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Im Nordwesten des Tales von Opar stieg Rauch auf. Ein paar hundert Schwarze und sechs Weiße saßen bei ihrer Abendmahlzeit. Die Neger hockten tückisch und unbehaglich da und murrten über die kärgliche Verpflegung, während die Weißen voll Befürchtung ihre Schußwaffen griffbereit hielten. Die einzige Frau der aus sechs Personen bestehenden Gesellschaft sagte zu ihren Gefährten:
Adolfs Knickrigkeit und Estebans Aufschneiderei haben uns in diese Lage gebracht!
Der fette Bluber zuckte die Achseln, während der große Spanier ein böses Gesicht machte.
Nu, für was bin ich zu tadeln? fragte Adolf.
Du warst zu geizig, genug Träger zu nehmen. Ich habe dir damals gesagt, wir müßten zweihundert Schwarze haben, aber du wolltest ein bißchen Geld sparen und was ist der Erfolg?
Fünfzig Mann müssen jeder achtzig Pfund Gold tragen, die übrigen sind mit dem Lagergerät so überlastet, daß kaum genug Askari übrigbleiben, uns auch nur einigermaßen zu beschützen. Wie Tiere müssen wir sie antreiben, nur um vorwärtszukommen und zu verhindern, daß sie ihre Lasten hinwerfen. Die Leute sind erschöpft, erbost und unterernährt. Wenn wir ihre Bäuche füllen könnten, würden sie wahrscheinlich zufrieden sein, aber im Hunger sind sie weder glücklich noch zufrieden, selbst wenn sie nichts zu tun brauchten. – Wenn sich Esteban nicht so mit seiner Tüchtigkeit als Jäger aufgespielt hätte, hätten wir genug Verpflegung mitgenommen, aber so sind wir eben erst am Anfang unseres Rückmarsches und müssen schon weniger als halbe Rationen ausgeben.
Ich kann kein Wild holen, wenn keines da ist, brummte der Spanier.
Es wimmelt von Wild, entgegnete Kraski, der Russe. Wir sehen täglich die Spuren davon.
Der Spanier sah ihn giftig an. Wenn es so viel Wild gibt, dann geh doch hin und erlege es selbst, sagte er.
Ich habe mich nie als Jäger ausgegeben, erwiderte Kraski, aber ich hole genau so viel wie du!
Der Spanier sprang drohend auf, und der Russe hielt ihm sofort eine schwere Armeepistole entgegen.
Gebt doch Ruhe! rief das Mädchen energisch und warf sich zwischen die beiden.
Laß doch die Pestköpfe sich balgen, knurrte John Peebles. Wenn einer den andern umbringt, bleiben weniger zum Teilen da.
Für was wollen wir streiten? bat Bluber. Es ist genug da für alle – über dreiundvierzigtausend Pfund für jeden. Mich schimpft ihr den schmutzigen Juden und sagt, daß ich bin geizig. Aber, Gott steh mir bei, ihr Christen seid schlimmer. Ihr wollt töten einen von euren Freunden, um zu bekommen mehr Geld.
Das ganze Gerede ist zum Krankwerden, sagte Throck. Ich hab keine besondere Grütze, bei mir langt's nur zum Boxen. Aber so viel Hirn habe ich, zu wissen, daß Flora die einzige von unserem ganzen Paket ist, deren Gehirn nicht in eine Nußschale hineingeht und noch drin 'rum klappert. John, Bluber, Kraski und ich sind hier, weil wir's Geld aufbrachten, um Floras Plan auszuführen. Der Spanier da – hier deutete er auf Esteban – weil seine Visage und sein Körper auf die Annonce paßten. Von uns allen braucht keiner für seine Arbeit viel Hirn, und es hat auch keiner von uns mehr als er braucht. Flora ist das Hirn von der ganzen Aufmachung, und je eher das jeder einsieht und sich von ihr seine Befehle holt, je besser für uns alle. Sie ist vor uns mit dem Kerl, dem Lord Greystoke, in Afrika gewesen – du warst doch die Zofe von seiner Frau, Flora? – Sie kennt was vom Lande und die Eingeborenen und das Viehzeug, und von uns weiß keiner was davon.
Throck hat recht, sagte Kraski rasch, wir haben lange genug Unsinn gemacht. Wir haben keinen Führer und müssen Flora jetzt dazu machen. Wenn uns einer aus dieser Patsche herauskriegen kann, ist sie es. Nach der Art, wie sich die Schwarzen da drüben benehmen, können wir von Glück sagen, wenn wir mit heiler Haut davonkommen, vom Gold mitbekommen ganz zu schweigen.
Oh, oh, du meinst doch nicht, daß wir das Gold liegen lassen müssen? schrie Bluber fast kreischend.
Ich meine, daß wir das tun, was Flora für das beste hält. Wenn sie befiehlt, das Gold liegen zu lassen, dann lassen wir es liegen.
Das tun wir, bekräftigte Throck.
Ich bin dafür, sagte Peebles, was Flora sagt, gilt.
Der Spanier nickte mürrisch zustimmend.
Wir andern sind alle dafür, Bluber, wie steht's mit dir? fragte Kraski.
Oh, nu schön – sicher – wenn ihr meint, sagte Bluber, ganz wie John immer sagt »so sind wir, und so ist es«. Gut denn, erklärte das Mädchen. Zunächst machen wir hier Rast, bis die Leute ausgeruht sind; morgen früh ziehen wir überlegt und mit Verstand aus und holen für sie Fleisch. Mit ihrer Hilfe können wir es durchführen. Wenn sie dann ausgeruht und richtig verpflegt sind, machen wir uns wieder auf den Marsch nach der Küste, wobei wir langsam weiterziehen, um sie nicht zu erschöpfen. Dies ist mein vorläufiger Plan, aber alles hängt davon ab, ob wir Fleisch beschaffen können. Finden wir das nicht, dann müssen wir das Gold vergraben und so schnell wie möglich die Küste zu erreichen suchen. Dort werben wir neue Träger – doppelt so viel als wir jetzt haben – und kaufen so viel Verpflegungsmittel, daß es für hin und zurück reicht. Beim Marsche von der Küste hierher legen wir dann an jedem Lagerplatz für den Rückweg ein Depot an, so daß wir nicht gezwungen sind, die schweren Lasten auf dem ganzen Weg hin und zurück zu tragen. Was ihr davon haltet, kümmert mich nicht. Ihr habt mich zum Führer gemacht, und ich will die Sache nun so leiten, wie ich es für das beste halte.
So ist es recht! brüllte Peebles. So ist mir's aus dem Herzen gesprochen.
Carl, teile dem Häuptling mit, daß ich ihn zu sprechen wünsche, sagte das Mädchen zu Kraski. Einen Augenblick später kam der Russe mit einem plumpen Neger zurück.
Owaza, sagte das Mädchen, als der Schwarze vor ihr stand, wir sind knapp an Lebensmitteln, und die Leute sind mit zweimal so schweren Lasten beladen als sie eigentlich tragen sollen. Sage ihnen, daß wir hier rasten, bis sie ausgeruht sind, und daß wir morgen alle ausziehen und Fleisch jagen werden. Drei zuverlässige Leute wirst du als Führer für die Treiber anstellen und uns das Wild zutreiben lassen. Auf diese Art werden wir reichlich Fleisch beschaffen. Wenn die Leute richtig ausgeruht und wohl verpflegt sind, werden wir langsam weiterziehen. Wo es reichlich Wild gibt, werden wir haltmachen und auf die Jagd gehen. Sage ihnen, wenn sie sich gut halten und wir die Küste sicher und ohne Verlust an Traglasten erreichen, werde ich ihnen zweimal so viel Lohn zahlen als ausgemacht war.
Oh, oh, sprudelte Bluber dazwischen.
Halt die Klappe, du Narr, fuhr ihn Kraski an, und Bluber ergab sich drein, obgleich er sich hin und her wiegte und mißbilligend den Kopf schüttelte.
Das anfänglich mürrische Gesicht des Schwarzen hellte sich auf. Ich werde es ihnen erzählen, sagte er, und ich denke, ihr werdet keine Unannehmlichkeit mehr haben.
Am nächsten Morgen machten sie sich in aller Frühe bereit, auf die Jagd zu ziehen. Die Schwarzen machten in Erwartung des reichlichen Fleisches frohe Gesichter und sangen heiter beim Hinausziehen in die Dschungel. Flora hatte sie in drei Abteilungen geteilt, jede einem Führer unterstellt und genaue Anweisung gegeben, wo sich jede Abteilung in der Treiberlinie anstellen sollte. Weitere Schwarze waren den Weißen als Gewehrträger zugeteilt, während eine kleine Abteilung Askari als Lagerwache zurückblieb. Die Weißen waren mit Ausnahme von Esteban mit Gewehren bewaffnet. Der Spanier bestand darauf, mit Speer und Pfeil und Bogen zu jagen, um seiner Rolle treu zu bleiben. Zwar jagte er schon wochenlang eifrig, ohne eine einzige Beute mitbringen zu können, aber das hatte seine Anmaßung und Eitelkeit nicht gedämpft. So voll und ganz hatte er sich in seine Rolle hineingelebt, daß er sich einbildete, er sei wirklich Affentarzan. Dazu hatte er sich mit solcher Treue bis in die kleinste Einzelheit ausstaffiert und war ein solcher Meister in der Aufmachung, daß er in Ansehung seiner glanzvollen Gestalt und seines hübschen Gesichtes fast genau Tarzans Ebenbild war. Es war daher nicht allzuwunderlich, daß er sich zum Schlusse selbst so erfolgreich zum Narren hielt, wie er es bisher bei anderen fertiggebracht hatte; gab es doch Leute unter den Trägern, die den richtigen Tarzan früher gekannt hatten, und selbst diese ließen sich täuschen, obgleich sie sich wunderten, wenn er sich in Kleinigkeiten nicht so wie Tarzan benahm und, was Jagdbeute anbetraf, völlig enttäuschte.
Flora Hawkes merkte wohl, daß es nicht geraten war, einen ihrer Gefährten unnötig zu verstimmen; deshalb ließ sie Esteban an diesem Morgen seine eigenen Wege gehen, obgleich einige der anderen über ihren Entschluß murrten.
Was macht es denn aus? fragte sie, als der Spanier allein davongezogen war. Wahrscheinlich kann er eine Büchse nicht besser handhaben als Speer und Bogen. Carl und Dick sind die einzigen Schützen unter uns und wir müssen uns wegen des heutigen Jagderfolgs hauptsächlich auf diese verlassen. Estebans Eitelkeit ist so schwer getroffen, daß er heute wohl das Äußerste tut, um etwas mit nach Hause zu bringen – hoffentlich hat er Glück.
Hoffentlich bricht er das Genick, bemerkte Kraski. Er hat uns für unseren Zweck gedient, und wir wären besser dran, wenn wir ihn los werden könnten.
Das Mädchen schüttelte abweisend den Kopf. Nein, sagte sie, etwas Derartiges dürfen wir nicht denken, geschweige denn reden. Wir haben diese Sache gemeinsam unternommen und müssen sie auch gemeinsam zu Ende führen. Wenn du selbst einem andern von uns den Tod wünschst, könnten andere über dich ebenso denken.
Oh, mich sähe Miranda sicher am liebsten tot. Ich gehe keine Nacht zu Bett, ohne zu fürchten, daß mir der verdammte Spaniole noch vor dem Aufwachen ein Messer in die Rippen sticht. Meine Gefühle gegen ihn werden nicht gerade liebevoller, wenn ich höre, wie du seine Partei nimmst, Flora. Du bist von Anfang an gegen ihn ein bißchen zart gewesen.
Wenn das der Fall ist, dann geht es dich auch nichts an, widersprach ihm das Mädchen.
Esteban war derweil auf seiner einsamen Jagd in der Dschungel von Haß und Eifersucht erfüllt. Sein finsterer Charakter begrüßte jede Möglichkeit, die anderen Teilnehmer der Unternehmung aus dem Wege zu räumen, um das Weib und das Gold für sich allein zu nehmen. In jedem sah er einen Rivalen in der Gunst Floras, und der Tod jedes einzelnen von ihnen bedeutete einen Bewerber um deren Liebe weniger, abgesehen davon, daß weitere dreiundvierzigtausend Pfund unter weniger Teilnehmer zu verteilen blieben. Statt mit der Jagd war also sein Gehirn nur mit solchen Gedanken erfüllt. Eben drang er durch einen mit dichtem Unterholz bewachsenen Fleck und trat ins glänzende Sonnenlicht auf eine weite Lichtung, da sah er sich einem Trupp von fünfzig wohlgebauten, ebenholzschwarzen Kriegern gegenüber. Einen Augenblick lang stand Esteban starr und vergaß ganz die Rolle, die er spielte – er fühlte sich als Weißer, der im Herzen Afrikas auf eine große Schar kriegerischer Eingeborener, womöglich Kannibalen, gestoßen ist. Eben dieser Augenblick des Zögerns rettete ihn aber, denn als er so vor den Waziri stand, sahen diese in der schweigenden, majestätischen Gestalt ihren geliebten Herrn in einer diesem eigenen Pose.
O Bwana, Bwana, rief einer der Krieger und stürzte vorwärts, du bist es wirklich, Tarzan, Herr der Dschungel, den wir schon als verloren aufgegeben hatten. Wir, deine treuen Waziri, haben nach dir gesucht und wollten eben jetzt den Gefahren Opars trotzen, weil wir fürchteten, du könntest dich ohne uns dorthin gewagt haben und gefangen sein.
Der Schwarze, der gelegentlich Tarzan einmal als Leibdiener nach London begleitet hatte, sprach gebrochen Englisch, eine Fähigkeit, auf die er außerordentlich stolz war, weshalb er keine Gelegenheit verlor, diese Errungenschaft vor seinen weniger glücklichen Genossen leuchten zu lassen. Der Umstand, daß gerade ihn das Schicksal dazu ausersehen hatte, als Sprecher aufzutreten, war für Miranda äußerst glücklich, denn er hatte natürlich von der Wazirisprache keine Ahnung. Auf Grund der sorgfältigen und genauen Angaben Floras über Tarzans Lebensführung wußte er sofort, daß er einer Schar der treuen Waziri gegenüberstand. Nie zuvor hatte er solch prächtige Neger gesehen – scharfgemeißelte, kraftvolle Männer mit intelligenten Gesichtern und wohlgeformten Gestalten, die eine weit höhere Entwicklungsstufe vertraten als die Schwarzen von der Ostküste. Noch einen Augenblick stand er schweigend vor ihnen und sammelte seinen Witz, bis er in der Erkenntnis, daß sein Leben vom Erfolg abhing, zu sprechen begann. In diesem kurzen Augenblick des Nachdenkens kam ihm eine plötzliche Erleuchtung.
Seit ich euch das letztemal sah, sagte er, habe ich eine Schar weißer Männer entdeckt, die ins Land eingedrungen sind, um die Schatzkammer von Opar zu berauben. Ich folgte ihnen, bis ich ihr Lager fand, dann war ich auf der Suche nach euch, es sind ihrer gar viele und sie haben viele Barren Goldes, denn sie waren bereits in Opar. Folgt mir, wir wollen ihr Lager überfallen und ihnen das Gold abnehmen. Kommt! Damit lenkte er seine Schritte zu dem Lager zurück, das er eben verlassen hatte.
Während sie ihren Weg den Dschungelpfad entlang verfolgten, schritt Usula, der Waziri, der englisch zu Esteban gesprochen hatte, an dessen Seite. Der Spanier konnte hinter sich die übrigen Krieger in ihrer Heimatsprache reden hören, von der er kein Wort verstand, und ihm fiel ein, daß er bei dieser Gelegenheit in die größte Verlegenheit geraten mußte, sobald ihn einer in der Wazirisprache anredete. Da erinnerte er sich, wie Flora ihm erzählte, Tarzan habe einmal in der Schatzkammer von Opar durch einen Schlag auf den Kopf für einige Zeit sein Gedächtnis eingebüßt gehabt.
Esteban war im Zweifel, ob er sich nicht anfangs zu weit bloßgestellt hatte, um noch durch einen Gedächtnisausfall seine Schnitzer beim Darstellen der von ihm zu spielenden Rolle erklären zu können. Aber es war immer noch schlimmstenfalls das beste, was er tun konnte. Er wandte sich plötzlich an Usula.
Erinnerst du dich des Vorfalls, sagte er, der mich in den Schatzkammern von Opar meines Gedächtnisses beraubte?
Jawohl, Bwana, ich kann mich dessen wohl erinnern, erwiderte der Schwarze.
Ein ähnlicher Unfall hat mich wieder getroffen, sagte Esteban. Ein großer Baum stürzte in meinen Pfad und traf mich im Fall mit einem seiner Zweige auf den Kopf. Ich habe zwar dadurch mein Gedächtnis nicht ganz verloren, aber ich kann mich vieler Dinge nur mit Mühe entsinnen und es gibt andere, die ich völlig vergessen haben muß, denn ich weiß nicht einmal mehr deinen Namen und kann die Worte nicht mehr verstehen, die meine übrigen Waziri um mich sprechen.
Usula sah ihn mitfühlend an. Ach, Bwana, Usulas Herz ist in der Tat betrübt, zu vernehmen, daß dich dieser Unfall traf. Aber zweifellos werden die Folgen vorübergehen wie damals, und inzwischen will ich, Usula, dein Gedächtnis für dich sein.
Gut, sagte Esteban, sage es auch den anderen, damit sie darüber aufgeklärt sind, und sage ihnen auch, daß ich die Erinnerung an viele andere Dinge verloren habe. So könnte ich gegenwärtig nicht ohne euch meinen Weg nach Hause finden und meine übrigen Sinne sind gleichfalls völlig abgestumpft. Aber, wie du sagst, Usula, es wird sich wohl wieder geben und ich werde wieder der Alte sein.
Deine treuen Waziri werden recht glücklich sein, wenn dieser Augenblick eintritt, sagte Usula.
Als sie dem Lager nahe waren, befahl Miranda dem Usula, seine Leute zum Schweigen zu ermahnen. Bald hielten sie vor der Umgrenzung der Lichtung, von wo sie die Boma mit den Zelten übersehen konnten, in der eine kleine Schar Askari Wache hielt.
Wenn sie unsere Übermacht sehen, werden sie keinen Widerstand leisten, sagte Esteban. Laß uns das Lager umzingeln. Auf ein Zeichen von mir werden alle zusammen vorrücken und du wirst zu ihnen sprechen und ihnen sagen, daß Affentarzan mit seinen Waziri kommt, um ihnen das gestohlene Gold abzunehmen, daß er sie aber schonen will, wenn sie das Land sofort verlassen und nie wieder hierher zurückkehren.
Wenn es in seine Zwecke gepaßt hätte, würde der Spanier ebensogut den Waziri befohlen haben, die Wache im Lager zu überfallen und dieses zu zerstören, aber sein schlaues Gehirn trug sich mit einem klügeren Plan. Er wünschte, daß diese Leute ihn mit den Waziri sehen und am Leben bleiben sollten, um den übrigen zu erzählen, daß sie ihn gesehen hätten und um Flora und ihrem Anhang das zu berichten, was er, Esteban, einem der Askari erzählen wollte, während die Waziri die Goldbarren im Lager aufsammelten.
Er wies Usula an, wie er seine Leute um das Lager aufstellen sollte, und ließ die Leute warnen, sich ja nicht zu zeigen, ehe er auf die Lichtung gekrochen und die Aufmerksamkeit der wachestehenden Askari auf sich gezogen habe. Etwa fünfzehn Minuten später kam Usula zu Esteban mit der Meldung, daß alles bereit sei. Wenn ich meine Hand hochhebe, dann wißt ihr, daß jene mich gesehen haben, und werdet vorrücken, wies ihn Esteban vorsichtig an, worauf er langsam auf die Lichtung hinaustrat. Einer der Askari sah ihn und erkannte in ihm Esteban. Der Spanier tat ein paar Schritte weiter auf die Boma zu und hielt an.
Ich bin Affentarzan, sagte er. Euer Lager ist von meinen Kriegern völlig umzingelt. Leistet keinen Widerstand und wir werden euch nichts tun.
Er winkte mit der Hand. Fünfzig stämmige Waziri tauchten aus dem bergenden Laub der umgebenden Dschungel auf. Die Askari erblickten sie mit schlechtverhehltem Schrecken und hantierten ängstlich an ihren Gewehren herum.
Schießt nicht, warnte Esteban, sonst töten wir euch alle.
Er ging näher, während sich die Waziri zusammenzogen und die Boma völlig einschlossen.
Sprich mit ihnen, Usula, sagte Esteban. Der Schwarze trat vor.
Wir sind die Waziri, rief er, und dies ist Affentarzan, der Herr der Dschungel, unser Herr und Meister. Wir sind gekommen, um Tarzans Gold zurückzuholen, das ihr aus den Schatzkammern von Opar gestohlen habt. Dieses Mal werden wir euch noch schonen unter der Bedingung, daß ihr das Land verlaßt und nie mehr zurückkommt. Sagt euren Herren, daß Tarzan und seine Waziri wachen. Legt eure Gewehre nieder! Die Askari waren froh, so leichten Kaufs davonzukommen, und erfüllten Usulas Forderung. Einen Augenblick später waren die Waziri in der Boma und nahmen auf Estebans Weisung die Goldbarren auf. Während sie noch dabei waren, näherte sich Esteban einem der Askari, der, wie er wußte, gebrochen Englisch sprach.
Sage deinen Herren, sagte er, sie sollen froh sein, daß Tarzan gnädig genug nur ein Leben als Sühne für diesen Einfall in sein Gebiet und den Diebstahl des Schatzes verlangt hat. Jenes Geschöpf, das sich unterstand, als Tarzan aufzutreten, habe ich getötet. Sage ihnen, Tarzan vergebe ihnen selbst ihren Versuch, ihn zu vergiften, als er gelegentlich ihr Lager besuchte, aber nur unter der Bedingung, daß sie nie wieder nach Afrika zurückkehren und das Geheimnis von Opar keinem anderen mitteilen. Tarzan wacht und seine Waziri wachen, und niemand vermag das Innere Afrikas ohne Tarzans Wissen zu betreten. Schon ehe jene London verließen, wußte ich, daß sie kamen. Sage ihnen das.
Ehe die Askari sich von ihrer Überraschung erholt hatten, hatten die Waziri die Goldbarren aufgenommen und waren mit ihrem Meister in der Dschungel verschwunden.
Erst am Spätnachmittag kehrten Flora und die vier Weißen von ihrer Jagd zurück, umgeben von zufriedenen, fröhlichen Schwarzen, die die reichen Ergebnisse ihrer erfolgreich ausgefallenen Jagd trugen, und näherten sich dem Lager.
Was zum Teufel ist denn das? fragte Peebles. Was ist denn los mit den Kerlen? Er deutete auf die eben in Sicht gekommene Boma, aus der die Askari rennend und mit erregtem Geschnatter auf sie zugestürzt kamen.
Affentarzan war hier, riefen sie aufgeregt. Er war hier mit all seinen Waziri – mit tausend gewaltigen Kriegern – und obgleich wir kämpften, überwältigten sie uns, nahmen das Gold und zogen davon. Affentarzan sprach, ehe er ging, merkwürdige Worte zu mir. Er sagte, er habe einen aus eurer Zahl getötet, der gewagt habe, sich Affentarzan zu nennen. Wir verstehen das nicht. Er ging heute morgen allein weg, als ihr auf die Jagd zoget und er kam kurz danach mit tausend Kriegern und nahm alles Gold und drohte, uns und euch zu töten, wenn ihr je wieder in dieses Land kommt.
Was, was? schrie Bluber. Das Gold ist fort? Oh, oh! Und nun stellten sie alle zusammen gleichzeitig Fragen, bis Flora ihnen Schweigen gebot.
Komm, sagte sie zu dem Führer der Askari, wir wollen nach der Boma gehen und dort sollst du mir langsam und genau erzählen, was sich seit unserem Auszug ereignet hat.
Sie lauschte gespannt seinem Bericht und fragte ihn mehrmals sorgfältig über gewisse Punkte aus. Zuletzt entließ sie ihn. Dann wandte sie sich an ihre Gefährten.
Jetzt ist mir alles klar, sagte sie. Tarzan erholte sich von der Wirkung der Tropfen, die wir ihm eingaben. Dann folgte er uns mit seinen Waziri, fing Esteban und tötete ihn, fand das Lager auf und nahm das Gold fort. Wir können noch von Glück sagen, wenn wir lebend aus Afrika fortkommen.
Laßt uns doch hinter diesem Tarzankerl hergehen und ihm das schöne Gold wieder abnehmen, rief Peebles wütend.
Flora Hawkes schüttelte den Kopf. Wir haben nicht die mindeste Aussicht von der Welt mehr. Ich kenne den Mann zu gut. Selbst wenn er allein wäre, könnten wir es nicht mit ihm aufnehmen, und jetzt hat er noch sein Pack Waziri mit sich, und bessere Krieger gibt es in ganz Afrika nicht als die. Die fechten für ihn bis zum letzten Mann. Ihr braucht Owaza nur zu sagen, daß ihr hinter Affentarzan und seinen Waziri her wollt, um das Gold wieder zu holen, dann ist im Nu kein einziger Nigger mehr bei uns. Tarzans bloßer Name ist für diese Schwarzen ein Schreckgespenst, wenn sie nur ein Jahr alt sind. Eher würden sie dem Teufel begegnen. Nein, mein Herrchen, wir sind hereingefallen, und können noch von Glück sagen, wenn wir lebend aus dem Lande herauskommen. Der Affenmensch wird uns im Auge behalten. Es sollte mich nicht wundern, wenn er uns gerade in diesem Augenblick bewachte. Auf diese Bemerkung hin sahen sich ihre Gefährten bange um und warfen nervöse Blicke nach der Dschungel. Und er würde uns nimmermehr nochmals nach Opar gelangen lassen, um eine neue Ladung Gold zu holen, selbst wenn wir unsere Schwarzen zum Umkehren bestimmen könnten.
Kraski saß mit niedergeschlagenen Augen und hörte den anderen zu. Jetzt hob er den Kopf. Unser Gold haben wir eingebüßt, sagte er, und ehe wir nach England zurückkommen, geht der Rest von unseren zweitausend Pfund drauf – mit anderen Worten: unser Unternehmen ist ein völliger Fehlschlag. Ihr anderen mögt damit zufrieden sein, ruiniert nach Hause zu gehen, aber ich nicht. Es gibt in Afrika noch andere Sachen als nur das Gold von Opar, und wenn wir aus dem Lande hier herausgehen, sehe ich nicht ein, warum wir nicht etwas mitnehmen sollen, das uns für Zeit und Geldaufwand entschädigen kann.
Was meinst du damit? fragte Peebles.
Ich habe ein gut Stück Zeit damit verbracht, mit Owaza zu plaudern, erwiderte Kraski, und zu versuchen, seine dumme Sprache zu erlernen. Dabei habe ich allerhand über diesen alten Gauner herausgefunden. Er ist ein ganz geriebener alter Bursche, und ich habe außer seiner Affensprache so viel von ihm gelernt, daß ich ruhig sagen kann, wenn wir zusammenstehen, können wir immer noch mit einem netten Stück Geld aus Afrika abziehen. Ich persönlich habe das Gold von Opar noch nicht aus meinem Plan gestrichen. Was verloren ist, ist verloren, aber dort, wo das andere herkam, hole ich mir mein Teil eines Tages doch noch.
Aber wie steht es denn mit der anderen Sache? fragte Flora. Wieso kann Owaza uns helfen?
Hier irgendwo in der Gegend steckt eine kleine Bande von Arabern, erklärte Kraski, die Sklaven und Elfenbein rauben. Owaza weiß, wo sie an der Arbeit sind und wo ihr Hauptquartier liegt. Sie sind nur ein paar Mann, und ihre Schwarzen sind fast lauter Sklaven, die ihnen jeden Augenblick in den Rücken fallen können. Nun sage ich so: unsere Partei ist stark genug, um sie zu überwältigen und ihnen ihr Elfenbein abzunehmen, wenn wir ihre Sklaven auf unsere Seite ziehen können. Wir wollen ihnen für ihre Hilfe die Freiheit versprechen, und Owaza und seiner Bande einen Anteil am Elfenbein lassen.
Und du denkst, Owaza wird uns helfen? fragte Flora.
Der Plan stammt von ihm, erwiderte Kraski.
Das klingt nicht übel, sagte Peebles. Ich möchte für mein Teil nicht mit leeren Taschen heimgehen. Einer nach dem anderen bekundeten auch die übrigen ihre Zustimmung zu dem Vorschlag.