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Moräste, d. h. ungangbare Wiesen, die nur von wenigen Dämmen durchschnitten sind, bieten dem taktischen Angriff besondere Schwierigkeiten dar, wie wir das schon bei der Verteidigung gesagt haben. Ihre Breite erlaubt fast nie, den Feind durch Geschütz vom jenseitigen Ufer zu vertreiben und Übergangsmittel zu konstruieren. Die strategische Folge ist, daß man den Angriff zu vermeiden und sie zu umgehen sucht. Wo die Kultur so groß ist, wie in manchen Niederungsstrichen, daß die Durchgänge zahllos werden, da ist der Widerstand des Verteidigers zwar relativ noch immer stark genug, aber auch für eine absolute Entscheidung um so schwächer und also ganz ungeeignet. – Dagegen wird, wenn die Niederung (wie in Holland) durch eine Überschwemmung gesteigert ist, der Widerstand bis zum absoluten wachsen können und dann jeder Angriff daran zu Schanden werden. Holland hat dies im Jahre 1672 gezeigt, wo nach Eroberung und Besetzung aller außerhalb der Überschwemungslinie liegenden Festungen doch noch 50 000 Mann französischer Truppen übrigblieben, die – erst unter Conde und dann unter Luxemburg – nicht imstande waren, die Überschwemmungslinie zu überwältigen, obgleich vielleicht nur 20 000 Mann sie verteidigten. Wenn der Feldzug der Preußen von 1787 unter dem Herzog von Braunschweig gegen die Holländer das ganz entgegengesetzte Resultat zeigt, daß mit fast gar keiner Übermacht und sehr unbedeutendem Verlust diese Linien überwältigt wurden, so muß man die Ursache in dem durch politische Meinungen gespaltenen Zustande der Verteidiger und der fehlenden Einheit im Befehl suchen, und doch ist nichts gewisser, als daß das Gelingen des Feldzuges, d. h. das Vordringen durch die letzte Überschwemmungslinie bis vor die Mauern vor Amsterdam, auf einer so feinen Spitze ruhte, daß man unmöglich daraus eine Folgerung ziehen kann. Diese Spitze war das unbewachte Harlemer Meer. Vermittelst dieses umging der Herzog die Verteidigungslinie und kam dem Posten von Amselvoen in den Rücken. Hätten die Holländer auf diesem Meer ein Paar Schiffe gehabt, so wäre der Herzog niemals bis vor Amsterdam gekommen, denn er war au bout de son latin. Welchen Einfluß dies auf den Friedensschluß gehabt hätte, geht uns hier nichts an, aber gewiß ist, daß von einem Überwältigen der letzten Überschwemmungslinie nicht weiter die Rede sein konnte.
Der Winter ist freilich der natürliche Feind dieses Verteidigungsmittels, wie die Franzosen 1794 und 1795 gezeigt haben, aber es gehört ein strenger Winter dazu.
Wälder von geringer Zugänglichkeit haben wir gleichfalls zu den Mitteln gezählt, welche der Verteidigung einen kräftigen Beistand darbieten. Sind sie von geringer Tiefe, so kann der Angreifende auf mehreren nahe beieinander liegenden Wegen durchdringen und die bessere Gegend erreichen, denn die taktische Stärke der einzelnen Punkte wird nicht groß sein, weil ein Wald niemals so absolut undurchdringlich gedacht werden kann, wie ein Fluß oder Morast. – Aber wenn, wie in Rußland und Polen, ein bedeutender Landstrich fast überall mit Wald bedeckt ist, und die Kraft des Angreifenden ihn nicht darüber hinausführen kann, so wird allerdings seine Lage eine sehr beschwerliche sein. Man bedenke nur, mit wie vielen Schwierigkeiten der Verpflegung er zu kämpfen hat und wie wenig er imstande ist, im Dunkel der Wälder den überall gegenwärtigen Gegner seine Überlegenheit an Zahl fühlen zu lassen. Gewiß gehört dies zu den schlimmsten Lagen, in die sich der Angriff begeben kann.