Francisco de Xerez
Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
Francisco de Xerez

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34. Zwietracht der Spanier. Verluste derselben durch die List der Indianer. Diego's de Almagro Empörung zu Cuzco.

Die Spanier im indianischen Reiche statt fest zusammenzuhalten um die Empörer zu unterdrücken, betrachteten sich einander selbst mit dem größten Mißtrauen und es entstand bald zu ihrem größten Unheile sogar Zwietracht unter ihnen. Die Freunde und Verwandten des Don Diego de Almagro wußten es durch Bitten und Vorstellungen dahin zu bringen daß er, als die Kunde der Empörung nach Chili kam, sich entschloß auf Cuzco loszugehen in der doppelten Absicht, die empörten Indianer zum Gehorsam zurückzuführen und dann seinen früher gescheiterten Plan, sich zum Herrn von Cuzco zu machen, durchzuführen. Seine Freunde hatten ihm nämlich durch bestochene Indianer die falsche Nachricht überbringen lassen, der Statthalter Francisco Pizarro und die meisten Spanier in Peru seyen durch die Indianer ermordet worden. – Als Almagro bis auf sechs Stunden Entfernung von der Stadt Cuzco gekommen war, ließ er ohne Hernando Pizarro von seiner Ankunft Nachricht gegeben zu haben, dem Inca Vorschläge zu einer Uebereinkunft machen, indem er ihm Verzeihung des Vorgefallenen versprach, wenn er ein Freundschaftsbündniß mit ihm eingehen und ihn bei seinem Plane, sich zum Herrn von Cuzco zu machen, unterstützen wolle. – Der Inca ließ ihm hinterlistiger Weise eine Zusammenkunft vorschlagen; Almagro willigte ohne Argwohn ein, ließ einen Theil seiner Truppen unter Juan de Sayavedra zurück und zog mit den übrigen dem Inca entgegen. Dieser hatte jedoch seine Vorkehrungen so gut getroffen, daß er statt zu unterhandeln die Spanier unter Almagro unversehens mit aller Wuth angriff und ihnen einen bedeutenden Verlust beibrachte. – Hernando Pizarro hatte unterdessen die Ankunft Almagro's erfahren und zugleich vernommen daß Sayavedra in dem Orte Hurcos mit einem Theil der Truppen geblieben war, er zog deßhalb mit 170 gut bewaffneten Streitern gegen ihn aus. Sayavedra erhielt Kunde davon und stellte seine 300 Spanier beim Anrücken Hernando Pizarro's in Schlachtordnung. Im Augenblicke, in welchem der Kampf beginnen sollte, schickte Pizarro zu ihm und ließ ihn bitten, er möge sich zu einer persönlichen Zusammenkunft verstehen, damit man sich auf die eine oder die andere Weise verständige. Sayavedra nahm den Vorschlag an, sie sahen einander, und Pizarro soll ihm eine große Masse Gold angeboten haben, wenn er ihm die von ihm befehligten Truppen überlassen würde. Sayavedra nahm aber dieß Anerbieten als Ehrenmann nicht an. – Als Almagro nach dem Kampfe mit dem Inca Mango Sayavedra's Truppen an sich gezogen hatte, brach er mit allen seinen Leuten gegen Cuzco auf. Auf dem Wege ließ er vier Reiter durch einen Hinterhalt, den er ihnen legte, aufgreifen, indem er erfahren hatte daß sie ausgeschickt worden waren um ihn zu beobachten. Durch sie erfuhr er nun genau, was in Peru in Folge der Empörung der Indianer sich zugetragen hatte, insbesondere daß man 600 Spanier ermordet und einen großen Theil der Stadt Cuzco in Brand gesteckt hatte. Hernando Pizarro ließ Don Diego de Almagro wissen, er würde ihm gerne, wenn er es wünsche, einen Theil der Stadt zur Unterbringung seiner Leute überlassen; zugleich schickte er Boten an seinen Bruder Francisco Pizarro, um ihm Nachricht von den eingetretenen Ereignissen zu geben und wo möglich einen Vergleich zwischen Almagro und ihm zu Stande zu bringen; Francisco Pizarro befand sich damals zu Los Reyes. Einige Schriftsteller behaupten, Hernando Pizarro habe einstweilen einen Waffenstillstand mit Almagro abgeschlossen, damit man den Vergleich in Ruhe unterhandeln könne. Im Vertrauen auf diesen Waffenstillstand habe Pizarro seine Soldaten und die bewaffneten Einwohner Cuzco's entlassen, damit sie in ihren Wohnungen ausruhen möchten, denn sie hatten drei Tage und drei Nächte beständig unter den Waffen gestanden und waren dadurch fast gänzlich erschöpft. Auf diese Kunde habe Almagro die Stadt in der Nacht unter dem Schutze eines dichten Nebels angegriffen; Hernando und Gonzalo Pizarro seyen durch den Lärm aus dem Schlafe aufgeschreckt worden, hätten schnell zu den Waffen gegriffen und sich, da ihr Haus zuerst gestürmt worden sey, von ihren Dienern unterstützt so lange tapfer vertheidigt, bis die Feinde es an vier Ecken in Brand gesteckt und sie zur Uebergabe gezwungen hätten. – Am folgenden Morgen ließ sich Almagro ohne Verzug durch den Senat als Statthalter von Cuzco anerkennen und die beiden Pizarros ins Gefängniß werfen. Mehrere riethen Almagro seine Ruhe und seine Eroberung durch ihren Tod zu sichern; doch er verwarf diesen Vorschlag hauptsächlich auf die dringenden Bitten des Don Diego de Alvarado, der für sie gut stand. Zugleich gab Almagro dem Inca Paulo das Franzenband oder königliche Diadem, weil sein Bruder Manco Inca sich mit einer großen Anzahl von Indianern in die hohen Gebirge flüchtete, als er sah daß Almagro Herr von Cuzco war.

Als Francisco Pizarro die Nachricht von dem Aufstande der Indianer empfing, hielt er die Gefahr für viel geringer als sie war und beging deßhalb den Fehler, seinen Brüdern nur allmählich einige Unterstützung zuzuschicken. So bestand das erste Hülfscorps, das er sandte, nur aus 15 Mann. Die Indianer fielen aus Schlupfwinkeln über diese wenigen Leute mit Uebermacht her und tödteten alle, was wahrscheinlich nicht stattgefunden haben würde, wenn Pizarro diese kleinen Abtheilungen vereint abgeschickt hätte. Bevor er um mancherlei Angelegenheiten zu ordnen nach S. Miguel ging, sendete er seinen Vetter Diego Pizarro mit 70 Reitern nach Cuzco ab; doch auch diese wurden in einem Engpasse 50 Meilen von Cuzco wie die frühern erschlagen; gleiches Loos hatte einer seiner Schwäger Gonzalo de Tapra, den er später mit 80 Reitern abschickte. Ebenso wurden die Hauptleute Morgovejo und Gaete mit den von ihnen gesammelten Truppen von den Indianern vernichtet. Von all diesen Abtheilungen rettete sich nicht ein einziger Mann, so daß die nachfolgenden nicht einmal etwas von der Vernichtung derer, welche vor ihnen abgegangen waren, erfahren hatten. Der feindliche Heerführer ließ die Spanier immer in ein enges tiefes Thal einrücken und ihnen dann durch eine große Anzahl von Indianern den Eingang und Ausgang abschneiden, andere Indianer wälzten sodann Steine und Felsstücke herab, so daß die Spanier ohne kämpfen zu können elend ihr Leben verloren. Auf diese Weise wurden an 300 spanische Reiter aufgerieben. Als der Statthalter Pizarro ganz und gar keine weiteren Nachrichten über die Verhältnisse Cuzco's erhielt und selbst nicht einmal wußte, wie es mit den von ihm abgesendeten Hülfstruppen stand, schickte er endlich noch eine Reiterabtheilung von 45 Mann ab, sie trafen auf zwei von jenen, die Gaete gefolgt waren und sich gerettet hatten; von ihnen erfuhren sie was vorgefallen war und konnten sich selbst nur mit Mühe retten, indem die Indianer bereits den Paß, in welchen sie eingerückt waren, besetzt hatten; die Spanier wurden von den Feinden unter beständigen Angriffen bis auf 20 Stunden Wegs verfolgt, kamen jedoch glücklich nach Los Reyes zurück. Zu gleicher Zeit langte auch der Hauptmann Diego de Aguero mit einigen andern an, die sich zu Pferde vor den Verfolgungen der Indianer, von denen sie in ihren Wohnsitzen angegriffen waren, geflüchtet hatten. – Pizarro schickte nun Pedro de Lerma gegen die Indianer, welche bis in die Nähe der Stadt Los Reyes mit großer Streitmacht vorgedrungen waren; Pedro de Lerma griff mit 80 Reitern und einer Anzahl indianischer Hülfstruppen den Inca an, kämpfte einen großen Theil des Tages mit ihm und zwang ihn endlich zum Rückzug in die hohen Gebirge nach einem festen Punkte, hier wurden die Indianer von den Spaniern eingeschlossen und in solcher Masse in Verwirrung auf einen Punkt zusammengedrängt, daß sie außer Stand waren zu kämpfen; wahrscheinlich wäre es den Spaniern an diesem Tage geglückt die Indianer völlig aufzureiben, hätte Pizarro nicht Befehl zum Rückmarsch gegeben. Als die Indianer sahen, daß die Spanier sie nicht weiter verfolgten dankten sie dem Himmel für die Rettung aus einer so großen Gefahr, stellten Gebet und Opfer an und setzten sich dann sogleich auf einem sehr hohen Berg, der ganz in der Nahe von Los Reyes liegt und nur durch den dazwischenfließenden Strom von ihm getrennt wird, fest. Von hier aus griffen sie die Stadt täglich an und mit jedem Tage vergrößerte sich ihre Unzahl so sehr, daß Pizarro sich des Gedankens kaum entschlagen konnte, Hernando Pizarro und die übrigen Spanier in Cuzco seyen umgekommen und die Empörung der Indianer so allgemein, daß auch Don Diego und die Seinen in Chili den Tod gefunden hätten. Aber trotz dem ließ er den Muth nicht sinken. Damit die Indianer nicht glauben sollten, er hielte seine Schiffe zur Flucht bereit, und damit die Spanier sich nicht mit der Hoffnung schmeicheln möchten, auf den Schiffen sich retten zu können, sendete er diese nach Panama, um seine Leute mit Gewalt zu kühnem Kampfe zu zwingen. Zugleich gab er dem Vicekönig von Neuspanien und allen Statthaltern Kunde von der Lage, in der er sich befand mit der Bitte, sie möchten ihm Hülfe senden; er stellte ihnen die große Gefahr, von der er bedroht war in Ausdrücken vor, die etwas weniger Festigkeit und Vertrauen als sonst zeigten. Jedoch gebrauchte er solche Worte nicht aus eigenem Willen, sondern auf den Antrieb einiger nicht sehr muthigen Leute, die ihm dazu riethen. Ferner schickte er seinem Stellvertreter zu Truxillo den Befehl, er solle diese Stadt räumen, alle Frauen und Kinder auf ein Fahrzeug, das er ihm sandte, einschiffen und dieselben in Sicherheit nach Terra firma bringen lassen, alle Männer aber sollten mit ihren Waffen und Pferden zu seiner Hülfe herbeieilen. Er gab diesen Befehl, weil er keinen Augenblick zweifelte, die Indianer würden Truxillo gleichfalls angreifen, und er nicht im Stande seyn es zu entsetzen; auch glaubte er mit vereinter Kraft den Indianern leichter die Spitze bieten zu können. Dem Befehl fügte er die Bemerkung bei, daß sie so geheim als möglich sich zu ihm auf den Weg machen sollten, damit die Indianer, wenn sie es erführen, nicht auf den Gedanken kämen sich zu theilen und gegen Truxillo zu ziehen. Während die Einwohner dieser Stadt sich zum Abzuge rüsteten, traf der Hauptmann Alonzo de Alvarado mit seinen Truppen, an deren Spitze er zur Entdeckung des Landes der Chachapayas ausgezogen war, daselbst ein; Pizarro hatte ihm nämlich den Befehl zukommen lassen, die Eroberung aufzugeben um ihm zu Hülfe zu eilen, Alvarado ließ einen Theil seiner Truppen zur Vertheidigung der Stadt Truxillo zurück, mit dem Reste machte er sich auf den Marsch um Pizarro in Los Reyes aufzusuchen. Als er daselbst angelangt war, setzte ihn Pizarro als Generallieutenant an die Stelle des Pedro de Lerma; dieser wurde hierüber erbittert und stiftete deßhalb später eine Empörung an. – Sobald Pizarro eine hinreichende Anzahl von Truppen um sich gesammelt hatte, war er darauf bedacht den am meisten bedrohten Orten Hülfe zu senden. Er schickte also den Hauptmann Alonso de Alvarado mit 300 Spaniern sowohl Reiterei als Fußvolk ab; sie raubten und plünderten auf dem Marsche alle Orte, durch die sie kamen, ohne großen Widerstand zu finden. Vier Stunden von Pachacamac jedoch hatten sie einen heftigen Kampf gegen die Indianer zu bestehen, die aber von ihnen geschlagen wurden. Darauf setzte Alonso seinen Marsch nach Cuzco fort. Seine Leute litten viel, als sie durch eine große Wüste zogen; mehr als 500 von den indianischen Hülfstruppen kamen vor Durst um, ja alles Fußvolk wäre verschmachtet, hätten die Reiter nicht aus weiter Ferne von Zeit zu Zeit Wasser herbeigebracht. In der Provinz Xauxa stieß Gomez de Tordoya mit 200 Mann zu Alonso, so daß sein Corps jetzt 500 Spanier stark war. Alonso de Alvarado gelangte unter beständigen Gefechten mit den Indianern bis zur Brücke bei Abancay, wo er die Gefangenschaft Gonzalo's und Hernando's Pizarro und die übrigen Vorfälle in Cuzco vernahm. Dieses bewog ihn zu dem Entschlusse nicht weiter vorzurücken, sondern neue Befehle vom Statthalter einzuholen. Als Don Diego de Almagro die Ankunft Alonso's erfuhr, rückte er ihm alsbald mit seiner Truppenmacht entgegen. Er war von dem Mißvergnügen Pedro's de Lerma unterrichtet und wußte, daß er mit mehr als 400 Streitern zu ihm überzugehen geneigt war. Alonso, der Verdacht gegen Pedro hegte, wollte ihn verhaften, doch dieser erhielt Kunde von seinem Vorhaben, entfloh in der Nacht und nahm die Unterschriften aller welche in die Verschwörung verwickelt waren, mit sich. Inzwischen näherte sich Almagro in der Nacht der Brücke, wo ihn die Verschwornen nach der Verabredung erwarteten; er und seine Leute wurden von ihnen als Freunde empfangen, ja ein Theil der Verschwörer war so eifrig und thätig gewesen, daß sie sogar die Lanzen Alvarado's und seiner Leute in den Fluß warfen. Alvarado wurde, als er den Befehl zum Angriff gab, von den Seinigen verlassen, er selbst wehrlos gefangen genommen und sein Lager geplündert. Dann zogen die Sieger nach Cuzco zurück in solchem Stolz und Uebermuth, daß sie laut sagten, die Pizarros hätten in Peru nichts mehr zu thun und sie möchten sich auf den Weg machen um die Manglaren unter der Aequinoctiallinie zu regieren. Die Siege, welche Alonzo de Alvarado auf seinem Marsche nach Cuzco über die Indianer bei Pachacamac und andern Orten erfochten, hatten den Inca und den Feldherrn Tyzolspangui gezwungen, die Belagerung der Stadt Los Reyes aufzugeben. Da Pizarro sich nun frei sah, verließ er diese Stadt mit mehr als 700 Mann um seinen Brüdern zu Cuzco zu Hülfe zu eilen und sie aus der Gewalt der Indianer zu retten, denn noch wußte er nicht, daß Diego de Almagro aus Chili nach Cuzco zurückgekehrt war und seine Brüder gefangen genommen hatte. In der Provinz Nasca 25 Meilen von Los Reyes erfuhr er alles was zu Cuzco sich ereignet hatte, er wurde von den schlimmen Nachrichten tief erschüttert und da er einsah daß seine Truppen zwar zum Kampfe gegen die Indianer, nicht aber zur Bekriegung der Spanier unter Almagro ausreichten, so gab er Befehl zum Rückzuge nach Los Reyes um daselbst neue Maaßregeln anzuordnen. Von hier schickte er den Licentiaten Espinosa an Almagro mit Vergleichungsvorschlägen ab, die jedoch kein Gehör fanden. Almagro rückte mit seinen Truppen aus Cuzco aus, wo er den Hauptmann Gabriel de Rojas als Befehlshaber zurückließ und ihm befahl, Alonso de Alvarado und Gonzalo Pizarro in strenger Haft zu halten; er selbst setzte seinen Marsch bis in die Provinz Chincha, die 20 Meilen von Los Reyes liegt, fort.


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