halbe Sektion lohnt sich ein Traktor nicht.«

»Was für Baulichkeiten sind auf dem Lande?«

»Da ist zunächst ein Wohnhaus. Das kommt ja bei uns Deutschen zuerst – nicht? Die Leute aus Polen, Galizien und Rußland sind darin anders. Bei denen kommt zuerst der Stall; das Wohnhaus ist Nebensache. Sie werden zahlreiche Farmen hier finden mit einem großen, ganz modern gebauten Stall mit Heuboden, und einer Erdhütte oder einer sonstigen armseligen Baracke als Wohnhaus daneben. Das sind aber die Leute, die hier vorankommen. Ich habe andererseits welche getroffen – es waren Engländer –, die Sonntags, elegant gekleidet, mit einem Buche in der Hand vor ihrer Hütte saßen, aber ihre Farm sah zum Erbarmen verwahrlost aus. Diese Art von Gewächsen kann hier natürlich nicht gedeihen. – Well, das Wohnhaus ist gut, hat vier Zimmer und einen großen Boden, ein Keller ist auch vorhanden. Auch der Stall für acht Pferde und ein paar Kühe ist gut, aber aus Baumstämmen erbaut und ohne Heuboden. An der einen Seitenwand außen befindet sich aber ein Dach, unter dem Sie Vorräte von Heu und Stroh und anderes aufbewahren können. Dann ist ein Brunnen vorhanden, dreißig Fuß tief, der auch im heißesten Sommer genug Wasser und gutes Wasser gibt. Auch eine Anzahl Maschinen und Geräte, wie Brechpflug, gewöhnlicher Pflug, Mähmaschine, Grasschneider und verschiedenes andere. Sie werden das ja selbst sehen, wenn Sie die Farm besichtigen. Vieh ist nicht vorhanden, denn es wohnt niemand auf dem Lande, der es versorgen könnte.«

»Und der Preis?«

»Dreißig Dollar der Acker, wie es steht und liegt, mit Ausnahme der diesjährigen Ernte, die natürlich Herrn Schönberner gehört, wenn Sie nicht etwa vorziehen, sie ihm auf dem Halme abzukaufen.«

»Wieviel Anzahlung verlangt er?«

Bellack zuckte die Achseln. »Es kommt darauf an, was Sie zahlen können. Ist Ihnen tausend Dollar zu viel?«

Burkhart überlegte eine Weile. Dann sagte er: »Mir sind schon Farmen mit weniger Anzahlung angeboten worden, aber ich kann das zahlen. Ich habe dann noch zweitausend Dollar.«

»Das reicht und gibt Ihnen einen guten Anfang, denn es hängt schließlich alles davon ab, wie man sich einrichtet. Für den Rest zahlen Sie dann vom nächsten Jahre ab die Hälfte der Ernte und verzinsen das Kapital mit sieben Prozent.«

»Ist das Land gut?«

»Ausgezeichnet. Schönberner hat letztes Jahr achtunddreißig Bushel vom Acker geerntet, und wenn wir nicht soviel Trockenheit gehabt hätten, wäre es noch mehr gewesen.«

»Damit müssen Sie aber stets rechnen. Etwas fehlt immer. Entweder ist es zu trocken oder zu naß, zu heiß oder zu kalt, oder es fehlt sonst etwas. Sie können immer nur mit einer mittleren Durchschnittsernte rechnen.«

»Well, das war eine Durchschnittsernte. Das Land liegt übrigens ganz nahe am Muskeg-River. Dort können Sie Fische fangen. Auf der andern Seite des Flusses wohnt auch ein Deutscher. Finsterbusch ist sein Name.«

»Von dem hat mir Mühlberg schon erzählt. Das ist doch der Mann, der die Fuchsfarm hat?«

»Ja. Er war früher in Deutschland Stukkateur und hat sich hier eine Heimstätte genommen. Später hat er sich dann noch Land dazugekauft. Zehn Jahre hat er ein erbärmliches Leben auf seiner Heimstätte geführt, aber jetzt tauscht er mit niemand. Mr. Schönberner ist natürlich bereit, Sie auf das Land hinauszufahren und es Ihnen zu zeigen. Wenn Sie es wünschen, kann ich ihm telephonieren. Er mag mit seinem Auto heute abend hereinkommen, und Sie können dann alles mit ihm besprechen. Sie können dabei auch Finsterbusch einen Besuch machen; er kennt die Farm und kann Ihnen Auskunft geben. Nur ein paar Meilen davon geht eine Fähre über den Fluß, auf der Sie sich mit Ihrem Auto übersetzen lassen können. – Und nun wollen wir mal die Pläne des Herrn Saubert besprechen. Sie suchen eine Heimstätte?«

»Ja. Ich habe noch etwas über achthundert Dollar. Glauben Sie, daß ich die Sache damit machen kann? Denn das ist es, weshalb ich nach Canada gekommen bin. Ich hatte eine gute Stellung in Deutschland, aber als Buchhalter alt und grau zu werden und die letzten neunundzwanzig Tage im Monat schon immer mit Schmerzen auf das nächste Gehalt zu warten, stets in der Furcht, eines Tages stellenlos zu sein, das behagte mir nicht. Ich fürchte mich nicht vor Arbeit, auch nicht davor, zehn Jahre lang unter Entbehrungen zu leben, wenn ich nur sicher sein kann, dann wenigstens unabhängig zu sein und mein gutes Auskommen zu haben.«

Bellack warf das Ende seiner Zigarette über das Geländer der Veranda und steckte sich eine neue an, die Saubert ihm anbot. Dann sagte er bedächtig: »Das ist der richtige Standpunkt, von dem aus Sie die Sache ansehen. Die meisten gehen mit ganz ungenügenden Mitteln auf eine Heimstätte, ohne sich recht darüber klar zu sein, wie lange es dauert, bis sie sich dort eine sorgenfreie Existenz schaffen können. Mit etwas mehr Kapital hätten Sie es natürlich leichter, aber ich kann Ihnen sagen, daß Tausende mit noch weniger auf eine Heimstätte gegangen sind und ausgehalten haben. Es kommt natürlich alles darauf an, daß Sie verstehen, sich mit Ihren achthundert Dollar einzurichten.«

»Mühlberg sagte mir, daß man hierherum leicht Arbeit bekommen kann.«

»Das hält nicht schwer. Vielleicht finden Sie sogar in der Nähe Ihrer Heimstätte bei einem Farmer Arbeit. Wenn nicht, dann sind die Kohlengruben da, die gut bezahlen. Es ist ein anderer Deutscher hier, der vor vier Jahren mit seiner jungen Frau ankam. Er arbeitet im Sommer in den Kohlenminen und lebt im Winter auf seiner Heimstätte. Das Gesetz verlangt, daß er sechs Monate im Jahre darauf wohnt. Er kommt recht gut voran. Aber es gibt keine Heimstätten mehr um Edson herum, soviel ich weiß. Sie müssen schon vierzig oder fünfzig Meilen weiter in das Land hineingehen.«

»Ich weiß,« entgegnete Saubert, »das ist aber im Zeitalter der gebrauchten Autos nicht mehr so schlimm. Ich habe mir auf dem Landamt in Edmonton Karten der freien Heimstätten geben lassen – –«

»Kann ich sie sehen?« fragte Bellack.

Saubert brachte aus seiner Tasche eine Anzahl mit Feldern von numerierten kleinen Vierecken bedruckter Zettel zum Vorschein und reichte sie Bellack, der sie aufmerksam prüfte. Jedes der kleinen Vierecke bedeutete eine Sektion Land, und die noch freien Heimstätten von je einer Viertelsektion waren darin eingezeichnet.

»Sie werden jemand haben müssen, der Sie hinausfährt. Allein würden Sie sich nur schwer zurechtfinden.«

»Ich hatte die Absicht, mir ein Paar Pferde und einen Wagen zu kaufen. Die brauche ich auf jeden Fall. Dann würde ich nur noch einen Führer benötigen. Das kann nicht viel kosten.«


 << zurück weiter >>