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Karl von Guise.

– 1591. –

Karl von Guise, ältester Sohn Heinrichs von Guise, der 1588 in Blois ermordet wurde, war beim Tode seines Vaters festgenommen und in das Schloß von Tours eingesperrt worden. Erst nach drei Jahren, 1591, gelang es ihm zu entfliehen.

Der Herzog, berichtet der Präsident de Thou, hatte sich mit Claude de la Chastre und seinem Sohne verabredet, am 15. August, Maria Himmelfahrt, zu entfliehen. Er nahm an diesem Tage das heilige Abendmahl, in der Absicht, seine Wärter um so sicherer zu täuschen und ihnen jeden Verdacht zu nehmen. Er hatte bemerkt, daß man nach dem Abendessen gewöhnlich die Thore schloß und die Schlüssel einem Oberbeamten brachte. Deshalb wählte er diese Zeit zur Ausführung seines Planes. Er schloß kaltblütig die Wächter in einem großen Saal, worin sie aßen, ein. Dann bestieg er schnell den hohen Turm, der an eine Brücke außerhalb der Stadt anstieß. Die Thür des Turmes machte er hinter sich zu und verriegelte sie, um Zeit zur Flucht zu gewinnen, während man sie aufbrechen mußte. Alles glückte ihm nach Wunsch. Sein Kammerdiener, der ihm bei dieser Gelegenheit half, befestigte an dem Stricke, den er in Bereitschaft gehalten hatte, ein Querholz, worauf sich der Herzog setzte; sein Diener wickelte langsam den Strick ab und der Herzog kam ganz gefahrlos unten an. Als der Diener sah, daß sein Herr unten war, befestigte er den Strick an einen Pfeiler und ließ sich selbst hinab. Der Abstieg war freilich etwas gefährlicher, wie bei seinem Herrn. Beide flohen nun schnellstens dem Flusse entlang.

Die Wächter des Herzogs, die sich erst aus ihrem unfreiwilligen Gefängnis befreien mußten, waren in großer Bestürzung. Der Gouverneur von Tours schickte Boten nach allen Richtungen, um die Nachricht von der Flucht des Herzogs zu verbreiten, damit man sich bewaffne und seiner Spur folge. Er ließ die Thür des Turmes aufbrechen, aber man fand niemand, und ebenso wurde die Stadt mit gleichem negativem Erfolge abgesucht. Es dauerte lange, bevor man die Schlüssel brachte, um das Thor der Brücke und die anderen Thore zu öffnen. Da man nicht wußte, wohin der Flüchtling sich gewandt hatte, schickte man zwar nach allen Seiten, aber man fand niemand ...

»Sobald der Herzog hinabgestiegen war«, berichtet ein französischer Geschichtsschreiber, »nahm er den Weg landeinwärts längs der Loire, wo er bald zwei Männer traf, die ein Pferd für ihn bereit hielten. In vollem Galoppe erreichte er den Sohn eines seiner Vertrauten, des Baron de Maison. Jener erwartete ihn jenseits des Flusses Cher mit dreihundert Rittern, die ihn bis nach Bourges geleiteten, wo er öffentlich mit großen Freudenbezeugungen empfangen ward.

(L. Lalanne, Interessante Biographien.)

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