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Zehntes Kapitel.
Ansiedlerleben

Einige Wochen vergingen. Es wurde wärmer, im Hause sogar ungemütlich warm. Inzwischen waren auch zum Leidwesen aller Bewohner des Landes Wolken von Moskitos und schwarzen Fliegen wie eine höllische Plage zum Vorschein gekommen. Fenster und Türen mußten jetzt dauernd offen gehalten werden. Die äußere Tür war durch eine Gazetür ersetzt und die Fenster durch Moskitogaze geschützt, trotzdem ließ es sich nicht verhindern, daß einige dieser Blutsauger in das Haus eindrangen und der jungen Frau böse zusetzten.

Die Kartoffeln und das Gemüse wuchsen prächtig, und überall hoben zartgefärbte Blumen ihre Häupter zwischen den Gräsern hervor. Wilde Erbsen und Wicken wucherten an vielen Stellen in erstaunlicher Fülle, und Gänse und Enten schnatterten den ganzen Tag am Bache, während die Hühner, im Boden scharrend, sich an der reichbesetzten Tafel der Natur ihr Futter suchten. Sie bekamen nur abends etwas geschrotene Körnerfrüchte, meistens Mais.

Sport hatte längst begriffen, daß das lebende Inventar der Heimstätte niemals Gegenstand des Angriffs für ihn sein durfte, sondern daß es im Gegenteil, wie er selbst, zum Hause gehörte und seinem Schutze anvertraut war. Das machte ihn sehr stolz, und er nahm es ungeheuer ernst damit. Selbst seine anfänglichen Versuche, mit den Hühnern und Gänsen zu spielen, unterließ er, als er merkte, daß sie nicht das genügende Verständnis dafür hatten.

Die Ernte auf dem Wiesengrunde war sehr ergiebig gewesen, und das Heu lag jetzt in einem mächtigen Haufen an der Giebelseite des Hauses. Nur ein Dach darüber fehlte noch.

Für die Frau gab es jetzt viel Arbeit, denn Himbeeren, Brombeeren und Sakatuminbeeren waren reif, mußten im Walde eingesammelt und für den Winter eingekocht werden. Auch für zwei Ferkel hatte sie jetzt zu sorgen, die der Mann eines Sonnabends mitgebracht hatte.

Die Wegebauarbeit ging bald wieder zu Ende. Saubert war das nicht unangenehm, denn er fand dadurch Zeit, die Fugen der Hütte mit Lehm zu verschmieren, den die Sonnenhitze steinhart brannte, und den Stall zu bauen, zu dem er sich wieder Bretter für den Innenausbau und das Dach aus der Sägemühle heranholen mußte. Die Wände errichtete er, wie die des Hauses, aus Baumstämmen. Der Bau des Hauses hatte ihm genügende Erfahrungen gegeben, um die Arbeit allein ausführen zu können. Es wäre in dieser Zeit auch schwer gewesen, Nachbarn zur Hilfeleistung zu bekommen, denn der Weizen war inzwischen reif geworden, und auf vielen Farmen hatte man bereits mit dem Schneiden begonnen. Während des ganzen Sommers hatte eine außergewöhnliche Trockenheit geherrscht, und man konnte daher nur auf eine Ernte unter dem Durchschnitt rechnen.

Als er den Bau des Stalles beendet hatte, spannte er eines Morgens wieder seine Pferde ein und machte sich in der Richtung nach Edson auf den Weg, um sich bei den nächstgelegenen Farmern nach Erntearbeit umzusehen. Diese Zeit des besten Verdienstes durfte er nicht ungenützt vorübergehen lassen.

Bei dem ersten Farmer erhielt er zwar keine Arbeit, denn der Mann besaß nur eine Viertelsektion Land, die er bis zum Dreschen des Getreides selbst bearbeiten konnte, aber doch den Bescheid, daß ein Farmer, der sechs oder sieben Meilen entfernt wohnte, Leute suchte.

Dort erhielt er auch Arbeit mit seinem Gespann für sieben Dollar den Tag und freie Verpflegung. Seine Aufgabe hier war, den von der Mähmaschine, dem Binder, geschnittenen und in Garben gebundenen Weizen zu Haufen zusammenzuschichten. Der Binder wird von vier Pferden gezogen, schneidet acht Fuß breit und wirft die fertigen Garben in Reihen aus.

Nach zwei Wochen war das Getreide – auch Hafer war geschnitten – zum Dreschen reif, und die große Dreschmaschine mit dem Traktor und dem Schlafwagen für ein halbes Dutzend eigene Arbeiter wurde durch ihren Besitzer von einer benachbarten Farm herangebracht und mitten im Felde aufgestellt. Vorn an der Dreschmaschine befand sich die stählerne Walze mit Zähnen oder Stacheln, die sich mit großer Geschwindigkeit drehte und die ihr durch einen Trichter zugeführten Garben zerriß und durch ein Gebläse die Spreu von den Körnern absonderte. Durch eine lange, fast mannsdicke Röhre wurde die Spreu hoch in die Luft geblasen und bildete im Niederfallen bald einen hohen Berg, während die Körner in ein bereitstehendes Lastauto fielen und damit zum Abfahren nach dem Elevator bereit waren. Von einer Zählvorrichtung konnte man dabei stets die Menge des gedroschenen Getreides nach Busheln ablesen.

Neben dem Walzentrichter standen immer zwei vollbeladene Garbenwagen und zwei Mann, die die Garben mit einer langen Gabel hineinwarfen, immer mit dem Kopfende voran. Das geschah mit einer Geschwindigkeit, die ihnen keinen Augenblick des Besinnens ließ. Sobald eine Fuhre abgeladen war, rasselte eine andere heran. Überall wurde im Höchsttempo gearbeitet.

Die Abfuhr nach Edson erfolgte, sobald ein Lastauto vollgeladen war. Sie gehörten ebenfalls dem Unternehmer der Drescharbeit, und jedes von ihnen faßte hundert Bushel, also sechstausend Pfund. Mit einer Geschwindigkeit von fünfundzwanzig Meilen und mehr rollten sie dann Edson zu, so daß jedes den Weg zweimal am Tage machen konnte, während ein Farmer mit Pferden, einen Rasttag in Edson mit eingerechnet, für eine einzige solche Reise fünf Tage gebraucht hätte.

An dem Getreidespeicher, dem Elevator, fuhren sie dann auf eine große Waage, wo das Gewicht festgestellt wurde. Während nun die Plattform dieser an der einen Seite durch einen Hebeldruck gesenkt wurde, hob ein anderer solcher das Endbrett des Wagenkastens hoch, und die Ladung fiel in einen mächtigen Behälter, der sich unter ihr befand. Durch den gleichen Hebel wurde die Plattform wieder hochgehoben, das Leergewicht des Wagens festgestellt und vom Gesamtgewicht in Abzug gebracht, worauf der Führer eine Ablieferungsbescheinigung erhielt, die zu jeder Zeit auf der Bank zur Auszahlung der darauf vermerkten Summe vorgelegt werden konnte.

Inzwischen wurde der abgelieferte Weizen im Elevator durch große Saugröhren aus dem Behälter unter der Waage in die oberen Speicherräume befördert, von wo er sich auf der Rückseite durch ähnliche Röhren in die darunterstehenden Eisenbahnwagen entlud.

Der gleiche Vorgang wiederholte sich auf mehreren anderen Farmen, auf denen Saubert ebenfalls Arbeit fand, denn es handelte sich jetzt darum, die Ernte so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen. Die Nächte waren schon empfindlich kalt, und in der einen fielen ein paar Zoll Schnee.

»Das kann ja schön werden,« meinte der Unternehmer. »Wenn wir noch mehr Schnee bekommen, können wir alle nach Hause gehen, und die Ernte bleibt bis zum Frühjahr auf den Feldern liegen, wie vor ein paar Jahren. Das wäre ein Schlag für uns alle.«

Man mußte auch tatsächlich zwei Tage mit der Arbeit aussetzen, die natürlich auch den Arbeitern verlorengingen, da keine Bezahlung für sie erfolgte. Die Stimmung war deshalb sehr gedrückt, und man überlegte schon, ob man nach Hause gehen solle, als das Wetter wieder umschlug und es etwas wärmer wurde. Der Schnee taute weg, die Frucht wurde wieder trocken, und man konnte weiterdreschen. Diese zwei Tage waren nur eine nicht ernst gemeinte Drohung des Winters gewesen, denn es blieb danach andauernd schön.

Schließlich ging aber die Drescharbeit zu Ende, und die Arbeitergruppen an den verschiedenen Dreschgängen lösten sich auf, um sich entweder in die Städte zu begeben und dort die Zahl der Arbeitslosen zu vermehren, oder um auf ihre Heimstätten zu gehen und für die nächsten sechs Monate auf ihnen zu leben, oder auf irgendeine sonstige Weise mit den mehr als zweihundert Dollar fertig zu werden, die jeder von ihnen während der Erntezeit verdient hatte.

Auch Saubert kehrte auf seine Heimstätte zurück. Er kaufte sich einen Pflug und noch zwei Pferde, die er allerdings erst im Frühjahr brauchen würde, die ihm aber zu dem billigen Preise von hundertfünfzig Dollar angeboten wurden, sowie einige andere Geräte, und vor allem warme Kleidung für den herannahenden Winter. Damit hatte er allerdings wieder alles ausgegeben, was er mit seiner Sommerarbeit verdient hatte, aber er verfügte immer noch über nahezu hundert Dollar. Die würden ihm über die Zeit hinweghelfen, in der er auf Verdienst nicht rechnen konnte, denn zum Leben brauchte er fast gar nichts. Die Kartoffeln wie auch das Gemüse waren trotz der Trockenheit in dem noch völlig unausgenützten Boden gut geraten, und wenn er gelegentlich durch einen Fang Fische im See oder auch in seinem Bach, oder durch ein in der Schlinge gefangenes Kaninchen oder vielleicht auch durch einen zur Strecke gebrachten Hirsch nachhalf, so konnte er dem Winter ohne alle Sorge entgegensehen.

Das Wetter wurde jetzt kälter, und er brauchte mehrere Tage dazu, einen genügenden Vorrat von Brennholz zu schlagen, das er an der einen Seite des Stalles unter einem für diesen Zweck hergestellten Dache aufstapelte.

Es fiel auch bald Schnee, aber die Bäume brachen den Wind, und so war die Temperatur erträglich. Eine große Hilfe für ihn war der Bach, der mit seinem raschen Gefälle noch nicht zugefroren war, sondern nur an den Rändern etwas Eis angesetzt hatte. Er führte die Pferde und die Kuh zur Tränke und hatte nur noch das für den Haushalt nötige Wasser herbeizuschaffen.

Die Hühner wurden im Pferdestall untergebracht, und auch die Kuh wurde nur noch für Stunden in die Fenz gelassen. Als Streu für die Tiere hatte er mehrere Fuhren Spreu von dem Felde eines Nachbars geholt, die dort sonst doch nur verbrannt worden wäre, jetzt aber ihnen gleichzeitig noch als Häcksel zum Futter diente und als Streu den Hühnern eine willkommene Gelegenheit zum Scharren gab.

Als es noch kälter wurde, ersetzte man die Stiefel durch Mokassins, groß genug, um mit drei Paar übereinandergezogenen wollenen Strümpfen getragen werden zu können. Bei Wagenfahrten genügte aber auch das noch nicht, man mußte noch warme Überschuhe anlegen. Dicke doppelte Unterkleidung und warme Oberkleidung war eine Selbstverständlichkeit. Da die Kälte aber trocken war und die Tage des unvergleichlich schönen und wunderbar sonnenklaren Indianersommers sich bis Weihnachten ausdehnten, ließ sie sich leicht ertragen. Erst nach Weihnachten war die große und berüchtigte canadische Kälte zu erwarten.

Während des Sommers waren aus den älteren deutschen Ansiedlungen im Osten sowie auch aus Europa und den Vereinigten Staaten eine Anzahl Landsucher durch die Gegend gekommen, hatten zum Teil Farmen in der Nähe gekauft und auch einige Heimstätten aufgenommen und sich inzwischen auf ihrem neuen Besitz niedergelassen. Saubert konnte von seinem Heu mehrere Tonnen an diese verkaufen – die erste Einnahme von den Produkten seines Landes, und eine sehr willkommene dazu.

Auch die Heimstätten, die sie im Sommer verlassen gefunden hatten, waren jetzt bewohnt, denn die Sommerarbeit war zu Ende, und ihre Eigentümer arbeiteten jetzt auf dem eigenen Lande, fällten Bäume oder klärten das Land von Busch, bauten ihre Hütten aus oder Ställe, schlugen im Tannenwald Eisenbahnschwellen oder gingen auf den See oder noch etwas weiter nördlich nach dem mächtigen Athabaska-River, um zu fischen und sich einen genügenden Proviantvorrat für den Winter zu sichern.

Auch Saubert war viel mit dem Klären seines Landes beschäftigt, denn er wollte im April möglichst viel Land brechen, um es für die Ernte in dem darauffolgenden Jahre vorzubereiten. Von den Bäumen mit mehr als fünf Zoll Durchmesser ließ er Stumpen von etwa drei Fuß Höhe stehen. Alles Holz und Gesträuch, das weder als Bau- noch als Brennholz benutzt werden konnte, schichtete er auf einen Haufen, um es gelegentlich zu verbrennen. Die stehengebliebenen Stumpen mußten im Frühjahr von den dicken, an der Oberfläche liegenden Wurzeln abgehackt werden, dann konnten sie mit zwei Pferden ausgerissen werden.

Die Arbeit hatte jetzt einen gewissen regelmäßigen Gang angenommen, und das gab ihm Gelegenheit, abends mit seiner Frau vor dem rotglühenden Herde zu sitzen und aus den mitgebrachten Büchern zu lesen, während draußen, wie sie einst geträumt hatten, der Schneesturm brauste und an den Wänden der Hütte rüttelte. Sie fühlten sich dabei so behaglich, daß sie sich der Ärmlichkeit ihres Heims gar nicht bewußt wurden.

Gegen Ende Oktober erlebten sie eine große Überraschung.

Saubert war eben dabei, die Wände des Stalles durch eine Mauer von aufgeworfenem Schnee, hauptsächlich der Hühner wegen, abzudichten, als er von Süden her einen Mann sich der Heimstätte nähern sah. Da dieser die Pelzmütze über die Ohren und das halbe Gesicht gezogen und dieses auch noch in dem aufgeschlagenen Kragen seiner Mackinawjacke verborgen hatte, so konnte er zunächst nicht feststellen, ob es ein Bekannter oder ein Fremder war. Ein Rucksack, den er auf dem Rücken trug, deutete aber an, daß er vermutlich einen Gast für die Nacht bekam.

»Hallo, Saubert!« rief gleich darauf eine fröhliche Stimme. »Ein unerwarteter Besuch. Mich hätten Sie wohl am wenigsten erwartet?«

»Mühlberg!« rief Saubert erstaunt. »Wie kommen Sie denn hierher?«

»Ja, das ist eine lange Geschichte,« entgegnete Mühlberg, indem er Saubert die Hand reichte. »Zuletzt komme ich von Edson. Herr Bellack sagte mir, daß Sie hier eine Heimstätte aufgenommen hätten, und ich fand einen Farmer, der nur zehn Meilen von Ihnen wohnt und Sie kennt. Er nahm mich auf seinem Schlitten mit bis auf seine Farm. Sie liegt am Shining-Bank-See. Er ist der einzige Weiße dort, sonst leben da nur noch ein paar Indianer.«

»Ist das der Schwede?«

»Ja. Mr. Nielsen.«

»Den kennen wir allerdings. Aber kommen Sie herein, Mensch. Sie wollen doch hier draußen nicht erfrieren?«

»Oh, ich habe mich warm gelaufen. Zehn Meilen durch den Schnee sind immerhin ein Weg.«

»Das sollte ich meinen. Aber kommen Sie, meine Frau wird sich riesig freuen, Sie zu sehen. Wir haben oft von Ihnen gesprochen.«

Sie traten in das Haus, und Frau Saubert zeigte sich von dem Besuche nicht weniger überrascht als ihr Mann, freute sich aber ebenfalls, den alten Reisegefährten wiederzusehen.

»Sie werden hungrig sein,« sagte sie nach den ersten Begrüßungsworten. »Das Abendbrot ist noch nicht fertig, aber ich werde Ihnen rasch eine Tasse Kaffee kochen, und frisches Brot und Butter und selbsteingekochte Himbeermarmelade ist auch da. Das Wasser ist schon heiß, und es wird alles im Augenblick fertig sein. Legen Sie nur einstweilen ab und erzählen Sie dann, wie es Ihnen ergangen ist.«

»Lassen Sie uns zuerst mit Ihnen beginnen,« entgegnete Mühlberg, indem er seinen Rucksack vom Rücken nahm und in einer Ecke auf den Boden legte. »Daß Sie hier sind, das sehe ich, daß Sie wohl und munter sind und keine Not leiden, auch, aber wie gefällt es Ihnen in Canada?«

»Ich habe immer gehört,« erwiderte Frau Saubert, »daß die Leute unglücklich sind, die sich eine Menge Dinge wünschen, die gar nicht für sie bestimmt sind und die das Schicksal dann boshaft genug ist ihnen zu geben. Soweit sind wir bisher noch nicht gelangt. Wir wünschen uns gewiß eine Menge Dinge – ich zum Beispiel einen Milchseparator und eine elektrische Waschmaschine –, aber doch immer nur solche, die zu uns gehören und die wir, wie ich hoffe, mit der Zeit auch haben werden. Wenn es wahr ist, daß das Glück nur in unerfüllten Wünschen besteht, so sind wir hier ganz ausnehmend glücklich.«

»Well, es freut mich, daß ich Sie in dieser Stimmung finde. Es kommt alles darauf an, von welcher Seite aus man eine Sache ansieht.«

Frau Saubert verschwand in die Küche, aus der eine Zeitlang das Geklapper von Geschirr tönte, kam dann zurück und besetzte den Tisch mit den Dingen, die sie Mühlberg verheißen hatte.

»Sie müssen schon entschuldigen, daß wir Ihnen jetzt beim Essen nicht Gesellschaft leisten. Wir werden aber bald zusammen Abendbrot essen.«

Saubert hatte Mühlberg inzwischen erzählt, wie es ihm ergangen und wie zufrieden er mit seiner Heimstätte sei.

»Sie hatten vollkommen recht, als Sie uns auf dem Schiffe erzählten, daß der Erfolg eines Ansiedlers in Canada schon von vornherein und ausschlaggebend durch die Gegend entschieden wird, in der er sich niederläßt. Aus den Schriften, die ich über Canada gelesen hatte, war mir das niemals so recht klar geworden. Welche hoffnungslosen Schwierigkeiten hätte ich zum Beispiel gehabt, wenn ich mich als Heimstätter in Manitoba niedergelassen hätte, wo der durchschnittliche Ernteertrag nur sechzehn Bushel beträgt. Was macht demgegenüber der geringere Frachtsatz aus? Vielleicht wäre es mir so gegangen wie unserm Freund Hoffmann, den wir damals auf der Reise nach Winnipeg im Zuge trafen, und der schon bereit war, die Flinte ins Korn zu werfen. Ich dachte erst, es läge an dem Manne selbst, und einer der Tüchtigsten scheint er ja auch nicht zu sein, aber was kann er schließlich in einer Gegend mit so mäßigen Ernteerträgen machen? Ich betrachte es als ein Glück, daß wir Sie auf dem Schiffe trafen, denn ohne Sie wären wir uns sicher nicht darüber klar gewesen, daß man, bevor man eine endgültige Entscheidung trifft, die Ernteerträge in den verschiedenen Gegenden miteinander vergleichen muß, um sich dann aus denjenigen mit den höchsten eine zur Niederlassung auszuwählen. Davon hängt alles ab. Jetzt begreife ich auch, warum so viele Farmer in Manitoba ihr Land dort einfach im Stich lassen und hierher und nach der Grand Prairie kommen. Das Unkraut und die zu lange unterlassene Düngung mögen ihren Teil daran haben, aber auch mit einem unkrautfreien Lande und der besten Düngung können sie dort nie die Ernten erzielen wie hier. Ja, Mühlberg, ich kann Ihnen nicht genug danken für Ihre Ratschläge. – Nun aber lassen Sie hören, wie es Ihnen ergangen ist.«

»Da ist nicht viel zu erzählen,« berichtete Mühlberg, indem er sich mit dem Appetit eines Mannes, der einen tüchtigen Marsch hinter sich hat, über das Essen hermachte. »Ich fand gleich am ersten Tage Arbeit in Winnipeg, wie Sie wissen, und verlor sie am zweiten wieder. Die Stelle war besetzt, als ich auf der Mine anlangte. Wegen des Rückreisegeldes sollte ich mich an den Agenten in Winnipeg halten, der rechtzeitig davon benachrichtigt worden sei. Das war eine Unwahrheit. Der Mann hätte mich sonst sicher nicht dahin geschickt, mit der Aussicht, das Fahrgeld aus seiner Tasche bezahlen zu müssen. Es überraschte mich daher auch nicht, als er mir bei meiner Rückkehr nach Winnipeg das Telegramm vorlegte, das erst an demselben Morgen eingelaufen war. Meinen Anspruch auf das Rückfahrgeld müßte ich gegen die Minengesellschaft geltend machen. Das hatte ich schon getan mit dem Erfolge, daß ich sicher war, keinen Cent zu erhalten. Glücklicherweise hatte ich noch ein paar Dollar im Besitz. Die reichten, bis ich nach zwei oder drei Tagen durch den gleichen Agenten, aber diesmal ohne etwas dafür bezahlen zu müssen, Beschäftigung als Erntearbeiter in Saskatchewan fand. Das war mir lieb, denn auf diese Weise konnte ich die halbe Strecke bis Edson auf fremde Kosten zurücklegen.«

Frau Saubert, die sich auf der andern Seite des mit weißem Wachstuch überzogenen Tisches auf der Bank neben ihrem Manne niedergelassen hatte, schenkte Mühlberg eben die dritte Tasse Kaffee ein.

»Ich wüßte nicht, wann es mir jemals so gut geschmeckt hätte,« meinte dieser.

»Das ist schön, aber heben Sie sich etwas Appetit für das Abendessen auf. – Und wie ist es Ihnen weiter ergangen?«

»Well, ich habe bis vor ganz kurzem in der Ernte gearbeitet und über zweihundert Dollar verdient. Dafür habe ich mir eine Trapperausrüstung beschafft, ich meine Fallen und Lebensmittel für den Winter, und suche mir jetzt eine Heimstätte, um möglichst von dort aus trappen zu gehen, denn es ist durchaus nicht nötig, daß Sie sich irgendwo in eine menschenleere Gegend setzen.«

»Verstehen Sie denn etwas vom Trappen?«

Mühlberg zuckte die Achseln. »Ich will nicht behaupten, daß ich ein guter Trapper sei, aber ich habe schon zwei Winter hindurch mit einem Canadier als Partner getrappt. Der Mann verstand sein Fach, und wir hatten auch ganz gute Fänge. Freilich, es war kurz nach dem Kriege und die Preise für Felle so hoch, daß man auch bei geringen Erfolgen Geld verdienen konnte. Heute sind sie viel niedriger, und es ist auch in den letzten Jahren so viel getrappt worden, daß die Tiere selten geworden sind. Aber ich denke immer noch einen guten Winterverdienst zu erzielen.«

»Ich wünschte, ich könnte mit Ihnen gehen,« bemerkte Saubert. »Es ist ja ganz schön, wenn ich mir gelegentlich einen Vorrat von Fischen aus dem Shining-Bank-See hole, ein paar Kaninchen fange oder ein paar Enten oder auch einen Hirsch schieße, was mir übrigens immer noch bevorsteht, aber das ist doch alles nur für den eigenen Bedarf und dient nur dazu, einen am Leben zu erhalten. Man möchte aber doch auch gern einigen Verdienst während des Winters haben.«

»Dann gehen Sie doch mit mir,« versetzte Mühlberg. »Ich nehme an, daß Sie nichts vom Trappen verstehen –«

»Nicht mehr, als was ich in einem Lehrbuch darüber gelesen habe.«

»Bücher können die praktische Erfahrung niemals ersetzen.«

»Das wohl nicht, aber Sie ziehen mehr Nutzen aus der praktischen Erfahrung, wenn Sie die Sache bereits aus Büchern kennen, denn schließlich sind es doch nur die praktischen Erfahrungen anderer, die Ihnen darin mitgeteilt werden, und Sie erfahren daraus manches, was Sie sonst vielleicht erst in Jahren lernen würden.«

»Das mag wohl sein, und ich wollte auch nur sagen, daß ein Trapper auch einen Neuling recht gut als Partner gebrauchen kann, denn neben dem Fangen der Tiere in den Fallen, von dem ja allerdings der Erfolg abhängt, gibt es eine ganze Menge anderer Arbeiten und Handgriffe, die getan werden müssen und auch von jemand, der keine Ahnung von der Sache hat, leicht gelernt werden können. Wenn Sie also mit mir gehen wollen, soll mir's recht sein.«

»Wo gedenken Sie Ihr Trappgebiet zu haben?«

»Das hängt davon ab, wo ich eine Heimstätte finde. Die muß ich mir vorher suchen, denn der Winter soll mir dazu dienen, meiner Wohnpflicht darauf zu genügen. Im Sommer muß ich doch wieder auf Arbeit gehen, und ich würde ein Jahr verlieren, wenn ich sie jetzt nicht nähme.«

»Das ist richtig. Aber hier in dieser Gegend ist so ziemlich alles aufgenommen. Sie werden also weiter nördlich gehen müssen, vielleicht sogar über den Athabaska-River hinüber nach der Grand Prairie.«

»Ich würde lieber auf dieser Seite des Athabaska bleiben, denn hier bin ich zwischen zwei Eisenbahnen, der Hauptlinie, die durch Edson geht, und der Peace-River-Linie.«

»Ja. Ich habe auch erst später ausfindig gemacht, daß ich hier nur etwa zwölf Meilen vom Athabaska und der Peace-River-Linie entfernt bin. Das ist ein großer Vorteil für mich, wenn ich erst etwas zu verkaufen haben werde. – Aber warten Sie – ich weiß eine Heimstätte hier. Es fragt sich nur, ob sie Ihnen zusagen wird, denn es sind einige Umstände damit verbunden, die mich zum Beispiel haben davon absehen lassen, sie zu nehmen. Und ein anderer, der sich bereits darauf niedergelassen hatte, zog es vor, sie wieder aufzugeben und davonzugehen.«

»Ist sie so schlecht?«

»Im Gegenteil, sie soll sogar sehr gut sein. Es handelt sich nur um die Nachbarschaft. Anstoßend an die Heimstätte hat nämlich ein Amerikaner eine Viertelsektion Land. Er heißt Leech und ist, wie man allgemein hört, ein ganz übler Mensch, dem alles gleichgültig ist und der sich um Tod und Teufel nicht kümmert, wenn er Pläne hat, die er durchsetzen will. Er ist verheiratet. Ob die Frau besser ist als er, weiß ich nicht, bezweifle es aber. Sie haben einen Jungen, der bald achtzehn Jahre alt ist. Für den möchten sie die Heimstätte haben. Als ich sie besichtigte, erzählte mir der Mann, sie sei bereits aufgenommen. Das war natürlich gelogen, wie ich später auf der Land Titles Office in Edson erfuhr. Zweifellos erzählt er das auch anderen. Einer hatte sie schon aufgenommen, aber ihm passierte allerhand Unglück, wie es keinem Farmer zustößt, wenn die Sache mit rechten Dingen zugeht. Viehzeug verschwand ihm, Kühe und Pferde krepierten, allem Anschein nach vergiftet. Schließlich merkte er, daß hier eine Schurkerei seines lieben Nachbarn im Spiele war. Nachweisen konnte er ihm aber nichts. Einen Hund, den er sich angeschafft hatte, fand er eines Tages auch tot vor seiner Hütte liegen. Schließlich sah er ein, daß alles, was er sich auf der Heimstätte erarbeitete, denselben Weg gehen würde. So verließ er das Land lieber wieder, als sich einer solchen Nachbarschaft noch länger auszusetzen.«

»So etwas kommt vor. Ich wäre aber nicht gegangen, das weiß ich. Ich hätte diesem Mr. Leech von seiner eigenen Medizin so viel zu kosten gegeben, daß ihm der Geschmack an solchen Schurkereien bald verleidet worden wäre. In solchen Fällen handelt es sich immer darum: wer hat am meisten zu verlieren?«

»Das ist genau der Gesichtswinkel, von dem ich selber die Sache ansah,« versetzte Saubert. »Es reizte mich, dem Kerl zu zeigen, daß sich solche Dinge auf die Dauer nicht bezahlt machen. Aber ich bin verheiratet, und an ein Vorwärtskommen wäre nicht zu denken gewesen, wenn ich durch solche Schurkereien einen Schaden nach dem andern gehabt hätte. Die Vergeltung, die ich an dem Kerl geübt hätte, konnte mir das nicht ersetzen. Es wäre eine Torheit gewesen, wenn ich mich unter solchen Umständen auf der Heimstätte niedergelassen hätte. Bei einer solchen Nachbarschaft lebt man in dauernder Aufregung, und der wollte ich meine Frau nicht aussetzen. Jetzt bin ich froh, daß ich es nicht getan habe, denn hier habe ich eine Heimstätte mit fließendem Wasser. Übrigens sagt man dem Kerl noch ganz andere Dinge nach.«

»Sie sind also wirklich der Meinung, daß das Land gut ist?«

Mühlberg verriet ein großes Interesse an den Mitteilungen Sauberts.

»Es muß gut sein, der Mann würde sonst nicht solche Mittel anwenden, es sich für seinen Sohn zu sichern.«

»Das kann man wohl annehmen. Die Lage der Heimstätte gefällt mir, und mit dem Mr. Leech werde ich fertig werden. Er hat mehr zu verlieren als ich. Wenn Sie mich für die Nacht hier unterbringen können, will ich mir die Heimstätte morgen ansehen, denn ich möchte so schnell wie möglich in Ordnung kommen.«

»Wir können Ihnen ein Lager in der Küche zurechtmachen. Mit ein paar tüchtigen Klötzen im Küchenofen haben Sie es da warm. Morgen fahre ich Sie dann nach der Heimstätte.«

»Das ist fein, und ich nehme es mit Dank an. Alles Weitere wird sich finden.«

»Waren Sie schon bei Burkharts?« erkundigte sich Frau Saubert.

»Ja, ich traf Herrn Burkhart gleich am Tage nach meiner Ankunft in Edson, und er nahm mich mit auf seine Farm.«

»Da herrschte wohl große Freude?« fragte sie mit einem bezeichnenden Lächeln.

Mühlberg zögerte eine Weile mit der Antwort.

»Im allgemeinen, ja,« sagte er dann.

»Im allgemeinen?« fragte sie etwas verwundert. »Ich hätte eher gedacht im besonderen.«

»Nun ja, im besonderen war schon alles richtig,« entgegnete Mühlberg ebenfalls lächelnd, denn er konnte nicht im Zweifel sein, worauf sie anspielte. »Aber ich hatte den Eindruck, daß mein Besuch und noch mehr meine geäußerte Absicht, hier in der Nähe eine Heimstätte aufzunehmen, Frau Burkhart nicht übermäßig willkommen waren.«

»Wundert Sie das?«

»Ich weiß nicht. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht. Aber worauf spielen Sie an?«

»Ich meine, es war eigentlich selbstverständlich. Frau Burkhart ist die Mutter von drei heiratsfähigen Töchtern, und Sie sind, wenn Sie mir ein offenes Wort nicht übelnehmen wollen, wenigstens was die äußeren Verhältnisse anbelangt, einstweilen noch nicht das, was man eine gute Partie nennt. Frau Burkhart muß aber mit der Möglichkeit rechnen, daß ihre Töchter die äußeren Verhältnisse nicht als ausschlaggebend ansehen. Die Jugend hat darüber immer andere Ansichten als das Alter. Dieser Möglichkeit will sie wahrscheinlich beizeiten vorbeugen. Das können Sie ihr nicht verdenken.«

»Nein, das kann ich nicht,« gab Mühlberg zu. »Es ist im Gegenteil klug und weise, selbst in einem Lande wie Canada, wo alle gleich sind.«

»Bis auf die äußeren Verhältnisse, denn die machen auch hier einen Unterschied.«

»Sie haben recht,« erwiderte Mühlberg ernst. »Die Gefahr, die Sie andeuten, liegt übrigens gar nicht vor, denn es würde mir, als einem armen Teufel von Heimstätter, der ich noch nicht einmal bin, nicht in den Sinn kommen, mich um eine ihrer Töchter zu bewerben.«

»Das mag sein. Aber im Verkehr zwischen jungen Leuten gibt es manchmal Stunden, wo solche Entschlüsse nicht standhalten. Gefühle sind oftmals stärker als Vernunftgründe. Meinen Sie nicht, daß Frau Burkhart es unter solchen Umständen für ihre Pflicht halten mag, vorzubeugen?«

»Freilich. Besonders, wo es hier herum genug reiche Farmerssöhne gibt, die sich glücklich schätzen würden, ein hübsches deutsches Mädchen zur Frau zu bekommen.«

*

Am andern Morgen fuhr Saubert mit Mühlberg in dem Kastenschlitten, den er aus seinem Farmwagen hergestellt, indem er das Rädergestell durch Schlittenkufen ersetzt hatte, nach der Heimstätte, die an die des Mr. Leech angrenzte.

Als sie dort anlangten, vor die Blockhütte fuhren und haltmachten, hatten beide das Gefühl, daß spähende Blicke von der Nachbarfarm ihr Tun beobachteten. Sie ließen sich dadurch aber nicht stören, sondern begannen die Farm zu besichtigen. Eine Bodenuntersuchung war bei dem herrschenden Froste, der ihn vier Fuß tief hart wie Stein gemacht hatte, nicht möglich und auch kaum nötig, da schon der Wald und das Buschwerk auf ihr die Beschaffenheit des Bodens andeuteten. Es schien ein ganz ausgezeichnetes Stück Land zu sein und die Mittel völlig zu rechtfertigen, die Leech anwandte, um es für seinen Sohn zu halten. Auch ein Brunnen war schon gegraben, und ein Blick auf die Eisdecke in seinem Schachte zeigte an, daß er nicht mehr als dreißig Fuß tief war. Die Hütte würde einige Ausbesserungen erfordern, aber es war immerhin ein großer Vorteil, daß eine solche vorhanden war, besonders in der jetzigen Jahreszeit, die den Bau viel schwieriger gestaltet hätte.

Als sie aus der Hütte wieder heraustraten, kam ein Mann von Leechs Farm her auf sie zugeschritten.

»Das ist Leech,« raunte Saubert Mühlberg zu. »Jetzt werden wir ja hören, was er zu sagen hat.«

Der Mann kam näher, gefolgt von einem großen Hunde, der sich mißtrauisch in einiger Entfernung hielt. Als er bis auf zehn Schritte herangekommen war, richtete er unter dicken, buschigen Augenbrauen hervor einen unangenehm scharfen Blick auf die beiden Männer. Mühlberg war ihm unbekannt, und das beruhigte ihn augenscheinlich. Aber auch Saubert kannte er offenbar nicht wieder. Er hatte ihn damals im Sommer gesehen, und jetzt in seiner dicken Winterkleidung, mit der Mütze über den Ohren, machte er einen völlig veränderten Eindruck. Die Prüfung hatte Leech überzeugt, daß er es hier mit Fremden zu tun habe, möglicherweise Heimstättensuchern, trotz des Winters. Er schien es daher für diplomatischer zu halten, eine kurze Begrüßung auszusprechen und den Fremden soviel Freundlichkeit zu zeigen, als das in seiner Natur lag.

»Haben Sie Interesse an dem Lande hier?« erkundigte er sich.

»Ja,« entgegnete Mühlberg. »Ich suche eine Heimstätte, und es scheint mir, als ob wir Nachbarn werden würden. Sie gefällt mir recht gut, und ich denke, ich werde sie nehmen.«

»Sie kommen damit zu spät,« erklärte Leech. »Sie ist schon aufgenommen.«

»Das muß wohl ein Irrtum sein,« sagte Mühlberg. »Ich war erst vor drei Tagen auf dem Landamt in Edson, und da war sie noch frei.«

»Mag schon sein,« entgegnete Leech unbeirrt. »Es war auch gerade vor drei Tagen, daß einer hier war. Sie gefiel ihm, und er sagte, er wollte sie nehmen. Wenn Sie am nächsten Tage noch einmal nach dem Landamt gegangen wären, hätten Sie ihn vielleicht getroffen.«

»Sie sprechen so sicher, als ob darüber gar kein Zweifel sein könnte,« versetzte Mühlberg, ohne es verhindern zu können, daß seine Worte etwas spöttisch klangen.

Mr. Leech richtete noch einmal einen schnellen Blick auf ihn, um zu sehen, wie die Bemerkung gemeint sei. Der verriet ihm aber nichts, und er sagte daher etwas ungeduldig: »Well, ich spreche so sicher wie der Mann, der sie aufgenommen hat.«

»Aufnehmen wollte,« verbesserte ihn Mühlberg. »Denn daß es geschehen ist, dafür fehlt einstweilen noch der Beweis. Haben Sie noch nicht die Erfahrung gemacht, daß Leute ihre Entschlüsse wieder ändern?«

Das war etwas zu bestimmt gesprochen, um nur als gelegentlicher, bedeutungsloser Zweifel gelten zu können. Er hatte die Täuschung schon etwas zu oft angewendet, als daß der Mann da vor ihm nicht vielleicht von irgendeiner Seite einen Wink bekommen haben könnte.

Den andern Landsuchern hatte seine Angabe, daß die Heimstätte bereits aufgenommen sei, immer genügt. Sie waren darauf weitergezogen. Es war zum ersten Male, daß er einem so bestimmten Zweifel begegnete.

»Mag schon sein,« entgegnete er deshalb verdrossen. »Aber denken Sie, was Sie wollen, das ist Ihre Sache. Ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß, alles andere geht mich nichts an.«

Die Freundlichkeit des Herrn Leech war schon merklich im Abflauen.

»Ja, ich denke wirklich, daß es sich verlohnt, die Sache festzustellen,« fuhr Mühlberg fort. »Es ist so ziemlich die einzige Heimstätte, die hier herum noch übrig ist, und da möchte man doch sicher gehen, was überhaupt meine Gewohnheit ist. Es wäre schade, wenn sie schon aufgenommen wäre, denn sie gefällt mir, und wir würden zweifellos gute Nachbarschaft halten. Meinen Sie nicht?«

Mr. Leech brummte etwas vor sich hin.

»Well, ich denke also, wir machen uns wieder auf den Weg. Ich möchte mich so schnell wie möglich davon überzeugen, ob die Heimstätte mir oder einem andern gehört. Also hoffentlich auf ein baldiges Wiedersehen, Mister – wie war doch gleich der Name? – Leech? Well, ich heiße Mühlberg.«

Leech war jetzt sicher, daß dieser Landsucher Kenntnis von seiner Gewohnheit erhalten hatte, die Heimstätte als vergeben zu bezeichnen. Er rechnete mit zu großer Bestimmtheit darauf, daß sie ihm zufallen würde. Er richtete noch einmal einen forschenden Blick auf Saubert, der sich an der Unterhaltung gar nicht beteiligt hatte, aber der enthüllte ihm auch nichts.

»Well,« sagte er, »tun Sie, was Sie für richtig halten. Good by.« Damit wandte er sich ab und schritt mit seinem Hunde, der sich die ganze Zeit über in vorsichtiger Entfernung gehalten und die Fremden aus dieser nur ein paarmal zähnefletschend angeknurrt hatte, nach seiner Farm zurück.

Auch Mühlberg und Saubert begaben sich auf den Heimweg.

»Morgen früh fahren wir nach Edson,« bemerkte Saubert, als sie ihren Schlitten bestiegen und die Pferde, die inzwischen gefressen hatten, antrieben.


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