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Hegesistratus.

– Ums Jahr 475 v. Chr. –

Mardonius hatte nach griechischer Sitte einen Zeichendeuter und Wahrsager, den Hegesistratus von Elis. Dieser Mann war vordem in die Gefangenschaft der Spartaner gekommen, denen er sehr viel Schaden zugefügt hatte. Man hatte beschlossen ihn zu töten und ihn in sicheren Gewahrsam gebracht. Hegesistratus wußte, daß es für ihn nicht allein galt, zu sterben, sondern daß man ihm vorher schreckliche Martern und Qualen erdulden lassen würde. In dieser verzweifelten Lage führte er eine unglaubliche That aus. – Man hatte ihn mit einem Beine in einen großen mit Eisen eingefaßten Holzblock festgeschlossen. Um sich daraus zu befreien, schnitt er mit Hilfe eines Stückes Eisen, welches er im Gefängnis fand, den vorderen Teil des Fußes ab, damit er das Bein aus der Fessel ziehen konnte. Da das Gefängnis von außen streng bewacht war, brach er ein Loch in die Mauer und kroch hindurch. Er lief nachts und hielt sich am Tage im Gestrüpp verborgen. So kam er in der dritten Nacht nach Tegis und aus dem Bereich der Spartaner. Diese waren nicht wenig erstaunt, als sie das Gewahrsam leer und darin die Hälfte seines Fußes fanden. Nachdem seine Wunde wieder geheilt war, ließ Hegesistratus sich einen Holzfuß machen und wurde der grimmigste Feind der Spartaner. Von seinem Haß und seiner Habgier angetrieben, diente er den Persern als Wahrsager und Opferpriester in der Schlacht von Platää und wurde von Mardonius glänzend dafür belohnt. Aber sein Haß gegen die Spartaner brachte ihm kein gutes Ende, denn er wurde von diesen auf Zakinthos, wo er als Wahrsager diente, ergriffen und zum Tode verurteilt.

Es erscheint auf den ersten Blick unglaublich, daß ein Mann den Mut und die Kraft hat, sich so zu verstümmeln, und daß er dann ausführen konnte, was der griechische Schriftsteller berichtet, aber nicht weniger wunderbare Dinge werden uns von den Urbewohnern Amerikas erzählt. Übrigens bei ähnlichen Erzählungen, wie wir sie sammeln, kommt es vor, daß selbst die gewissenhaftesten Berichterstatter bei manchen Einzelheiten der Übertreibung verdächtig erscheinen. Wir nennen den Autor, der Leser möge selbst urteilen.

(Herodot lb. IX, 37.)


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