Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

I.
Der Weg zum geschäftlichen Erfolg

Ansprache an junge Kaufleute.

Es ist für junge Leute am vorteilhaftesten, von Grund auf zu beginnen und beim Eintritt in ihre Laufbahn die denkbar untergeordnetste Stellung einzunehmen. Viele der heute in leitender Stellung befindlichen Geschäftsleute mußten an der Schwelle ihrer Laufbahn als erste ernste Pflicht eigenhändig mit dem Besen das Geschäftslokal auskehren. Heutzutage haben wir Hausdiener und Scheuerfrauen in unseren Geschäftsräumen, und unsere jungen Leute lernen leider diesen heilsamen Zweig geschäftlicher Erziehung nicht mehr kennen. Aber wenn der angestellte Aufräumer ausbleibt, wird der Lehrling, welcher das Zeug zum zukünftigen Geschäftsteilhaber in sich hat, sicher selbst den Besen zur Hand nehmen. Einst hörte ich eine standesbewußte Mutter einen jungen Mann fragen, ob er jemals eine andere junge Dame mit solcher Würde ins Zimmer hinein fegen gesehen hätte, wie ihre Tochter. Der junge Mann antwortete zur stolzen Genugtuung der Mutter der jungen Dame: »Nein niemals,« fügte jedoch nach einer kleinen Pause hinzu: »Aber ich möchte noch lieber sehen, wie sie das Zimmer ausfegt.« Es schadet dem Neuling durchaus nichts, wenn er nötigenfalls das Geschäftslokal ausfegt. Ich selbst habe das oft genug getan, und wer, glauben Sie, waren meine Kameraden dabei? David Mc Cargo, jetzt Ober-Aufseher der Alleghany-Taleisenbahn, Robert Pittcairn, Ober-Aufseher der Pensylvania-Eisenbahn, und Herr Morland, jetzt Anwalt der Stadt Pittsburg. Wir alle wechselten beim Ausfegen einander ab.

Haben Sie erst eine Stellung erlangt, dann, rate ich Ihnen allen, streben Sie nach dem Höchsten. Ich würde keinen Heller für einen jungen Kaufmann geben, der sich nicht gleich von Anfang an als Teilnehmer einer großen Firma sähe. Lassen Sie sich in Ihren Träumen auch nicht für einen Augenblick mit der Stellung eines ersten Gehülfen, Vormanns, oder Abteilungsvorstehers genügen, möge das Geschäft auch noch so groß sein. Sagen Sie stets zu sich selbst: Meine Stellung ist an der obersten Spitze! Seien Sie König in Ihren Träumen. Geloben Sie sich selbst, diese Stellung mit makellosem Rufe zu erreichen, und kümmern Sie sich weiter um nichts, was Ihre Aufmerksamkeit von der Erlangung dieses Zieles ablenken könnte, – abgesehen davon, daß Sie, sobald Sie Teilhaber der Firma geworden, oder zumindest zwei oder drei Stufen höher geklommen sind, eine andere Teilhaberschaft eingehen, mit der Liebenswürdigsten ihres Geschlechtes, eine Teilhaberschaft, auf welche die neuen Staatsgesetze über Teilhaberschaft keine Anwendung finden und deren Verbindlichkeit unbegrenzt ist.

Lassen Sie mich zwei oder drei Hauptpunkte, die zum Geschäftserfolg unerläßlich sind, erwähnen. Seien Sie unbesorgt, ich will Ihnen keine Moralpredigt halten; ich spreche lediglich als Geschäfts- und Weltmann, der Ihnen zum geschäftlichen Erfolg zu verhelfen wünscht. Sie alle wissen, wie jeder echte und preiswürdige Erfolg von Ehrenhaftigkeit, Treue und Billigkeit abhängt; ich nehme daher an, daß Sie alle entschlossen sind, sich diese Eigenschaften zu erhalten und ein reines achtungswertes Leben zu führen, fern von verderblicher Verbindung, weder mit dem einen, noch mit dem anderen Geschlecht. Ohne dies giebt es keine hoffnungsreiche Zukunft, ja alle Ihre Kenntnisse würden im entgegengesetzten Falle nur zu Ihrem Scheitern und Ihrer Schande beitragen. So werden Sie es mir denn, hoffe ich, nicht übel nehmen, wenn ich Sie vor drei hauptsächlichen Gefahren warne.

Die erste Gefahr ist verführerischer, als alle anderen und meist der Ruin der jungen Leute; ich meine: spirituose Getränke. Ich bin kein Mäßigkeitsapostel, sondern nur ein Mann, welcher Ihnen seine Erfahrungen mitteilt, und muß dennoch sagen, daß die Gefahr, durch Trunk Ihre Zukunft zu untergraben, größer ist, als alle anderen Versuchungen zusammengenommen. Sie können allen anderen Versuchungen zeitweise unterliegen und doch wieder hochkommen; in diesem Falle werden Sie, wenn auch das verlorene Terrain nicht leicht wieder erobern, so doch wenigstens mit dem Strome schwimmen und sich eine angesehene Stellung sichern und erhalten.

Von der einmal angewöhnten Trunksucht jedoch giebt es keine Heilung, und es finden sich nur ganz wenige Ausnahmen von dieser Regel. Also vor allem: trinken Sie keinerlei Spirituosen über den Durst. Am besten ist es, überhaupt keine Spirituosen anzurühren. Wenn Ihnen dies jedoch als zu hartes Gesetz erscheint, dann nehmen Sie sich mindestens vor, nur zu den Mahlzeiten zu trinken. Ein Glas zu Tisch wird weder Ihr Vorwärtskommen hindern, noch Ihrer Lebenshaltung schaden, aber ich warne Sie dringend, halten Sie es unter Ihrer Würde und Selbstachtung als Gentleman, halten Sie es Ihrer Pflicht gegen sich selbst zuwider, zuwider allen Ihren Zukunftsplänen, Spirituosen am Schanktisch eines öffentlichen Ausschankes zu trinken. Sie können Ihre Laufbahn nicht für gesichert halten, wenn Sie von diesem Grundsatz abweichen. Bleiben Sie diesem Grundsatze treu, und Sie sind der Gefahr Ihres größten Todfeindes entronnen.

Die zweite nächstliegende Gefahr für einen jungen Kaufmann besteht meines Erachtens im Spekulieren. Zur Zeit, da ich Telegraphist in Pittsburg war, hatten wir noch keine Börse in dieser Stadt, dennoch waren die Männer, welche an auswärtigen Börsen spekulierten, uns Telegraphisten wohl bekannt. Wir konnten sie an den fünf Fingern unserer Hand herzählen. Diese Männer standen als Bürger keineswegs im besten Ansehen. Man betrachtete sie mit Mißtrauen. Sie endeten alle mit unaufhaltsamem Ruin, als Bankerotteure in Geld und Charakter. Ich wüßte kaum einen einzigen Mann, welcher durch Spekulieren ein Vermögen erworben und behalten hätte. Spieler sterben gewöhnlich arm. Ich wüßte keinen, auch nicht einen einzigen Spieler zu nennen, der ein Leben voller Selbstachtung oder vorteilhaft für die Gesamtheit geführt hätte. Wer begierig nach den Morgenzeitungen greift, um nachzusehen, wie es mit seinen Spekulationen steht, macht sich selbst zur ruhigen Überlegung und sachlichen Lösung der im Laufe des Tages an ihn herantretenden geschäftlichen Probleme unfähig. Er untergräbt dadurch die Quellen jener ausdauernden und zusammengefaßten Willenskraft, von der jeder dauernde Erfolg und oft genug die dauernde Sicherheit seines hauptsächlichsten Geschäftes abhängt. Der Spekulant und der Geschäftsmann bewegen sich auf zwei ganz verschiedenen Pfaden; jener hängt von einer ganz plötzlichen Drehung des Glücksrades ab und ist heute Millionär, morgen Bankerotteur. Dagegen weiß der reelle Geschäftsmann, daß er nur durch jahrelange, geduldige und ununterbrochene Geschäftstätigkeit seinen Lohn ernten kann. Dieser Lohn ist nicht das Ergebnis des Spiels, sondern jahrelang richtig angewandter Geschäftsmittel zur Erreichung seiner Zwecke. Niemals verläßt ihn der Gedanke, daß er unmöglich sich selbst nützen kann, ohne zugleich auch anderen zu nützen; dagegen hätte der Spekulant, soweit das Wohlergehen anderer in Betracht kommt, am besten gar nicht existiert. Hunderte von jungen Leuten haben während der letzten Jahre in Öl spekuliert; viele wurden dadurch völlig ruiniert; alle ohne Ausnahme aber litten Schaden, ob sie gewannen oder verloren. Wahrscheinlich, ja gewiß, wird die Versuchung an Sie in ähnlicher Weise herantreten; alsdann, so hoffe ich, werden Sie sich jedoch der hier von mir gegebenen Lehre erinnern. Sagen Sie dem Versucher, der Ihnen zumutet, Ihre kleinen Ersparnisse auf solche Weise zu riskieren, Sie würden, wenn Sie spekulieren wollten, zu einer richtigen, gut gehaltenen Spielbank gehen, wo die Leute geradezu und ganz offen betrügen. Am Roulettetisch haben Sie wenigstens die ehrliche Chance von schwarz und rot; nicht so an der Börse. Noch etwas Anderes, Wesentliches wird durch Spekulation gefährdet: Nichts ist wichtiger für einen jungen Geschäftsmann, als ein unbeschädigter Kredit, gegründet auf seine Klugheit, seine Grundsätze und seine Charakterfestigkeit. Glauben Sie mir, nichts tötet den Kredit schneller als die Gewißheit, daß Firmen oder Männer in Spekulationen verwickelt sind, ganz gleichgültig, ob diese Spekulationen Gewinn oder Verlust nach sich ziehen. Von dem Augenblicke an, da man von einem Geschäftsmann weiß, daß er spekuliert, ist sein Kredit erschüttert und sehr bald ganz und gar verloren. Wie kann man einem Manne vertrauen, dessen Mittel in einer einzigen Stunde durch eine Panik unter Spielern dahinschwinden können! Wer vermag zu sagen, welche Beziehungen er zu den übrigen Spielern hat! Ist doch nur eines gewiß: er steht in offener Gefahr, alles zu verlieren; daher haben die, welche ihm vertrauten, nur sich selbst Vorwürfe zu machen. Seien Sie entschlossen, Geschäftsleute, niemals aber Spekulanten zu werden!

Die dritte und letzte Gefahr, vor welcher ich Sie warnen möchte, hat gar manche vielversprechende Kraft nach glücklich begonnener Laufbahn Schiffbruch leiden lassen: Indossieren und Gefälligkeitsakzepte. Diese Gefahr ist um so größer, als sie gewöhnlich in Freundesgestalt erscheint. Sie wendet sich an Ihre edelmütigen Instinkte, und Sie selbst sagen sich dann: »wie darf ich meinen Namen zum Beistande eines Freundes verweigern?« Gerade weil so viel Empfehlenswertes in dieser Ansicht liegt, ist ihre tatsächliche Befolgung sehr gefährlich. Lassen Sie mich Ihnen sichere und ehrenhafte Verhaltungsmaßregeln für solchen Fall geben. Ich würde Ihnen an erster Stelle raten: indossieren Sie überhaupt niemals; doch das ist zu viel gefordert, gleich dem Gebote, niemals Wein anzurühren, niemals zu rauchen, oder gleich einem der vielen anderen »Niemals.« Alle solche Gebote haben ihre Ausnahmen. Als Geschäftsleute werden Sie zweifellos hin und wieder für Freunde Bürgschaft leisten; dennoch gibt es eine Linie, bei der die Rücksicht auf den Erfolg eines Freundes aufhört, und die Rücksicht auf die eigene Ehre beginnt. Wenn Sie selbst anderen schulden, dann ist Ihr ganzes Kapital und übriges Vermögen ein feierlich Anvertrautes, welches für die Sicherheit derer, die Ihnen vertraut haben, unbelastet bleiben muß; Sie können, ohne Ihre Ehre Preis zu geben, nichts tun, wodurch diese Ansprüche an Sie gefährdet werden. Wenn ein Mann, der anderen schuldet, für andere Bürgschaft leistet, riskiert er nicht sowohl seinen eigenen Kredit und sein eigenes Kapital, sondern das seiner Gläubiger. Er verletzt ein Pfand. Merken Sie sich daher: bürgen Sie niemals, solange Sie nicht Mittel besitzen, deren Sie für die Begleichung eigener Verbindlichkeiten nicht bedürfen, und bürgen Sie niemals über diese Mittel hinaus.

Betrachten Sie überhaupt Bürgschaften als Geschenke. Fragen Sie sich immer, ob Sie Ihrem Freunde ein Geschenk zu machen wünschen, und ob das Geld wirklich Ihr eigen ist und nicht ein Pfand für Ihre Gläubiger. Sie gehen selbst nie sicher, ohne an diesem Grundsatz als ehrenhafte Geschäftsleute festzuhalten. Ich beschwöre Sie: vermeiden Sie Spirituosen, Spekulationen und Bürgschaften. Trunk und Spekulation sind die Scylla und Charybdis, Bürgschaften die sichtbaren Klippen im geschäftlichen Meere für einen jungen Mann.

Nachdem Sie gegen diese bedenklichsten drei Gefahren gefeit, entsteht die Frage, wie Sie sich aus der von uns vorausgesetzten untergeordneten Stellung nach und nach zu der Stellung empor arbeiten, für die Sie meiner und, wie ich hoffe, auch Ihrer Überzeugung nach geschaffen sind.

Ich kann Ihnen das Geheimnis in wenigen Worten verraten: Anstatt zu fragen, was muß ich für meinen Prinzipal tun, fragen Sie sich, was kann ich für ihn tun? Treue und gewissenhafte Erfüllung der Ihnen obliegenden Pflichten ist ja gewiß recht gut, allein dabei kommen Sie gewöhnlich zu dem Schlusse, daß Sie diese so wohl erfüllten Pflichten auch so weiter fort erfüllen sollen. Doch, meine jungen Freunde, das reicht nicht aus, zumindest nicht für den zukünftigen Geschäftsinhaber. Sie müssen mehr als das leisten. Aus der eben bezeichneten Klasse kommen Gehülfen, Buchhalter, Kassierer und Zähler für die Bank, doch sie bleiben in dieser Stellung bis an ihr Lebensende. Der kommende Mann muß etwas Besonderes leisten, über den Kreis seines Sonderdepartements hinaus. Er muß Aufmerksamkeit erregen. Ein Verladungsgehülfe mag einen Fehler in einer Faktura entdecken, welcher der Aufmerksamkeit des davon Betroffenen entgangen ist. Wenn er an der Wage angestellt ist, mag er durch Zweifel an der Richtigkeit der Wage und durch deren Verbesserung – obwohl dergleichen in der Pflicht des Mechanikers liegt – seiner Firma Ersparungen machen. Ja, sogar ein Botenjunge kann Veranlassung zu seinem Vorwärtskommen dadurch geben, daß er über seinen buchstäblichen Auftrag hinaus die gewünschte Antwort sichert. Jede Dienststellung, sie sei noch so niedrig oder noch so hoch, ist für einen geschickten und willigen jungen Mann geeignet, beinahe täglich zu zeigen, daß er größeren Vertrauens und größerer Leistungen fähig ist, und daß er, was von gleicher Wichtigkeit, den unbezwinglichen Willen hat, höher zu steigen. Den einen oder anderen Tag werden Sie sich verpflichtet fühlen, in Ihrem besonderen Kreise etwas zu sagen oder zu tun, was – dessen sind Sie sich dabei selbst bewußt – dem Interesse der Firma scheinbar nachteilig ist. Dann ist der rechte Augenblick gekommen: Sei fest, wie ein Mann und sag' es, sag' es dreist; gib Deine Gründe an und beweise Deinem Prinzipal, daß Du selbst, während seine eigenen Gedanken nach einer anderen Richtung beschäftigt waren und er Dich vielleicht schlafend glaubte, stundenlang über die Förderung seiner Interessen nachgedacht hast.

Du magst Recht oder Unrecht haben, in jedem Falle hast Du die erste Bedingung größeren Erfolges erfüllt: Du hast Aufmerksamkeit erregt. Dadurch mußte sich Dein Prinzipal in jedem Falle davon überzeugen, daß er Besseres als einen bezahlten Angestellten, daß er einen Mann in Dir besitzt; nicht bloß jemanden, der für so und so viel Lohn, so und so viel Stunden Arbeit leistet, sondern jemanden, der seine Mußestunden und seine Gedanken beständig dem Geschäft widmet. Solch ein Angestellter bleibt dem Prinzipal in Erinnerung, und zwar in guter und freundlicher Erinnerung. Es wird nicht lange dauern, so fragt man den jungen Mann um seine Ansicht in dem ihm besonders zugeteilten Departement und ist diese Ansicht eine gesunde, dann wird man ihn gar bald bei Dingen von umfassender Bedeutung zu Rate ziehen.

Dergleichen bedeutet bereits Teilhaberschaft, wenn nicht mit seinem gegenwärtigen Geschäftsherrn, doch sicher mit anderen. In solchem Falle sind Sie bereits mit dem Fuße im Steigbügel. Wie hoch Sie dann weiter steigen, das hängt ganz von Ihnen ab.

Oftmals hören Sie den falschen Grundsatz, gegen welchen ich Ihnen rate, auf der Hut zu sein: Erfülle die Dir gegebene Ordre, selbst auf Kosten Deines Geschäftsherrn. Folgen Sie dieser Regel niemals, im Gegenteil erfüllen Sie die gegebene Ordre nicht, wenn deren Nichterfüllung im Interesse des Prinzipals ist. Jeder große Charakter hat bisher die hergebrachten Regeln über den Haufen geworfen und neue Regeln für sich aufgestellt. Die bloße Routine ist nur für Leute ohne Ehrgeiz, und Sie selbst haben ja wohl nicht vergessen, daß Sie entschlossen sind, selbst Geschäftsherrn zu werden; daß will eben sagen, Regeln zu brechen und neue Regeln aufzustellen. Zögern Sie niemals, das zu tun, was Sie im Interesse Ihres Geschäfts für richtig halten, und wenn Sie des Ergebnisses vollkommen sicher sind, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Niemals werden Sie Teilhaber werden, es sei denn, daß Sie das Geschäft in der Ihnen zugewiesenen Abteilung besser verstehen, als ihr Prinzipal es möglicherweise verstehen kann. Werden Sie für Ihr selbstständiges Handeln zur Rechenschaft gezogen, so zeigen Sie dem Prinzipal den Erfolg Ihrer Ansicht und sagen ihm, daß Sie diesen Erfolg vorausgesehen. Beweisen Sie ihm, wie falsch die Ihnen gegebene Order war, meistern Sie Ihren Meister, sobald Sie es nur immer können; versuchen Sie es so früh wie nur immer möglich. Nichts wird ihm lieber sein, wenn er der rechte Meister. Ist er es nicht, dann ist er auch nicht der rechte Mann für Sie. In diesem Falle verlassen Sie ihn sobald wie möglich, selbst wenn Sie ein augenblickliches Opfer bringen müßten. Suchen Sie sich einen anderen, der Begabung zu schätzen weiß. Unsere jüngeren Teilhaber in der Firma Carnegie haben sich ihre Sporen dadurch verdient, daß sie uns zeigten, wie wir nicht halb so gut wüßten, was not tat, wie sie. Einige unter ihnen sind gelegentlich so mit mir umgesprungen, als wäre nicht ich, sondern als wären sie Eigentümer der Firma und ich selbst nur so ein luftiger New-Yorker, der sich anmaßte, über Dinge zu bestimmen, von denen er nur sehr wenig versteht. Nun, sie haben jetzt nur selten Einspruch zu fürchten, denn sie waren die rechten Männer; gerade die Männer, die wir begehrten. Ein sicheres Merkzeichen für den kommenden Teilhaber, den zukünftigen Millionär zeigt sich darin, daß seine Einnahmen stets seine Ausgaben übersteigen. Er beginnt mit Sparen fast an dem gleichen Tage, da er zu verdienen anfängt. Ganz gleichgültig, wie wenig Sie sparen, in jedem Falle sparen Sie dies Wenige. Legen Sie es sicher an, durchaus nicht immer in Staatspapieren, wohl aber in irgend etwas, was nach Ihrer Ansicht gewinnbringend ist; doch spielen Sie niemals mit Ihren Ersparnissen. Bald wird sich eine seltene Gelegenheit zur Anlage bieten. Selbst geringe Ersparnisse werden die Grundlagen für einen Kredit werden, dessen Höhe Sie überraschen dürfte. Kapitalisten haben zu einem jungen Mann, der spart, Zutrauen. Für jedes Hundert sauer ersparten Geldes wird Midas, immer auf der Suche nach tüchtigen Compagnons, Ihnen Tausende leihen. Für jedes Tausend, fünfzig Tausend. Nicht Kapital, sondern der Mann, welcher den Beweis erbracht hat, daß er Kapital erzeugende Fähigkeiten besitzt, wird von älteren Kapitalisten gesucht; der Mann, der, soweit Selbstdisziplin in Frage kommt, Kapital auf dem besten aller möglichen Wege, dem des Sparens, zu erwerben versteht. Das zuerst ersparte Hundert zeigt den rechten Mann; deshalb beginnen Sie sofort damit, etwas beiseite zu legen. Bienengleiches Einheimsen verrät den zukünftigen Millionär. Selbstverständlich giebt es höhere Ziele denn Geldsparen. Als Endzweck betrachtet, ist das Ansammeln von Reichtümern ganz und gar unedel. Ich setze aber voraus, daß Sie sparen und nach Reichtümern trachten, um sich besser in den Stand zu setzen, während Ihres Lebens für Ihre Mitmenschen Gutes tun zu können. Vor allem machen Sie es sich zur Regel, Ausgaben stets innerhalb der Einnahmen zu halten. Sie mögen manchmal ungeduldig werden oder sich entmutigt fühlen, wenn Sie sich selbst Jahr für Jahr in untergeordneter Stellung sehen. Ohne Zweifel: für einen jungen Mann ohne Kapital wird es täglich schwieriger, vorwärts zu kommen, da das Geschäft sich mehr und mehr dem Großbetriebe zuwendet; zumal hier in Pittsburg, wo großes Kapital eine Hauptrolle spielt, ist es außergewöhnlich schwierig. Dennoch kann ich zu Ihrer Ermutigung sagen, daß in keinem anderen Lande energische, junge Männer schneller in die Höhe kommen als in Amerika. Beispielsweise ist es hier in Pittsburg unmöglich, eine genügende Anzahl erstklassiger Buchhalter zu finden, und die Nachfrage nach solchen überstieg bisher immer das Angebot.

Junge Leute suchen allerhand Gründe herbei, die in ihrem besonderen Falle jeden Erfolg unmöglich gemacht haben sollen. Einzelne hatten, wenn man ihnen glauben dürfte, niemals Glück. Das ist einfach Unsinn. Es gibt keinen jungen Mann, der niemals eine Chance und dazu eine außerordentlich gute Chance gehabt hätte, sobald er nur erst in Stellung war. Hier wird er von dem Tage an, da er seine Arbeit beginnt, auf die Probe gestellt. Der Tüchtige wird nach einiger Zeit in dem Beratungszimmer der Firma erprobt, seine Geschicklichkeit, Ehrenhaftigkeit, seine Gewohnheiten und Verwendung, sein Temperament und sein Charakter, all das fällt ins Gewicht und wird analysiert. Der junge Mann ohne Chance ist identisch mit dem jungen Mann, der – von seinen Vorgesetzten geprüft – notwendiger Eigenschaften immer bar oder intimerer Beziehungen zur Firma unwürdig befunden wurde, infolge tadelhafter Handlungen, Gewohnheiten oder Verbindungen, von denen er voraussetzte, sie seien seinem Prinzipal unbekannt. Eine andere Klasse junger Leute schreibt ihren Mißerfolg dem Umstand zu, daß ihr Prinzipal Verwandte oder Günstlinge habe, welche er ungerechtfertigterweise bevorzugt. Nebenbei machen sie geltend, daß ihre Arbeitgeber höhere Intelligenzen als ihre eigene nicht leiden mögen und alles tun, um junge Talente zu entmutigen und junge Männer niederzuhalten. All das ist leeres Gerede. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Niemand leidet so sehr durch den Mangel an rechten Männern am rechten Platze und niemand gibt sich so große Mühe, solche Männer zu finden, wie der Geschäftsherr. Beispielsweise findet man in ganz Pittsburg keine einzige Firma, die nicht fortwährend auf der Suche nach geschäftlicher Tüchtigkeit wäre. Jede Firma wird ihnen erklären, daß kein anderer Artikel so gesucht ist, wie dieser. Gehirnkraft steht immer hoch im Preise. Kultivieren Sie dieselbe; hier ist der beste Markt dafür, Sie können nicht genug davon erzeugen. Mit der Masse verkäuflicher Gehirnkraft wächst auch ihr Preis. Gehirnkraft ist selbstverständlich ihrer Ernte nicht so sicher wie wilder Hafer, der stets eine wundervolle Ernte zeitigt, dagegen ist sie stets sicher, einen offenen Markt für sich zu finden. Zögern Sie nicht, in irgend ein ordentliches Geschäft einzutreten. Bei uns in Amerika gibt es kein anständiges Geschäft, welches bei ununterbrochener ausschließlicher Aufmerksamkeit nicht einen guten Gewinn neben dem Kapital für die Fähigen und Fleißigen abwerfen würde. Jedes Geschäft hat seinen Höhepunkt und seine stille Zeit. Immer wieder kommen Jahre, in denen Kaufleute und Fabrikanten arg bedrängt sind. Jahre, in denen der Betrieb im Gange gehalten werden muß, nicht nur ohne Gewinn, sondern sogar mit Verlust, damit Organisation und Angestellte beisammen bleiben, und der Betrieb seine Erzeugnisse auf dem Markte erhalte. Andererseits muß jedes ehrliche Geschäft, welches gesuchte Artikel erzeugt oder damit handelt, einen guten Vorteil abwerfen, sobald es richtig gehandhabt wird.

Und hier liegt die erste Bedingung zum Erfolg, das große Geheimnis: Konzentrieren Sie alle Ihre Kraft, all Ihre Gedanken und all Ihre Kapitalien ausschließlich auf das Geschäft, dem Sie sich gewidmet haben. Sind Sie einmal auf einem bestimmten Felde tätig, so halten Sie an Ihrem Entschluß, den Kampf auf diesem Felde aufzunehmen, bis Sie zu den Ersten darin gehören, fest. Greifen Sie jede Verbesserung auf, führen Sie die besten Maschinen ein, und verschaffen Sie sich darin soviel Kenntnisse wie nur immer möglich. Die Betriebe bleiben gewöhnlich erfolglos, welche ihre Kapitalskraft zersplittern und damit auch ihre leitende Geisteskraft. Man macht Anlagen in diesem und jenem, hier und dort, kurz überall. Der Grundsatz: wage nicht alles auf eine Karte, ist ganz und gar falsch. Ich sage Ihnen: tun Sie alles in ein und denselben Topf und wachen Sie über diesen Topf. Blicken Sie um sich: Männer, die so handeln, sind selten erfolglos. Es ist leicht, über einen Topf zu wachen und diesen einen zu tragen, aber es ist schwer, über mehrere Töpfe zu gleicher Zeit zu wachen und sie zu gleicher Zeit zu tragen. Wer drei Töpfe zu gleicher Zeit tragen will, muß notwendigerweise einen Topf auf seinem Kopfe balancieren. Die Gefahr, daß der Topf fällt, ist daher sehr groß. Ein Hauptfehler amerikanischer Geschäftsleute ist Mangel an Konzentration.

Also, um das Gesagte kurz noch einmal zusammenzufassen: Strebe nach dem Höchsten; betritt niemals einen öffentlichen Ausschank; trinke keine Spirituosen oder höchstens bloß zu den Mahlzeiten; speculiere niemals und übernimm Bürgschaften niemals höher, als Deine freie Kasse; mache die Interessen Deiner Firma zu Deinen eigenen; kehre Dich nicht an die hergebrachte Routine, sobald es im Interesse Deines Prinzipals liegt; konzentriere Deine Kräfte, tu alles, was Du hast, in einen einzigen Topf und wache über den Topf; Ausgaben stets geringer als Einnahmen und endlich, verliere die Geduld nicht, denn wie Emerson sagt: »Niemand kann Dich um Deinen endgültigen Erfolg betrügen, wenn nicht Du selbst.« Ich beglückwünsche diejenigen Leute, die arm geboren sind, weil Armut sie zwingt, hart zu arbeiten. Ein Korb voller Staatspapiere ist der schwerste Korb für einen jungen Mann. Gewöhnlich wird er unter solcher Last wanken. Wir finden zwar in Pittsburg Beispiele reicher junger Leute, die sich zu den ersten Stellen emporgearbeitet haben und unter die nützlichsten unserer Mitbürger zählen. Sie verdienen dafür jedes Lob; dennoch, die überwiegende Mehrzahl reicher Leute hat nicht die Kraft, den Versuchungen des Reichtums zu widerstehen; sie sinken daher zu einem unwürdigen Leben herab. Ich würde lieber einem jungen Mann meinen Fluch hinterlassen, als ihn mit dem allmächtigen Mammon beladen. Nicht aus dieser Klasse werden Ihnen Ihre Nebenbuhler erwachsen; der Sohn des Geschäftsinhabers dürfte Ihnen selten viel zu raten aufgeben; haben Sie dagegen wohl acht, daß nicht ein paar arme, ganz arme Jungen, viel ärmer als Sie selbst, denen ihre Eltern keine Erziehung geben konnten, Sie von vornherein durch ihre Leistungen herausfordern, und zuletzt am Ziel überholen. Geben Sie acht auf den Jungen, welcher direkt von der Elementarschule ins Geschäft tritt und damit beginnt, das Comptoir auszufegen: Er ist höchstwahrscheinlich der Renner, mit dem Sie am härtesten um den Vorrang zu kämpfen haben.


 << zurück weiter >>