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Victor Hardung

Mädchenbild

Ich bin dir nah, doch ewig unbekannt.
Mit stillen Toten lag ich Wand an Wand,
Und mählich sanken Stein um Stein uns nach,
Und Erde stieg, und durch den Acker brach
Der Pflug aufs neu. Und ist von meiner Spur
Ein Bild geblieben, ach, ein Schatten nur,
Ein Kram, geborgen aus des Trödlers Hand!
Und du, du liebst mich, dir so süß verwandt
Und aller Sehnsucht nur ein Traum zur Nacht
Und Leben dennoch, Leben, das gewacht
Vor Tau und Tag und in den Dämmer sah,
Ob mit dem Morgenrot sein König nah.
Ich war so schön ... so schön war ich und war
Viel schöner noch! schau, wie das lichte Haar
Die Stirn umrankt, des Nackens schlanken Bug;
Vom roten Munde fühl den Atemzug,
Wie seine Wärme dir entgegensinkt
Und wieder Kühle sein Verlangen trinkt,
Und spür den Duft von meiner Jugend so,
Und wisse, daß ich wartete! Und, o,
Die Flamme brannte, da du noch so weit,
Und sehrte lang, so lang vor deiner Zeit!
Und ich bin tot. Und als ich lebte, rief
Ich dich nicht wach. Du schliefst so tief, so tief –
Und da du wachst, ist meines Lebens Spur
Ein blasses Bild, arme Erinnrung nur,
Von toter Jugend ein verwehter Hauch,
Aus einem Grab ein Aschenduft, ein Rauch
Aus Mitternacht, zu fremdem Stern ein Schrei
Aus welkem Mund ... Vorbei!

Turm

In jungen Tagen hab ich dich gebaut,
Du Turm und Trutz, und in die Welt geschaut,
Und Gäste kamen und ein froh Gespiel,
Und Sommer ging, und sanfter Nebel fiel,
Und Winter ward. Da drängten unserer Ruh
Die wilden weißen Wandervögel zu
Und rasteten zur Nacht. Und einer rief
Und rief zur Nacht, da meine Seele schlief:
Wach auf, du Tor, und lasse hinter dir
Die Winterwüste, wandere weit von hier –
Sehnsucht ist Leben, Ruh ist Tod und Schmach!
Und als ich wachte, war es tiefer Tag.
Und als ich wachte, war die Sehnsucht groß,
Und als ich wachte, war ich heimatlos.
Wie tief, o Füße, gingt ihr durch den Staub,
Wie weit, o Füße, weit ms welke Laub,
Wie lange schritt ich wider Strom und Sturm –
liegst du zerfallen, du mein Trutz und Turm?
Die Wandervögel treiben fern dahin –
Wer weiß darum, daß ich gestorben bin ...

Tropfen

Die Wolke glüht, vom Frühlingssturm entfacht –
Wir fallen, fallen in die junge Nacht
Und wandern, wandern unsern alten Lauf,
Drängen zur Tiefe, steigen wieder auf
Und wandern, Myriaden im Verein,
Die Erden aus und jeder doch allein,
Verbunden immer und mit jedem Hauch
Geschieden doch von dem Gefährten auch.
Und was da gehn und was da kommen muß,
Wir spenden ihm den heiligen Ueberfluß:
Kein Blut loht wider eines Herzens Wand,
Sein rotes Feuer ist auch unser Brand,
Und keine Stirne, die der Nachtwind rührt,
Die nicht den Odem unserer Nähe spürt.
Und keine Tränen weinen Glück und Not,
Und keine Blache blüht und reift zu Brot
Nicht eine Aehre, keine Beere schwillt,
Von süßen Säften keine Traube quillt,
Wo wir nicht spenden, die wir sind und sind
Verwehte Tropfen, Tropfen nur im Wind.
Und sind das Leben doch und sind sein Lauf
Und sprengen tausend finstere Pforten auf,
Waschen das Gold aus starrem Graugestein,
Treiben die Räder; und der Ampel Schein,
Des Herdes Glut, den Duft der Sommernacht,
Den Sturz der Ströme, süße Uebermacht
Des Tau's, daß sich die Blume selig biegt
Und schwank vom Schmuck zur Morgenröte wiegt–
Wir spenden alles, die wir ewig sind
Verwehte Tropfen, Tropfen nur im Wind.
Wir fallen, fallen und versinken nie –
Vernimm die süße, dunkle Melodie –
Und wirken, die wir wandern ohne Ruh,
Aus Schacht und Tiefe goldenen Sternen zu.
Das ist das Leben, leicht und lieb und schwer:
Ewiges Scheiden, ewige Wiederkehr;
Und Rast drängt alles zu und ruht doch nie –
Vernimm die süße, dunkle Melodie:
wir leben ewig, die wir ewig sind
Verwehte Tropfen, Tropfen nur im Wind.

Heinz Herbenau

[gesperrt bis: Datum unbekannt]

Durch rauschende Wälder ....

Im Sommer

 


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