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Sidney Smith.

– 1797. –

Der Kommodore und spätere Admiral William Sidney Smith war an der Mündung der Seine gefangen genommen worden, als er es gewagt hatte, mit den Booten seiner vor Havre stationierten Fregatte in den Fluß einzulaufen. Dieses Unternehmen erschien so verwegen, daß man den englischen Seemann in Verdacht hatte, er habe im Interesse eines Landungsversuches der Royalisten eine gefährliche Auskundschaftung versuchen wollen. Er wurde daher auch mit wenig Rücksicht behandelt. Der Verdacht über den Zweck seines Unterfangens scheint durch die Thatsache bestätigt, daß er als Sekretär den Emigranten Tromelin bei sich hatte, der ihn in der Hoffnung, der königlichen Sache nützen zu können, seit einiger Zeit begleitete. Wenn die Staatsangehörigkeit dieses Mannes erkannt worden wäre, würde man ihn nach den damals in Frankreich geltenden Gesetzen auf der Stelle zum Tode verurteilt haben, aber der Kommodore ließ ihn als seinen Diener gelten. Vergeblich verlangte England die Auslieferung von Sidney Smith, aber das Direktorium, wohl wissend, wie sehr dieser Mann als Feind Frankreich gefährlich werden konnte, verweigerte sie. Zunächst in der Abbaye, dann in dem berüchtigten Temple eingesperrt, war er, trotz der Wachsamkeit der Polizei, mehrere Male nahe daran, befreit zu werden. So versuchten es verschiedentlich Damen, ihm wie Tromelin zur Flucht zu verhelfen. Des letzteren Frau, die wenigstens die Pflicht als Beweggrund ihrer Handlung anführen konnte, kam nach Paris und mietete nahe beim Tempel ein Haus. Ein durch Geld gewonnener Maurer stellte durch die Keller eine Verbindung zwischen diesem Hause und dem Tempel her. Der Erfolg schien schon ganz gesichert, als das Geräusch, das das Herabstürzen einiger Steine verursachte, den Anschlag leider verriet. Die Gefangenen wurden nach einem anderen Raume gebracht und die Aufsicht verdoppelt. Bald darauf hatte Tromelin jedoch das Glück, ausgetauscht zu werden, nur Sidney Smith mußte aus diese Vergünstigungen verzichten. Nach dem 18. Fructidor wurde er noch strenger bewacht; doch nahte auch für ihn der Tag der Befreiung.

Unter den in Paris verborgenen und gegen die Republik verschworenen Royalisten war ein Genieoffizier, namens Phélippeaux, ein ehemaliger glücklicher Nebenbuhler von Bonaparte auf der Militärschule und seit dieser Zeit sein erklärter Feind. Ohne eine Ahnung zu haben, daß er sich zwei Jahre später an der Seite von Sidney Smith dem General Bonaparte bei Saint-Jean d'Acre gegenüber befinden würde, und ohne einen andern Zweck, als der Sache der Republik zu schaden, entschloß er sich, den Kommodore zu befreien. Er verbündete sich mit anderen Royalisten, und besonders mit einem Tänzer an der Oper. Auch knüpfte er ein Verhältnis mit der Tochter eines Aufsehers im Tempel an, und durch sie gelang es ihm, ihren Vater zu täuschen. In der Kleidung eines Gefängniskommissars und von seinen als Gendarmen verkleideten Genossen begleitet, – Boisgirard in Generalsuniform, – begab sich Phélippeaux nachts in den Temple. Boisgirard übergiebt dem Sekretär einen Freilassungsbefehl, der vom Minister der auswärtigen Angelegenheiten gezeichnet ist und verlangt, daß man ihm den Gefangenen überliefere. Bestochen oder von dem Schein irre geleitet, gehorchen die Wärter und der Gefängnisdirektor: Sidney Smith wird geholt. Er spielt seine ihm mitgeteilte Rolle gut, stellt sich überrascht, und da man von augenblicklicher Überführung in ein anderes Gefängnis spricht, protestiert er, – dann stellt er sich, als ob er sich der Gewalt füge. Er folgt seinen Begleitern und steigt in einen Wagen, der ihn nach Rouen bringt. Von dort begab er sich sofort nach Havre, wo es ihm an Bord des englischen Schiffes Argo zu kommen gelingt, und dieses brachte ihn nach London.

Sidney Smith stellte sich überrascht.

Der englische Kapitän Brenton versichert hierzu in seiner Marinegeschichte, daß er aus guter Quelle wisse, die englische Regierung habe 3000 Pfund Sterling (60 000 Mark) bezahlt, welche Sidney Smith die Thüren des Gefängnisses geöffnet und alle Hindernisse bis zur Küste geebnet hätten. Er fügt hinzu, Lord Saint-Vincent habe ihm bestätigt, daß er die Zahlungsanweisung des Schatzamtes gesehen habe.

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