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Ein schwarzmähniger Löwe zog durch die Dschungelnacht. Ab und zu hob er die Nase in der Luft, witterte und lauschte. So kam er schließlich bis an eine hohe Mauer, an deren Fläche er entlang schnüffelte, bis er an einer Stelle die Mauer durch ein halb offenes Portal unterbrochen fand, durch das er die Umfriedigung betrat.
Vor ihm ragte ein großes Gebäude aus dem Düster empor. Da, als er es noch lauschend betrachtete, scholl aus dem Innern das donnernde Brüllen eines Löwen.
Der Schwarzmähnige neigte seinen Kopf auf eine Seite und schlich leise vorwärts.
Gerade als La in die Pranken Numas geschleudert werden sollte, brach Tarzan mit einem lauten Schrei ins Gemach, so daß die Gomangani einen Augenblick innehielten, und während dieses kurzen Augenblicks wurde der rasche Speer entsandt. Mit Wut und Bestürzung sahen die Bolgani, wie er sich im Herzen ihres Beherrschers, des großen schwarzmähnigen Löwen begrub.
An Tarzans Seite stand der durch Angst zu seinem Dienste gezwungene Gomangani und rief seinen Gefährten zu, wenn sie dem Fremden helfen würden, könnten sie frei werden und für immer den Bolgani entkommen.
Ihr habt den großen Herrscher töten lassen, rief er Numas Wächter zu. Dafür werden euch die Bolgani töten. Helft, den fremden Tarmangani und sein Weib zu retten, und ihr habt wenigstens die Aussicht auf Leben und Freiheit. Auch euch, wendete er sich an Las Häscher, werden sie verantwortlich machen – eure einzige Hoffnung liegt auf unserer Seite.
Tarzan hatte La erreicht und zog sie die Stufen der Empore hinauf, auf der er hoffte, sich einen Augenblick gegen die fünfzig heranstürzenden Bolgani halten zu können.
Tötet die drei auf dem Throne, rief Tarzan den noch zögernden Gomangani zu. Tötet sie, wenn ihr euch die Freiheit erringen, wenn ihr euer Leben retten wollt.
Der gebieterische Ton seiner Stimme, die zauberische Macht seiner Persönlichkeit, seine ihm angeborene Führergabe gewannen sie in der kurzen Zeitspanne für ihn, die nötig war, sich gegen die verhaßte, von den drei Bolgani auf dem Throne verkörperte Gewalt zu kehren. Als sie ihre Speere durch die zottigen Körper ihrer Herren trieben, wurden sie für immer Affentarzans Geschöpfe, denn für sie gab es im Lande der Bolgani keine Hoffnung mehr.
Der Affenmensch zog seinen Speer aus dem Körper des toten Löwen. Dann sah er den ankommenden Bolgani entgegen, setzte einen Fuß auf den Körper des erlegten Tieres und hob seine Stimme zu dem markerschütternden Siegesruf der Affen Kerschaks.
Die Bolgani vor ihm hielten an, während die Gomangani in seinem Rücken vor Schrecken zitterten.
Halt! rief Tarzan, eine Hand gegen die Bolgani erhebend. Hört! Ich suchte mit eurem Volke keinen Streit. Aber ich suche einen Weg aus eurem Lande. Laßt mich in Frieden mit diesem Weibe meines Weges gehen und diese Gomangani mit mir nehmen!
Ein Chor grimmigen Knurrens erscholl aus der Reihe der Bolgani. Plötzlich sprang der alte Mann vom Ostturm aus ihren Reihen und lief auf Tarzan zu.
Ha, Verräter, rief Tarzan, willst du denn der erste sein, der Tarzans Zorn zu kosten bekommt? Er rief es auf Englisch und der Alte antwortete ihm in der gleichen Sprache.
Verräter? rief er ganz überrascht.
Ja! Verräter! donnerte Tarzan. Hast du nicht den Bolgani hinterbracht, daß ich im Palaste sei, damit sie den Gomangani abschickten, um mich in eine Falle zu locken?
Nichts derart, rief der andere. Ich kam hierher, um der weißen Frau oder dir im Notfall behilflich zu sein. Hier bin ich, Landsmann, um an deiner Seite zu stehen und zu sterben, denn sterben müssen wir, so wahr ein Gott im Himmel ist.
Dann komm! rief Tarzan. Beweise deine Treue! Besser sterben, als immer hier in Sklaverei zu leben!
Die sechs Gomangani hatten sich zu dreien auf beiden Seiten von Tarzan und La aufgestellt, während der siebente, der den Saal waffenlos mit Tarzan betreten hatte, einem der drei getöteten Bolgani die Waffen abnahm.
Vor dieser ihnen ganz neuen Entwicklung einer Schlachtlinie hielten die Bolgani am Fuße der Thronstufen einen Augenblick an. Aber es standen nur neun gegen ihrer fünfzig. Als sie dann die Stufen emportobten, warfen sich ihnen Tarzan und seine Gomangani mit Axt, Speer und Keule entgegen. Einmal drängten sie die Angreifer zurück, aber die Übermacht war zu groß. Wieder wogte eine neue Angriffswelle heran, die sie zu verschlingen drohte, als den Streitern ein furchtbares Brüllen aus nächster Nähe zu Ohren drang, das den Kampf zu einem plötzlichen, kurzen Stillstand brachte.
Ein ungeheurer Löwe mit schwarzer Mähne sah zu einem der Fenster des Saales herein. Einen Augenblick lang stand er da wie eine mächtige bronzene Bildsäule, dann erzitterte wieder das Gebäude unter dem Dröhnen seines mächtigen Gebrülls.
Hoch über allen anderen sah Tarzan vom Thron auf das große Tier unten hinab, dann erhob er freudig seine Stimme.
Dschadbalja, rief er, auf die Bolgani deutend. Faß! Faß! Und schon warf sich das riesige Ungeheuer wie ein Teufel auf die behaarten Gorillamenschen.
Rasch! rief Tarzan den Gomangani zu, fallt über die Bolgani her. Hier ist jetzt der echte Numa, König der Tiere, und Herr aller Geschöpfe. Er tötet seine Feinde, aber er beschützt Affentarzans Freunde, die Gomangani.
Als die Gomangani sahen, wie ihre verhaßten Herren vor dem schrecklichen Löwen zurückwichen, griffen sie mit Axt und Keule an, während Tarzan, seinen Speer beiseitewerfend, mit gezücktem Messer unter ihnen stand und in Dschadbaljas Nähe bleibend, den Löwen von einem Opfer zum anderen wies, damit er nicht aus Versehen über einen der Gomangani oder den kleinen, alten, weißen Mann oder gar über La herfiel. Zwanzig Bolgani lagen tot auf dem Boden, ehe der Rest aus dem Saale entkommen konnte, dann wandte sich Tarzan zu Dschadbalja und rief ihn bei Fuß.
Geht! sagte er zu den Gomangani, schleift den falschen Numa vom Throne, denn der wahre Herrscher ist gekommen, um seinen Thron in Besitz zu nehmen.
Der alte Mann und La sahen voll Staunen auf Tarzan und den Löwen.
Wer bist du, fragte der Alte, daß du mit einem wilden Tier der Dschungel solche Wunder tun kannst? Was willst du tun?
Warte ab, sagte Tarzan mit grimmigem Lächeln. Ich denke, daß wir bald in Sicherheit sind, und daß die Gomangani in Ruhe und Frieden werden leben können.
Als die Schwarzen den Kadaver des Löwen beseitigt und zu einem der Fenster hinausgeworfen hatten, ließ Tarzan Dschadbalja auf dem Throne Platz nehmen.
So, sagte er zu den Gomangani, da seht ihr den richtigen Herrscher. Er braucht keine Ketten. Drei von euch gehen jetzt zu euren Leuten in den Hütten hinter dem Palast und holen sie her, damit auch sie sehen, was vorgefallen ist. Macht schnell, damit wir viele Krieger hier haben, ehe die Bolgani mit Verstärkung zurückkommen.
Mit einer Erregung, die ihren dummen Schädeln fast einen Anschein von Intelligenz gab, hasteten drei der Gomangani davon, um Tarzans Befehl auszuführen, während die übrigen mit solch ehrfurchtsvollem Grauen auf Tarzan blickten, wie es wohl der Anblick einer Gottheit verursacht. Dann kam La, trat zu Tarzan und betrachtete ihn mit Augen, die nicht weniger Ehrfurcht ausdrückten als die Haltung der Schwarzen.
Ich habe dir noch nicht danken können, Affentarzan, sagte sie, für das, was du für mich gewagt und getan hast. Ich weiß, daß du auf der Suche nach mir hierhergekommen sein mußt, um mich zu retten, obgleich dich nicht Liebe zu dieser heldenhaften Tat antrieb. Daß du soweit Erfolg hattest, grenzt an ein Wunder, aber weil ich die Bolgani kenne, weiß ich, daß es für uns alle zusammen keine Hoffnung auf Entkommen gibt. Darum bitte ich dich, flüchte dich ohne weitere Verzögerung davon, denn du bist von uns allen der einzige, der Aussicht auf Entkommen hat.
Mir scheint es eher, La, als ob wir mit gutem Grunde unserer Rettung tatsächlich sicher sein können, ich glaube sogar, wir werden diese armen Gomangani von der Bedrückung der Bolgani befreien. Aber damit bin ich noch nicht zufrieden. Dieses Volk, das sich Fremden gegenüber so ungastlich zeigt, muß bestraft werden; auch deine eigenen treulosen Priester verdienen es. Zu diesem Zweck beabsichtige ich aus dem Tale des Diamantenpalastes mit einer genügenden Streitmacht Gomangani nach der Stadt Opar zu ziehen, um Cadsch zur Aufgabe der angemaßten Herrschergewalt zu zwingen, und dich wieder auf den Thron von Opar zu setzen. Mit weniger bin ich keinesfalls zufrieden, und ich werde dich nicht eher verlassen, als bis dies durchgeführt ist.
Du bist ein tapferer Mann, sagte der Alte, aber La hat recht, du kennst nicht die Wildheit und die Hilfsquellen der Bolgani und den Einfluß, den sie auf die Gomangani ausüben. Könntest du aus den blöden Gehirnen der Schwarzen die Furcht beseitigen, dann könntest du vielleicht eine genügende Anzahl von ihnen für dich gewinnen, aber das wird über deine Kräfte gehen. Bestenfalls können wir hoffen, während des augenblicklichen Zustandes der Verwirrung aus dem Palast zu entweichen und uns im Vertrauen auf Schnelligkeit und gut Glück bis über die Grenzen des Tales zurückzuziehen.
Seht, rief La, es ist schon zu spät – sie kommen zurück.
Tarzan sah durch das offene Portal am anderen Ende des Saales eine große Zahl Gorillamenschen herankommen. Seine Augen suchten schnell die Fenster in der anderen Wand ab. Oh, abwarten! sagte er dann. Schaut, in dieser Gleichung gibt es noch einen anderen Faktor.
Die anderen schauten durch die Fenster und bemerkten ein Getümmel von mehreren hundert Schwarzen, die eilig auf die Fenster zurannten. Die übrigen Schwarzen auf dem Throne riefen ganz begeistert: Sie kommen, sie kommen! Wir werden frei sein und nicht länger sollen uns die Bolgani zur Arbeit antreiben, bis wir vor Erschöpfung umfallen, oder uns schlagen und foltern und Numa zu fressen geben.
Als der erste Bolgani das Portal erreichte, strömten die Gomangani bereits durch verschiedene Fenster in den Saal. Die drei Abgesandten hatten ihren Auftrag so gut ausgeführt, daß die Schwarzen bereits ein ganz anderes Volk zu sein schienen, so sehr hatte sie der Gedanke an die versprochene Freiheit verändert. Der Führer der Bolgani schrie ihnen laut zu, die Eindringlinge auf dem Throne zu ergreifen, aber als Antwort bekam er von dem nächsten Schwarzen einen Speer in die Brust und als er tot vornüberstürzte, entbrannte der Kampf.
Die Bolgani im Palaste waren den Schwarzen an Zahl überlegen, aber diese letzteren hatten den Vorteil, durch Besetzung des Saalinnern das gleichzeitige Eindringen vieler Bolgani zu verhindern. Tarzan, der die Veranlagung der Schwarzen alsbald erkannte, rief Dschadbalja zu sich und stieg vom Throne herab, um den Befehl über die Schwarzen zu übernehmen. An jedem Eingang stellte er eine genügende Anzahl Leute als Wache auf, während er den Rest in der Saalmitte als Reserve zurückbehielt. Dann rief er den Alten zur Beratung herbei.
Das Tor in der Ostmauer ist offen, sagte er. Ich ließ es so beim Eintreten. Wäre es für einige Schwarze möglich, auf diesem Wege in die Dörfer Nachricht von den Vorgängen hier zu bringen? Sie müssen sämtliche Krieger sofort hierher holen, damit das begonnene Werk der Befreiung vollendet werde.
Das ist ein ausgezeichneter Plan, erwiderte der alte Mann. Die Bolgani sind nicht auf dieser Seite des Palastes zwischen uns und dem Tore, und jetzt ist die Zeit dazu. Ich will die Leute heraussuchen, Häuptlinge, deren Wort bei den Dörflern außerhalb der Palastmauern einiges Gewicht hat.
Gut, rief Tarzan. Mache ihnen die Notwendigkeit dringender Eile begreiflich.
Der alte Mann suchte einzeln dreißig Krieger aus, denen er sorgfältig erklärte, was sie zu tun hätten. Sie waren über diesen Plan ganz begeistert und versicherten Tarzan, in weniger als einer Stunde würden die ersten Verstärkungen kommen.
Wenn ihr durch das Tor hinausgeht, sagte der Affenmensch, dann zerstört dessen Schloß, damit die Bolgani es nicht wieder verschließen und unsere Verstärkungen aussperren können. Die ersten Ankömmlinge sollen solange außerhalb der Mauern warten, bis genug zum sicheren Eindringen in den Palasthof versammelt sind. Die Schwarzen verschwanden alsbald durch eines der Fenster in der dunklen Nacht.
Kurz nach dem Weggange dieser Schwarzen unternahmen die Bolgani einen entschlossenen Angriff auf den Haupteingang, wobei sich ein Dutzend oder mehr der Gorillamenschen siegreich ihren Weg in den Raum bahnten. Beim ersten Anzeichen eines Umschwungs zeigten die Schwarzen bereits ein Wankendwerden und ihr Zögern ließ offenbares Widerstreben gegen einen Gegenangriff erkennen. Tarzan warf sich dem Ansturm der Bolgani entgegen, um den Widerstand zu unterstützen, rief Dschadbalja an seine Seite und hetzte ihn mit faß, faß! auf den nächsten Bolgani.
Dschadbalja fuhr dem Opfer geradewegs an die Kehle. Nur einmal schloß sich der riesige Rachen über dem kreischenden Gesicht des entsetzten Gorillamenschen, dann ließ der goldene Löwe die Leiche nach einmaligem Schütteln fallen und sprang auf einen weiteren. Drei Bolgani waren bereits rasch hintereinander auf diese Weise umgekommen, als sich die übrigen zur Flucht aus dieser Kammer des Schreckens wandten. Aber die Gomangani, deren Mut wieder kam, als sie sahen, wie leicht dieser wilde Bundesgenosse Tod und Entsetzen unter den Tyrannen verbreitete, schnitten ihnen den Rückzug ab.
Nehmt sie fest! rief Tarzan. Tötet sie nicht. Dann rief er den Bolgani zu: Ergebt euch und euch soll nichts geschehen!
Dschadbalja stand mit funkelnden Augen an der Seite seines Herrn und knurrte die Bolgani an.
Fünfzehn der eingedrungenen Bolgani waren am Leben geblieben. Einen Augenblick zögerten sie, dann warf einer von ihnen seine Waffen zu Boden und die anderen folgten seinem Beispiel.
Tarzan wandte sich wieder zu Dschadbalja. Zurück! sagte er und deutete auf den Thron, worauf sich der Löwe nach der Plattform zurückschlich, während sich Tarzan wieder den Bolgani zuwendete.
Laßt einen aus eurer Zahl gehen, sagte er, und euren Genossen ansagen, daß ich deren sofortige Übergabe verlange.
Die Bolgani flüsterten einige Minuten miteinander; schließlich erklärte sich einer bereit, mit den anderen zu sprechen. Als er den Saal verlassen hatte, näherte sich der alte Mann Tarzan.
Sie werden sich nie ergeben, sagte er. Sei vor Verrat auf der Hut.
Oh, keine Sorge, sagte Tarzan. Damit rechne ich, aber ich gewinne Zeit. Wenn ich nur diese hier irgendwo einsperren könnte.
Hier ist ein Raum dafür, sagte der Alte, auf eines der Portale im Thronsaal deutend – es gibt eine Menge solcher Räume im Turm des Herrschers.
Gut, sagte Tarzan. Einen Augenblick später waren seinen Weisungen zufolge die Bolgani sicher in einem Raum eingesperrt. Auf den Gängen draußen konnte man die Hauptmacht der Gorillamenschen verhandeln hören. Ganz offenbar erörterten sie die von Tarzan gesandte Botschaft. Eine Viertelstunde verging, endlich sogar eine halbe ohne Mitteilung von seiten der Bolgani und ohne Wiederaufnahme der Feindseligkeiten, bis an den Haupteingang des Thronsaales der Bursche zurückkam, den Tarzan mit seiner Aufforderung zur Übergabe entsandt hatte.
Nun, fragte der Affenmensch, wie lautet die Antwort?
Sie werden sich nicht ergeben, erwiderte der Bolgani, aber sie wollen dir gestatten, das Tal zu verlassen, wenn du die Gefangenen freilassest und weiter keinen verletzest.
Der Affenmensch schüttelte den Kopf. Das hat keinen Zweck, entgegnete er. Ich habe die Macht, die Bolgani zu zerschmettern. Schau, er deutete auf Dschadbalja, hier ist der wahre Numa. Sieh ihn dir an. Muß er etwa wie ein Gefangener oder ein Sklave in goldenen Ketten gehalten werden? Nein, er ist wirklich ein Herrscher. Aber es gibt einen, der noch größer als er ist, einen, von dem er seine Befehle bekommt. Und dieser eine bin ich, Affentarzan. Ihr braucht mich nur zu erzürnen, dann werdet ihr nicht nur den Zorn Numas, sondern auch den Zorn Tarzans dazu verspüren. Die Gomangani sind mein Volk, aber die Bolgani werden meine Sklaven sein. Geh, und sage deinen Genossen, wenn sie am Leben bleiben wollen, sollen sie bald kommen und um Gnade bitten. Nun geh!
Der alte Mann sah Tarzan mit einem Ausdruck an, der Scheu oder Ehrfurcht hätte bedeuten können, wäre nicht das leichte Zwinkern in den Augenwinkeln gewesen. Der Affenmensch ließ einen tiefen Seufzer der Erleichterung hören. Das verschafft uns wenigstens noch einmal eine halbe Stunde, sagte er.
Wir werden sie brauchen, und noch mehr dazu, erwiderte der Alte, obgleich du in den Gemütern der Bolgani, die nie zuvor ihre eigene Macht in Frage gezogen hätten, eine Unsicherheit hervorgerufen hast.
Inzwischen machten die Geräusche von Streit und Erörterung draußen bei den Bolgani einer Bewegung Platz. Eine Abteilung von etwa fünfzig Gorillamenschen postierte sich schweigend außen vor dem Haupteingang des Thronsaales, wie um jeden Versuch zum Entkommen seiner Besatzung zu verhindern. Die übrigen Gorillamenschen sah man durch Gänge und Flure verschwinden.
Die Gomangani, zusammen mit La und dem alten Mann warteten ungeduldig auf das Eintreffen der schwarzen Verstärkungen, während Tarzan auf dem Rande des Thrones saß und einen Arm um Dschadbaljas Nacken gelegt hielt.
Sie haben irgend etwas vor, sagte der Alte. Wir müssen uns vor einer Überraschung hüten. Wenn die Schwarzen nur endlich kämen, solange das Portal nur von fünfzig Mann besetzt ist, wir könnten sie leicht überwältigen und hätten eine gewisse Aussicht, aus dem Palast zu entkommen.
Dein langer Aufenthalt hier, sagte Tarzan, hat dich mit derselben sinnlosen Furcht erfüllt, die auch die Gomangani im Banne hält. Aus der Art, wie du über sie denkst, müßte man schließen, sie seien eine Art von Übermenschen – sie sind aber nur Tiere, mein Freund.
Sie mögen Tiere sein, entgegnete der alte Mann, aber sie sind Tiere mit Menschenverstand.
Es folgte ein langes Schweigen, das nur ab und zu von dem nervösen Flüstern der Gomangani unterbrochen wurde, deren Mut unter der Nervenanspannung des erzwungenen Abwartens und dem Ausbleiben der Hilfe litt. La brach zuerst das Schweigen.
Wenn die dreißig Gomangani den Palast so leicht verlassen konnten, warum konnten wir das nicht auch tun? fragte sie.
Es gibt zwei Gründe dafür, antwortete Tarzan. Wären wir alle zusammen abgezogen, so hätten uns die an Zahl überlegenen Bolgani lange genug aufgehalten, um Zeit zu gewinnen und Boten in alle Dörfer vor uns zu schicken, mit dem Erfolge, daß wir in kurzer Zeit von Tausenden feindlicher Krieger umringt gewesen wären. Außerdem wünsche ich diese Geschöpfe so zu bestrafen, daß in Zukunft ein Fremder unbehelligt ins Tal des Diamantenpalastes kommen kann. Er machte eine Pause. Und nun will ich euch auch noch den dritten Grund angeben, warum wir in diesem Augenblick kein Entkommen versuchen können. Er deutete auf die Terrassenfenster. Die Terrasse und der Garten sind mit Bolgani erfüllt. Was sie auch für einen Plan haben mögen, ich nehme an, sein Erfolg hängt davon ab, daß wir versuchen, durch die Fenster zu entkommen, denn wenn ich mich nicht irre, machen die Bolgani auf der Terrasse und im Garten den Versuch, sich vor uns verborgen zu halten.
Der alte Mann ging an ein Fenster und spähte hinaus. Du hast recht, sagte er, als er zurückkam. Die Bolgani sind vor den Fenstern versammelt bis auf die wenigen, die den Haupteingang und wahrscheinlich auch die Flure, die von anderen Seiten zum Thronraum führen, bewachen. Das müssen wir indessen feststellen. Er ging rasch nach der anderen Seite des Saales, zog die Vorhänge vor einer der Türen weg und entdeckte eine kleine Schar Bolgani. Regungslos standen sie da, ohne einen Versuch zu machen, ihn zu ergreifen oder zu verletzen. Er ging zu einem anderen Ausgang, zum nächsten und übernächsten, überall zeigte sich der Besatzung des Saales die gleiche schweigsame Wache der Gorillas. Der Alte ging im Kreise um den Saal herum, stieg hinter den drei Thronsesseln über die Empore und kam wieder zurück.
Es ist, wie ich vermutete, sagte er, wir sind völlig umzingelt, wenn nicht bald Hilfe kommt, sind wir verloren.
Was ist denn das? rief La. Vom Geräusch aufmerksam gemacht, hob die ganze Besatzung des Thronsaales die Augen nach der Decke und sah, wie von einem Dutzend Öffnungen oben die Decken weggezogen wurden.
Was haben sie denn jetzt vor? rief Tarzan, und gleichsam als Antwort auf seine Frage begannen die Bolgani von oben Bündel aus brennenden, mit Öl getränkten Lumpen in den Thronsaal hinabzuwerfen, der sich alsbald mit einem dicken, erstickenden Rauch zu füllen begann.