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Romantisch war und rein und glatt
      
 der schöne ruhevolle Park.
      
 O alten Jahres Trauersäume –
      
 o aller Schwärmer Heimwehträume!
So glatt und reinlich war der Park
      
 mit seinem blauen großen Teich,
      
 mit seinen Schwänen, Sèvres gleich;
      
 sie ruhn im blauen Silberteich:
      
 bewegte Regungslosigkeit.
      
 Mit seiner Schwäne Porzellan
      
 und ihrem Hals, so weich und bleich,
      
 mit ihrer Augen Azurschein,
      
 der nachts den Mond, taucht er hinein,
      
 läßt träumen überm großen Teich,
      
 dem blauen Teich im blauen Park.
Das welke Laub läßt Frühlingsernten
      
 perlmutterfarbnen Flors verbleichen,
      
 und wenn die Erstlingsblüten streichen
      
 vorbei an den erstarrten Schwänen
      
 in stiller Unbeweglichkeit,
      
 erwarten sie, daß Rosenhände
      
 mit Nägeln klar wie Morgentöne
      
 sie pflücken, wie es tat die Schöne, 
      
 die Herrin tat zur Frühlingswende.
      
 Das Laub, das rosig grün jetzt leuchtet,
      
 von nächtigem Mondesstrahl gefeuchtet,
      
 flüsterte und hüllte sacht
      
 Stimmen, die der Wind entfacht.
Und dort steht auch die alte Bank,
      
 wo der Verliebte niedersank,
      
 wo er dem ewigen Liebe-Schwur
      
 mit seinem Knie grub tiefe Spur.
      
 Ja, dort steht auch die alte Bank
      
 inmitten Hyssop und Verbenen,
      
 wo die Verliebte saß in Tränen,
      
 wenn fern die Eule heulend sang,
      
 die Künderin der finstern Späte, –
      
 und wenn, o traurig, traurig doch!
      
 die Trauer des Verliebten flehte,
      
 wie oft ach? mit gerechtem Grame
      
 um die Seele
      
 seiner Dame.
Und überm schönen, blauen Teich,
      
 so weiß und bleich,
      
 reglos die Schwäne. 
      
 Beglückt ward er, beglückt ward sie
      
 nach Träumen und Sehnsucht und Wunde, –
      
 und lagen sich beide am Munde. – –
Sie waren blau und schneeig reinst:
      
 Weiße der Haut am Anzug-Samt;
      
 sein Wams ein Gold durchwirkt Gespinn,
      
 ihr Kleid vom lichten Licht durchflammt. – –
      
 Er ist dahin, sie ist dahin,
      
 o süße Liebende des Einst! –
Dahinter aber klang der Wald
      
 traurig, traurig, trüb und bang:
      
 Waldeshorn und Jagdrufklang.
Dort hat sicher die Verliebte
      
 die verbotne Frucht verschenkt
      
 und der henkenswerte Page
      
 wurde beinah dort gehenkt.
Sicher sah man dort mit Scheue
      
 fern des Schlosses Schreckenswucht
      
 und es ward die Ungetreue
      
 und der Räuber weit gesucht. 
      
Und in dem großen Teich im großen blauen Park
      
 zogen still die Schwäne
      
 ihre stolze Schöne.
O der wehmutsvolle Glanz
      
 jenes alten blauen Parkes! – 
      
Vernimm den Wind an Pforten schlagen
      
 gleich einem Armen ohne Dach,
      
 man denkt an der Geliebten Klagen,
      
 man hört des Elends schweres Ach.
Es kreischen in den Schlössern Winde:
      
 ein Schrei vom ewigen Gericht;
      
 man fühlt, daß Leben sich vergeblich
      
 an Mauern starrer Furcht zerbricht.
In Lüften, wo die Schrecken schnellen,
      
 hört man Raubvögel gellend schrein,
      
 schwarzeiserne Wasserrinnen bellen
      
 in Gassen ihren Lärm hinein.
Da winden Bäume sich in Schmerzen
      
 und weinen durch die ganze Nacht
      
 im fahlen Regen alter Blätter,
      
 die das Entsetzen müde macht.
Es heult der Wind vor meinem Fenster,
      
 daß jede alte Scheibe klirrt;
      
 im Sturme eilender Gespenster
      
 flieht mein Gedanke mit und irrt. – –
(Les thuribulums affaissés)